Atomkraftwerk Emsland soll vom Netz gehen

Das Atomkraftwerk Emsland soll Ende des Jahres vom Netz gehen, trotz Energieknappheit. Damit ignoriert der niedersächsische Energieminister Olaf Lies den von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen „Stresstest“, in dem die Sicherheit der Stromversorgung geprüft werden soll – und vernichtet weitere Milliardenwerte.

IMAGO / Rupert Oberhäuser
Kernkraftwerk Emsland, Lingen, Niedersachsen

Wie gleichgültig drohende erhebliche Versorgungslücken dem derzeitigen Politpersonal sind, zeigen jüngste Einwürfe etwa des niedersächsischen Energieministers Olaf Lies (SPD). Der betonte in einem Interview des Spiegel zum Kernkraftwerk Emsland: »Der Reaktor wird zum Jahresende vom Netz gehen. Alles andere macht keinen Sinn.« Die Brennelemente seien abgebrannt, sodass sie nicht mehr genügend Energie hätten, um bis zum Jahresende im Vollbetrieb zu laufen, meinte er. Das Kernkraftwerk werde bereits im November in den sogenannten »Stauchungsbetrieb« gehen, wie Lies sich ausdrückte.

Denkmäler in nächtlicher Finsternis
In Deutschland gehen die Lichter aus
Lies lehnte ab, neue Brennelemente zu bestellen. Dann »müssten wir diese vier bis fünf Jahre einsetzen, damit die dann so weit abgebrannt sind, dass man sie einlagern kann«. Das wäre ein Wiedereinstieg in die Kernenergie, den man nicht wolle. Damit ignoriert Landesminister Lies den von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen sogenannten zweiten »Stresstest«, in dem die Sicherheit der Stromversorgung geprüft werden soll. Diese Ergebnisse will er nicht mehr abwarten und will weitere Milliardenwerte locker vernichten.

Auch ein RWE-Sprecher, die das Kernkraftwerk Emsland betreibt, betonte gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung, dass das Kernkraftwerk auf einen »Auslaufbetrieb« zum Ende des Jahres hin ausgerichtet sei. Ein Weiterbetrieb sei mit hohen technischen und genehmigungsrechtlichen Hürden verbunden. Am 8. März noch hätten Bundesregierung und die Energieminister der Länder erklärt, dass eine Laufzeitverlängerung keine Option sei, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen und Abhängigkeiten von Gaslieferungen aus Russland zu reduzieren.

Bundesfinanzminister und FDP-Chef Lindner hatte vor kurzem in den politischen Raum geworfen, die Rückkehr zur Kernkraft zumindest nicht kategorisch auszuschließen. Gegenüber Bild betonte er noch: »Die Menschen erwarten, dass wegen des Klimaschutzes, der Abhängigkeit von Putin und der Inflation alle Möglichkeiten erwogen werden.« Wirtschaftlich sei er zwar noch nicht überzeugt, schob Lindner sein liberales Aber nach, dass sich neue Investitionen in Kernkraft wirklich rechneten. »Aber Deutschland darf sich der Debatte nicht verschließen, die überall auf der Welt geführt wird. Ich rate dazu, die Argumente vorurteilsfrei auf den Tisch zu legen.« Allerdings interessiert sein Rat außerhalb seines Umfeldes niemanden so recht.

Die Bundesnetzagentur hatte in ihrem Bericht zur kommenden Winterreserve angeführt, dass ein »Bedarf an Reserveleistung in Höhe von 8.264 MW für den Winter 2022/2023 bestehe. Der Strombedarf im Winter beträgt zwischen 80 und 85 GW. Das bedeutet, es müssen also mehr als 16 Kohle- oder Öl-Kraftwerke reaktiviert werden. Einen Plan dafür gibt es nicht. Der neue grüne Chef der Bundesnetzagentur ergießt sich in Sparappellen. Was anderes kann der frühere Chef der »Verbraucherschützer« nicht.

Gas solle gespart werden, dröhnt es panisch aus den Berliner Regierungsstuben. Doch zu sehen ist nicht viel davon. Gas strömt munter weiter in jene Gaskraftwerke, in denen Turbinen über Generatoren Strom produzieren. Von einer Verminderung des Verbrauchs ist erstaunlicherweise nichts zu sehen. Die Grafik von Agora-Energiewende zeigt deutlich: Der Gasverbrauch für Kraftwerke sinkt nicht, sondern bleibt einigermaßen gleich mit leicht steigender Tendenz sogar. Die rote Linie stellt den Stromverbrauch dar.

