„Ein Test von Käuflichkeit“ in der zerstrittenen Werte-Union

Feind, Todfeind, Parteifreund. So beschreibt der Volksmund die Steigerungsform der Feindschaft. Parteileben in seiner saftigen Wirklichkeit kann man derzeit bei der kleinen Werte-Union besichtigen. (aktualisierte Fassung)

picture alliance/dpa | Soeren Stache
Hans-Georg Maaßen und Sylvia Pantel, Berlin, 09.11.2024

Man bekämpft sich bis aufs Messer in der Partei, die vor knapp 20 Monaten als bürgerliche Alternative zwischen AfD und CDU gegründet wurde.

Der Parteivorsitzende Hans-Georg Maaßen schrieb in einem Brief an die Mitglieder bitter:

„Ich kann mit vielen im jetzigen Parteivorstand nicht mehr vertrauensvoll zusammenarbeiten.  … Was hier stattfindet, ist ein Putsch und eine Machtübernahme von Leuten, die ihre Mitgliedschaft und Funktion mir zu verdanken haben. Ich räume ein, es war ein großer Fehler, diese Leute in die Partei geholt zu haben und ihnen vertraut zu haben.“ 

Statt wie angedroht zurückzutreten, kämpft Maaßen nun um die Führung – und die Werte-Union wird zum Synonym für Krise. Der Landesvorstand Nordrhein-Westfalen wurde in einem Verfahren, das sich Nicht-Beteiligten in seiner Mischung aus rechtlicher Komplexität und persönlicher Animosität nicht mehr erschließt vom Bundesvorstand „deklaratorisch“ durch den Vorgänger-Vorstand  ersetzt.  Ein Vorgang, den man formal durchaus als sportlich ansehen kann. Dagegen will Landesvorsitzende Sylvia Pantel vor Gericht ziehen. Wahlkampf findet nicht statt.

Im Bundesvorstand hat Maaßen 6 Gegner und 5 Anhänger – ist also in der Minderheit. Anführer der „Pantel-Meuthen-Bande“ (Maaßen) ist Jörg Meuthen, der in Baden-Württemberg in den Landtag einziehen will. Der so angegriffene Meuthen hat nun in einem Mitglieder-Chat einen Vorgang bekannt gemacht, der eine Eskalation eines ohnehin bereits auf die Spitze getriebenen Vorgangs darstellt: In einem Chat erklärte er, Udo Kellmann, Schatzmeister des Unterstüzungssvereins der Werte-Union und Maaßen-Vertrauter, habe ihn bestechen wollen. In einem Mailverkehr habe Kellmann formuliert:

„Sorgen Sie dafür, dass HGM (Hans-Georg Maaßen) wieder die Mehrheit im Bundesvorstand hat, dann haben sie wieder ihre Ruhe vor mir. Als Bonus werde ich mich dafür stark machen, dass der Förderverein eine sechsstellige Summe für Ihren Landtagswahlkampf zur Verfügung stellt.“

Eine Kopie liegt TE vor.

An dem Chat nahmen Sylvia Pantel, Bundesjustiziar Dr. Claus Peter Martens, Bundesvorstandsmitglied Bernd Pfeiffer (Schatzmeister), Bundesvorstandsmitglied Michael Schwarzer und mehr als 50 Mitglieder, überwiegend aus NRW, teil.

Für Jörg Meuthen ist es „ein Test von Käuflichkeit“.

Auf Anfrage erklärte Maaßen zu TE: „Ich bin empört. Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen.“ Der Landesverband habe um finanzielle Hilfe gebeten, was angesichts des schlechten Abschneidens in Thüringen, Sachsen und Brandenburg aber skeptische gesehen werde. Der Förderverein der Werte-Union habe den Beschluss keinerlei finanzielle Zuwendungen mehr an die Partei Werte-Union zu leisten. Und Uwe Kellmann erklärt: „Ich investiere nur in Dinge, die für mich oder mein Unternehmen einen Wert haben. Ein Herr Meuthen stellt für mich in diesem Sinne jedoch ein „Muster ohne Wert“ dar. Ihn mit einer „sechsstelligen Summe“ gewinnen zu wollen, ist für mich daher völlig abwegig und stand zu keiner Zeit zur Diskussion.“ Der geleakte Text sei als Sarkasmus zu verstehen.

Meuthen sagt, er wolle sich zwar seinen Lebenstraum erfüllen und noch einmal in den Landtag von Baden-Württemberg einziehen – aber werde keinesfalls mit Maaßen um den Parteivorsitz konkurrieren: „Ich habe als AfD-Vorsitzender sechseinhalb Jahre Rodeo geritten. Der Hintern tut mir immer noch weh.“ Nur in Baden-Württemberg sei ein Wahlerfolg möglich, da der CDU-Kandidat Manuel Hagel tatsächlich erklärt habe, er wolle das Erbe der Grünen bewahren.

Im Rodeo kann man auch vom Pferd fallen. Auf beiden Seiten.

