Corona-Update zum 1. Dezember: kranke Pfleger, sinkende Bettenzahl

Die 7-Tages-Inzidenz sinkt langsam. Doch die Todeszahlen steigen, weil sich immer mehr ältere Personen infizieren. Aus Berlin kommen erschreckte Nachrichten, dabei eignen sich andere Orte noch viel besser für Dramatik. Die Zahl der Intensivbetten sinkt, aber warum?

imago Images/MiS

Die 7-Tages-Inzidenz fällt. Den Daten des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) erreichte die Inzidenz ihren bisherigen Höhepunkt von 159 Fällen am 15. November. Seitdem ist zum Sonntag auf 149 Fälle zurückgegangen. Das RKI meldete zum 15. November 143 Fälle pro hunderttausend und nun 139 Fälle. Gleichzeitig steigt die Zahl der täglich gemeldeten Todesfälle stark an. So starben in der vergangenen Woche täglich 300 Personen an bzw. mit Corona. Insgesamt wurden in der Woche zum 29. November 2.101 Todesfälle gemeldet.

Quelle: Europäisches Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten, eigene Berechnungen

Dass die Todesfälle steigen, während die Inzidenz stagniert, hat zwei Gründe. Zum einen gibt es eine deutliche zeitliche Verzögerung zwischen dem Anstecken einer Person mit Corona und dem Tod. Wenn ein COVID-19-Patient stirbt (was nur in den wenigsten Infektions-Fällen der Fall ist), so passiert das im Durchschnitt elf Tage nach dem Auftreten der ersten Symptome. Die Todeszahlen folgen den gemeldeten Corona-Fällen also mit einer guten Woche Verzögerung (unter der Annahme, dass es ein bis zwei Tage nach Symptom-Beginn dauert, dass ein Test durchgeführt wird und das Ergebnis erst zwei Tage nachher vorliegt).

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Doch der Blick auf die sinkende Corona-Inzidenz in der Gesamtbevölkerung verzerrt das eigentliche Problem. Denn junge und gesunde Menschen sterben sehr selten am Corona-Virus. Es sind die Älteren und Schwächeren, die vom Virus besonders betroffen sind. So kann (europaweit) für Altersgruppen ab 44 Jahren eine deutliche Übersterblichkeit beobachtet werden. Doch diese ist vor allem von den über 60-Jährigen getrieben. Auch wenn die Übersterblichkeit sich in Deutschland noch im Rahmen der gewöhnlichen, jährlichen Schwankung bewegt, verrät dieser Blick auf Europa, wer die Risikogruppen sind.

Und unter gerade diesen Altersgruppen der 60-Jährigen und älteren steigt die 7-Tages-Inzidenz weiter an. So meldet das RKI für sie eine Inzidenz von 114 Fällen pro Hunderttausend. Diese Inzidenz, die für die Todeszahlen viel entscheidender ist, als die Inzidenz der Gesamtbevölkerung, steigt seit mehreren Wochen langsam, aber kontinuierlich an.

Quelle: Corona-Lagebericht des RKI vom 29. November

Mittlerweile werden aus diesen ähnlich viele Neuinfektionen gemeldet wie aus privaten Haushalten. Andererseits ist diese Grafik mit Vorsicht zu genießen: Die Zuordnung, wo eine Infektion geschieht, ist schwierig, ungenau und favorisiert Orte wie den privaten Haushalt (in dem die Leute viel Zeit verbringen) gegenüber Orten, an denen sie nur wenig Zeit verbringen, die aber ungleich gefährlicher sind (zum Beispiel ÖPNV) stark.

Wie ist die Situation in den Krankenhäusern?

Das DIVI-Intensivregister meldete zum Sonntag mehr als 4.900 freie Intensivbetten für Erwachsene (5.900 insgesamt). Damit setzt sich der Rückgang der freien Kapazitäten fort. Die Intensivstationen melden 3.901 COVID-19-Fälle in Behandlung, davon werden 2.300 invasiv beatmet.

Quelle: DIVI-Intensivregister, eigene Berechnungen

Problematisch ist vor allem, dass die Zahl der Intensivbetten, die insgesamt verfügbar sind, seit mehreren Wochen sinkt. Da hilft auch das Verschieben von nicht unmittelbar notwendigen Operationen wenig. Der Rückgang der Intensivbetten-Kapazitäten ist möglicherweise dadurch verursacht, dass Pfleger, Ärzte und anderes medizinisches Personal in immer größerer Zahl selbst an Corona erkranken.

