Drohnen-Alarm: Deutschland und Österreich kaufen 636 Skyranger – doch es gibt Bedenken

Existiert die Drohnen-Gefahr tatsächlich? Bei Rheinmetall wird jedenfalls eifrig bestellt, so kauft Österreich 36 Skyranger-Geschütztürme, und Deutschland ordert 600 Stück.

picture alliance / Chris Emil Janßen | Chris Emil Janssen

Noch immer haben weder Behörden noch Politiker Beweise für eine russische Beteiligung an den verschiedenen Drohnen-Vorfällen am Flughafen München, am Airport Frankfurt oder in Norwegen vorlegen können. Trotzdem werden in die Aufrüstung gegen die – angeblich – Drohnen-Gefahr gewaltige Summen an Steuergeld investiert: Hunderte Geschütztürme vom Typ Skyranger werden bestellt. Allerdings: Deren Einsatz in der Nähe von Flughäfen oder Wohngebieten sei äußerst bedenklich.

Selbst wenn die 600 neuen Skyranger der deutschen Bundeswehr und die 36 Skyranger des österreichischen Bundesheeres, die in den nächsten Jahren an die Truppe ausgeliefert werden sollen, eine Drohne abschießen können, so ist das nicht unproblematisch, berichtete ein Waffentechnik-Experte im Gespräch mit dem Handelsblatt: „Die Munition, die der Skyranger verschießt, zerberstet in der Luft und hinterlässt Tausende von kleinen, sehr heißen Wolfram-Partikeln, die zu Boden fallen. So etwas kann man in dicht besiedelten Orten nicht verwenden, an Flughäfen schon gar nicht.“

Genau dort sollte die Milliardeninvestition allerdings mehr Schutz bieten – auf von Drohnen attackierten Airports oder für gefährdete kritische Infrastruktur, die sich in Westeuropa durchaus häufig in der Nähe von Wohngebieten befindet. Aber ein Skyranger-Einsatz klingt aktuell wie die Entscheidung, ob die Pest oder doch die Cholera besser wäre: Entweder von einer Kamikaze-Drohne getroffen – oder von extrem heißen Wolfram-Munitionspartikel schwer verletzt zu werden.

Kein Beweis für einen Drohnen-Angriff

Was dem deutschen und österreichischen Steuerzahler bei dieser Beschaffungs-Aktion vermutlich auffallen wird: Die Militärs können bei der Firma Rheinmetall bestellen, obwohl noch immer kein konkreter Nachweis dafür erbracht worden ist, dass die aktuellen Drohnen-Vorfälle zu einer hybriden Kriegsführung Russlands zu zählen wären – und obwohl die Nutzung der Skyranger-Geschütze in der Nähe von Wohngebieten und Flughäfen hohe Risken für hunderte Zivilisten mit sich bringen würde.

Die österreichische Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) freut sich jedenfalls schon auf die Auslieferung der Skyranger-Geschütze an das Bundesheer: „Das Bundesheer ist hier Vorreiter, Österreich ist das erste Land, das einen Vertrag für das System des Düsseldorfer Technologiekonzerns Rheinmetall unterschrieben hat.“ Die Kosten für die 36 Skyranger-Türme wollte das Verteidigungsministerium nicht kommunizieren, sie sind laut Tanner allerdings Teil des 1,8 Milliarden Euro teuren Pakets für neue „Pandur“-Panzer und Teil des bis 2032 laufenden Aufbauplanes.

Die deutsche Bundesregierung will noch in diesem Jahr mehr als 600 dieser Fahrzeuge beim Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall ordern. Der Auftragswert des Gefechtsturms samt Fahrzeug, in diesem Fall der gemeinsam mit dem französisch-deutschen Rüstungskonzern KNDS gefertigte Radpanzer Boxer, wird auf mehr als neun Milliarden Euro beziffert. Geliefert werden sollen die Panzer bis 2030.

