Corona-Update zum Morgen des 28. März: Das RKI taucht ab

Das Robert Koch-Institut informiert seltener über die aktuelle Lage in Deutschland. Die Neumeldungen steigen langsamer - ein Grund zur Hoffnung? Jens Spahn verspricht 10.000 neue Beatmungsgeräte ohne Lieferdatum.

imago Images/IPON
Die Fallzahlen in Deutschland steigen immer weiter an, doch die Kommunikation mit den unhygienischen Massen scheint den Damen und Herren im Robert-Koch-Institut nicht allzu wichtig. Was sind schon Bürgerinformation und Presse gegen eine Pandemie? Beim RKI lässt man schon seit langem keine Journalisten mehr bei den täglichen Pressekonferenzen zu. Presseanfragen müssen vorher schriftlich eingereicht werden und die, die dem RKI genehm sind, werden dann von einem Mitarbeiter dem stets vorbildlich vorbereiteten Präsidenten vorgelesen. Weiteres Nachfragen, Nachbohren oder das Provozieren von unvorsichtigen Aussagen – alles wichtige Werkzeuge des Journalismus – sind dadurch nicht mehr möglich. Der Infektionsschutz geht vor. Doch nun verringert das RKI auch die Frequenz seiner Pressekonferenzen. Am vergangenen Freitag wurde die Konferenz kurzfristig abgesagt, ebenso die für den kommenden Montag geplante. Ab Dienstag dann wird die Öffentlichkeit nur noch an jedem zweiten Wochentag über die Lage informiert. Warum sollte die Bundesbehörde, die mit der größten Krise der jüngeren deutschen Geschichte betreut ist, auch täglich Rede und Antwort stehen müssen? Aber vielleicht ist man auch der Ansicht, wenn man nur halb so oft etwas sagt, kommt man auch nur halb so oft in die Verlegenheit, seine Aussagen später wieder zurück nehmen zu müssen.

Die logarithmische Darstellung der Corona-Fallzahlen verheißt jedenfalls nichts Gutes. Der Logarithmus erlaubt es, die Geschwindigkeit der Neuerkrankungen in unterschiedlichen Ländern zu vergleichen. Eine exakt gerade Linie würde hier bedeuten, dass die Fallzahlen immer schneller steigen, je mehr Zeit verstreicht – exponentiell also. Dass alle vier Linien eine – leichte – Krümmung aufweisen, ist beruhigend: Das bedeutet, dass die Rate der Neuerkrankungen (oder genauer gesagt der Neu-Meldungen) langsam sinkt. Ob dies jedoch daran liegt, weil sich tatsächlich weniger Menschen mit Corona infizieren oder weil die Gruppen der Getesteten sich ändern, ist schwierig zu sagen. Beruhigen wird sich die Situation allerdings noch lange nicht: Die Rate der Neu-Infiziert-Meldungen liegt noch weit über der Rate der als gesundet gemeldeten, die Zahl der aktuell Erkrankten steigt also.

Anmerkung: hier wurde ursprünglich die flasche Graphik hochgeladen. Nun ist die aktuelle eingefügt worden.

Im Vergleich der Bundesländer tut sich momentan wenig. Hamburg führt weiterhin die bevölkerungsrelative Fallzahlenstatistik an, auch wenn Baden-Württemberg aufzuschließen scheint.

Interessant ist auch ein Blick nach Berlin. Dort werden auch Zahlen zu der Struktur der im Krankenhaus Eingelieferten veröffentlicht.

Die grüne Linie beschreibt die absoluten Fallzahlen im Land Berlin. Die Skala für diese Linie befindet sich auf der rechten Seite der Graphik.

Die Balken beschreiben die Zahl der im Krankenhaus isoliert Behandelten Covid-19-Patienten und wie viele von ihnen auf der Intensivstation liegen. Die Skala für diese Fälle befindet sich auf der linken Seite der Graphik.

Vom 23. März bis zum 25. März stieg die Zahl der in Berliner Krankenhäusern Behandelten sprunghaft an, doch normalisierte sich die Rate der Neuzugänge in den vergangenen Tagen wieder. Von insgesamt 261 im Krankenhaus behandelten Covid-19-Fällen werden 53 auf der Intensivstation behandelt. Insgesamt müssen 12,1% aller in Berlin bekannten Covid-19-Fälle im Krankenhaus behandelt werden. Das ist der höchste Wert aller Bundesländer. Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen veröffentlichen ebenfalls, wie viele der bestätigten Covid-19-Fälle im Krankenhaus behandelt werden müssen. Mit 5,3% hat Bremen den geringsten Prozentsatz im Krankenhaus behandelter Fälle. Da die Dunkelziffer der Bevölkerung, die Corona hat oder hatte, aber nicht bekannt ist, lässt sich kaum einschätzen, wie hoch der Anteil der Infizierten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, wirklich ist.

