Annegret Kramp-Karrenbauer ist kein Merkel-Hiwi

AKK als Generalsekretär räumt Merkel einen größeren Spielraum ein als den Pofallas, Gröhes und Taubers. Gegen den Posten einer Merkel-Assistentin hätte diese ihr Amt als Ministerpräsidentin nicht eingetauscht.

© Tobias Schwarz/AFP/Getty Images

In der Liste der CDU-Generalsekretäre ist Annegret Kramp-Karrenbauer die Vierzehnte, sofern man außer Acht lässt, dass Unions-Urgesteine wie Josef Hermann Dufhues oder Bruno Heck in den sechziger Jahren noch Titel wie „Geschäftsführender Vorsitzender“ oder „Geschäftsführendes Präsidialmitglied“ trugen. Geprägt haben das Amt vor allem Kurt Biedenkopf (1973-1977) und Heiner Geißler (1977-1989), die die Partei als eigenständigen Machtfaktor neben Fraktion und – nach 1982 – Regierung zu positionieren wussten. Ihre Nachfolger haben nie wieder deren Einfluss und deren Bedeutung erlangt. Sie waren während der Kanzlerschaft von Helmut Kohl und Angela Merkel mehr Sekretär als General. Der glücklose Peter Tauber wurde in der Partei sogar als „Generälchen“ verspottet.

Mit Kramp-Karrenbauer könnte das anders werden. Die ebenso zähe wie energische Saarländerin hat keineswegs die Absicht, als zusätzlicher Regierungssprecher nur anzupreisen oder zu verteidigen, was die CDU-Kanzlerin getan oder nicht getan hat. Ihre ersten Äußerungen sind da unmissverständlich: Sie will der in den letzten Jahren zur Wahlkampf-Hilfstruppe degradierten Partei wieder zu „mehr eigenständigem Gewicht“ verhelfen, ihr ein „eigenständiges Gesicht“ geben. Die Botschaft ist klar: Die CDU soll wieder mehr sein als nur eine Akklamationskulisse für die CDU-Kanzlerin.

Eine Frau nach der anderen?
AKK - ach je …
Dieses Amtsverständnis muss nicht zwangsläufig dazu führen, dass die neue Parteimanagerin wie Geißler in seiner Endphase sich als eine Art Übervorsitzende versteht. Die Nummer eins ist immer der oder die Vorsitzende. Ist er oder sie zugleich noch Regierungschef, ist seine oder ihre Position umso stärker. Aber Partei und Regierung sind zwei verschiedene Baustellen. Wer regiert, muss Kompromisse mit den Koalitionspartnern schließen. Die muss die Partei zwangsläufig mittragen. Aber das entbindet eine Regierungspartei nicht von der Aufgabe, den Mitgliedern und Wählern immer wieder vor Augen zu führen, wie beispielsweise „CDU Politik pur“ aussehen würde. Das ist gerade bei Großen Koalitionen notwendig, wenn die sie tragenden Parteien nicht völlig hinter der Regierung und ihrem aus Kompromissen bestehenden Programm verschwinden wollen.

Nun muss man zur Ehrenrettung der Pofallas, Gröhes und Taubers sagen, dass Merkel gar keinen Generalsekretär wollte, der allzu eigenständig und selbstbewusst auftritt. Anderenfalls wären ihre Personalentscheidungen anders ausgefallen. Und wenn Pofalla, Gröhe und Tauber für sich eine andere Rolle beansprucht hätten, hätten sie das Amt nicht annehmen dürfen. Annegret Kramp-Karrenbauer räumt Merkel hingegen einen größeren Spielraum ein. Gegen den Posten einer Merkel-Assistentin hätte diese ihr Amt als Ministerpräsidentin nicht eingetauscht.

In einem Interview hat die neue CDU-Generalsekretärin schon mal – am Beispiel des Themas Abschiebungen – klar gesagt, wie sie sich ihre Aufgabe vorstellt: „Da müssen wir als CDU deutlich machen: Wie würden wir das organisieren, wenn wir in Deutschland allein regieren könnten? Um auch die Unterschiede zu den anderen Parteien deutlich zu machen.“ Das könnte die politische Auseinandersetzung selbst in neuen GroKo-Zeiten spannend machen: wenn alle Regierungsparteien darauf hinweisen, wie und wo sie durch Abstriche am eigenen Programm den Weg zu den einvernehmlichen Lösungen geebnet haben.

Falls Kramp-Karrenbauer ihrer eigenen Linie treu bleibt, stehen der CDU interessante Zeiten bevor. Die Wähler erfahren, was CDU-Linie ist und was davon mit Rücksicht auf die SPD geopfert werden musste. Auch wenn die CDU – im Gegensatz zu den Sozialdemokraten – nicht ständig von Erneuerung spricht: Die „Generalin AKK“ könnte dafür sorgen. Und Merkel müsste das akzeptieren – oder sich von Kramp-Karrenbauer trennen. Im Zweifelsfall wird die Kanzlerin aber so handeln wie in den vergangenen zwölf Jahren: so viel Machterhalt wie möglich, so viel Anpassung wie nötig.

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Kommentare ( 147 )

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pcn
5 Jahre her

Und jetzt?…soll man wider aller Erkenntnisse und Vernunft CDU wählen.
Also, manchmal denke ich, ich bin im falschen Film.

