Lebensschützer schlagen Alarm: Zahl der Abtreibungen steigt um mehr als elf Prozent

Im zweiten Quartal des aktuellen Jahres ist die Zahl der Abtreibungen in Deutschland um 11,5 Prozent gestiegen. Lebensschutzverbände fordern mehr Transparenz, um die Gründe für den Anstieg festzustellen.

IMAGO/Westend61

Lebensschutzorganisationen haben sich über die steigenden Abtreibungszahlen in Deutschland besorgt gezeigt. Nach Rückgängen im Jahr 2021 (-5,4 Prozent gegenüber 2020) und im Jahr 2020 (-0,9 Prozent gegenüber 2019) hatte das Statistische Bundesamt für das erste (+4,8 Prozent) und das zweite Quartal (+11,5 Prozent) einen erheblichen Anstieg festgestellt. „Ob und wie diese Entwicklung mit dem Verlauf der Corona-Pandemie zusammenhängt, bleibt anhand der Daten nicht eindeutig bewertbar“, erklärte die Bundesbehörde in einer Pressemitteilung.

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Cornelia Kaminski, Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA), nannte die fehlende Erklärung „unbefriedigend“. Die Zunahme der „vorgeburtlichen Kindstötungen“ lasse „aufhorchen“. Die Verantwortung für die mangelnde Datenlage sei nicht bei den Statistikern zu suchen. Sie seien an die Vorgaben gebunden, die ihnen gemacht würden.

„Wir brauchen dringend bessere und aussagekräftigere Daten. Nicht nur, weil sichergestellt werden muss, dass die Statistik das Abtreibungsgeschehen in Deutschland auch annähernd zutreffend abbildet, sondern auch, weil das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Nachbesserungspflicht für den Fall auferlegt hat, dass die gesetzlichen Bestimmungen das Rechtsgut Leben nicht ausreichend schützen (Untermaßverbot)“, erklärte Kaminski.

Die „gültigen Rahmenbedingungen“ hätten sich mit der Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen aus dem Strafgesetzbuch und der damit geschaffenen Möglichkeit, sich direkt an Abtreibungsärzte zu wenden, sowie der Aufnahme der nicht-invasiven pränatalen Bluttests „massiv verändert“.

„Wenn der Schutz des Lebens ungeborener Kinder, zu dem die Verfassung den Gesetzgeber nachdrücklich verpflichtet, kein bloßes Lippenbekenntnis bleiben soll, dann ist es einfach auch nicht akzeptabel, dass Politik und Gesellschaft auf einem so existentiellen Gebiet wie dem des Lebensschutzes inzwischen nahezu blind durch die Gegend navigieren“, sagte Kaminski weiter. „Daher muss die Datenerhebung den neuen Gegebenheiten angepasst und signifikant verbessert werden.“

Susanne Wenzel, Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben (CdL), sprach von einem „bedauerlichen Trend“. Auch sie machte die Aufnahme des vorgeburtlichen Bluttests in den Leistungskatalog der Krankenkassen mitverantwortlich. Dies zeige, dass die Warnungen berechtigt waren. Sie sprach davon, dass eine „Rasterfahndung nach Behinderung“ zu einer „Regeluntersuchung“ geworden sei.

„Doch es werden vor allem die unter dem Deckmantel der Corona-Krise von der damaligen SPD-Familienministerin Giffey als Ausnahme eingeführten Vereinfachungen des Zugangs zur Abtreibung hier ausschlaggebend sein, wie etwa die telemedizinische Beratung, da diese nach dem Ende der Corona-Maßnahmen nicht wieder zurückgenommen, sondern inzwischen etabliert sind“, fuhr Wenzel fort.

Ein weiteres Augenmerk sei auch der Zunahme der [medikamentösen] Abtreibung mit Mifegyne® zu widmen. Hier werde in einem „Pilotprojekt nach einer möglichst leichten Verbreitung dieser für Frauen nicht risikolosen Methode gesucht“, so Wenzel. Auch die CdL-Vorsitzende beklagte, dass das Bundesamt nicht in der Lage sei, die Gründe für den Anstieg der Zahlen festzustellen.