Das RKI meldete am Sonntag, dass circa 3.200 Personen, die in einem Krankenhaus, einer ärztlichen Praxis, Dialyseeinrichtung oder im Rettungsdienst arbeiten, als Corona-Positiv gemeldet sind. Diese Personen können folglich nicht in den jeweiligen Betrieben arbeiten. Dazu kommt eine nicht genannte Dunkelziffer an Personen, die sich in Quarantäne befinden. Beides wirkt sich negativ auf die Kapazitäten der Krankenhäuser aus. Doch es löst auch verheerende Folgeeffekte aus, denn die (noch) gesunden Kollegen der Corona-Infizierten müssen nun mehr arbeiten, um die gleiche Qualität der Pflege aufrecht zu erhalten. Das wiederum führt zu noch längeren Schichten, zu noch mehr gestrichenen freien Tagen: Und zu mehr medizinischem Personal, das unter der Belastung zusammenbricht oder erkrankt.

Berlin: Fokus der Medien

Am Samstag meldeten vier Krankenhäuser in Berlin, dass ihre Intensivstationen voll seien und keine neuen Patienten mehr aufgenommen werden können. Die gute Nachricht dabei ist, dass es in Berlin 96 Krankenhäuser gibt. Die Schlechte ist, dass viele davon klein und hoch spezialisiert sind. Wie viele Intensivbetten betreibt die Entgiftungsklinik Count Down mit zwölf Betten?

Möglicher Interessenkonflikt
RKI-Mitarbeiter privat an Test-Firma beteiligt
Es ist jedoch auch noch lange kein Grund, in Panik auszubrechen. In Berlin waren laut DIVI zum Montag noch 172 Intensivbetten (fast 14 Prozent) frei. In Brandenburg sind noch weitere 183 Intensivbetten frei. Allein in den an Berlin angrenzenden Kreisen Brandenburgs sind es 102 Betten. Diese würden sich wohl nicht darüber freuen, wenn ihre drei verbleibenden freien Betten (Kreis Dahme-Spreewald) mit Berlinern belegt werden, es wäre aber denkbar, die Dahme-Spreewälder dann an den angrenzende Landkreis Spree-Neiße weiterzureichen. So ließen sich Patienten auf das Land verteilen, ohne dass ein Berliner Patient gleich in eine Klinik in Sachsen verlegt werden muss, was in größerem Umfang kaum zu leisten wäre.

Auch zeigt sich in dieser Berichterstattung der Berlin-Fokus vieler Medien. Denn, dass 24,4 Prozent aller ITS-Betten in Berlin mit Covid-19 Patienten belegt sind, wurde überall gemeldet.
Dass der Landkreis Oberspreewald-Lausitz (Brandenburg) kein einziges freies Intensivbett hat und 50 Prozent dieser Betten mit Corona-Patienten belegt sind, scheint den meisten Medien hingegen nicht berichtenswert. Aber fairerweise sei dazu gesagt, dass Oberspreewald-Lausitz laut DIVI auch nur über acht ITS-Betten verfügt. Die Opfer einer möglichen Triage sind hier also ungleich kleiner — aber dadurch auch weniger berichtenswert? Insgesamt verfügt der ländliche Raum oft über vergleichsweise weniger Krankenhausbetten aller Art.

Ähnliches wird aus Landshut und dem Oberallgäu (beides Bayern) gemeldet und aus hessischen Städten: Offenbach und Darmstadt-Dieburg sind zu circa 50 Prozent mir Corona-Patienten belegt und haben keine freien ITS-Betten. Aber auch hier ist keine Panik angesagt, denn die Nachbar-Kreise, zum Beispiel Frankfurt am Main und Darmstadt-Wissenschaftsstadt, haben freie Kapazitäten.
Auch Bautzen hat eine höhere Belastung als Berlin: Hier sind fast 48 Prozent der ITS-Betten mit COVID-19-Patienten belegt, von 67 Betten sind 13 (19 Prozent) frei. Es sind also mehr Kapazitäten verfügbar (relativ), aber die Belastung durch Corona-Patienten ist höher als in Berlin. Insgesamt sind in Sachsen 23 Prozent aller ITS-Betten mit COVID-19-Patienten belegt, auch wenn andersals  in Berlin noch fast 22% der ITS-Betten frei sind.

