Die Thüringer CDU auf dem Weg zur Blockpartei

Wenn man die CDU wählt und einen Steigbügelhalter der Linken bekommt, wird die CDU nicht mehr gebraucht.

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Mike Mohring und Bodo Ramelow

Wenn die Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition aufhört, dann haben wir den Sozialismus zurück. Wenn sich ein Establishment gebildet hat und dies nicht mehr die Interessen vieler Bürger vertritt, sondern nur noch seine eigenen und dabei trotz unterschiedlicher Parteienzugehörigkeit immer ununterscheidbarer wird, dann erinnert das an die Zeiten der Nationalen Front, in denen ein CDU-Funktionär nicht von einem SED-Funktionär zu unterscheiden war. Wenn man die CDU wählt und einen Steigbügelhalter der Linken bekommt, wird die CDU nicht mehr gebraucht. Überdies entsteht die Frage, ob Mike Mohring das Wahlergebnis respektiert. Dunkelrotrotgrün ist erstens abgewählt und verfügt über keine Mehrheit. Die CDU konnte zweitens zwar erstaunlich viele Wahlkreise halten, hat dennoch aber kein berauschendes Ergebnis eingefahren. Die FDP gehört drittens wie die Linke, wie die AfD zu den Wahlgewinnern. Die Stärke der AfD resultiert viertens aus der auch inhaltlichen und konzeptionellen Schwäche der Union. Wer CDU wählte, hat fünftens nicht die Linke, auch nicht Dunkelrotrotgrün gewählt, sondern wollte genau diese Koalition verhindern, wollte die Linke verhindern. Arbeitet die CDU in irgendeiner Weise mit den Linken zusammen, wird sie diese Wähler enttäuschen, mit anderen Worten sie stärkt die AfD und die FDP. 

Ramelow hat vorgesorgt
Thüringen: Mohring interessiert sein Geschwätz von gestern nicht mehr
Ein Abendessen sei eine feine Sache, sollte man meinen, ein Ex-Bundespräsident eine moralische und auch politische Instanz, möchte man hoffen. Doch weder das eine trifft zu, noch das andere. Ein Bundespräsident, der die Republik spaltete, indem er zwischen Hell- und Dunkeldeutschland unterschied und die Heimatvertriebenen und deutschen Flüchtlinge von 1945 mit Merkels Migranten des Jahres 2015 gleichsetzte, demonstrierte nur, dass ihm entscheidende Kenntnisse der Geschichte und überdies der moralische Kompass fehlen. Nun treibt Joachim Gauck das Projekt Blockparteien 2020 in Thüringen voran. Mit Bodo Ramelow von den Linken, der Nachfolgepartei der SED, und Mike Mohring von der CDU, die vor 1989 mit der SED und ein paar anderen Blockparteien der Nationalen Front angehörten, die sich dadurch auszeichnete, dass in ihr von vorn herein festgelegt war, wie viel Mandate jeder Partei zustehen, traf sich Joachim Gauck zu einem Abendessen, um das Projekt Projektregierung zu befördern. Die Herren schienen bester Laune und in vertrauter Stimmung zu sein. Ramelow zeigte sich zufrieden, dass er sich und die Linke als demokratische Partei dank Joachim Gauck in Szene setzen konnte. So twitterte Ramelow: „Joachim Gauck hat heute zu einem offenen Gedankenaustausch über Demokratiefragen eingeladen. Dabei habe ich erläutert, warum ich mit Herrn Mohring über eine Projektorientierte Regierungsarbeit intensiv weiter reden möchte. Es muss um neue Wege und Ideen in der Politik gehen.“

Die Ideen und der Weg sind allerdings nicht neu, es sind mutatis mutandis die alten: die Linke regiert wie früher die SED, die Grünen und die SPD dürfen mit in der Regierung sitzen und Mohrings CDU pariert. 

Von Mike Mohring wurde das indirekt auf Twitter bestätigt: „Auf Einladung von Bundespräsident a.D. Joachim Gauck haben wir heute über die Herausforderungen in unserem Land gesprochen. Ich fände es richtig, wenn der Ministerpräsident zu Gesprächen über wichtige Projekte einlädt, die für Thüringen wichtig sind.“

Opposition sieht jedenfalls anders aus. Einzig die FDP verweigert sich dem neuen Blockbündnis der neuen „Nationalen Front“ oder dem „bereiten Bündnis der demokratischen Parteien“. Mit der AfD als neuem „Klassenfeind“ spricht ohnehin niemand. Demokratisch ist in Thüringen inzwischen nicht, was demokratisch ist, sondern was die Linke als demokratisch definiert. 

Eines aber belegt das traute Abendessen der Herren Ramelow, Gauck und Mohring, dass Mohrings CDU irgendwie mitregieren will und den Auftrag, Opposition zu sein, verweigert. Wenn Mohring glaubt, die Semantik wird es richten, wenn er sich in politischen Verpackungskünsten übt, so unterschätzt er die Intelligenz der Bürger. Wer glaubt, Vermittlung wäre alles, der wird sein politisches Ende ziemlich unvermittelt erleben. Die Frage lautet nicht, was wird aus Mike Mohring, sondern was wird aus der Thüringer CDU?

