Matteo Salvini: moralisches Handeln statt unmoralisches Dahergerede

Europäische Politiker wie Maas, Merkel und Macron fordern eine immer weitere Ausweitung der Migration über das Mittelmeer und riskieren damit noch mehr Opfer. Italiens Innenminister Salvini handelt, anstatt nur zu reden. Moral ist mehr als billige Worte.

Simona Granati - Corbis/Getty Images

Während das Abgeordnetenhaus in Rom ein Gesetz mit verschärften Strafen bis zu einer Million Euro für illegales Anlanden von illegalen Einwanderern in Italien und Beschlagnahmung der Schiffe verabschiedete, kam es zu Protesten: Mehrere Organisationen der UNO fordern, die „Seenotrettung” in den Gebieten vor der libyschen Küste wieder aufzunehmen, weil sich vor wenigen Tagen dort ein schweres Bootsunglück ereignet hat. Nach Angaben der libyschen Küstenwache werden 115 illegale Einwanderer vermisst.

Es ist ein zufälliges Zusammentreffen von Ereignissen. Aber es eignet sich bestens für eine Politik des Moralisierens. Dabei gibt Italiens Innenminister Salvini den Schurken, Merkel in Berlin und Macron in Paris dagegen sind die Guten, die Retter.
Es ist eine unfaire Arbeitsteilung.

Denn während Macron, Merkel und Maas die Meister der moralischen Tischreden sind, tut Italien mit Matteo Salvini das, was es schon weit vor 2015 tat und immer noch tut: Menschenleben retten, und Personen versorgen, mit Wasser, Lebensmitteln und Medizin.

Die Guardia Costiera, die italienische Küstenwache, die nicht nur Seemeilen zur Überwachung italienischer Gewässer abreist, sondern auch tatkräftig und agil Initiative ergreift, kann man schon als Spezialisten der Seenotrettung bezeichnen. Außerdem merken Salvinis Mannen auch recht schnell, mit wem sie es zu tun haben. Er verschweigt nicht, wie es zum Beispiel die Bundesmarine während ihres Einsatzes im Mittelmeer vorführte, dass sich die Retter der Marine nur schwer bewaffnet auf die „Flüchtlingsboote” wagen. Er verschweigt nicht, dass Frauen, Kinder und Christen häufig über Bord der Flüchtlingsboote geworfen wurden, um Platz für Kräftigere zu schaffen – Kratzspuren an den Armen weisen darauf hin.
Er verschweigt nicht, dass es immer wieder zu einem Zusammenspiel zwischen Schleppern und NGOs kommt. Salvini läßt den Seenotopfern Hilfe zuteil werden.

Hilfe und Information

Derzeit harren etwa 135 geborgene illegale Einwanderer auf einem italienischen Marineschiff der Küstenwache aus. Sie legten gestern wohl in Libyen ab, zwei Boote mit knapp 300 illegalen Einwanderern sollen sich aufgemacht haben.

Im Laufe des Freitags leisteten italienische Fischer Hilfe und nahmen die illegalen Einwanderer auf, bis zur Übergabe an die Küstenwache. Das alles geschieht wie selbstverständlich.

Allerdings: Matteo Salvini erließ auch sofort die politische Order, die Pflicht sei getan, die illegalen Einwanderer würden angemessen versorgt, die Häfen jedoch blieben geschlossen. Die illegalen Einwanderer werden so lange nicht aufgenommen und an Land gelassen, bis sich ein paar der „Willigen Nationen” bereit erklärten, wer, wo und wie viele der Schiffbrüchigen aufnehmen werde. Die EU sei im Bilde. Paris sowieso, das zwar von Italien die Öffnung der Häfen verlangt, seine eigenen aber schließt.

Denn vom „Retten” ist in Paris und Berlin schnell die Rede; aber das ist der erste Schritt. Wer übernimmt die Versorgung der illegalen Einwanderer, die in den meisten Fällen ihr Leben lang und einschließlich der Rente auf staatliche Hilfe angewiesen sein werden? Dazu schweigt EU-Europa. Dazu schweigen auch die „sicheren Häfen“, Städte, die sich mit humanitären Gesten brüsten. Wie selbstverständlich gehen diese Städte davon aus, dass die Hilfe, für die sie sich stark machen, vom Bund finanziert wird. So fällt Rettung leicht – auf Kosten anderer.

Salvini verschweigt auch nicht, dass die Zahl der Ertrunkenen in Folge seiner Politik gefallen ist: von 5.095 Toten und Vermissten 2016 über 3.139 im Jahr 2017 auf 2019 bislang 686. Deutsche Medien und Politiker behaupten gerne das Gegenteil und stützen sich auf fragwürdige Berechnungen, die allerdings nur auf Modellrechnungen beruhen.

