Bauministerin Geywitz widerspricht plötzlich Habecks Gebäude-Plänen

Bauministerin Klara Geywitz (SPD) legt plötzlich eine Wende ein: Sie widerspricht öffentlich den Gebäude-Plänen von Habeck, an denen sie selbst beteiligt war. Sie scheint zurück in der Realität zu sein.

IMAGO / Political-Moments
Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Berlin, 19. April 2023

Was ist mit Bauministerin Klara Geywitz (SPD) passiert? Vor wenigen Wochen verteidigte sie bei Anne Will ihr gemeinsam mit Robert Habeck (Grüne) entworfenes Gesetz zur „Wärmewende“. Da betonte sie, dass sie unbedingt den Einstieg schaffen wolle in den Ausstieg aus fossilen Energien, weil Deutschland sonst in die „Fänge des Klimas“ laufe. Da stand sie noch vollkommen hinter Habecks Gebäude-Effizienz-Plänen wie dem Heizungsverbot, an dem sie selbst beteiligt ist.

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Nun legt sie plötzlich eine Wende ein, wie die Welt berichtet: „Ich bin nicht davon überzeugt, dass wir alles unternehmen müssen, um jedes einzelne Gebäude möglichst effizient zu machen“, sagte Geywitz am Mittwoch bei einem Verbandstag der Immobilienwirtschaft in Berlin zu den immer strenger werdenden Energievorschriften von Habeck. Das betreffe vor allem die Dämmung, aber auch technische Anlagen, etwa zur Wärmerückgewinnung. Das zeugt von einer Kapitulation: Geywitz scheint zu realisieren, dass die grünen Gebäude-Pläne, die sie noch vor kurzem eifrig unterstützte, nicht durchdacht sind.

Vielleicht hat ihre Kapitulation irgendwas mit dem Harz zu tun, in dem es wohl sehr teuer wäre, den gesamten Bestand zu sanieren. Immerhin erwähnt sie den Harz gleich mehrmals auf dem Verbandstag der Immobilienwirtschaft: „Wenn wir die Energieeffizienz einzelner Gebäude um mehrere Stufen anheben wollen, dann muss man den gesamten Bestand tiefensanieren – auch im Harz, im Sauerland, oder in der Altmark. Ich sehe nicht, wie das gehen kann, ich sehe auch nicht, wie das finanziert werden kann“, sagte Geywitz. Später betonte sie dann noch: „Wenn es um die Dekarbonisierung geht, könnte man auch sagen, dass man ein einfaches Haus im Harz künftig mit Holz heizt.“ Holz gilt laut Welt als weitgehend klimaneutraler Brennstoff. Geywitz’ Aussage zeigt: Sie scheint zu realisieren, dass das Ziel der „Wärmewende“ nicht (nur) der „Einstieg in den Ausstieg fossiler Energien“ ist.

In ihrer Kapitulation erwarte Geywitz Zündstoff für Konflikte im grün-geführten Wirtschaftsministerium: „Wenn Herr Habeck hier wäre, würde er wahrscheinlich widersprechen und betonen, dass man möglichst alle Energie, die sich bei Gebäuden einsparen lässt, auch tatsächlich einsparen sollte.“ Dieser Ansatz sei jedoch nicht nur schwer finanzierbar, sondern bei der Dekarbonisierung des Gebäudesektors unter dem Strich auch „nicht extrem vernünftig“.

Zwei Tage nach Anne Will
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Ist die Bauministerin etwa aus ihrem Klima-Tiefschlaf erwacht? Hatte sie etwa einen Wärmepumpen-Albtraum? Hat sie geträumt, dass Viessmann, der deutsche Marktführer für Wärmepumpen, ebendiese Sparte an einen US-amerikanischen Konzern verkauft hat? Weniger als zwei Tage, nachdem sie bei Anne Will betont hat, die Regierung müsse die „Wärmewende“ unbedingt nächstes Jahr durchsetzen, sonst würde die deutsche Wirtschaft Schaden nehmen. Aber das war kein Traum, sondern Realität, die sie spätestens da eingeholt hat. Und scheinbar erwachen ließ.

Nach ihrem Erwachen räumt sie auf dem Verbandstag ein: „Ab dem Effizienzhausstandard 55 fängt es an, ökonomisch schwierig zu werden.“ Ab 2025 soll nach Plänen der Regierung für alle Neubauten sogar der sogenannte „Effizienzhausstandard 40“ gelten. Das bedeutet: Neue Gebäude dürfen dann nur noch 40 Prozent Energie verbrauchen. Die restlichen 60 Prozent müssen demnach aus „erneuerbaren“ Energien stammen. Weil das ja aber schon „ökonomisch schwierig“ wird, wenn nur 35 Prozent aus „erneuerbaren“ Energien stammen soll, müsse man diesen Standard „auf smarte und clevere Weise“ erfüllen können, so Geywitz.

Zurück in der Realität plant Geywitz nun, nicht nur auf den „Primärenergiebedarf“ zu schauen. Dieser beschreibt den eigentlichen Energiebedarf eines Energieträgers (wie einer Heizung) und die benötigte Energiemenge, um den Energieträger zu gewinnen, umzuwandeln und zu verteilen. Auf dem Verbandstag meint sie: „Wir müssen uns nicht nur konzentrieren auf den Primärenergiebedarf, sondern auf die Bilanz dessen, was gebaut wurde.“ Diese Diskussion muss ihrer Meinung nach innerhalb der Bundesregierung geführt werden. Der Sozialdemokratin geht es also scheinbar wirklich um die Dekarbonisierung – der Klima-Religion hat sie wohl doch nicht abgeschworen. Sie scheint nun aber zu realisieren, dass Habecks Pläne nicht zu einer durchdachten Dekarbonisierung des Gebäudesektors führen, die sie so gerne hätte.