„Es stellt sich die Frage nach dem Sinn einer statistischen Auswertung, aus der die Verantwortlichen keinen echten Erkenntnisgewinn erzielen können“, sagte Wenzel. „Der Gedanke, dass dies womöglich gar nicht gewünscht ist, weil man sich mit den seit Jahrzehnten viel zu hohen Zahlen arrangiert hat, drängt sich unweigerlich auf.“ Statt der Erleichterung des Zugangs zur vorgeburtlichen Kindstötung, Werbung für Abtreibung und der Ausrufung eines angeblichen „Rechtes auf Abtreibung“ brauche man eine großangelegte Aufmerksamkeitskampagne für die Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und Werbung für das Leben.

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Kommentare ( 36 )

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Johanna
1 Jahr her

Vor über dreißig Jahren habe ich einen Tag lang bei pro familia bei Schwangerschaftsabbrüchen hospitiert. Ab der 10./11. Schwangerschaftswoche (das entspricht der 9./10. Entwicklungswoche) sieht der abgetriebene Fötus wie ein menschliches Püppchen aus. Wenn es aus dem Uterus abgesaugt worden ist, ist es tot, hat aber wenige Augenblicke zuvor gelebt und um sein Leben auch gekämpft. Man sollte wissen, was man tut: ob man dieses Wesen töten oder leben lassen will. Ich würde an den hier geltenden Gesetzen (Straffreiheit bis 12. Schwangerschaftswoche, in Ausnahmefällen auch später) nichts ändern wollen, weil ich keine befriedigende Lösung kenne und denke, dass es sie… Mehr

Julischka
1 Jahr her
Antworten an  Johanna

Sie haben natürlich absolut Recht was das ungeborene Leben betrifft und viele haben genau dieses Einstellung, ABER umso erstaunlicher ist es für mich, daß der Großteil dieser Gesellschaft, darunter sehr viele Eltern grad tatenlos zusieht wie die geborenen Kinder durch die Coronazwangsmaßnahmen, durch die Angst-, und Panikmache bezüglich des Klimawandels usw. „vor die Hunde geht“! Das ist mir unbegreiflich und zutiefst verabscheuungswürdig! Haben Sie eine Ahnung davon wieviele Kinder und Jugendliche schon Suizidgedanken haben?

Andreas aus E.
1 Jahr her
Antworten an  Johanna

Down-Syndrom ist auch keine wirklich schwere Behinderung. Hier in Nachbarschaft wohnt ein Betroffener, ein sehr liebenswerter, fröhlicher Mensch, wohnt allein (ab und an schaut mal jemand vorbei) und stiefelt jeden Arbeitstag in seine gemeinnützige Werkstatt und ist überhaupt nicht „bescheuert“, wie manchmal angenommen wird. Anstrengender als „normale“ Kinder wird der für seine Eltern (leider soweit ich das verstanden habe bei Unfall verstorben) sicher gewesen sein, aber das ist doch kein Grund den im Frühstadium umgebracht zu haben. Als Krankenhauszivi hatte ich mal so ein menschliches Püppchen zu sehen bekommen. Das war aber keine Abtreibung, die da in der Nierenschale lag,… Mehr

Farbauti
1 Jahr her
Antworten an  Andreas aus E.

Es geht aber nicht immer um die niedlichen Downies. Vielmehr haben wir es mit Gesetzen zu tun, die es jedem Behinderten ermöglicht selbst Eltern zu werden. Natürlich mit der entsprechenden Hilfstruppe dabei. Das kostet. Ganz nebenbei hat sich die Diagnostik stark verändert. Schwere Persönlichkeitsstörungen werden heute oft unter geistiger Behinderung verbucht. Also nicht mit Behandlung sondern mir Rechten ausgestattet. Das ist der letzte Stein zum Untergang des deutschen Volkes. Denken Sie darüber mal intensiver nach.

