Es gibt keine Mehrheit in der Bevölkerung für den vorzeitigen Kohleausstieg

Eine Umfrage zeigt: trotz massiven Drucks von Lobbygruppen und Medien wollen die Deutschen überwiegend nicht schon in sieben Jahren auf die meisten grundlastfähigen Kraftwerke verzichten.

IMAGO / Panama Pictures
Braunkohletagebau Garzweiler II, dahinter das Kohlekraftwerk Neurath von RWE

Zu den wichtigsten Forderungen der Grünen und Organisationen wie „Fridays for Future“ und der „Letzten Generation“ zählt das Vorziehen des Kohleausstiegs von 2038 auf 2030. Damit bliebe Gas als einzige grundlastfähige Stromerzeugung übrig. 

Die Strategie der „Letzten Generation“ und anderer Gruppen zielt offenbar darauf ab, durch Straßen- und Flughafenblockaden und andere spektakuläre Aktionen wie die Besetzung des Tagebaugeländes in dem verlassenen Ort Lützerath eine gesellschaftliche Stimmung zu erzeugen, in der sich irgendwann eine Mehrheit der Deutschen bereit erklärt, ihre radikalen Forderungen zu erfüllen. Auch etliche Medien vor allem im öffentlich-rechtlichen Bereich bemühten sich um einen entsprechenden Druck. In der Sendung von Anne Will am Sonntag durften mit der FFF-Frontfigur Luisa Neubauer, der Grünenchefin Ricarda Lang, dem Klimaforscher Mojib Latif und der im Einzelinterview zugeschalteten Greta Thunberg gleich vier Gäste argumentativ vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung in Lützenrath antreten. Latif erklärte martialisch: „Wir müssen jetzt endlich mal hart sein.“

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Eine Bevölkerungsmehrheit für den geforderten vorgezogenen Kohleausstieg 2030 gibt es trotzdem nicht. Das Meinungsforschungs-Institut Civey fragte zwischen dem 14. und 17. Januar 2023: „Sollte die Bundesregierung die Kohlekraftwerke bereits 2030 statt 2038 stilllegen?“ Darauf antworteten 34,8 Prozent mit: „auf jeden Fall“, weitere 11,1 Prozent meinten: eher ja. Fast ebenso viele votierten für das Gegenteil: 34,5 Prozent meinten, das sollte auf keinen Fall geschehen, weitere 10,8 Prozent antworteten: eher nicht. Unentschieden blieben 8,8 Prozent. Die Frage teilt die die Bevölkerung offenbar in zwei fast gleich große Lager, von denen keines die absolute Mehrheit erreicht. 

Zur Skepsis der einen Hälfte trug möglicherweise auch die aktuelle Warnung vor einer Stromknappheit in Baden-Württemberg bei – in einer Situation, in der sich die Kohlekraftwerke noch am Netz befinden, außerdem die drei letzten verbliebenen Kernkraftwerke. In den vergangenen Tagen wurde außerdem ein Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur bekannt, das eine Stromrationierung für Elektroautos und Wärmepumpen im Fall künftiger Stromknappheit vorsieht.

Viele dürften sich deshalb fragen: Wenn solche Notmaßnahmen schon jetzt Eingang in die Planung finden – wie sieht die Lage dann aus, wenn nicht nur alle Atomanlagen ab April zwangsweise vom Netz gehen, sondern auch alle Kohlekraftwerke schon in sieben Jahren? Das Problem stellt sich zwar für 2038 genauso. Allerdings gibt es bis dahin deutlich mehr Zeit, um die Energiepolitik neu zu diskutieren.

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Kommentare ( 28 )

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MisterX
1 Jahr her

Wen interessiert in dieser Regierung überhaupt was der Wähler oder gar die Mehrheit will?
Wir erleben doch gerade, dass mit der Brechstange grün-sozialistische Wunschträume durchgeprügelt werden, ohne Rücksicht auf Verluste.
Es geht nicht um die Bürger in diesem Land. Die dürfen den Schwachsinn höchstens finanzieren. Und dafür werden sie ausgepresst wie eine Kartoffel.

Ante
1 Jahr her

Ergebnisse Umfragen sind völlig egal. Danach geht es nicht. Es geht nicht darum, was Leute wollen, was eine Mehrheit will. Es geht darum, was möglich ist, gestützt auf Zahlen, Daten, Fakten. Der Kohleausstieg wäre technisch und wirtschaftlich kein größeres Problem. Aber eben nur ohne zeitgleichen Atomausstieg. Aus beidem zeitgleich auszusteigen geht nicht. Richtig wäre, alle AKW bis 2050 weiterlaufen zu lassen und dafür bis 2028 aus der Kohle auszusteigen. Wenn es eher geht, dann schon eher. Alles andere ist Träumerei. Der Ausbau von Wind- und Solarstrom hat natürliche Grenzen, die bereits erreicht sind. Daher auch der schleppende weitere Ausbau. Die… Mehr

H. Priess
1 Jahr her

Ist doch eh egal. Habeck hat gesagt, daß der Kohlestrom bis 2030 so teuer gemacht wird, daß sich den der normale Bürger nicht mehr leisten kann und „erneuerbare“ Energien kaufen muß. Ob der Bürger will oder nicht!

Lotus
1 Jahr her

„Es gibt keine Mehrheit in der Bevölkerung für …“

Man kann den Satz mit allen Projekten linksgrüner Politik fortsetzen, es stimmt immer.