Die technischen Details zum Skyranger-Geschütz

Der Skyranger nutzt eine 30-Millimeter-Revolverkanone, die bis zu 1200 Schuss pro Minute abfeuern kann. Entscheidend ist dabei die spezielle AHEAD-Luftsplittermunition: Sie wird elektronisch so programmiert, dass sie unmittelbar vor dem Ziel explodiert und eine Wolke winziger Wolfram-Projektile freisetzt. Damit lassen sich auch kleine, agile Drohnen zuverlässig treffen – ein Szenario, das konventionelle Munition oft überfordert.

Die effektive Bekämpfungsreichweite liegt bei drei Kilometern. Neben der Hauptkanone kann der Turm zusätzlich mit Luftabwehrraketen wie Stinger oder Mistral bestückt werden, um größere Ziele abzufangen. Das Sensorsystem umfasst Radar, Infrarot- und Tageslichtkameras, die eine 360-Grad-Erfassung und automatische Zielverfolgung ermöglichen.

Das gesamte System ist stark digitalisiert und lässt sich in übergeordnete Luftverteidigungsnetze einbinden. Es kann eigenständig arbeiten, aber auch Teil eines Verbundsystems sein – etwa gemeinsam mit Radarstationen oder anderen Flugabwehrfahrzeugen.

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Kommentare ( 92 )

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Teiresias
1 Monat her

Das Gewäsch von der Abwehr russischer Drohnen ist nur Vorwand, um die Anschaffung propagandistisch zu begründen.
Gedacht ist das Gerät m. E. für einen ganz anderen Krieg.
Ob Russland oder Iran – am Ende soll es gegen China gehen.

Waehler 21
1 Monat her

Die Frage ist doch wer steuert diese Drohnen? Die Russen? Exakte Luftbildaufnahmen kann man auch mit einem ganz normalen Linienflugzeug gewinnen, vermutlich auch noch bessere. Also was erzählt man uns da? Eine andere Frage ist, welcher Schaden entsteht, wenn so ein Ding abgeschossen wird.( keine Antwort der Regierung bekannt, man kümmert sich wohl erst darum wenn so ein Ding runterkracht) Außerdem, dass wir NICHTS mehr auf die Reihe bekommen, wissen die Russen schon lange. Man läßt die Bürger mal diskutieren und sich gegenseitig hochschaukeln, um dann irgendeinen vorher beabsichtigten Blödsinn durchzusetzen. Das wir immer noch nicht wissen wer unsere Pipeline… Mehr

DerVoluntaer
1 Monat her
Antworten an  Waehler 21

Das Sprengen „unserer“ Pipeline beglückt unsere „Verbündeten“.
„Das Problem sei nicht, dass Nord Stream 2 in die Luft gesprengt wurde, sondern dass es gebaut wurde, sagte Tusk auf einer Pressekonferenz.“
Darauf noch einen Schluck polnischen Goldwodka und 600 Panzerklötze, hingegen andere Pfandflaschen sammeln müssen.

Waehler 21
1 Monat her
Antworten an  DerVoluntaer

Was mir noch dazu einfällt. Zuständig ist das BMI für die Flughafensicherung. Hat es aus diesem Hause eine Verlautbarung gegeben?
Hat der Minister sich geäußert? Nur nebulöses Zeug , dafür sollte der KEIN Geld bekommen.

gmccar
1 Monat her

Was machen dann diese Kampfmaschinen, wenn neben dem Fahrweg eine per Glasfaserleitung gesteuerte Drohne seelenruhig wartet, bis das Ding vorbeifährt ?