Salvini rechnet vor, dass, wenn weniger illegalen Einwanderer aufs Meer gelockt werden, wie es durch scheinbar humanitäre Gesten und Rettungsversprechen geschieht, dass dann auch weniger Menschen ertrinken. Und er verweist auf die Folgen der „Rettung“. Die Kosten soll EU-Europa tragen, wenn es ständig eine Politik fordert, die die weitere illegalen Einwanderung im Mittelmeer ausweitet und fördert. Er führt vor, was moralisches Handeln bedeutet statt moralisierendem Dahergerede, das nur weitere Todesopfer provoziert und sich vor den Folgen des eigenen Handelns drückt.

Konfrontationspädagogik

Man kann auch sagen, dass das italienische Innenministerium eine Art Konfrontationspädagogik betreibt. Die EU solle endlich lernen, für die Folgen des eigenen Redens einzustehen. Moral ist das eine, Aktion das andere.

Während Salvini handelt, geht innerhalb der Europäischen Union ein Streit darüber weiter, wie illegalen Einwanderer verteilt werden sollen, die im Mittelmeer aus dem Meer geborgen werden. Noch immer konnte sich die EU nicht auf einen Verteilmechanismus oder eine „Rettungsmission” einigen. Eine „Koalition der Willigen” soll nun kurzfristig einen Mechanismus schaffen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verkündete vor wenigen Tagen, dass 14 Länder einem deutsch-französischen Kompromissvorschlag „im Prinzip” zustimmen würden. Aber EU-Europa macht Ferien, Salvini und seine Beamten nicht.

Ganz nebenbei kümmerte sich Salvini auch um die Carabinieri in Rom und kondolierte der Familie und den Hinterbliebenen eines 35-jährigen Beamten, der in den frühen Morgenstunden sein Leben auf Streife verlor.

Mit acht Messerstichen wurde der Carabiniere bei einer Personenkontrolle quasi ermordet. Bei vergleichbaren Fällen hätten deutsche Politiker aufgerufen, die Ermordung des Polizisten nicht zu „instrumentalisieren”, die Familie des Opfers dagegen wäre allein gelassen worden. „Victim Blaming” nennt man diese Umkehr von Täter und Opfer. Salvini macht da nicht mit. Die Zeiten werden für Salvini nicht ruhiger. Moralisierendes Reden ist lauter als Handeln. Aber Handeln wirkt nachhaltig.

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Kommentare ( 35 )

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Judith Panther
4 Jahre her

https://de.nachrichten.yahoo.com/marokkos-marine-rettet-242-migranten-062100328.html?guccounter=1&guce_refer.
Neulich gelang ein paar Gefangenen die Flucht aus dem Knast. Die Wärter haben sie aber schnell wieder gerettet.

StefanB
4 Jahre her

Freuen wir uns auf weitere Länder, in denen Rechtspopulisten wie Trump, Johnson, Orban, Salvini etc. an die Macht kommen. Umso effektiver werden die Lebenslügen der Identitätslinken aufgedeckt und bekämpft.

Albert Pflueger
4 Jahre her

Bei dem Unglück vor der libyschen Küste handelt es sich entweder um ein Bauernopfer, oder, was eher anzunehmen ist, um einen Unfall auf dem Weg zur vorgesehenen „Seenotstelle“. Das Video der Tagesschau zeigt ganz am Anfang eine Frau, die weint und jammert. Man beachte ihre Kleidung, sie ist ganz sicher nicht billig. Sie kann sich eine ordentliche Schlepperfirma sicherlich leisten. Ein Argument für den Einsatz von Rettungsschiffen der NGOs ist das nicht, die können auch nur da sein, wo sie hinbestellt werden, wären sie durch Zufall gerade dort, wo sich ein echtes Unglück ereignet, so wäre es genau das: ein… Mehr

Pitt Arm
4 Jahre her

Tja, die bösen Populisten liefern Ergebnisse, ganz im Sinne ihrer Bürger:
– Salvini dämmt die illegale Migration über’s Mittelmeer ein
– Trump baut endlich die Mauer, die er versprochen hat; alle mittelamerikanischen Länder liefern brav entsprechende Unterstützung, um die illegale Migration zu bekämpfen (weil Trump ihnen sonst mit Sanktionen droht)
– Boris Johnson liefert hoffentlich im Oktober den Brexit.
Während dessen in Brüssel: Vertreter der EU-Nationen agieren gegen die Interessen ihrer Bürger, demontieren die heimischen Industrien mit Öko- und Moralirrsinn, spalten ihre Bevölkerungen über die Multikulti-Frage, schaffen mit dem Euro einen gigantischen Umverteilungsmechanismus, der letzten Endes alle ärmer machen wird.

Flavius Rex
4 Jahre her

Menschen, die ganz bewusst Gesetze brechen und sich mit Absicht in Gefahr begeben, weil sie sich davon anderswo ein besseres Leben versprechen sind mir egal bzw. ich will sie in Europa nicht haben. Das ist alles was mich an dem Thema interessiert.

