Bundesländer: Wo die Maskenpflicht zurückkehrt

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erhebt die Forderung schon länger, immer mehr Politiker und Verbandschefs schließen sich ihr an: die Rückkehr der Maskenpflicht in Innenräumen. Doch nicht alle Bundesländer wollen mitziehen. Ein Überblick.

IMAGO / Michael Gstettenbauer

Ginge es nach Karl Lauterbach, dann wäre sie längst wieder da: die Maskenpflicht in Innenräumen. Der Bundesgesundheitsminister hat auf Pressekonferenzen immer wieder dazu angemahnt, die Maske auch dann zu tragen, wenn es dazu keine gesetzliche Bestimmung gibt. Vor wenigen Tagen wandte sich der SPD-Politiker dann direkt an die Bundesländer. „Ich appelliere an die Länder, die Verantwortung auch wahrzunehmen. Wir sehen derzeit stark steigende Fallzahlen“, sagte Lauterbach am vergangenen Mittwoch bei der Regierungsbefragung im Bundestag. Er gehe von einem „verantwortungsvollen Handeln“ aus.

Mittlerweile bekommt der Gesundheitsminister deutliche Rückendeckung. „Wir brauchen jetzt eine Maskenpflicht in Innenräumen wie Supermärkten, Geschäften und öffentlichen Gebäuden“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Johannes Nießen, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Die Länder sind am Zug, die Maskenpflicht sofort umzusetzen. Sonst droht eine Überlastung des Gesundheitssystems und eine Überlastung der Bereiche mit patientennahem Kontakt wie Kliniken.“ Ab einer Inzidenz von 1.000 müsse man eine Maskenpflicht für Bars, Gastronomie und Restaurants in Betracht ziehen.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Am Wochenende meldete sich der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, zu Wort. Wegen hoher Corona-Infektionszahlen stünden die Kliniken „mit dem Rücken zur Wand“, in den meisten Kliniken sei ein Normalbetrieb nicht mehr möglich. Er sprach sich daher für eine rasche Einführung der Maskenpflicht in Innenräumen aus. „Wenn nicht jetzt, wann dann ist die Zeit, zum Beispiel eine Maskenpflicht in Innenräumen zu verhängen, um die Infektionsgeschwindigkeit zu dämpfen?“, sagte er in einem Interview gegenüber der Passauer Neuen Presse.

Skeptisch zeigte sich dagegen Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Wegen der hohen Immunisierungsquote in der Bevölkerung sei die gegenwärtige Lage nicht mit der in den vergangenen beiden Jahren vergleichbar. „Natürlich trage ich am OP-Tisch eine Maske“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Aber ich fliege ohne Maske, und ich gehe auch ohne Maske zum Konzert. Corona ist für die überwältigende Zahl der Menschen in Deutschland keine bedrohliche Erkrankung mehr und zählt daher mehr zum allgemeinen Lebensrisiko.“ Für Risikopatienten sei es dagegen situativ vernünftig, eine Maske zu tragen.

Die Widerspenstigen: Bayern, NRW, Schleswig-Holstein und Sachsen

Ähnlich uneinig ist das Bild bisher in den Bundesländern. Lauterbach hatte in Zusammenarbeit mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) den Ländern die nötigen „Werkzeuge“ in die Hand gegeben, um in der anberaumten Herbstwelle reagieren zu können. Insbesondere in München steht das neue Infektionsschutzgesetz nach wie vor in der Kritik, weil es keine konkreten Indikatoren habe. „Jetzt tun wir es selber, weil wir auf unsere Experten setzen, auf unser Landesinstitut für Gesundheit, jetzt ist es auch nicht recht“, beklagte der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Die Staatsregierung sehe aktuell keinen Bedarf für schärfere Regeln.

Gesundheitsministerium korrigiert Minister
Lauterbachs Anzeigenkampagne kostet deutlich mehr als mitgeteilt
Auch in Düsseldorf sieht man derzeit keinen Anlass für striktere Regeln. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hält die Maske zwar für ein „niederschwelliges Instrument“, doch eine Maskenpflicht sehe das Gesetz erst vor, wenn eine Überlastung des Gesundheitswesens drohe. In NRW gebe es jedoch keine Überlastung. „Und ich muss mich ja nun schon in diesem Punkt an das Bundesgesetz halten“, sagte er gegenüber dem WDR. Er setze auf eine Absprache in der Gesundheitsministerkonferenz in einer Woche.