Quelle: Agora Energiewende

Das wundert nicht weiter. Denn ausgerechnet Gaskraftwerke sind sehr flexibel regelbar. Innerhalb sehr kurzer Zeit können sie hochgefahren werden, damit auf einen gestiegenen Strombedarf reagieren und umgekehrt ebenso rasch wieder heruntergefahren werden. Das können ältere Kohlekraftwerke kaum – wohl aber Kernkraftwerke. Moderne KKWs zeichnen sich durch eine sogenannte hohe Lastwechselrate aus, können also relativ schnell entsprechend dem schwankenden Strombedarf geregelt werden und helfen damit übrigens, die stark schwankenden Einspeisungen von Strom aus Wind- und Photovoltaikanlagen auszugleichen. Denn die flattern vor allem jetzt bei der starken Sonneneinstrahlung sehr heftig, wie man hier sieht.

Quelle: Agora Energiewende

Der Wind spielt derzeit keine Rolle. Die Windräder tun das, was sie die meiste Zeit des Jahres machen: stillstehen.

Das bedeutet: An jedem Abend, wenn die Sonne untergeht und die Photovoltaikanlagen recht schnell weniger Leistung liefern, müssen konventionelle Kraftwerke ran, wenn das Licht nicht ausgehen soll. Die müssen sehr schnell wieder hochgefahren werden und hohe Strommengen liefern. Das ist zwar sehr teuer, weil parallel zu Windrädern und Photovoltaikanlagen konventionelle Kraftwerke die gesamte Zeit vorgehalten werden müssen, aber keinen Strom liefern dürfen. Nun gut – Kosten spielen in Energiewendezeiten bekanntlich keine Rolle mehr, und die letzten konventionellen Kernkraftwerke werden gerade abgeschaltet.


Unterstützung
oder

Kommentare ( 60 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

60 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Andreas aus E.
2 Jahre her

Ich werfe einen Blick aus meinem Arbeitszimmer – die Fahnen gegenüber hängen schlapp an den Masten.
Wie mag es nun den Windrädern gerade gehen?

Hm… aber die könnte man ja mit Photovoltaik zum Drehen bewegen, Elektromotoren haben die ja bestimmt eingebaut und Sonne scheint.

Es lebe die Energiewende!

😉

bfwied
2 Jahre her

In 2017 wurden im Saldo noch 55 TWh exportiert, seitdem kontinuierlich weniger, in 2021 nur noch 20 TWh. Wenn die KKW wegfallen, dann fehlen ca. 34 TWh, wir haben also eine Unterdeckung von ca. 14 TWh. Werden die Kohlekraftwerke abgeschaltet, fehlen noch viel mehr. Was mit dem Gas geschieht, lasse ich außen vor. Die Rechnung, dass man nur – je nach Rechnung(!) – 800-1400 – Windräder bauen müsste, um 1 KKW zu ersetzen, hinkt gewaltig, da ein KKW bekanntlich rund um die Uhr gleichmäßig Strom liefern kann, die Windräder nicht. Pauschale Rechnungen sind grundfalsch und dumm, Windräder liefern nur etwa… Mehr

Der_Diddi
2 Jahre her

Dieses „hin und her“ unserer Politiker,Olaf Lies gehört auch dazu,kann einem zur Verzweiflung bringen! Wenn wir daran denken was im Herbst und Winter auf uns zukommt,dann werden wir so richtig in der Schei…… sitzen! Aber schauen wir mal jetzt auf die jüngste Wahlumfrage,vom 5. August für die Wahl in Niedersachsen Anfang Oktober,dann wird man fast mutlos oder auch depressiv! Die CDU käme dann auf 30 % / die SPD auf 29 % und die Grünen,ich kann es nicht fassen, auf 23 % ! Wenn man im Oktober noch etwas verändern möchte,dann kommt man zu der Erkenntnis: „ Wem soll man… Mehr

H. Hoffmeister
2 Jahre her

Gestalten wie Lies in politischen Machtpositionen – Habeck, Baerbock, Lauterbach, Merkel, Lindner, Scholz etc.- sind nur einer Gesellschaft möglich, deren Wohlstandssubstrat von anderen geschaffen wurde.

alter weisser Mann
2 Jahre her

„Macht keinen Sinn“ immer wenn man dieses Dummdeutsch hört, weiß man Bescheid. Erst keine Brennstäbe bestellen wollen und dann abschalten müssen, das ist rot-grün-gelbe Lügenpolitik.

Waldorf
2 Jahre her

Tja, was will man dazu noch sagen – es ist alles gesagt, geschrieben, gebetet Rotgrüne Träumer ohne 5 Minuten Berufserfahrung in der Energiewirtschaft wissen es besser als alle, ziehen ihr Ding durch. Ok, dann endet es halt an der Wand, mit Brown/Blackout-Garantie Vielleicht schaltet die Regierung nach „sehr unschönen“ Bildern aus Hamburg, Berlin oder Hessen? den Verstand wieder ein, auch wenn man sich davon nicht allzuviel versprechen sollte. Das Gross der Regierungsbank verfügt über wenig bis keine Berufserfahrung außerhalb der Politik und auch nur sehr eingeschränkte Leitungs-/Führungserfahrung im öffentlichen Dienst, der Staatsverwaltung, BW etc. Mit schönen Worten und warmen Gratisratschlägen… Mehr

Christian S.
2 Jahre her
Antworten an  Waldorf

Ihren Ausführungen ist fast nichts hinzuzufügen… außer vielleicht: wenn jeder an sich selber denkt ist an alle gedacht… ich werde mich dementsprechend vorbereiten… das meiste ist schon erledigt.

