Landtagswahl Schleswig-Holstein: CDU vor SPD

Wer in der ganz großen Koalition aller Parlamentsparteien den Vorsitz führt, ändert nichts an der Politik des Stillstands. Ob die CDU in Schleswig-Holstein oder Nordrhein-Westfalen die SPD auf Platz 1 ablöst, gehört zum Unterhaltungs-Programm der Medien.

© Sönke Ehlers
CDU-Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein Daniel Günther

Je 32 Prozent für die CDU gaben die Forschungsgruppe Wahlen für’s ZDF und Infratest Dimap für die ARD gestern bekannt. Auch mit 30 Prozent für die SPD bei der Forschungsgruppe und 31 bei Infratest stimmen die zwei Umfragen praktisch überein. Das wieder holt sich mit identischen 12% für die Grünen, 9 und 8,5 für die FDP, 6% für die AfD, 3% für den SSW sowie 5 und 4,5 für Die Linke. Für mich ist das wie immer keine Prognose, kann aber ein weiteres Indiz für das weitere Schrumpfen des Schulz-Effekts sein.

Von der Tatsache, dass die französischen Meinungsforscher mit ihren Umfragen das Ergebnis der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen sehr exakt trafen, sollte niemand darauf schließen, das würde nun auch in Deutschland so sein. In der aktuellen Ausgabe der ZEIT fand ich diese interessante Antwort des  Jérôme Fourquet, directeur du Département opinion publique à l’Ifop, was sie anders machen als ihre Kollegen in den U.S., im UK und in Deutschland:

„Weil wir keine Prognose abgegeben haben, sondern die Wahlabsichten so genau wie möglich gemessen haben … die französischen Umfrageinstitute arbeiten mit der Quotenmethode. Unsere Befragten, egal in welcher Zahl, müssen nach fünf bis sechs Kriterien, also nach Geschlecht, Alter, Beruf, Größe des Wohnorts, Region und Bildungsniveau, repräsentativ für Frankreich sein. Das ist aufwendig. Unsere Kollegen in Großbritannien und den USA arbeiten dagegen mit der traditionellen Wahrscheinlichkeitsmethode. Die geht davon aus, dass eine zufällige Auswahl der Befragten ihre Repräsentativität garantiert … machen wir nur noch Internetumfragen. Denn Wähler, die allein vor dem Bildschirm sitzen, sind eher bereit, zuzugeben, dass sie für Trump, für den Brexit oder für Le Pen stimmen wollen.“

Wer dazu gehört und wer nicht
Was kommt nach den Sozialdemokraten in allen Parteien?
An der Regierungskonstellation in Schleswig-Holstein würde wohl auch eine CDU vor der SPD nichts ändern, es sei denn, es reicht mathematisch nicht mehr für SPD plus Grüne plus SSW. Dass die FDP als Lückenfüller eintritt, ist bei Wolfgang Kubicki eher unwahrscheinlich. Obwohl ich weiß, dass man nie nie sagen soll und nie immer. Der eigentliche Effekt einer CDU, die im Norden die regierende SPD überholt, wäre der für die Landtagswahl eine Woche später in Nordrhein-Westfalen. Dort sagten die letzten Wasserstands-Meldungen von Infratest vom 23. April: Je 34 Prozent für CDU und SPD, 10 FDP, 8 AfD, 6 Grüne und 5 Die Linke. Eine CDU vor der SPD in Kiel würde die Union auch in Düsseldorf auf Platz 1 schubsen. Dann kann es sogar für eine CDU-FDP-Koalition reichen.

