Dresden/Chemnitz: Urteil gegen Syrer im Mordfall Daniel H. wird heute erwartet

Am Rande des Chemnitzer Stadtfestes 2018 vor fast genau einem Jahr, wird ein Deutscher erstochen, offenbar von Asylbewerbern. Demonstrationen, Übergriffe und Anschläge halten die Polizei in Atem und bringen sie an ihre Grenzen. Es ist der Beginn jener angeblichen "Hetzjagden", mit der Angela Merkel die Stadt in Verruf bringt.

MATTHIAS RIETSCHEL/AFP/Getty Images

Seit dem 28. August 2018 ist Chemnitz ein Synonym: Für die Bundesregierung und die ihr nachstehenden Medien war der Mordfall an Daniel H. der Beginn von ausländerfeindlichen „Hetzjagden“, nachdem ein Video dies angeblich zeigte. TE hat jenes Chemnitzer Ehepaar gefunden, das das Video aufgezeichnet hat – danach war es eher umgekehrt: Aggressive „Ausländer“ gingen auf Menschen los, die von dem Mord betroffen zeigten. Heute soll in Dresden das Urteil gesprochen werden. Die Verhandlungen wurden wegen der angeblich aufgeheizten Stimmung in Chemnitz nach Dresden verlegt. Aber bringt es wirklich die erhoffte Aufklärung oder ist es die Fortsetzung einer Debatte, die Deutschland spaltet und in Ostdeutschland zu wachsendem Verdruss mit der Stigmatisierung durch die westdeutsch geprägte Politik und Medien führte? Die Debatte geht vorerst weiter.

Das ZDF-Politmagazin Frontal 21 nutze im Vorfeld der Urteilsverkündung den direkten Draht einer Freundin des Angeklagten, die offensichtlich Gelegenheit hat, mit dem Angeklagten Telefonate ins Gefängnis zu führen. Es ist ein Stück Urteilsschelte für den Fall eines Urteils, noch ehe es gefällt wurde.

Die TV-Szene sieht dann folgendermaßen aus: Der Reporter – Jeans, schwarzes Hemd, Dreitagebart – sitzt samt Freundin von Alaa S. an deren Wohnzimmertisch über ein Handy gebeugt, im Hintergrund eine lackweiße Kamin-Attrappe vor einer motivreichen Blumentapete, vorwiegend in violett gehalten.

Alaa S., dem gemeinsam mit einem derzeit noch flüchtigen Iraker gemeinschaftlicher Totschlag am Chemnitzer Daniel Hillig vorgeworfen wird, sagt hier wenige Tage vor der Urteilsverkündung gegenüber dem ZDF-Magazin am Telefon:

„Sowas für Gefühle, was ich habe, könne Sie sich nicht vorstellen. So wie jemand in einem Alptraum und wurde nie wach.“

Der Reporter möchte weiter wissen, was der Angeklagte empfindet, wenn er da „so von der Polizei reingeführt wird.“

Antwort von Alaa S.:

„Seit einem Jahr warte ich nur auf die Wahrheit. Ich will nur einfach die Wahrheit rauskommt. Wie am Anfang, als die Verhandlung, wo ich die Mutter und Schwester von dem Opfer gesehen. Und da hat die mich so angeguckt, wissen Sie? Danach konnte ich nicht mehr schlafen.“

Frontal 21 zeigt an dieser Stelle noch einmal die Blutlachen des Getöteten am Tatort und Reinigungsmaschinen der Stadt Chemnitz, die mit ihren Bürsten beginnen, diese Spuren zu entfernen.

Weiter der Angeklagte zum Reporter über die Tatnacht:

„Ich sitze dort und warte auf meine Döner. Auf einmal ich sehe also den Bekannten … der haut ab und sagt mir, haue ab! Sind Nazis. So schockiert und so, haue ich mit dem ab. Ohne ich hinter meinen Rücken gucken. Und kommt die Polizei also fest nur uns beide. Und danach nur einen Monat, der kommt raus und ich bleibe immer noch drinne.“  

Der Angeklagte lebte schon länger als Asylbewerber in Chemnitz und soll laut Frontal 21 dort als Friseur gearbeitet haben.

„Haben Sie Daniel Hillig getötet?“, fragt der Reporter am Telefon und hebt und senkt dabei immer wieder seine zur Faust geballte Hand, wohl um der Frage irgendwie auch optisch Gewicht zu verleihen.

„Nein, auf jeden Fall nicht. Ich schwöre bei meiner Mutter nicht. Ich habe den nicht angefasst.“

Der Reporter nickt dazu eifrig – irgendein Verstehen darstellend?