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Kommentare ( 55 )

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Reiner Zufall
11 Monate her

Die grünen Gebäude-Pläne sind nicht durchdacht.

Was ist bei den Grünen schon durchdacht! Mittendrin hören sie einfach auf zu denken, Beispiele gibt es genug. Und wenn das nicht reicht, werden Ricarda und Gering-Eckhardt argumentativ hervorgeholt.

Howard B.
11 Monate her

Es ist doch vollkommen gleichgültig, was irgendwelche Grüßauguste (m/w/d) von sich geben. Die Entscheidungen werden doch nicht etwa tatsächlich von der Politik, unabhängig von Sponsoren und Nutznießern, getroffen. Man sollte sich hüten, sich an einzelnen Grüßaugusten (m/w/d) abzuarbeiten. Die „Hinterzimmerentscheider“ sind das Thema. Willkommen im Finanzkapitalismus mit angeschlossener Post-Demokratie. Manche mögen es immer noch nicht wahrhaben. Manchen geht so langsam ein Licht auf, wie dies mit der Demokratie tatsächlich funktioniert. Zwischen Theorie und Praxis besteht eben ein Unterschied. Q.E.D.

Last edited 11 Monate her by Howard B.
TH-Kartoffel
11 Monate her

Im Harz haust bekanntlich der Leibhaftige. Der Herr H. nämlich. Das bei den 8 Thüringer SPD-Genossen angesichts der geplanten Anschläge auf das Eigentum der Bürger und der anstehenden Landtagwahlen ’24 das große Zähneklappern eingesetzt hat, wundert mich nicht. Das die Grünen mit ihren 5 Abgeordneten eine vernichtende Niederlage erleiden werden, steht für mich schon heute außer Frage.

puke_on_IM-ERIKA
11 Monate her

Haha, die linksgründummen Minister vereiteln sich gegenseitig ihre Hirngespinste.
Ist das noch Politik oder bereits realsatirische Comedy?

Audix
11 Monate her

Kehrtwenden um 360 Grad sind zu erwarten. Die FDP kann das am Besten.

Hesta
11 Monate her

Ich würde darauf nichts geben. Vielleicht sagt sie ja nächste Woche schon wieder etwas anderes.

ratio substituo habitus
11 Monate her

Sie widerspricht dem Heiligen Habeck? Na, dann wird sie wohl demnächst bei sexistischen, rassistischen oder rechten Äußerungen ertappt werden. Vernunft geht gar nicht mehr im grünen Reich!

Transformation
11 Monate her

Glaube ich der nicht. Erst sollen wir die teuren Wärmepumpen installieren /und sanieren, um dann abgeschaltet zu werden. Ich werde mir auf gar keinen Fall eine Stromheizung ins Haus holen. Es ist bereits beschlossene Sache denjenigen, die Wärmepumpen installiert haben und/oder E-Auto fahren, den Saft abzudrehen (daher bald der Zwang den Smart Meter einzubauen, damit es ohne Zustimmung aus der Ferne per Klick abgeschaltet werden kann). Denn der Strom reicht hinten und vorne nicht aus. Quelle: BR24 Artikel. Link: http://br.de/nachrichten/deutschland-welt/energiewende-wo-strom-bald-rationiert-werden-kann,TdsCbVY Hier ein Zitat daraus: Wärmepumpen und E-Autos sollen zu Spitzenlastzeiten vom Netz genommen werden.Steuerung bedeutet in diesem Fall eine Stromrationierung.… Mehr

Last edited 11 Monate her by Transformation
ralf12
11 Monate her

Im Harz, der Altmark und auch im Sauerland gibt es noch recht häufig die hübschen Fachwerkhäuser zu sehen. Wie soll man die Dämmen? Die Außenfassade steht oftmals unter Denkmalschutz. Also dann innen alles rausräumen und die (historisch bedingt schon kleinen Zimmer) noch kleiner machen, indem mit „Innendämmung“ das tolle Polystyrol in der guten Stube an die Wand geklatscht wird?. Ich selbst lebe in solch einem (außen) gedämmten Haus. Es ist alles andeŕe als angenehm. Im Hochsommer ist es die ersten 3 Tage noch angenehm kühl. Danach ist die Wärme drin und geht nicht mehr raus. Die gedämmten Wände funktionieren dann… Mehr

Don Didi
11 Monate her
Antworten an  ralf12

Kann ich nur bestätigen, in einem gedämmten Haus bekommt man die Hitze im Sommer nicht mehr raus. Auch nicht mit Durchzug die ganze Nacht, die Wände sind derart aufgeheizt, das geht nicht mal eben weg. Einzige Gegenmaßnahme ist die Installation einer Multisplit Klimaanlage, die auch tagsüber die Innenräume und damit die Wände halbwegs kühl hält. Ich hab‘ so’n Ding, Wärmepumpentechnik, 10kW Kühlleistung, die schafft es so gerade, das Haus auf 22-23°C zu halten. Über den Energieverbrauch brauchen wir glaube ich nicht reden.

Katzenfreund
11 Monate her

Wenn die ersten Ratten jetzt das sinkende Schiff verlassen, beginnen sie scheinbar zu ahnen, was ich schon sehr früh vermutet habe. Die Graichen-/Habecktruppe verfolgt ganz andere Ziele, als den angeblichen Klimaschutz, so dass hinter diesen Gesetzesänderungen kriminelles Verhalten steckt. In der Politik hat man vermutlich schon viel mehr Informationen und einige wollen sich jetzt schnellstens von den Grünen distanzieren, bevor die Sache auffliegt.