A. Schmidt
6 Jahre her

Es ist doch ganz klar, wieso Kramp-Karrenbauer nach Berlin gewechselt ist!
Sie ist Merkels Kandidatin als Nachfolgerin. Das witzeln doch inzwischen sogar
Kabarettistinnen im ZDF und auf SWR, die Merkels Arbeit „für die Werktätigen“ mit Honecker-Akzent und Geste beschreiben, um dann mit AKK die nächste -Zitat- „Staatsratsvorsitzende“ aus dem Saarland installieren zu wollen.

Pete Ahr
6 Jahre her

Eine Erneuerung der CDU wäre nur dann möglich, wenn diese Partei eine Persönlichkeit wie Herrn Kurz hervorbrächte, der die Volkspartei in Österreich konsequent auf rechts gedreht und dabei auch die alten personellen Seilschaften konsequent entrümpelt hat. Nur dann käme die Partei als Partner für eine immer stärker werdende AfD überhaupt in Frage. Die Personalie Karrenbauer hat nur zwei Funktionen für Merkel: Sie soll so etwas wie Erneuerung vortäuschen. Die Hofschreiber in den Medien halten ihr ja auch bereits bei jedweder Gelegenheit das Mikrofon vor die Nase. Vor allem aber soll sie als Nachfolgerin Merkels aufgebaut werden, die die Politik des… Mehr

Karl-Eugen Kaiser
6 Jahre her

Sie ist jedenfalls eine gute Büttenrednerin, Herr Müller-Vogg. Viel mehr läßt sich über diese Frau mit dem Charisma einer Straßenlaterne nicht sagen.

Arno Schäfer
6 Jahre her

Also AKK als „Märchentante“?: „Lieber Michel und liebe Micheline: Wenn wir einmal alleine regieren dürften, ja, dann gäbe es keine Migrantenkrise mehr. Und keine marode Straßen, marode Schulen und maroden Züge mehr. Der Strom wäre billig, die Bundeswehr einsatzbereit, Stuttgart21 und BER wären pünktlich und ohne Kostenexplosion fertig. Die EU würde funktionieren, ihr könntet wieder joggen und nachts auf die Straße gehen, ohne dass ihr überfallen, ausgeraubt, vergewaltigt oder abgestochen werdet. Die Justiz würde wieder Recht sprechen, Wohnraum wäre bezahlbar und die Demokratie wäre keine Hure der Parteien mehr. -Das alles würden wir als CDU machen, wenn wir wieder allein… Mehr

tom
6 Jahre her

Sie sprach sich Anfang 2016 gegen eine einseitige Schließung der deutschen Grenzen aus, da sie ein Auseinanderbrechen der Europäischen Union befürchtete. In diesem Fall seien in Deutschland Wohlstand und Arbeitsplätze gefährdet. Ist das nicht das typische geschwafel einer merkel Wasserträgerin? Die Frau kann gar nicht eigenständig denken. Es wäre ihrer unterwürfigen Karriereplanung nicht förderlich.

Anne
6 Jahre her

Sehr geehrter Herr Müller-Vogg, Ihren Optimismus kann ich leider nicht teilen. Denn m. E. wird Frau Kramp-Karrenbauer nichts am „kranken“ Zustand der CDU, der wiederum auf dem letzten Parteitag offensichtlich wurde, ändern. Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass eben nicht die Generalsekretärin, sondern die Parteivorsitzende die Nummer 1 ist und die Position der Vorsitzenden umso stärker ist, wenn diese auch noch als Regierungschefin fungiert. Frau Merkel hat Frau Kramp-Karrenbauer für die Funktion der Generalsekretärin allein deshalb vorgeschlagen, um eine willige Erfüllungsgehilfin zu installieren. Dass der Parteitag dem Wechsel der Personalie zustimmt, davon konnte Frau Merkel von vornherein ausgehen. Frau Kramp-Karrenbauer… Mehr

Blinse
6 Jahre her

Annegret Kramp-Karrenbauer ist kein Merkel-Hiwi? Doch!

Werner
6 Jahre her

Die Kanzlerin hat offenbar hohes Vertrauen in die Arbeit von Frau KK, was sie ihr nachgewiesen hat. Aus dem Verantwortungsbereich von (MP) Annegret-Kramp-Karrenbauer – jetzt neue CDU-Generalsekretärin: „Insgesamt 14 Schulen haben seit Januar 2017 Briefe an das Bildungsministerium geschickt, in denen die Lehrer Missstände und Probleme an ihren Schulen schildern. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage des AfD-Fraktionschefs Josef Dörr hervor. Um welche Schulen es sich dabei handelt, geht daraus nicht hervor. Bisher waren der Öffentlichkeit NUR VIER der als Hilferufe bekannt gewordenen Schreiben von Saarbrücker Gemeinschaftsschulen (GemS) bekannt geworden. Für bundesweites Aufsehen hatte der Brief… Mehr

A. Schmidt
6 Jahre her

Und trotzdem sehe ich sie immer noch als Merkel-Gehilfin, denn sie hat damals
im Saarland den FDP-Rausschmiss quasi erprobt, bevor er in der Bundesregierung bei der Bundestagswahl 2013 von Merkel durchgeführt wurde.