Wer das lesenswerte Portrait von Stefan Willeke über Armin Laschet in der ZEIT gelesen hat, könnte dann zusammen mit mir schmunzeln. Willeke erzählt, dass Laschet schon seit ewigen Zeiten Toto spielt und das immer mit ein und derselben Strategie: „Er wettet niemals auf Ergebnisse, auch niemals auf Sieg, niemals auf Niederlage. Er setzt auf Unentschieden.“

Werte Leser, das ersetzt jede Analyse der deutschen Politik: unentschieden. Herr Willeke, den Schluss Ihres Laschet-Portaits finde ich besonders gelungen:

„Die Wette, die Armin Laschet mit sich selbst abgeschlossen hat, lautet: mit dem Gestus des Unentschiedenen eine Entscheidung herbeiführen und Ministerpräsident werden.“

Dass diese Wette durchaus aufgehen kann, erklärt auch pars pro toto, warum tatsächliche Bewegung in der deutschen Politik reiner Zufall wäre. Wer in der ganz großen Koalition aller Parlamentsparteien den Vorsitz führt, ändert nichts an der gleich bleibenden Politik des Stillstands. Was in den Medien aussehen soll wie ein Wettbewerb der Parteien, ist Entertainment für anspruchslose Zuschauer und Leser.

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Kommentare ( 25 )

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treu
6 Jahre her

„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“

Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Rufus
6 Jahre her

Wenn der Karren dann mittelfristig aus der Kurve fliegt, wird jeder schwören, dass er „Die“ nicht gewählt hat, wetten ?

Henryke
6 Jahre her

„Was in den Medien aussehen soll wie ein Wettbewerb der Parteien, ist Entertainment für anspruchslose Zuschauer und Leser.“
Ergänzend kann man feststellen:
Was in Ländern und im Bund wie Regieren aussieht ist Entertainment für anspruchslose Bürger und Wähler.
Weiter so mit weiteren GroKos!
Ich richte mich persönlich nach der BTW auf ganz schlechte kommende Jahre ein…

Seneca
6 Jahre her

D`accord ! Und die Holsteiner sind mir die schlimmsten Stillständler, denn die sind laut allen Umfragen (sic!) auch noch glücklich bei alledem wie es so ist…je näher am Meer, desto benebelter… da lobe ich mir doch meine widerständigen Bergvölker.

gintonicgalore
6 Jahre her

„Wer…den Vorsitz führt, ändert nichts an der gleich bleibenden Politik des Stillstands…Entertainment für anspruchslose Zuschauer und Leser.“ Ich würde gern nie wieder wählen gehen. Weil ich bei diesem verlogenen Spektakel, dass auch noch auf meine Kosten geht und mich immer wieder zum lächerlichen Stimmvieh stempelt, nicht mehr mitmachen möchte. Den meisten Parteien kann ich meine Stimme gar nicht geben, sonst könnte ich mich nicht mehr im Spiegel ansehen. Der AfD möchte ich auch nicht wirklich meine Stimme geben, weil sie mich keinesfalls überzeugt. Wenn ich aber nicht zur Wahl gehe, gebe ich mein Einverständnis zur Weiterführung der Einheitsparteienpolitik. Ich werde… Mehr

Tim Buktu
6 Jahre her
Antworten an  gintonicgalore

Sie sprechen mir aus dem Herzen! Aber vielleicht gibt es ja noch eine Alternative: direktkandidaten.info

AngelinaClooney
6 Jahre her

Offensichtlich sind die Bürger dieses Landes anspruchslos – solange die Probleme nicht im Vorgarten bzw. vor der eigenen Haustüre auftauchen: Kreuzchen wie gehabt oder gar nicht wählen gehen. Für mich immer wieder erschreckend, dass anscheinend der Großteil der Bevölkerung gar nicht sieht oder sehen will, welche gesamtgesellschaftlichen Probleme aufgrund dieser seit Jahren sedierenden Politikseilschaften auf uns zukommen.

Hans Ecke
6 Jahre her

„Dieses Land ist unrettbar verloren“, auf diesen schonungslosen Artikel von Sabine Kablitz im Netz haben Mitforisten schon verwiesen. Irgendwie scheint mir das Bild von der Wirklichkeit, das uns im Sciene-Fiction-Film die „Matrix“ vermittelt wird, sehr reell zu sein. Die überwiegende Mehrheit hält die Demokratie und die orchestrierende Medienblasen für die Realität und hat keinen Anlaß dies in Zweifel zu ziehen. Man wählt wieder CDU, damit unserer Land endlich wieder sicherer wird (CDU-Wahlplakat in NRW). Ich habe heute zufällig einen kleinen Blick hinter den Vorhang gemacht. Seit 1995 steht bei den EU-Eliten die Mittelmeerunion auf dem Langfristprogramm, einschl. Förderung des Islam… Mehr