Zu den Corona-Rebellen in Bayern und NRW gesellen sich noch weitere: Sachsen und Schleswig-Holstein. Laut einer Anfrage der BILD-Zeitung sehen diese vorerst keine Verschärfungen, und damit auch keine Maskenpflicht in Innenräumen vor. „Im Moment sehen wir keine Notwendigkeit für eine Maskenpflicht in Innenräumen“, hieß es aus dem sächsischen Sozialministerium. „Aktuell sind darüber hinaus keine Ausweitungen von Maskenpflichten oder ähnliche Maßnahmen geplant“, lautete eine Stellungnahme aus Kiel.

Die Musterknaben: Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und (teils) Berlin

Eine Maskenpflicht befürwortet indes das Land Brandenburg. Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher sprach von einer „moderaten Ausweitung“ der Maskenpflicht in Innenräumen, etwa in Geschäften. Auch in Bremen hält man derzeit eine Ausweitung für möglich. Dieselbe Aussage ist auch aus Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zu hören.

Eigentlich sollte auch Berlin zum Chor der Corona-Musterknaben gehören. Denn Gesundheitssenatorin Ulrike Grote (Grüne) war letzte Woche vorgeprescht: Schon am heutigen Dienstag hätte über eine Wiedereinführung der Maskenpflicht in Innenräumen abgestimmt werden sollen. Doch der unabgestimmte Vorstoß sorgte nicht nur in der Opposition, sondern auch in der Regierung für Unmut. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wurde davon offenbar überrascht. Der Vorschlag wird daher am Dienstag nur noch diskutiert, aber nicht darüber abgestimmt.

Die Abwartenden: Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen

Als abwartend erweisen sich bisher Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Je nach Umstand werde man über eine Ausweitung beraten bzw. sei eine Ausweitung nicht ausgeschlossen. Thüringen indes wolle „keine Alleingänge“ machen und setze auf „bundeseinheitliche Parameter“, äußerte sich ein Sprecher gegenüber der BILD-Zeitung. Die Einstellung Hamburgs zur Verschärfung der Maskenpflicht ist bisher noch unbekannt.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 30 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

30 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Kaktus 61
1 Jahr her

Clever gemacht vom Karl, wahrscheinlich aber eher von gutbezahlten externen Beratern ausgedacht, der Instrumentenkasten für die Länderfürsten. Ich wars nicht, ich hab es euch nur möglich gemacht. Verantwortung weg, schwarzer Peter wo anders. Motto: ich hab dir nur gesagt, wo die Kreissäge liegt, den Finger hast du dir selbst abgesägt. Wenn sowas dann auf Machtstreben und Profilneurose trifft, fallen mancherorts alle Hemmungen, da werden deutsche Matrosen sogar in der Badewanne zum Kapitän.

the toothfairy
1 Jahr her

Bitte keine MaskenPFLICHT, sondern allenfalls eine MaskenEMPFEHLUNG! Das Tragen einer Maske verweichlicht das Immunsystem, denn das Immunsystem muss trainiert werden.Die Menschen sollen eigenverantwortlich entscheiden, was sie machen.

Fulbert
1 Jahr her

Die dreiste Selbstverständlichkeit, mit der einige Ärzteverbände und Krankenhausgesellschaften massive Einschränkungen für über 80 Millionen Menschen fordern, ist ein Skandal, der in seiner Tragweite noch viel zu wenig thematisiert wird.