Laut Länderinformationen sind in Deutschland mittlerweile 48.354 Menschen als Corona-positiv gemeldet (Stand: 27. März, 20:30). Die Johns Hopkins Universität meldet 50.178 Fälle (Stand: 27. März, 22:30). Gestern wurden noch 42.666, beziehungsweise 43.646 Fälle gemeldet. 315 als Corona-positiv Gemeldete sind in Deutschland inzwischen verstorben. Das sind 0,65% der bekannten Fälle. Gestern waren es noch 0,6% beziehungsweise 258 Menschen, die gestorben waren. Seit mehreren Tagen schon steigt der Prozentsatz der Verstorbenen kontinuierlich an: um circa 0,05 Prozentpunkte je Tag.

Es sind mittlerweile 58,1 Einwohner pro Hunderttausend als Corona-positiv gemeldet. Gestern waren es noch 51,2 / HT.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verkündete am 13 März, dass das Gesundheitsministerium 10.000 Beatmungsgeräte für die deutschen Krankenhäuser bestellt hat. Doch auf eine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Christoph Hoffmann, wann denn diese Beatmungsgeräte ausgeliefert werden, antwortet er nicht. Denn: Sie müssen erst noch hergestellt werden. Der Hersteller ließ verkünden, die Abwicklung des Auftrages würde bis zum Ende des Jahres dauern. Wie ein im Dezember geliefertes Beatmungsgerät den bald überfüllten Intensivstationen helfen soll, das kann nur Jens Spahn erklären. Angeblich werden die ersten Geräte in diesen Tagen ausgeliefert.

Aus Hessen erreicht uns ein Aufruf der Landesregierung, Firmen mögen doch bitte ihre Vorräte an „Infektionsschutzmaterial“, also Mundschutzmasken, Schutzanzüge und so weiter dem Land Hessen zum Verkauf anbieten. Außerdem: „Darüber hinaus bitte ich [Tarek Al-Wazir, Hessischer Wirtschaftsminister] Sie zu prüfen, ob Sie in Ihren Betrieben Produktionslinien, die derzeit stillstehen oder ihre Kapazität nicht ausschöpfen, auf die Herstellung dieser dringend benötigten Artikel umstellen können“. Glaubt man in der Landesregierung, Firmen würden im großen Stil Schutzartikel horten oder ist die Lage so schlimm, dass man auf die paar Masken angewiesen ist, die ein mittelständisches Unternehmen zufällig noch auf Lager hat? Das erklärt natürlich, warum Jens Spahn und Lothar Wieler (Präsident des RKI) nur noch jeden zweiten Tag vor die Kameras treten: denn gut vorbereitet ist man sicher nicht.

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Kommentare ( 84 )

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Der Ketzer
3 Jahre her

Das RKI genoss einmal zu recht ein hohes Ansehen und hat der Politik noch im Jahr 2013 ein Corona-Szenario vorgelegt, das quasi eine Blaupause der aktuellen Krise darstellt. Bei den Pressekonferenzen des RKI hatte man zuletzt jedoch zunehmend den Eindruck, dass das Institut „von oben“ die Anweisung erhalten hat, die Bevölkerung zu beruhigen. Ich könnte mir daher durchaus vorstellen, dass das RKI jetzt abtaucht, um den bereits jetzt schon nicht unerheblichen Reputationsverlust nicht noch weiter zu steigern.

NighthawkBoris
3 Jahre her

Was sagen eigentlich die hochgelobten Grünen zu der ganzen Proplematik? Wahrscheinlich: Wir bekommen Viren geschenkt! Und unsere Bundeskanzlerin-Imitatorin? Jetzt sind sie halt da. An Bekloppten mangelts nicht da oben, was fehlt sind Denker und Lenker.
Als Merkels Gäste massenhaft in unser schönes Land strömen durften, konnte alles in Windeseile organisiert und aus dem Boden gestampft werden. Den dringend benötigten Fachkräften sollte es ja gut gehen. Die Befindlichkeiten des deutschen Volkes sind den Obrigkeiten völlig egal. Wie lange wollen wir uns das noch bieten lassen?

caesar4441
3 Jahre her
Antworten an  NighthawkBoris

„Wie lange wollen wir uns das noch bieten lassen?“
Bei Kartoffeln ist diese Frage obsolet.Die Umfrageergebnisse beweisen das.

Waehler 21
3 Jahre her

Der einzige Schutz der wirklich funktioniert, ist der Schutz vor gerechtfertigten Fragen an die Politiker.
Wo sind oder waren ihre teuren, Milliarden schweren Berater? Hat die zufällig irgendjemand gewählt? Ich meine diese Berater.
Jeder Arzt oder Krankenschwester , die erkrankt , weil sie über keinen ausreichenden Schutz verfügen , sind Opfer dieser Politiker. Fast alle beruhigen Ankündigungen über die zu Verfügungstellung von medizinischen Schutzmaterial war schwefelgelber Schaum.
Politiker sind Menschen und können irren, aber den Anstand sich zu korrigieren sollten sie schon aufbringen. Vertrauen diese Leute darauf, das der Bürger vergisst oder stirbt?

