Die Länder-Aufnahme von Asylbewerbern hätte die Bundesstaatlichkeit beschädigt

Der Bundesrat hat den Berliner Vorstoß für die Länder-Aufnahme von Asylbewerbern abgelehnt. Was Andreas Geisel und die anderen Unterstützer der gescheiterten Bundesratsinitiative "gelebte Solidarität" nennen, hätte die Staatlichkeit der Bundesrepublik erschüttert.

imago images / Christian Ditsch
Berlins Innensenator Andreas Geisel, SPD

Berlin und Thüringen sind heute mit einer Initiative im Bundesrat gescheitert, die bei Erfolg das Grundgefüge der Bundesrepublik verändert hätte. Das Ziel der Initiative war, den Bundesländern zu gestatten, selbst über die Aufnahme von Asylbewerbern aus dem Ausland zu entscheiden. Sie war von den Regierungen Berlins und Thüringens unter Federführung des Innensenators Andreas Geisel (früher SED, heute SPD) betrieben worden. Nicht zufällig sind das Bundesländer, in denen rot-dunkelrot-grüne Koalitionen regieren. Unterstützung dafür hatten viele Politiker der Linken und der Grünen und zuletzt auch der SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans geäußert.

Bei Erfolg hätten also einzelne Bundesländer ihre eigene Zuwanderungspolitik machen – und damit die der Bundesregierung unterlaufen – können. Ein ganz wesentliches Element der staatlichen Souveränität wäre de facto aufgehoben worden. Deutschland wäre auf einem der zentralen Politikfelder der Gegenwart de facto unregierbar geworden, weil jede restriktive Maßnahme auf Bundesebene sofort durch einzelne Länder hätte unterlaufen werden können. Wenn Bundesländer eigenständig bestimmten Zuwanderern einen Schutzstatus zuerkennen dürften, würden sie damit letztlich auch eine Art Neben-Außenpolitik betreiben können. Außenpolitik und Einwanderungspolitik sind grundsätzlich in jedem Bundesstaat in der Zuständigkeit der Zentralgewalt, da sie zu den Politikfeldern gehören, die die nationale Staatlichkeit ausmachen.

Absurd wird der Anspruch der betreffenden Länderregierungen, „Solidarität“ zu „leben“, de facto also Armutszuwanderer materiell zu versorgen, auch dadurch, dass die Länder spätestens seit 2015 nur noch dank milliardenschwerer Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt dazu in der Lage sind, Asylbewerber zu versorgen. Geisel sagt: „Es gibt in vielen Bundesländern und Kommunen die Bereitschaft, sich für Menschen in humanitären Notlagen einzusetzen, sich zu engagieren.“ Das ist eine Vernebelung der Wirklichkeit. Denn diese Bereitschaft, die Thüringen und Berlin so scheinbar großzügig und ohne Zustimmung des Bundes spenden wollen, ist nur zum Teil eine eigene Leistung, sie beruht im Wesentlichen auf Zahlungen aus dem Bundeshaushalt – und für den sind nicht allein die Thüringer und Berliner verantwortlich.

Geisel, Walter-Borjans und ihre Mitstreiter in Erfurt und Berlin haben bewusst oder fahrlässig eine Situation in Kauf genommen, die das Potential hätte, eine grundlegende Krise der deutschen Bundesstaatlichkeit herbei zu führen und die nationale Souveränität der Bundesrepublik infrage zu stellen. Gut also, dass die Initiative gescheitert ist. Dass zwei Landesregierungen und die Führung der SPD eine solche Initiative überhaupt ernsthaft verfolgten, bleibt zutiefst beunruhigend.

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Kommentare ( 54 )

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Be Jazz
3 Jahre her

Ich kenne mehrere Menschen, die in Berlin per Eigenbedarfskündigung aus Ihren Mietwohnungen vertrieben werden. Auch wenn man schon gehört hat wie schwer es sein soll eine neue Wohnung zu finden, es ist unvorstellbar wie schwer es dann tatsächlich ist, sogar für solvente Kandidaten. Ich begreife nicht was an der Umsiedlungspolitik mit einhergehender Verschärfung des Marktes sozial/links sein soll.

elly
3 Jahre her

und dann zahlen wieder die Anderen
“ FINANZEN Mammut-Reform: Scholz will klammen Kommunen die Hälfte ihrer Schulden erlassen
Bundesfinanzminister Olaf Scholz will hochverschuldeten Kommunen Schulden erlassen. “ https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/finanzen-mammut-reform-scholz-will-klammen-kommunen-die-haelfte-ihrer-schulden-erlassen/25496292.html?ticket=ST-1265999-gknnjytBD0EcYuufTDze-ap4
der böse Seehofer aber auch wieder “ „Aber eines geht nicht, dass man sagt, wir nehmen auf und der Bund bezahlt“, betonte Seehofer.“ https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-09/horst-seehofer-fluechtlingspolitik-aufnahme-moria-deutschland

Flaneur
3 Jahre her

Geisel, Senator aus einem Land mit leeren Taschen. Unfähig, die Beamten vernünftig zu besolden, unfähig, Recht und Gesetz durchzusetzen, weil Personal fehlt.
Angeblich wegen zu wenig Geld im Haushalt.
Ein Land, das seit Ewigkeiten vom Länderfinanzausgleich am Leben gehalten werden muss.
Und DIESER Senator will nun quasi gegen jeden Widerstand weitere Flüchtilanten aufnehmen? Wie will er das finanzieren?