Riffelblech
1 Jahr her

Es ist einfach unwahr das die bisherigen Masken vor Virenübertragungen schützen können . Das gilt für Op und FFP2 Masken . Diese können Tröpfchenabsonderungen abfangen ,aber auch nur wenn sie sachgerecht getragen werden . Die FFP2 Maske unterliegt sogar noch der arbeitsmedizinische Voruntersuchung und einer Trageeinweisung sowie einer Tragezeitbegrenzung . Also können solche Aussagen wie von den Krankenhausvertretern ,der Amtsärzte usw nur politische Hintergründe haben . Dort wiederum unterliegen wir der sich seit 3 Jahren mehrenden Falschaussagen,Lügen,Verdrehungen und Fehlbehauptungen . Es ist mittlerweile wirklich genug geforscht worden wann Masken einen Sinn ergeben.Bei der Virenabwehr ganz sicher nicht ! Hinzu kommt… Mehr

Andreas aus E.
1 Jahr her

Es ist nicht zu 100% zum Thema, aber in gewisser Hinsicht dann doch: Vergangenen Sonnabend nahm ich an Familienfeier teil, geschlossener Raum, dicht an dicht, neun Personen, davon sieben abgespritzt. Altersklasse so 40 bis 85. Ich nicht. Den Sonntag nahm der Krankheitskeim wohl Inkubationszeit, da merkte ich noch nichts, aber Montag ging mir es etwas mau, heute wieder frisch. Das ist nun schon drittes Mal, daß ich derlei Phänomen erlebte, und auch von anderen – ungespritzten – „Lauterbachskeptikern“ habe ich genau diese Beobachtung vernommen. Nun bin ich kein Epidemologe und die Beobachtungsgruppe ist zahlenmäßig überschaubar, aber ein wenig zu denken… Mehr

Biskaborn
1 Jahr her

Warum bitte, kann das nicht jeder Bürger für sich entscheiden? Kommt niemand auf diese naheliegende Idee? Sicher kann man für Arztpraxen und Krankenhäuser eine Maskenpflicht, OP Maske sollte reichen, vorgeben aber ansonsten sollte es , wie eingangs erwähnt, jedem überlassen bleiben wo und wann er eine Maske trägt!

Winnetou
1 Jahr her

Ich habe diesen idiotischen Maskenzwang von Beginn an unterlaufen und werde das auch künftig tun. Da, wo Maskenpflicht herrscht, ziehe ich sie mir unter die Nase.

Hilde Stede
1 Jahr her

Wenn ich mich ‚da draußen‘ so umschaue, können ganz offensichtlich viele es doch kaum erwarten, dass endlich wieder allen die Filtertüte vor dem Gesicht verordnet wird. Bereits seit Wochen tragen unzählige Menschen sowohl in den Läden als auch auf der Straße ihre versifften Teile im Gesicht oder mindestens unterm Kinn zum schnellen überziehen. Wer immer noch nicht gemerkt hat, dass diese Zustände in unserem Land ausschließlich aufgrund genau dieser Bevölkerungsschicht möglich sind, ist reichlich naiv. Das devote, in vorauseilendem Gehorsam alles abnickende Verhalten ist eben eine deutsche (Un)Tugend und ermöglicht u.a. den sukzessiven Abbau der Grundrechte. Und das unter Applaus… Mehr

RMPetersen
1 Jahr her

Wo die Maskenpflicht zurückkehrt“
Bei mir nicht. Ich lasse mich doch nicht von diesen (- bitte Wort nach Wahl einfügen) in der Regierungsämtern drangsalieren. Mehr als zeieinhalb Jahre Corona-Idiotenpolitik ist genug.
Wir sind ab nach Bullerbü. Da muss man ausserdem nicht befürchten, dass Licht und Wärme ausgehen.

Juergen Schmidt
1 Jahr her

Es wird über »Corona« wieder gelogen, dass sich die Balken biegen. Wenn ich mir die Realität ansehe, also öffentliche Statistiken, dann hatten wir in NRW und Köln gerade ein Corona-»Wellchen«. Deren Gipfel war vor ca. einer Woche, am 11.10., seitdem fallen »die Zahlen« wieder stetig. https://www.lzg.nrw.de/inf_schutz/corona_meldelage/index.html In dem interaktiven Schaubild durchklicken bis »7-Tage-Fallzahl laborbestätigter COVID-19-Fälle in NRW«. Besonders die »Corona-Todesfälle« sind gerade auf einem Tiefstand (!): »Verstorbene laborbestätigte COVID-19-Fälle nach Sterbedatum in NRW« – Anzeige »tageweise«. Die Schaubilder sind wirklich sehr aussagekräftig. Sie haben mit der »medialen Pandemie« nichts gemeinsam. Völlig im Gegensatz zur Statistik stehen daher auch wieder die… Mehr