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Kommentare ( 42 )

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42 Comments
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Arthur Dent
4 Jahre her

Mich würde einmal ein Punkt interessieren (könnten Sie da recherchieren?):
Die 7-Tage Inzidenz wird ja auch für Städte, Landkreise, … angegeben. Auffällig ist dabei, dass die Städte meist höhere Werte haben, als das angrenzende Umland.
Wie wird diese Zahl genau berechnet? Beruht sie auch auf den ungenauen PCR-Tests oder sind die Testergebnisse verifiziert/falsifiziert? Ist sichergestellt, dass Mehrfachtestungen nicht auch mehrfach einfließen? Und ist sichergestellt, dass Menschen aus dem Umland, die sich in den Städten testen lassen, auch korrekt beim Umland gezählt werden?
Wir werden zwar mit Zahlen überhäuft, doch was sind diese Zahlen eigentlich wert?
Besten Dank

Lara Berger
4 Jahre her
Lara Berger
4 Jahre her

Immer dasselbe Theater! Positiv getestete sind keine Erkrankten, noch nicht mal Infizierte! Wie oft muss man das eigentlich noch betonen? Die Wahrheit ist, dass man im Gesundheitswesen sehr wahrscheinlich massenhaft positive Testergebnisse finden wird, weil die Menschen in diesen Berufen zwangsläufig mit allen möglichen Erregern zusammen kommen, sich infizieren, vielleicht auch mal erkranken und dann wieder genesen. Das ist gewissermaßen eine „Berufskrankheit“. Wer in Krankenhäusern arbeitet macht jede Infektion durch. In dieser Gruppe findet man nicht nur Kontaktbeweise für Coronaviren, sondern auch für alle anderen „gängigen“ Erreger. Ein positives Testergebnis bedeutet unter gar keinen Umständen, dass hier bei jemand demnächst… Mehr

Eberhard
4 Jahre her

Die Ursprungsorte der neuen Hotspots waren eigentlich anfangs ziemlich eindeutig zu ermitteln. Ein Teil der zunehmend größeren Verbreitung ohne sofortiger Gegenwehr, ist dem unsinnigen langjähren Toleranzdenken grün roter Sozialpolitik und ihrer Politikerklasse samt ihren Anhängern, auch gerade hier in Berlin zu verdanken. Trotz der Vielen in meiner Umgebung die alles getan um Corona Verbreitung zu verhindern, habe nur einige Andere wenige ohne Skrupel und Moral genügt, um aus ihrem ausufernden Gewohnheiten und Vergnügen eine Virenschleuder zu machen. Nun Schlimm für alle. Gehören doch meine Frau und ich selbst wegen sehr hohem Alter und schwerer chronischer Gesundheitsproblem auch zur Risikogruppe und… Mehr

Contenance
4 Jahre her

Was möchte der Autor uns mitteilen? Gibt es ein Problem, gibt es kein Problem? Keine Ahnung. Wie verhalten sich die Zahlen zu den Vorjahren? Keine Aussage. Bzgl. Übersterblichkeit – ja, die gibt es wohl, trifft dann doch nur Mittelalte, eigentlich nur Ganzalte, und die sind sowieso betroffen. Also, es sterben viel mehr, aber eigentlich nur die immer schon üblichen Verdächtigen. Es ist schlimm, aber irgendwie auch nicht. Und ja, einige Klinken sind überlastet. Wie jedes Jahr im Winter, weltweit. Insbesondere Kliniken in Südeuropa. Haben wir hier also eine Pandemie, oder nur das übliche Missmanagement bzgl. Kliniken sowie schlechten Journalismus? Man… Mehr

Mausi
4 Jahre her

Interessant auch die Auswertung des Statistischen Bundesamtes zu den Sterbefällen pro Kalenderjahr 2016 bis 2020: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/Tabellen/sonderauswertung-sterbefaelle.html?nn=209016. Es fehlen die Todesfälle ab dem 2. November 2020. Wenn man die restlichen Tage des Jahres mit 2.900 Toten pro Tag rechnet sterben ca. 10.000 Menschen mehr als 2018. Rechnet man mit einem Mittel von 2.700 Toten, sterben ungefähr so viele Menschen wie 2018. Zusammen mit den vielen Hinweisen aus Fachkreisen zur Pandemie, müssten eigentlich alle Massnahmen sofort eingestellt werden. Das Gegenargument lautet natürlich, dass dann pro Tag sehr viel mehr Menschen sterben werden. U dieser Glaube reicht. Denn Gegenbeweise gibt es nicht.

till thomas
4 Jahre her

Lieber Herr Tichy,
Sie beginnen mit dem Satz: „Die 7-Tages-Inzidenz fällt.“
Überprüfen Sie doch bitte, ob diese Inzidenz möglicherweise deshalb fällt, weil weniger getestet wird.
Denn: Laut RKI Tabelle vom letzten Mittwoch gab es circa ein Achtel weniger Tests als in der Vorwoche.
Was ist wohl zu erwarten, wenn die Anzahl der Tests halbiert oder wenn sie verdoppelt wird?