Waldorf
2 Jahre her
Antworten an  Christian S.

Ja, jetzt ist noch alles relativ ruhig, vieles (zb Große Powerbanks mit Spannungswandler und Solarzellen zum Laden, Wasserkanister, campingkocher, campingtoiletten etc) noch zu haben.
Camping daheim dürfte eine neue und interessante Erfahrung werden
Hätte nie gedacht, dass aus eher als „unterhaltsam“ gedachten „Prepper-Anflügen“ so schnell dh in ca 5-6 Monaten Realität werden könnte?

AnSi
2 Jahre her

Wenn ich das lese (fern im Ausland sitzend), bekomme ich Gänsehaut und es überfällt mich eine unheimliche Traurigkeit. Man fühlt sich wirklich ausgeliefert, machtlos. Es tut mir wirklich sehr leid um meine ehemaligen Mitbürger! Zumindest um die, die nicht die Falschen gewählt haben und die noch fähig sind ihren Verstand zu benutzen. Aber leider werden auch sie mit untergehen.
Alles Gute! RIP Futschland.

ersieesmussweg
2 Jahre her

Wird bei Asylbewerbern und bei anderen vom Staat durchfinanzierten Gruppen auch die Wohnraumtemperatur runtergeregelt? Oder wäre das irgendwie „…feindlich“?

Britsch
2 Jahre her
Antworten an  ersieesmussweg

Also kenne viele Fälle, wenn es da in der kalten Jahreszeiten in der wohnung zu kalt war, die Heizung nicht genug her gab,
wurden z.B Sämtliche Herdplatten und der Backofen bei offener Backofentür auf volldampf geschalten, Dies machte dann auch vielfach möglich, je nach Leistung Fenster auf zu machen

Weiss
2 Jahre her

Die Energiepolitik der SPD, der Grünen und der FDP kann ich wirklich nicht mehr nachvollziehen. Was hat das bitte noch mit Vernunft zu tun ? Laut einem aktuellen Artikel auf CNN sollen 1/3 der Briten wegen der hohen Energiekosten in Armut fallen: A third of Brits face poverty with energy bills set to hit $5,000 – CNN Warum soll es den Deutschen besser als den Briten ergehen ? Warum sollen sich die Deutschen keine Sorgen machen ? Warum riskieren die BRD-Einheitsblockparteien hier eine Verarmung breiter Gesellschaftsschichten ? Es sind ja Millionen demnächst betroffen ? Kann mir das mal ein Wirtschaftsexperte… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Weiss
Holger Lundstrom
2 Jahre her
Antworten an  Weiss

Es geht um Kontrolle. Das System weiß, dass ihm die Luft ausgeht. Also sollen Energie und Nahrung so teuer werden, dass der Staat die Kontrolle über die Unternehmen an sich reißt und die Energie/Nahrung anhand von Folgsamkeit (Social Credit) rationieren kann. Die Wahrheit ist, dass der Staatsapparat in einer globalisierten, wirtschaftsliberalen Welt keine Existenzberechtigung mehr hat. Denn der Staat als solches muss nun nicht mehr für Grundbedürfnisse sorgen, die ja durch den Überfluss automatisch befriedigt werden. Nur künstliche Verknappung bietet dem Staat also neue Existenzgrundlagen, und damit eine neue Berechtigung, noch mehr Macht an sich zu reißen. Sehr gerne werden… Mehr

Ernst-Fr. Siebert
2 Jahre her
Antworten an  Weiss

Ebenso wenig, wie es bei den „Anticoronamaßnahmen“ um unsere Gesundheit geht, geht es bei der „Energiepolitik“ um Energie.
Erst wenn das verstanden wird, wird man verstehen, daß man mit logischen Argumenten nicht durch dringen kann.
Es geht um den Großen Reset, und insofern läuft es bestens.

Orlando M.
2 Jahre her

Lies hat zwar Elektrotechnik studiert aber es hat ihn sofort nach dem Studium in den Personalrat (Betriebsrat im ÖD) gezogen, wo er später Vorsitzender wurde, alles an derselben Hochschule. Dann ab in die Partei und dort unser Geld „verdient“.
Fähige Mitarbeiter verliert ein Unternehmen nicht gern an den Betriebsrat, überhaupt nicht gern, die tun vieles um das zu verhindern.
Von daher wundert mich die Entscheidung gar nicht, der kann einfach die Tragweite nicht erfassen und noch nicht einmal erfassen, dass er mit dem Amt überfordert ist.