Redaktioneller Hinweis: Diese Fassung wurde mehrfach aktualisiert; zuletzt am 31. 8. 2025 um 19.45 und am 1.9.2025 um 9.50

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Kommentare ( 66 )

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Ohwehnene
3 Monate her

Das in allen neuen Parteien stattfindende Gerangel um die höheren Posten, die im Erfolgsfall ganz vorne an den Fleischtöpfen lokalisiert sind, zeigt, dass der Staat die Beute dieser Machtkonglomerate ist. Das haben alle einschlägigen Akteure instinktiv verstanden. Parteien rigoros entmachten! Mehrheitswahlrecht einführen. Ein Wahlkreis – ein Mann/Frau, fertig. Mehrheit ist Mehrheit, die Minderheit kann in 4 Jahren angemessen beteiligt werden, wenn die Mehrheit dann gewechselt hat.

Last edited 3 Monate her by Ohwehnene
Dr. Bomke
3 Monate her

Die Berufspolitiker, die ihren Weg in den 1990er bis 2000er Jahren begannen, haben in der Masse menschliche, persönliche, charakterliche Webfehler. Mit sowas sollte man sich als ehrenhafter Mensch nicht einlassen. Sie sind ehr- und würdelos und erinnern an standesloses Jahrmarktsgesindel früherer Zeiten.

Judith Panther
3 Monate her

Großartig!
Wieder Stimmen für die AfD.

Turnvater
3 Monate her

Spätestens mit der ersten Pressekonferenz und der CDU als Premiumpartner war der Drops gelutscht. Und auch mit dem symbolischen Ort auf einem Rheinschiff, um damit an die alte BRD anzuknüpfen, war ein schwerer Fehler.

Wer jetzt immer noch nicht begriffen hat, was zu tun ist und als einziges Argumetn „Aber der Höcke …“ bringt, hat es nicht besser verdient.

Logiker
3 Monate her

Die Briten haben nach dem Krieg in ihrer Besatzungszone mit ihren Agitatoren und Propagansdisten ganze Arbeit geleistet – eine Entnazifizierung vergeigt, dafür eine bis heute wirkende Gehirnwäsche vollzogen.
Deutlich sichtbar im unseligen Wirken der von den NRW-Landesverbänden dominierten sämtlichen Parteien- von AfD bis CDU.

Last edited 3 Monate her by Logiker
Logiker
3 Monate her

NRW ist Gesamtdeutschlands politischer Tod.
Nicht nur in der Werteunion oder gar der AfD, sondern in allen nennenswerten Parteien.

Die schiere Größe dieses Bundeslandes, die sofort im Schlepptau einen „paritätischen“ Führungsanspruch unter allen Bundesländern gebildet hat, ist kein Garant für Qualität,, sondern für eine statistische Mehrheit an politischer Dummheit und Gefährlichkeit.

Dundee
3 Monate her

Maaßen hat als Verfassungsschutzpräsident sich und uns schon Merkel eingebrockt – mit all den Folgen daraus. Maaßen hat als Geheimdienstler wissen müssen wer und was Merkel ist. Es wäre seine Pflicht gewesen Merkel zu Verhindern. Er machte das Gegenteil. Er förderte und beschützte sie. Vor seinem Ausscheiden aus dem Amt installierte Maaßen Haldenwang (ebenfalls CDU) als Nachfolger. Auch Haldenwang erwies sich in der Praxis linker als Links. Genauso wie Merkel! Das alles ist kein Zufall. Das ist Konzept. Erneut bewiesen durch Meuthen. Maaßen bringt zuverlässig Hochverräter in Ämter und Macht.

Ohwehnene
3 Monate her
Antworten an  Dundee

Interessant! Maaßen soll Merkel verhindern, ist aber von Faeser entlassen worden. Ich bin ganz verwirrt!

Riffelblech
3 Monate her

Der sehr honorig daherkommende Beamte Maaßen ist leider demGlauben verfallen er könne mit Leuten wie dem Herren Meuthen eine wirksame Opposition aufbauen .
Auch hat der sehrhonorig daherkommende Beamte gleich nach seinem politischen „comming out“ von der CDC-Impfstoffbeirats die Unvereinbarkeit mit der AfD formuliert.
Was ein gewaltiger Fehler war.
Was bleibt ist der enttäuschen Zustand das wieder ein möglicherweise politisches Talent sich die lackierten Fingernägel nicht schmutzig machen wollte .
Er hätts sich sofort und ganz eindeutig zur AfD bekennen sollen und eine starke Zusammenarbeit anstreben müssen .
So aber — klug , eloquent, hochmoralisch ,aber eben politisch nicht durchsetzungsfähig.

AndreasA
3 Monate her

Herr Meuthen, Herr Maaßen in seiner ganzen Charakterlosigkeit und die Partei (!) Werteunion haben sich gegenseitig verdient. Schade um den gleichnamigen Verein.

Homer J. Simpson
3 Monate her

Ich habe bei BD die Erfahrung selber gemacht. Sobald Charaktere aus den etablierten Parteien Zugang bekommen und sich einnisten und ausleben, ist es mit der neuen Partei vorbei. Man lässt die ja auch noch freiwillig an die Spitzen und Posten, weil die ja angeblich wichtige Erfahrungen und Netzwerke haben. Alles Bullshit. Und so leben sich die Egozentriker und Selbstdarsteller aus und hinterlassen – wie da wo von wo sie gekommen sind – verbrannte Erde. Und führen damit den Willen der normalen Menschen, sich politisch auszudrücken und zu organisieren, ad absurdum und torpedieren damit das Projekt. In der AfD gibt es… Mehr