Lizzard04
3 Jahre her
Antworten an  Flaneur

Hinter dem Deckmäntelchen einer vermeintlichen Hypermoral verbleibt kein Platz für solche trivialen, weltlichen Fragen! Außerdem fragt man sich, wann Geisel das letzte Mal durch die Stadt gelaufen ist, in der er als Innensenator eigentlich Verantwortung für die Sicherheit der Bürger trägt.

D.Kluth
3 Jahre her

Bevor Deutschland nicht so abgewirtschaftet ist, dass es hier nichts mehr zu holen gibt, reist keiner aus!

U.S.
3 Jahre her

Werte Herren NoWaBo, Kuehnert, Habeck, Kiechenpraesident Bedford Strohm sehr geehrte Fr Claudia Roth, Annalena Baerbock, Katrin Goering Eckhardt, Schiffs Fuehrerin Carola Rakete, und andere Politiker*Innen der RRG und GroKo Sie importieren seit ueber 5 J jährlich 100Tausende Migranten aus der Gebaermaschine Afrika (1,3 Mrd Einwohner, ueber 37 Mio jährlicher Geburtenueberschuss) nach Deutschland, und sie kippen uns, der Erwerbstaetigen Bevölkerung, diese jungen Männer zwischen 16 und 40 vor die Fuesse. Wie soll unsere indigenen Frauen und Mädchen diesen jährlich um 200 bis 400 Tausend zusätzliche junge Männer „verarbeiten“? Jeder Gang in die City, jede Fahrt mit OeNV wird fuer deutsche Frauen… Mehr

Flaneur
3 Jahre her
Antworten an  U.S.

naja, gibt genug Mädels, die auf das „Gehabe“ der Importierten stehen. Gab in den 50ern schon einige Alleinerziehende mit „Schoko-Babys“, das werden jetzt eben schlagartig noch ein paar mehr. Das es in der Gesamtbetrachtung eher doof ist, dass es so passiert, interessiert kaum einen. Müsste ich als Steuerzahler nicht auch für die „paar Minuten exotischen Spaß“ bezahlen, wäre es mir auch egal, ehrlich gesagt. Muss ja jeder selbst wissen, mit wem er sich einlässt. D**

Leroy
3 Jahre her

Unser Problem ist, dass die Verrückten inzwischen alle in der Politik, Fernsehen und Presse angekommen sind. Diese 5 % prägen die Politik Merkels. Die anderen 95 % sind dagegen, wobei davon mehr als 50 % dumm genug sind den 5 % zu glauben.

Wolf Koebele
3 Jahre her

Von den nordafrikanischen Ländern wissen wir (dank NZZ schon seit 2013), daß sie sich der lästigen, der arbeitsscheuen, der kriminellen, der geisteskranken Mitglieder ihrer Bevölkerungen entledigen, indem sie sie nach D „auswandern“ lassen. In der ZEIT las ich 2014 (?) das Interview mit einem Jungen aus Gambia, der aus einem Gefängnis in Algerien herausgeholt und zu einem Schleuserboot gebracht wurde; er mußte die „Überfahrt“ nicht einmal bezahlen, bekam sogar noch 20$ oder so auf die Hand. Aber ihm wurde auch sehr deutlich gesagt: „Wage es nie, wieder hierherzukommen!“ Wir könnten ähnlich verfahren, doch die Warnung unterbleibt regelmäßig, so daß die… Mehr

Thorsten
3 Jahre her

Die Frage ist doch eher, wer für die horrenden Kosten aufkommt. Doch vermutlich der Bund, da Thüringen und Berlin doch die Kostgänger Deutschlands sind.

Es sollte einfach Flüchtlingsaufnahme Ländersache werden – vor allem in finanzieller Hinsicht. Dann kann jedes Land (und jeder Wähler) entscheiden ob er Migranten haben will oder eine funktionierende Infrastruktur.

Karl Eduard
3 Jahre her

Unfassbar, dass diese Geisel der Menschheit immer noch im Amt ist. Offenbar hat ein Großteil der Wähler nichts aus 40 Jahren DDR gelernt.

Korner
3 Jahre her

Es gab heute eine Umfrage und Preis einer Berlinreise. Ich habe geantwortet, dass das kein Preis, sondern eine Bestrafung darstellt. Man hat mich nicht verstanden.