Innere Unruhe
1 Jahr her
Antworten an  Johanna

Auch wenn ich Ihnen Recht gebe, so ist die Mutter genauso am Prozess beteilgt wie das Kind. Und Geburt und Nichtgeburt haben große Auswirkungen auf ihr weiteres Leben. Wir haben hier einen Widerspruch zwischen dem Schutz des Ungeborenen und dem Empfinden der Mutter. Frauen zu unterstellen, sie würden zu leichtfertig solche Eingriffe durchführen lassen, halte ich für unfair. Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Frau einer Abtreibung positiv gegenüber steht. Wir als Gesellschaft sollten uns nicht anmaßen, über die Gefühle und Motive der Frauen zu urteilen. Statt harte Verbote auszusprechen, sollten unsere Bemühungen als Gesellschaft darauf konzentrieren, zweifelnden Frauen… Mehr

Holger Lundstrom
1 Jahr her

Bei jedem Artikel den ich lese, komme ich mir mehr und mehr vor wie im niedergehenden römischen Reich. Und jedes Mal lagere ich ein bisschen mehr Essen und Schießpulver ein.

Julischka
1 Jahr her

Es geht ja hauptsächlich um „die letzte Generation“, denen hat man doch durch die Klimaapokalypsenphrasen dermaßen Angst gemacht, daß mich das nicht wundert. Erst Denken, dann handeln wird in der Schule nicht (mehr) vermittelt, über Verhütung wird in der Grundschule! gesprochen, mit 16 hat man das Scholzsyndrom und kann sich an nichts mehr erinnern und junge Frauen gehen sowieso zunehmend fürs Klima in den „Gebärstreik“!

Innere Unruhe
1 Jahr her
Antworten an  Julischka

Wer hat denn der letzten Generation Angst gemacht?
Sind das alles Weisenkinder? Für die robuste Psyche sind Familien zuständig. Sie müssen den Kindern klarmachen, dass die Menschheit noch jede Krise überstanden hat und schlau genug war, sie zu lösen.
Es liegt an den Familien, keine Utopisten sondern Optimisten großzuziehen.

Julischka
1 Jahr her
Antworten an  Innere Unruhe

Diese Familien sind durch Politik und Medien aber genauso manipuliert wie ihre Kinder später durch Kitas und Schulen!

Innere Unruhe
1 Jahr her

Wie hat sich die Gruppe der Frauen verändert?
Das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft ist in der Gesellschaft ungleich verteilt und hängt von kulturellen Aspekten ab.
Was lässt sich über Mütter sagen?

Eco
1 Jahr her

Da es in den Vorjahren einen leichten Rückgang gab, kann der Anstieg auch ein „Nachholeffekt“ sein.
Prinzipiell ist die Entscheidung für ein Kind eine Option auf die Zukunft. Wer an die Zukunft glaubt hat Kinder.
Es gibt auch keine Überbevölkerung und zwar aus 2 Gründen, zum einen könnten genügend Lebensmittel produziert werden, um alle Menschen zu ernähren, und zum anderen nimmt der Bevölkerungszuwachs stetig ab, so dass die Weltbevölkerung spätestens ab 2050 schrumpfen wird. In Europa sich Sorgen um die Übervölkerung zu machen ist bizarr, wenn es mehr oder weniger überall an Fachkräften mangelt.

friedrich - wilhelm
1 Jahr her
Antworten an  Eco

…..da ist es doch einmal interessant zu ermitteln, wer von den regierungschefs und -mitgliedern europas kinder hat…….ist auch ein maß dafür, wie verantwortlich sie sich für das volkswohl frühlen……

Amin Hiebl
1 Jahr her

ch bin traurig über diese Zahlen und verstehe es auch nicht. Eine Frage stelle ich mir: sind die alle zu blöd zu verhüten? Da hakt‘s doch irgendwo gewaltig. Im Zweifelsfall einfach nicht vögeln.
Das sind ja nun keine Einzelfälle…
Kenne genügend Frauen bei denen jahrzehntelang keine „Unfälle“ passieren.