Dass die Rechnung immer wieder nicht aufgeht und es zu Wasserleichen kommt ist für diese Individuen bedauerlich. Für mich ist es irrelevant und ich bin mir ziemlich sicher, dass Minister Salvini das ähnlich empfindet.

olive
4 Jahre her

Thomas Schmid Won meint in seinem Text „Ja, es braucht sichere Fluchtrouten – aber mit Regeln“:
„Sie sind nicht einmal bereit, miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Carola Racketes bewegen sich in ihrem moralisch imprägnierten Universum. Und die Matteo Salvinis bewohnen ihr Universum: das der rigorosen Grenzschließung, der konsequenten Abwehr von Einwanderern. Zwei Paralleluniversen.“
Was für ein Unsinn.

Jeanne
4 Jahre her

Ja, Salvini schafft Tatsachen. Nur leider hat er eine Gemeinsamkeit mit Merkel: Er ist nicht in der Lage, die Situation in den libyschen Lagern zu verbessern.

https://www.handelsblatt.com/politik/international/gewalt-und-missbrauch-internierungslager-fuer-fluechtlinge-europas-schandfleck-liegt-in-libyen/24269420.html?ticket=ST-1083866-xOp4Qrwfdl9DygNdq9eM-ap1

Albert Pflueger
4 Jahre her
Antworten an  Jeanne

Es ist nicht Salvinis Aufgabe, irgendwo irgendwelche Verhältnisse außerhalb seines Zuständigkeitsbereiches und der Grenzen Italiens zu verbessern. Diese Lager gibt es, weil es die Mittelmeerrouten gibt. Gäbe es sie nicht, würden die Migrantenströme dort nicht eintreffen, da es sich ja um eine Geschäftsidee handelt, die davon lebt, daß die Überfahrt und das Einsickern gelingen. Auch die allerschönsten Flüchtlingslager mit Zimmerservice wären in Libyen gähnend leer, wenn darauf keine Aussicht bestünde.

kiki667
4 Jahre her

Ja, Salvini ist ein toller Mann. Ich wünschte, wir hätten auch so einen. Ich vergleiche ihn gerade mit unserem Innenminister und kriege dabei fast einen Lachkrampf. Merkels Schoßhündchen……. Oje……….. armes Deutschland. Über die 3 Ms will ich schon gar nichts mehr sagen, es lohnt sich nicht. Zudem würde es dann selbst hier zensiert werden, denn ich kann über die drei einfach nichts mehr sagen, ohne dabei gleichzeitig sehr beleidigend zu werden. Nur eines: Gegen Gehirnvakuum ist kein Kraut gewachsen. Und Anstand ist Charaktersache. Wie es damit aussieht, beweisen sie jeden Tag aufs neue.

bfwied
4 Jahre her
Antworten an  kiki667

Es ist die Negativauswahl an Frauen. Die sind nicht vernunftorientiert, aber emotional und laut und herrisch. Matriarchate haben nirgendwo lange bestanden, was nicht heißt, dass Patriarchate viel besser wären! Es ist die falsche Auswahl, und hier versagen die Bürger, indem sie der übermäßig lauten Strömung nachgeben und deren Schwachsinn folgen. Diese Leute wollen die Demokratie aushebeln – s. viele Aussagen der Grünen und Linken – und dadurch können sie an der Macht bleiben. Solange die Bürger das nicht begreifen und sogar noch höhere Steuern gutheißen, ist der Point of no return bald erreicht. Das Problem wird dann entweder irgendwann kriegerisch… Mehr

Maja Schneider
4 Jahre her

Sie haben ja so recht, Herr Deriu, man kann die Scheinheiligkeit nicht mehr ertragen. Vom Hochsitz der Moral und mit dem Geld sowie dem Einsatz anderer lässt sich leicht argumentieren und kritisieren, statt selber konstruktive Ideen zu entwickeln. Darin sind sowohl Berlin als auch Paris Meister. Schlimm ist nur, dass so viele Menschen sich von diesen Sprüchen täuschen lassen und in dasselbe Horn stoßen, ohne kritisches Hinterfragen. Das sich Gut-Fühlen und die moralische Überlegenheit muss ihnen immens wichtig sein.

mmn
4 Jahre her

Je größer die Gefahr ist, daß die deutsche Bevölkerung ausländische Politiker mit den entsprechenden deutschen Amtsträgern vergleicht und für besser hält, umso mehr werden die ausländischen Vorbilder von unseren regierungstreuen Medien attackiert und diffamiert (von unseren Politikern sowieso). Es ist erschütternd, wenn man sieht, welches Bild von Salvini selbst ansonsten vernünftige Menschen aus dem eigenen Bekanntenkreis haben. Ähnliches gilt für Trump, Johnson u.a.