„Ich habe den nicht gesehen, außer in einem Bild. Der Gutachter war schon da. Ich habe überhaupt das Messer nicht angefasst. Der haben keine Spuren von mir. Der hat keine Fingerabdrücke. Der hat keine DNA. Meine ganzen Sachen, die sie haben da bei Polizei. Da war alles sauber.“

Für die Anwälte des Angeklagten sei die Unschuldsvermutung nach 14 Verhandlungstagen nicht widerlegt worden. Für Staatsanwalt Stephan Butzkies allerdings ist die Tat in weiten Teilen bewiesen. Der Hauptbelastungszeuge – ein früherer Angestellter eines Döner-Ladens – sei ein glaubwürdiger Zeuge gegen Alaa S. Auch, wenn der Zeuge „über Monate durch äußere Einflüsse wie Bedrohungen oder auch die Ermittlungen mürbe gemacht worden“ sei.

Mit dem Urteil wird im Laufe des Tages gerechnet. Wir berichten weiter.

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Kommentare ( 45 )

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feinbein
4 Jahre her

Irgendwie lustig…da erhält ein Böllerwerfer an einer Moschee ohne größeren Sachschaden und ohne jeden Personenschaden das gleiche Strafmaß und ein „Verletzer“ einer Bürgermeisterin Reker gleich 14 Jahre Haft.Jetzt wird die Berufung interessant, die natürlich nach der Wahl stattfindet und möglicherweise zur Reduktion des Strafmaßes oder Freispruch führt.Auch lustig ist , daß der andere Starftäter mal so eben zurück in den Irak ist, wo er doch angeblich dort soooo verfolgt wurde!

Karl Heinz Muttersohn
4 Jahre her

Ein Urteil im Schatten der Wahlen am 1. September. die herrschende Elite wollte wohl vermeiden dass die Sachsen noch ärgerlicher werden.

manfred_h
4 Jahre her

Zitat: „Aus 9 Jahren für Totschlag und 2 Jahren für (……..) wird durch „Mengenrabatt“ eine Gesamtförderung von 10 Jahren

> Ja, dass kann so sein.

Bei zB mehreren Taten u./o. Anklagepunkte, fällt dann bei den s.g. Strafzusammenzug das Urteil zumeist geringer aus. Oder wurde zB jemand 3x verurteilt zu jeweils 5, 1 + 3 Jahre – was also ges 9 Jahre Haft wären, und käme es hier warum auch immer zu einem Strafzusammenzug mit nur noch einem Urteil, dann könnten es „nur“ noch 7 1/2 oder 8 Jahre Haft werden.

manfred_h
4 Jahre her

Zitat: „„Ich sitze dort und warte auf meine Döner. Auf einmal ich sehe also den Bekannten … der haut ab und sagt mir, haue ab! Sind Nazis. So schockiert und so, haue ich mit dem ab. Ohne ich hinter meinen Rücken gucken. Und kommt die Polizei also fest nur uns beide.“ > Mhh, ich habe grad versucht das Gesagte bildlich vorzustellen und nachzuvollziehen -besonders die letzten 2 1/2 Sätze; „..haue ich mit dem ab. Ohne ich hinter meinen Rücken gucken. Und kommt die Polizei also fest nur uns beide.“. Also „er haut mit ab ohne sich unzugucken und Ups, oh… Mehr

mmn
4 Jahre her

„Urteilsschelte vor dem Urteil“ kann ich auch, gerne sogar pauschal für alle weiteren Urteile in vergleichbaren Strafsachen: immer zu lasch. Auf unser windelweiches Rechtssystem, die zuwanderungsfreundlichen Mainstream-Medien und andere Unterstützer aus dem Gutmenschen-Lager (incl. Anwälte) kann man sich da nämlich voll und ganz verlassen. Für diese Einschätzung künftiger einschlägiger Urteile berechne ich nichts, sie erfolgt pro bono.

Dietmar Simons
4 Jahre her

Auf Welt online kamen bezüglich des Urteils lediglich drei moderate Kommentare durch, die aber auch wieder gelöscht wurden und durch zwei völlig unkritische ersetzt wurden, die so klangen als wären sie extra von Welt Mitarbeitern verfasst worden…

Daraufhin habe denen ein dermaßen heftigen Kommentar verpasst, mir ist da echt der Kragen geplatzt. Ich erwarte schon die E-mail mit meiner Account Löschung…

rainer erich
4 Jahre her

Ich empfehle den aktuellen Bericht im Merkelblatt „ Welt“, in dem von „ Verblendeten und Gutgläubigen“ ( so die Medienexperten oder besser Journoschützer ) zu dem interessanten Strafmaß ( Drittelstraferlass nicht vergessen )und den Umständen in Chemnitz geschrieben oder besser gelogen wurde. Wenig zum Opfer natürlich, denn umden Ermordeten geht es nicht. Zur Einordnung : Der Täter wurde nicht wegen Totschlag angeklagt und verurteilt, sondern weil ihm das Opfer in das ungeschickt gehaltene Messer gefallen ist, wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Ein inzwischen in der deutschen „ Justiz „äußerst beliebter Trick, um der Strafandrohung des 212 StGB und natürlich auch der… Mehr