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Kommentare ( 84 )

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84 Comments
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Gerro Medicus
4 Jahre her

Es sind doch nicht nur in Thüringen solche Überlegungen unterwegs, man denke nur an den MP von Schleswig Holstein, Daniel Günther, der schon 2019 ganz unverholen ein Zusammengehen mit der LINKEN propagierte, um ja an der Macht zu bleiben und die einzig legitime Oppositionspartei außen vor zu halten. Diese CDU ist bis ins Mark verrottet, ihre Repräsentanten allesamt orientierungs- und charakterlos. Und nun das „Haltungspapier“ der CDU. Die sollten lieber mal die Rückenschule besuchen, damit sie wieder den aufrechten Gang lernen und wie man den Rücken gerade macht. Die SPD ist auf dem erfreulichen Weg in die politische Bedeutungslosigkeit. Möge… Mehr

bfwied
4 Jahre her

Wer etwas verändern will in diesem Staat, der keine Nation mehr sein will, darf unter keinen Umständen die Merkelianer, die SPD, die höchstwahrscheinlich mit der SED-Nachfolgepartei zusammengehen wird – was folgerichtig wäre -, und die grün angestrichenen Linken wählen. Da diese Parteien als Blockparteien auftreten, es keine Unterschiede mehr zwischen ihnen gibt und den Unsinns-Holzweg in allen relevanten Aspekten weitergehen, sogar an Geschwindigkeit zunehmen, ist es wohl doch Gott sei Dank und hoffentlich bald so weit, dass sich eine Mehrheit bei FDP und AfD findet und/oder die Werteunion die jetzige CDU ins linke Abseits stellt. Leider hat sich Merz hierbei… Mehr

Karl Heinz Muttersohn
4 Jahre her

Jetzt ist zumindest klar, was die Bürger wählen müssen, wenn sie Veränderung wollen. Es wird so lange nichts passieren, bis die AfD die Mehrheit hat. Im Grunde ein gutes Ergebnis.

Fred Schneider
4 Jahre her

Richtig, denn wer CDU wählt, der bekommt heute nur noch Rot und Grün mit allen Beilagen serviert.

Wolfgang Richter
4 Jahre her

Die Politik hat sich den Staat erkennbar unter den Nagel gerissen. Das aktuelle Thüringen- Geschacher belegt, daß Wahlen hierzulande inzwischen unnötig sind und nur Kosten verursachen. Das Votum des Souveräns interessiert die Politdarsteller einen Schei……… Sie machen was sie wollen, bis sie zur nächsten Wahl wieder allen alles versprechen. Der Polit-Laden hier gehört bei dem belegten aktuellen Zustand abgewickelt, wie die DDR 1.0, in die Mülltonne der Geschichte.

Fred Schneider
4 Jahre her
Antworten an  Wolfgang Richter

Das Problem sind die Berufspolitiker und das gegenwärtige Parteiensystem, welche sich den Staat zu eigen gemacht haben.

Deichgraf72
4 Jahre her

Was mich viel mehr interessieren würde, was ist mit der Maaßen Nummer ? Hat er überhaupt eine Chance,Mohring zu stürzen und wenn ja wie wäre das möglich, wäre Nett wenn man von TE dazu was lesen würde.

butlerparker
4 Jahre her

Grundsätzlich wäre nichts gegen eine „Projektregierung“ zu sagen, wenn dies auf beiden Seiten laufen würde. Also je nach Projekt und Inhalt dieses Themas oder Projektes frei abstimmen zu lassen. dann wäre das aus meiner Sicht in Ordnung.

Imre
4 Jahre her

Bin gegen eine Zusammenarbeit der CDU mit der Regierungskoalition, jedoch aus anderen Gründen als der Autor.
Und Herr Ramelow sollte mal etwas intensiver über den Sinn und Zweck von Demokratie nachdenken, wie auch über die Interessen und die Lebensqualität der Thüringer.
Dass er die AfD für „außerhalb der Sichtweite“ einordnet, mag kurzfristig Anklang finden, löst die hiesigen Probleme jedoch keinesfalls und konterkariert den Wählerwillen-.
Böswillig könnte man auch sagen, mit der SPD, den Grünen und der CDU hat er schon die richtige Spastikertruppe an seiner Seite, der Korrekturzwang in der eigenen Partei ist da nichtmal angesprochen.

H. Hoffmeister
4 Jahre her

Mohring benötigt einen gut bezahlten Posten !

K.Weber
4 Jahre her

Wer hätte 1989/90 beim Mauerfall und der Wiedervereinigung gedacht, dass 30 Jahre später genau die gleichen DDR-Kommunisten der SED die Macht in Deutschland wieder übernehmen werden und dabei noch von den ehemaligen großen Volksparteien SPD und CDU, verkommen zu jämmerlichen Blockflöten, gestützt werden. Derweil sitzt Merkel in vollkommender Übereinstimmung zu Hofe bei Putin, wie einst Honecker bei Breschenew. Das alles kann doch nur ein böser Traum sein.

bfwied
4 Jahre her
Antworten an  K.Weber

Ein Irrtum: Putin kann schlecht als Kommunist/Sozialist durchgehen. Dieses Denken, Putin = Ost = böse, ist das Ergebnis von Framing, genauso wie das ständige Trump-Bashing, das genauso simpel gestrickt ist.

Skeptischer Zukunftsoptimist
4 Jahre her

Egal nun jetzt – ob sie mit der AfD koalieren oder mit der Linken kungeln.

Wir befinden uns in einer Übergangsphase, in der es auch mal ganz schnell gehen kann,
ein Stein ins Rollen kommen kann. Beispiele gibt es ja aus der Vergangenheit.

In 2-3 Jahren sieht die „Welt“ vielleicht schon ganz anders aus.