Pitt Arm
3 Jahre her

Eine Sache würde mich interessieren, die nirgends Erwähnung findet. Wo infizieren sich eigentlich die Menschen? Kann man das nachvollziehen? Werden die positiv-getesteten gefragt? Das wäre gut zu wissen, um das eigene Risiko einschätzen zu können. Klar ist das bei der Inkubationszeit schwierig, aber umso mehr sich in Isolation / Social Distancing begeben, desto einfacher sollte das mit der Zeit nachvollziehbar werden, da man deutlich weniger Kontaktpunkte hat. Was wenn sich sehr viele bei normalen Erledigungen anstecken? Ich glaube diese Infos werden vorsätzlich zurückgehalten.

Sherry
3 Jahre her

In der englischsprachigen Presse finden sich Informationen über das Virus, die ich bisher in den deutschen Medien nicht gefunden habe. Ich habe sie gesucht, als ich hörte, dass die Corona-Kranken mit Medikamenten gegen HIV behandelt werden, was mich wunderte. Ich frage mich, ob die Deutschen wirklich zu unreif sind, die Wahrheit zu erfahren. Ich für meinen Teil will wissen, wo ich dran bin. Die Gefährlichkeit wird ständig heruntergespielt: „Ist ja nur ne Grippe.“ Ist natürlich lästig, das ständig zu behaupten. Und auch die Fragen wegen des Versagens sind peinlich. Also verpisst man sich lieber. https://youtu.be/Xj1nUFFVK1E

Schonclode
3 Jahre her

Meine bescheidene Frage wäre: Haben wir momentan keine Grippe mehr, oder zu mindestens ein Grippchen?

Jack Black
3 Jahre her

Methoden wie in China. Das Robert-Koch-Institut ist eine Regierungsorganisation und somit handeln die auch nach den Anweisungen der Regierung. Auch dürfte es denen mittlerweile etwas peinlich sein, dass trotz der auferlegten Zwangsmaßnahmen die Fallzahlen weiterhin zahlreich steigen. In Bayern kann man da nach nun 8 Tagen Ausgangsbeschränkung und schon ein erstes Fazit ziehen; die Massnahmen haben so gut wie nichts gebracht. Im Gegenteil drängen sich nun noch mehr Menschen in den wenigen Geschäften/Supermärkten als vorher. Dafür können Selbstversorger ihre Gärten nicht mehr bewirtschaften, weil Baumärkte und Gartenzentren geschlossen sind. Selbst die Pflanzen, die doch für unsere Insekten/Bienen so wichtig sind,… Mehr

Del. Delos
3 Jahre her

„Was man bislang nicht wusste: Die Anzahl der durchgeführten Tests in Deutschland betrug in KW 11 knapp 130.000, in KW 12 aber fast 350.000. Nicht nur die Zahl der positiv getesteten Fälle hat sich also ungefähr verdreifacht, sondern auch die Menge der Tests. Die tatsächliche Steigerung der Fälle, bezogen auf die Anzahl der Tests, beträgt lediglich einen (!) Prozentpunkt: In Kalenderwoche 11 wurden knapp 6 % der Untersuchten positiv getestet, in KW 12 hingegen 7 %.“ und weiter: „Den aktuellen Daten des RKI (27.3.) zufolge beträgt der Anteil der Verstorbenen an den positiv Getesteten 0,6 %. Deren Durchschnittsalter (!) liegt… Mehr

caesar4441
3 Jahre her
Antworten an  Del. Delos

„Es ist NICHT nötig, in Panik zu verfallen.“
Es ist sogar außerordentlich schädlich in Panik zu verfallen.Da erkennt man nämlich nicht die wirkliche Gefahr.David Rockefeller vor über 20 Jahren:“Wir brauchen eine große Krise damit die Menschen eine Weltregierung akzeptieren.“Nachdem die „Klimakatastrophe “ wenig Erfolg hatte wird nun eine neue „Katastrophe“ produziert .So wie es aussieht hat sie wesentlich mehr Erfolg.Wahrscheinlich weil sofort Tote nachweisbar sind.Die tatsächlich gefährdete Personengruppe sind Menschen über siebzig (vor allem Männer) ,aber das übersehen die Leute in Panik bereits und das ist auch gewünscht.

Myletter
3 Jahre her

Irritierend war der „Expertenstreit“ der Epidemiologen/Virologen – man hat dadurch wertvolle Zeit verschenkt:

„Ein Virologe und ein Ökonom diskutieren über die Corona-Pandemie: «Die Politiker behaupten nun, Deutschland habe superschnell reagiert, aber das stimmt einfach nicht»“
https://www.nzz.ch/international/virologe-kekule-und-oekonom-suedekum-ueber-corona-was-ist-zu-tun-ld.1548836

spindoctor
3 Jahre her