Michael Theren
4 Jahre her

also nun 9 ½ Jahre, Totschlag und schwere Körperverletzung für einen Mann mit Kriegserfahrung und im Umgang mit Waffen, alles unter Mord und Mordversuch ist schlicht lächerlich, wie so manch deutscher Kampfsportler der wg. Notwehrüberschreitung einsitzt sicher berichten könnte

Michael Scholz
4 Jahre her

Das Urteil ist gefällt.
Herr Wallasch, ich denke, man muss nach diesem für die deutschen Justizverhältnisse harten Urteil – 9,5 Jahre für den Totschlag, der nun, für mich überraschend, als erwiesen gilt -, fragen dürfen: Inwiefern spielte die Landtagswahl in Sachsen in 10 Tagen dabei eine Rolle?
Wäre ein Freispruch für die regierende CDU und die SPD/Grüne/Linke usw. von Vorteil oder eher von Nachteil? Mir scheint es, das Letztere trifft zu.

friedrich - wilhelm
4 Jahre her

…..mein freund berichtete mir, den straftäter würde eine verteitigerin aus dem hause heindl und lang in münchen verteidigen. nun haben diese anwälte eine sehr gute praxis als fachanwälte für strafrecht! wie kann sich der straftäter eine solch gute anwaltschaft leisten?

Peter Kern
4 Jahre her
Antworten an  friedrich - wilhelm

wie gesagt, ist es egal, wer das bezahlt hat. Bei der derzeitigen politischen Lage in Deutschland werden Sie nichts mehr ändern können.

Tizian
4 Jahre her
Antworten an  friedrich - wilhelm

Sie glauben doch nicht etwa immer noch, das hier nur arme, völlig mittellose „Flüchtlinge“ gestrandet sind?

Beobachterin
4 Jahre her
Antworten an  friedrich - wilhelm

9 Jahre und 6 Monate.
„Hätte das Verfahren in einem anderen Bundesland stattgefunden, wäre es nie zu einer Verurteilung gekommen“, sagt Anwältin Lang.“ – Sie spricht (laut Spiegel) von einem „traurigen Tag für den Rechtsstaat“ und will in Berufung gehen.

Der Spiegel suggeriert, es sei ein politischer Prozess gewesen, der so nur in „Dunkeldeutschland“ möglich gewesen sei. Was treibt diese Leute dazu? Das ist skandalös!

friedrich - wilhelm
4 Jahre her
Antworten an  Beobachterin

……….ich muß trotzdem fragen, wer bezahlt sie für ihr mandat!?

josefine
4 Jahre her
Antworten an  friedrich - wilhelm

Noch einmal: Der Täter hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe, sprich: einen Pflichtverteidiger.
Wahrscheinlich haben Freunde von ihm Geld zusammen gelegt, um eine renommierte Kanzlei mit der Verteidigung zu betrauen.

manfred_h
4 Jahre her
Antworten an  friedrich - wilhelm

Wie? Na, auch in DE hat jeder ein Recht auf einen Anwalt und auf einen Anwalt seiner Wahl. UND soweit der Angeklagte dann nicht am Arbeiten ist, keine Vermögen hat und von Harz4/Sozi lebt, bekommt er so etwas wie Prozeßkostenhilfe womit dann der/ein Anwalt vom Staat bezahlt wird.

friedrich - wilhelm
4 Jahre her
Antworten an  manfred_h

….aber ganz sicher nicht einer von der qualität einer rae. lang!

friedrich - wilhelm
4 Jahre her
Antworten an  manfred_h

…..einen pflichtanwalt , klar! doch einen fachanwalt von d e r güte?

U.S.
4 Jahre her
Antworten an  friedrich - wilhelm

Übrigens: Die RAe hoch- renommierter RA- Kanzleien können/ dürfen auch Mandate annehmen, die nur vom Staat als Pflichtverteidigung bezahlt werden! Manche dieser Mandate sind vielleicht aus anderen Gründen für die hochkarätigen RAs interessant (z.B. Mandate mit sehr hohem Aufmerksamkeitswert! siehe den verstorbenen RA „Bossi“, der sehr gerne Verteidigung bei in der Öffentlichkeit (Zeitung „Bxxd“) sehr bekannten Straf-tätern übernahm.)