Last edited 1 Jahr her by Lotus
November Man
1 Jahr her

„Es gibt keine Mehrheit in der Bevölkerung für den vorzeitigen Kohleausstieg“
Wir brauchen mehr Kohle, und nicht nur diese.
Es gibt auch keine Mehrheit in der Bevölkerung für einen Ausstieg aus der Kernkraft. Die Menschen brauchen sichere, zuverlässige und bezahlbare Energie. Aber das ist mit der rotgrünen Regierung nicht zu machen. Folglich müssen wir sie abwählen. 

powerage
1 Jahr her

Entscheidend bei allen strittigen Fragen wie Energie, Migration etc. ist die Haltung des ÖR-Funks, weil die entscheidende Bevölkerungsgruppe, die Alten, dem ÖR nachwievor alles glauben und sei es noch so erstunken und erlogen bzw. geframed oder von Ideologie getrieben. Ich hab das selber gerade wieder in der Familie erlebt, als mein Stiefvater hochgradig entsetzt war, als ich die Berichterstattung der Tagesschau kritisiert habe. In Österreich haben sie wenigstens einen Privatsender, der auch andere Meinungen zulässt und halbwegs neutral moderiert wird. Deswegen gehen da auch Grüne und Migrationsfetischisten regelmäßig gnadenlos unter, weil sie dort in ihrem Redeschwall gebremst werden und konservative… Mehr

Contra Merkl
1 Jahr her

Für den Kohleausstieg der jetzt beschlossen wurde und wir dann ohne Strom bei Flaute und Dunkelheit da stehen, will Habeck ja für die Kapazität von 21 GW neue Gaskraftwerke bauen lassen. Sind ja nur 7 Jahre. Und in Gaskraftwerke will keiner investieren, die sollen ja nur Lückenfüller sein. Nach einem halben Jahr wurde mein Strom jetzt schon wieder erhöht, von 31 auf 46 Cent die Kw/h. Noch eine Erhöhung und ich kann mir meinen Strom mit dem Benzingenerator selber billiger machen. Ach ja, mein neuer Strom soll 100 % Ökostrom sein. Ich weiß wie sich der Strommix zusammen setzt, klar… Mehr

Janosik
1 Jahr her
Antworten an  Contra Merkl

Investitionssicherheit in D.- die Verträge können aufgehoben werden, der Eigentum gesprengt und wenn man das überlebt wird man DUH am Hals haben.
Für eine Investition die sich schnell rentiert, ist das vlt kein großes Problem, für Kraftwerke schon, da man sie jahrelang bauen muss.
Ich vermute, der Staat kann Garantien geben damit die Investors doch kommen. Es wird also teuer, kompliziert, ineffizient und wenn das alles nicht reicht noch ineffektiv. Das hat schon eine Tradition hier.

Bernhardino
1 Jahr her

wollen die Deutschen überwiegend nicht schon in sieben Jahren auf die meisten grundlastfähigen Kraftwerke verzichten.“
Entsprechend wählen, und schon ginge der Wunsch in Erfüllung. Denn es gibt eine Partei, die die Deindustrialisierung und Selbstzerstörung der BRD nicht mitzumachen gedenkt.
Ich weiß allerdings, das der Wähler da nicht mitziehen wird.

jansobieski
1 Jahr her

Berichten Sie am besten Mal für welche/welches der großen Regierungsprojekte denn eine Mehrheit da ist (Kohle, Kernkraft, Frühsexualisierung, Geschlechtsumwandlung, Massenzuwanderung, Russlandsanktionen). Wenn überhaupt eine Mehrheit da ist, dann klären wir diese Mehrheit über die jeweilige Konsequenz dieses Themas für sie persönlich auf und machen die Umfrage dann nochmal. Dann besteht gar keine Mehrheit für nichts mehr und auch nicht für diese Regierung.

Fieselsteinchen
1 Jahr her
Antworten an  jansobieski

Für welches Regierungsprojekt ist überhaupt eine Mehrheit seit 17 Jahren vorhanden? Grenzöffnung? Bail out? Griechenlandrettung? Und dazu immer noch vorausgesetzt, dass die übergroße Mehrheit durch die ÖRR-Medien nur einseitig bis gar nicht oder falsch informiert wird. Es wird also seit Jahren gegen die Mehrheit regiert. Ist Deutschland folglich noch eine Demokratie? Und dann haben wir unser aktuelles Außenministerchen, wenige Kenntnisse, aber ganz viel Überzeugung im Besitz des Schlüssels der Weisheit zu sein, das sinngemäß sagte, ihr sei die Meinung ihrer Wähler egal. Kann man eigentlich noch deutlicher formulieren, dass einem das Land, sein Wählerauftrag so völlig hinten runter. Wir haben… Mehr

Martin Bayer
1 Jahr her

Will die Mehrheit eine Einwanderung in das Sozialsystem – eine erhöhte Kriminalität durch Migranten , Scheinasylanten , Glücksritter usw. ? Es wird einfach gemacht , wie die Abschaffung der D-Mark.

Bernhardino
1 Jahr her
Antworten an  Martin Bayer

Falsch, da die Mehrheit genau die Parteien zuverlässig und unabänderbar wählt, die all das gegen den angeblichen Willen der Mehrheit macht, wird das umgesetzt. Ohne Wählerunterstützung und das tatkräftige Zuschauen der Nichtwähler wäre all das von ihnen aufgezählte nicht möglich.