Die große Mehrheit der EU-Europäer empfindet Desinteresse der „Mainstream-Parteien“

In den meisten EU-Staaten, inklusive Deutschland, geht eine absolute Mehrheit der Menschen davon aus, dass sich die etablierte Politik nicht für ihre Anliegen interessiert. Auch das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz ist bei vielen Bürgern nicht vorhanden, wie eine Umfrage zeigt.

© Getty Images

Die Mehrheit der Bürger in der Europäischen Union (60 Prozent) glaubt, dass „Mainstream-Parteien und -Politiker“ sich nicht für „Menschen wie mich“ interessieren, wie eine Umfrage der Agentur der EU für Grundrechte (FRA) offenbart. In Deutschland ist das Vertrauen in Mainstream-Parteien und -Politiker noch relativ hoch. Aber auch hierzulande misstraut ihnen mit 52 Prozent eine absolute Mehrheit. In Frankreich sind es sogar 70 und in Italien 63 Prozent.

Dieses Empfinden der Nicht-Repräsentation ist besonders unter Geringverdienern, Arbeitslosen, Langzeiterkrankten und schlechter Ausgebildeten verbreitet. EU-weit gaben 73 Prozent der Befragten aus diesen Bevölkerungsgruppen an, kein Interesse der Mainstream-Politik für ihre Interessen festzustellen. Welche Parteien in diese Gruppe fallen, wurde jedoch nicht genauer erläutert.

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44 Prozent der in Deutschland Befragten gaben an, dass sie befürchten,“in Wahlkampfzeiten zum Ziel politischer Einschüchterung durch Parteien oder Organisationen“ zu werden, sieben Prozent fürchten dies sogar „sehr“. In dieser Beziehung steht Deutschland hinter Ungarn und Rumänien auf dem dritten Platz. Im EU-Durchschnitt haben davor nur fünf Prozent große und 23 Prozent ein wenig Angst. Bezeichnenderweise fragte die FRA aber nicht weiter nach, was für Einschüchterungen dies seien. Auf den Gedanken, dass zum Beispiel auch Nichtregierungsorganisationen hinter solchen Einschüchterungen stehen könnten, kam bei der FRA, die selbst eine Plattform für über 700 solcher Organisationen eingerichtet hat, offenbar niemand.

Nicht nur das Vertrauen in Parteien und Politiker ist gering, sondern auch das in den Rechtsstaat und seine wichtigsten Institutionen. Die Mehrheit der EU-Europäer glaubt, dass die Vergabe von einflussreichen Positionen damit verbunden ist, der machthabenden Partei anzugehören. Rund ein Viertel (27 Prozent) der europaweit Befragten haben auch das Vertrauen in den Rechtsstaat verloren und glauben, dass Richter nur selten oder gar nicht von Einfluss der Regierung frei sind.

Die Befragung fand vor der Corona-Krise von Januar bis Oktober 2019 unter rund 35.000 Personen über 16 Jahren statt.

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Kommentare ( 10 )

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TE2020
3 Jahre her

Schade um die Zeit, sich überhaupt mit solchen „Themen“ zu befassen.

Nibelung
3 Jahre her

Wir haben zwei Gruppen von Bürgern, die in der freien Wirtschaft tätigen und die Selbstständigen und die alimentierten Beamten und Rentner. Die erstgenannte Gruppe unterliegt dem Wohl und Wehe einer unsachgemäßen Politik und kann dabei viel verlieren, während die zweite von der Rückversicherermentalität befallen ist und den Status quo naturgemäß beibehalten möchte und die bilden auch das Rückgrat für die Regierenden, während die anderen eine sehr homogene Masse sind. Es dürfen deshalb große Zweifel angemeldet werden, ob die Zustimmung tatsächlich so groß ist, wie sie immer verkündet wird, weil die arbeitende Mehrheit einfach zu wenig Zeit hat um sich mit… Mehr

Marie-Jeanne Decourroux
3 Jahre her
Antworten an  Nibelung

Sehr klischeehaft! Mein Schwiegervater, heute Rentner, in der „freien Wirtschaft“ immer Zahler von Höchstbeiträgen, macht sich mehr Sorgen um uns und unsere Kinder als wir…

Sonny
3 Jahre her

Das ist ein überwältigend großes Statement der Bürger Europas gegen alle derzeitigen Berufspolitiker und deren Handlanger (Justiz und MSM). Aber – wo bleibt denn der Aufstand? Eben. Ich kann mich nur wiederholen, Corona kam zur rechten Zeit. Ein Spielball, hinter dessen Kulissen, einfach weiter gemacht werden kann bis zur totalen Deformation von Demokratie und Freiheit. Diese Politiker sehen sich als die Neo-Adligenkaste, denen die Menschen „gehören“. In Wirklichkeit verachten sie uns Menschen und fegen Schicksale mit einem Handstreich beiseite (Lockdown). Das einzig wirkliche und mögliche Regulativ sind kritische Berichterstatter und (blaue) Widerredner. Und denen gehts zur Zeit an den Kragen… Mehr

Willi4
3 Jahre her
Antworten an  Sonny

Zum letzten Absatz: „me too“!

StefanB
3 Jahre her

Die etablierte Politik interessiert sich nicht nur nicht für die Anliegen der EU-Bürger. Sie arbeitet absolut gegen sie. Das ist ein großer qualitativer Unterschied, den man erkennen muss!

flo
3 Jahre her

Die Ergebnisse sind nicht überraschend. Die Eurobarometer der Europäischen Kommission https://ec.europa.eu/commfrontoffice/publicopinion/index.cfm/Survey/getSurveyDetail/instruments/STANDARD/surveyKy/2255 zeigen schon seit Jahren, dass das Vertrauen der Europäer in ihre politischen Institutionen nicht so stark ausgeprägt ist. Ende 2019 vertrauten nur 43 Prozent der EU eher, als dass sie Misstrauen hegten, die Werte für die nationale Regierung und das nationale Parlament lagen bei einem Drittel.

Thomas Klingelhoefer
3 Jahre her

Die Aussage der „Agentur der EU für Grundrechte“, daß Zweifel überwiegend „unter Geringverdienern, Arbeitslosen, Langzeiterkrankten und schlechter Ausgebildeten verbreitet“ seien, halte ich für üble Diffamierungs-Propagandanda. Das gleiche Verfahren kann hierzulande im Umgang mit nicht genehmer Opposition beobachtet werden, die Realität sieht anders aus, wie man den beruflichen Abschlüssen der Bundestags-Politiker entnehmen kann.

Ottokar
3 Jahre her

Bin zwar – noch – nicht wirklich Geringverdiener, aber mein Vertrauen in die Politik und ihre Medien und insbesondere in die Rechtsprechung ist schon lange futsch. Ein Staat, der permanenten Rechtsbruch nicht nur an seinen Grenzen zulässt und seine steuerzahlenden Bürger gleichzeitig in Haftung nimmt für die finanziellen Folgen unzähliger desaströser Fehlentscheidungen, hat die Loyalität des kleinen Mannes nicht verdient!

ak95630
3 Jahre her

Das gilt in hohem Maße auch für die Mainstream-Medien, allen voran in Deutschland gegenüber dem ÖRR.