Karl Heinz Nusser
1 Jahr her

Eine bewusste Entscheidung (Kind ja oder nein) von Eltern, sollte auf der Grundlage „kann ich es verantworten, in diese Welt ein Kind zu setzen und mute ich meinem Kind zu, unter den gegeben Verhältnissen und der „befürchteten“ Entwicklung ein lebenswertes Leben führen zu können?“. Die Antwort sollte sich jeder Leser selber geben, meine Entscheidung wäre aber (habe selber 3 erwachsene Kinder) = Nein.

hoho
1 Jahr her
Antworten an  Karl Heinz Nusser

Ich bin auch ein Vater und ich schaue auch mit Entsetzen auf das was aus der westlichen Kultur und Zivilisation geworden ist. Es tut mir nur unendlich leid, dass die Kidies wohl schwieriger haben werden als ich es hatte. Mein Großvater hat noch über die beide Kriegen und Sibirien erzählt. Ich habe bis jetzt einigermaßen gutes Leben gehabt. Das was kommt, kann wenn die Eliten es so wollen und wir es erlauben schlimmer sein als das was mein Großvater und mein Vater erleben mussten. Wir alle werden die Konsequenzen der Entscheidungen in Berlin ausbaden müssen. Meine und Ihre Kinder auch.… Mehr

Karl Heinz Nusser
1 Jahr her
Antworten an  hoho

Ich gehe mit Ihnen 100% überein. Es (Änderung) wird nur über den Schmerz gehen. Gewalt wird ausbrechen, die Frage wird sein „was kommt danach“. Geht es in Richtung Neuaufbau auf der Grundlage einer Demokratie? oder kommen Schreier und Heilsbringer an die Macht? (wenn ich in den Zustand der wohlstandsverwahrlosten und dekadenten Gesellschaft beobachte, ist zu befürchten, ein „Führer“ wird das Zepter übernehmen). Ich hoffe ich schätze die Situation falsch ein und alles wird gut.

doncorleone46
1 Jahr her

Die Lebensschutzverbände sollten sich mal Gedanken machen mit welcher Haltung man die Lebensperspektiven für Schwangere so verbessert, dass sie die Kinder gebären wollen. Die Politik der etablierten Parteien ist dermaßen Kinderfeindlich, dass man die Lust auf Familienzuwachs verlieren kann. Perspektivische Armut und Leid sind nun nun mal keine positiven Faktoren.

Joe4
1 Jahr her
Antworten an  doncorleone46

Inwiefern ist die Politik kinderfeindlich? Familien werden heute gefördert wie nie zuvor. Bis Mitte der 70er Jahre gab es noch nicht ‚mal Kindergeld. So gejammert wie heutzutage wurde damals nicht.

Farbauti
1 Jahr her
Antworten an  Joe4

Die Zukunftsaussichten sind schwarz. Viele ältere Frauen und Eltern wünschen sich gerade, sie hätten auf´s Kinderkriegen doch lieber verzichtet. Wir Älteren gehen bald und lassen unsere Kinder in einer unsicheren , nicht mehr einschätzbaren Zukunft zurück.Das ist ätzend.

Astrid
1 Jahr her

Man schaue sich bitte mal unser Kindergarten- und Schulsystem an, das von Jahr zu Jahr schlechter wird. Frauen müssten in der Regel mitarbeiten und die Kindererziehung stemmen, außer sie kommen aus allen möglichen Ländern hier her und legen sich mit vielen Kindern in die soziale Hängematte. Den Frauen in Deutschland wird die Mutterschaft dermaßen erschwert, dass es zum Gruseln ist. Die Coronapolitik und die Quälerei der Kinder hat offenbart, wie man in unserem Land mit Schutzbefohlenen umgeht. Das Ergebnis ist niederschmetternd! Unsere Willkommenskultur besteht nur für Menschen aus allen möglichen Ländern, aber nicht für unsere Kinder.

Buergerliche Buergerin
1 Jahr her

Abtreibungsentscheidungen sind für Frauen multifaktoriell begründet. Die Berater, wenn sie denn überhaupt engagiert beraten haben, müssen keine Aufzeichnungen über die Gründe für die Scheinausstellung machen. In einem Jahresbericht besteht für die Beratungsstellen dann die Chance, eine inhaltliche Zusammenfassung der Beratungserfahrungen zu machen. Dieser ist die einzig mögliche Quelle für einen Versuch, die exorbitante Steigerung der Abtreibungszahlen hinsichtlich der Entscheidungsfaktoren zu begründen. Durch Zuwanderung erhöht sich allerdings laufend die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter, d.h. potenziell der Konfliktschwangeren. Auch das kann noch als Grund mit in den Anstieg einfliessen.Man müsste dann die Abtreibungsrate auf eine bestimmte Anzahl der Frauen im… Mehr