Teide
1 Monat her

Ich gieße mal Wasser in den Wein. Die Munition ist sauteuer. Der Skyranger kann damit bestimmt vier, fünf Drohnen abschießen. Man müsste an allen neuralgischen Punkten Fahrzeuge positionieren. In ständiger Einsatzbereitschaft. Schussbereit in Sekunden. Dafür braucht man mehrere Tausend Mann. Wie würde es denn an einer Front aussehen? Das Fahrzeug hat 252 Schuss an Bord. Das reicht für 10 Feuerstöße. Danach muß das Magazin gewechselt werden. Durch ein Begleitfahrzeug mit aufgebautem Kran. Dauert 10-15 Minuten. Als Gegner würde ich 10 taube Drohnen (wenn es sein muß mehr) schicken und den Panzer beim Munitionswechsel angreifen. Gegen Drohnen gibt es keine wirklich… Mehr

Radisal
1 Monat her

Die KI sagt dazu das jede abgeschossene Drohne zwischen 5000 und 25000 Euro kostet, sicheres System um Pleite zu gehen.

Konservativer2
1 Monat her

Äähm… Vielleicht sind die Geschütze auch dafür gedacht, in einem potentiellen zukünftigen Konflikt (gegen wen, lasse ich hier bewusst offen) eingesetzt zu werden? In der Ukraine zeigt sich, dass sich die Kriegführung fundamental geändert hat, und unsere Geparden hat die „Friedensdividende“ (was für ein bescheuerter Begriff) aufgefressen. Was ich sagen will: mit denen wird nicht in Friedenszeiten am Flughafen Frankfurt rumgeballert.

Last edited 1 Monat her by Konservativer2
Privat
1 Monat her

Rheinmetall – Mit Kanonen auf Spatzen schießen – das wird immer sehr teuer für die blöden Steuerzahler

Waehler 21
1 Monat her
Antworten an  Privat

O.K. Das ist schlimm. Schlimmer ist, dass man seiner eigenen Regierung nicht mehr vertrauen kann auch oder gerade deswegen, wenn es um unsere Sicherheit geht.

Von geschönten Statistiken , Worthygiene ( es gibt keine Clankriminellen ), Organisationsversagen, Oppositionsbekämpfung ….

DerVoluntaer
1 Monat her

Wahrscheinlich kostet ein Schuss dieses Wunderklotzes doppelt so viel die die Drohne die abgeschossen wird. Vermutlich kann man sich eine ganze Drohnenarmada für den Preis eines einzigen Panzerklotz zulegen. Aber egal, es dient ja einen guten Zweck und wird wahrscheinlich eh als Unterstützung in die Ukraine geliefert.

Walter.Reichert
1 Monat her

Die Ukraine macht es doch jeden Tag vor, wie es effizient und preisgünstig geht. Für Flughäfen und andere Anlagen nehmen unsere Nachbarstaaten bei einer geringen Flughöhe einfach eine gute Schrottflinte.

Egozentrik
1 Monat her

Mit den „Drohnen“ ist es genauso wie mit dem „Klima“ als Katastrophe oder den „Viren“ als Krankheitserreger, schon vom Begriff her ein Etikettenschwindel! Den kann man gut erzeugen, da die Deutschen spätestens seit den 1980er-Jahren an Verdummung durch ihre Schul-„Bildung“ leiden, unterstützt durch die Mär, dass „Bildung“ einerseits elitär sei, andererseits als „Abitur“ billig zu haben sei. So werden Begriffe inhaltlich erweitert, indem klar definierte Begriffe immer neue Inhalte erhalten, auch untaugliche, um dann wieder auf einen einzelnen, nun neuerdachten Inhalt verengt zu werden. So hat man (un)heimlich eine neue Definition geschaffen! Beispiel „Klima“: Die ursprüngliche und sinnvolle Definition hatte… Mehr

Last edited 1 Monat her by Egozentrik
Konservativer2
1 Monat her
Antworten an  Egozentrik

Weitestgehend richtig, allerdings töten Russen und Ukrainer sich derzeit bevorzugt mit relativ kleinen Drohnen, die Sprengstoff tragen oder Granaten/Bomben abwerfen, auch wenn es keine „Predator“ oder „Global Hawk“ sind. Für den Hausgebrauch tut es aber tatsächlich vermutlich oft die Schrotflinte zur Abwehr…