Lara Berger
4 Jahre her
Antworten an  till thomas

Genau so hat die Bundesregierung ein Mittel an der Hand, die Maßnahmen zu steuern. Sollen wir ins Haus gescheucht werden, braucht sie nur viel zu testen, können wir wieder freigelassen werden, stellt sie das Testen ein. Will sie die Kinder disziplinieren, testet sie an Schulen, will sie die Polizei einsatzunfähig machen…….ach sorry, die dürfen natürlich NIE getestet werden, schon gar nicht vor Demos! Auch in Berlin-Neukölln testet man lieber nicht sehr ausgiebig, weil man gar nicht soviel Polizei hat um aufgebrachte Islamisten zur Raison zu bringen. Unter keinen Umständen darf in Moscheen getestet werden. Deren Schließungen würden Aufstände nach sich… Mehr

Katha
4 Jahre her

Drosten-PCR-Gate.
Damit dürfte z.B. die Durchsetzung einer Quarantäne aufgrund eines Testergebnisses auf der Basis des Drosten-Protokolls rechtlich anfechtbar sein und als Freiheitsberaubung gewertet werden können.

Lara Berger
4 Jahre her
Antworten an  Katha

Völlig richtig. Deswegen ist bei Verhängung von Quarantänemaßnahmen gleich an Ort und Stelle darauf hinzuweisen, dass man den Maßnahmenverhänger unter allen Umständen für evtl. Fehlentscheidungen haftbar machen wird. Anders kommt man gegen die Amtsanmaßungen wildgewordener Gesundheitsamts Mitarbeiter usw nicht mehr an. Sie müssen wissen, dass sie nicht ungestraft davonkommen werden, sonst flippen die noch völlig aus in ihrem Bestreben, eine „tödliche Pandemie einzudämmen“. Anders kriegt man sie nicht mehr zur Vernunft.

Montesquieu
4 Jahre her

Lieber Herr Tichy, unterhalten Sie sich mal mit ein, zwei erfahrenen internistischen Intensivmedizinern ( unter vier Augen und nicht als Funktionär eines einschlägigen Berufsverbands tätig). 1. Die aktuelle Intensivauslastung in Deutschland ist Jahreszeiten üblich 2. Der Anteil der COVID-19 Patienten an der Gesamtzahl (!) der Intensivbetten beträgt bundesweit zwischen 3.3 und 24.2 (sh.ho. Berlin)%. Davon wird aber nur ein Teil High Care versorgt (insbesondere intensive Beatmung etc.): im Schnitt ca. 59% Der Anteil freier High Care Kapazitäten beträgt aktuell mehr als 33 % der Gesamtkapazität! Der Anteil der belegten Intensivbetten insgesamt ist in den letzten Monaten weitgehend gleich geblieben, die… Mehr

Lara Berger
4 Jahre her
Antworten an  Montesquieu

Das deckt sich mit meinen persönlichen Erfahrungen. Auf Nachfrage in einem Berliner Krankenhaus erfuhr ich, die Intensivstation sein voll – mit Corona-Verdachtsfällen die meistens nach dem Testergebnis mit „Aspirin in der Hand“ wieder nach Hause geschickt werden. Durch die angstmachende „Berichterstattung“ seien die Leute völlig hysterisch und kämen schon bei ersten Schnupfensymptomen in die Klinik. Aber für ein Kamerateam des rbb sieht das natürlich toll dramatisch aus: volle Intensivstation mit haufenweise jammernden und weinenden Menschen, die ganz offensichtlich leiden – wenn auch nur an ihrer von den Medien verursachten Angst.

Sachse fern der Heimat
4 Jahre her

Und ich habe in den letzten Tagen von diversen Bekannten und Verwandten gehört, dass sie sich keinesfalls mit einem Impfstoff impfen lassen, bei dem mehr Fragezeichen als Antworten zu finden sind.