Merkel, von der Leyen, Kramp-Karrenbauer: Macht, Karriere, Leere.

Für von der Leyen wurde der Schleudersitz zum Sprungbrett. Weil Merkel im Kanzleramt nur am Machterhalt arbeitet. Alles andere zählte nie.

JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images

Dass die neue Frau auf dem Stuhl des Verteidigungsministers im Interview mit Claus Kleber vom ZDF eben mal die Bundeswehr für die äußere wie innere Sicherheit in einem Atemzug nennt, das wollen wir mal (noch) nicht zum Nominalwert nehmen. Die Bundeswehr als Instrument des erweiterten Polizeieinsatz – das ist schlicht undenkbar und spricht nur Bände über die komplette Ahnungslosigkeit der neuen Ministerin. Aber sie faselt ja auch von Flugzeugträgern. Dass Frau Kramp-Karrenbauer sich von Herrn Kleber nicht entlocken lässt, dass sie den Stuhl des Verteidigers natürlich nur bis zum Umstieg auf den Thron von Frau Merkel im wörtlichen Sinne“ besitzen“ will, musste er doch vorher wissen.

Hier geht es nicht um ein Ministeramt – sondern um eine Kanzlerin im Wartestand, und das Ministerium dient hauptsächlich als Karriere-Waffe für den folgenden Wahlkampf. Denn irgendwann muss sich Annegret Kramp-Karrenbauer den Wählern stellen.

— ZDF heute journal (@heutejournal) July 17, 2019

Aber danach wird nicht gefragt – Frechheit ist keine journalistische Tugend mehr. Mit mehr Gewinn hätte Kleber sie fragen können, warum bei Journalisten die früher häufige Bezeichnung dieses Amtes an der Spitze des BMfV als Schleudersitz ziemlich aus der Mode gekommen ist – im Verlaufe der sitzstarken Kanzlerschaft Merkel. Nun, weil in der real existierenden BRD niemand mehr befürchten muss, bei Versagen aus dem Amt geschleudert zu werden, sondern erwarten darf, befördert zu werden – wie jetzt Frau von der Leyen. Wegbefördern nennt man das.

Ob alle Geschäfte hinter den Tapetentüren (mit und ohne Merkel) ruchbar werden, die vdL trotz erheblicher Stimmenverweigerung in den eigenen Reihen neben den deutschen Sozialdemokraten und Grünen ihre knappe Mehrheit verschaffte, ist eher unwahrscheinlich. Markus Kerber blättert schon einmal auf, wie Macron ein bemerkenswertes Doppelgeschäft in Brüssel machte: Eine echte Französin an der Spitze der EZB und eine Frankophile an der Spitze der Kommission der EU.

Ralf Schuler titelt: „Warum uns dieses Foto wütend macht“ und bewertet ganz und gar unmissverständlich, worum es nicht nur dieses mal, sondern in der Politik nur noch geht: „DIE DREI CDU-DAMEN HABEN IHR DING DURCHGEZOGEN.“

Damit es auch jeder versteht, geht es bei Schuler so weiter:

„Als Kramp-Karrenbauer am Dienstagabend in Sachsen vor die Presse trat, um von der Leyen zur Wahl zu gratulieren, war ihre eigene Beförderung längst klar. Doch um der schönen protokollarischen Ordnung halber, sagte sie kein Wort. Erst in der Telefonkonferenz des CDU-Präsidiums um 21 Uhr, die wegen technischer Schwierigkeiten mehrfach abbrach, wurde der AKK-Coup bekannt gegeben.

Coup geglückt? Noch längst nicht. Für von der Leyen ist das Ministerium durch glückliche Fügung zum Karrieresprungbrett geworden. Nicht durch gute Arbeit. Sie hinterlässt AKK einen Untersuchungsausschuss, eine verunsicherte Truppe und marodes Material. Merkel sitzt weiter im Kanzleramt und arbeitet vor allem am Machterhalt.“

Und in Brüssel hat von der Leyen so viele Versprechungen abgegeben, um gewählt zu werden, dass sie sich selbst Fesseln angelegt hat. Sie will die Hälfte der Kommissar-Jobs mit Frauen besetzen. Schön, Geschlecht zählt, nicht Leistung. Aber was ist, wenn die vorschlagenden Länder sich an Leistung orientieren und nicht an der präferierten Kleidung? Und von der Leyen spricht starke Worte gegen die angeblichen Rechtspopulisten in Ungarn, Polen, Italien. Aber genau die haben sie gewählt. Und werden ihren Preis dafür verlangen. So stellt  sich Politik selbst ein Bein. Und noch ein weiteres.

„DAS. MACHT. WÜTEND.“

Ja, es macht wütend. Das macht es wieder einmal, @drumheadberlin. Und zwar so lange, bis der Krug Parteienstaat bricht. Dieser Parteienstaat arbeitet fleißig daran, sich selbst zu zerstören, ohne es selbst zu merken. Darauf ist Verlass, Freunde der Freiheit.

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