Kinofan
6 Jahre her

Ich bin genügsam hinsichtlich der Wahlergebnisse und habe nur 2 Wünsche:
Rauswurf der Grünen aus jedem Parlament und dafür einen Oppositionsstachel der diesem Begriff Ehre macht.
Na gut; ein Sch….ergebnis für SPD, Linke und CDU wäre auch noch prima

Ann Lee
6 Jahre her

Ich lebe in Schleswig-Holstein und habe schon per Briefwahl gewählt. CDU. Das erste mal in meinem Leben. Warum? Es ist total widersinnig, denn ich lehne Merkel und ihre Politik zutiefst ab. Ich bin ein totaler Gegner ihrer Grenzöffnung. ABER – Die Regierende SPD hat hier ein Abschiebestopp für Afghanen verhängt. Die Grünen blockieren im Bundesrat, dass die Nordafrikanischen Staaten zu sicheren Herkunftsländern gemacht werden. Ich will SPD/Grüne in S/H abwählen und so die Mehrheiten im Bundesrat verändern. Darum stimme ich (aus Verzweiflung) für die CDU. Merkels Devise und Taktik; Nur wir lösen die Probleme, die ihr ohne uns gar nicht… Mehr

treu
6 Jahre her
Antworten an  Ann Lee

Wenn Sie nun schon nur „verzweifelter“ Protestwähler sind und dann noch CDU und Merkel ablehnen, dann hätten Sie doch wenigstens die AfD wählen können. Auch mit einer Nichtwahl hätten weder CDU noch SPD und Grüne Ihre Stimme erhalten. Ich verstehe so eine Wahl nicht. Das ist keine des geringeren Übels, denn die CDU ist bekanntlich das Übel all dessen, was hier im Lande passiert. Neben SPD und Grünen natürlich, auch in SH. Was denken Sie denn, wird sich mit einer CDU-Regierung in SH ändern? Genau, nichts von dem, was Sie angeblich ablehnen! Schade, eine verschenkte Stimme an der falschen Adresse!

Andreas Donath
6 Jahre her
Antworten an  treu

Ich sehe das wie Sie, treu. Allerdings sollten wir, die natürlich auch und selbst in SH die AfD gewählt hätten, nun nicht auf Ann Lee eindreschen, die hier freimütig geschildert hat, was sie zu ihrem Kreuz für die Merkel-Partei bewogen hat. Vielmehr führt es uns als interessantes Lehrstück vor Augen, dass eben längst nicht alle CDU-Wähler hinter der wahnsinnigen Asylpolitik der Kanzlerin stehen, wie es uns eine von der Leyen weismachen will, die überhaupt alles, was nicht gerade explizit bei der AfD landet, als Pro-Merkel deutet.

gintonicgalore
6 Jahre her
Antworten an  Ann Lee

Sie haben also das also die gleichen Parteien wiedergewählt, die den Schaden angerichtet haben, um somit eine Wechsel dieser Politik herbeizuführen?

SPDGRÜNELINKEFDPCDUCSU sind EINUNDDASGLEICHE!

Sorry, über soviel Einfalt, garniert mit so vielen Wörtern, kann ich echt nur den Kopf schütteln.

Graf33
6 Jahre her

„Dass die FDP als Lückenfüller eintritt, ist bei Wolfgang Kubicki eher unwahrscheinlich.“ Also da wäre ich mir ganz und gar nicht sicher, die FDP wird das machen, was sie immer gemacht hat. Koalieren mit jedem (außer der AfD)!
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-04/fdp-spd-wolfgang-kubicki-schleswig-holstein-interview
Ansonsten stimme ich Ihnen zu. Es ist zum Verzweifeln, die All-Parteien-Macht hat das Land und die Bürger im Würgegriff. Egal, was man wählt, man bekommt immer das Gleiche. Keine Chance zu entkommen.