IfW-Ökonom Kooths: Bundesregierung traut der Marktwirtschaft nicht

„Tiefsitzendes Misstrauen gegenüber Marktprozessen“, so lautet der Vorwurf von Stefan Kooths an die Bundesregierung. Der Industriestrompreis sei wie ein Fass ohne Boden. Im Interview mit Alexander Wendt gibt der Konjunkturforscher einen Ausblick auf 2026.

picture alliance / Metodi Popow | M. Popow

Kiel. Ein „tiefsitzendes Misstrauen“ gegenüber Marktprozessen und ein Herumdoktern an Symptomen statt Ansetzen an den Ursachen der Wachstumsschwäche Deutschlands, wirft der Ökonom Prof. Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) der Bundesregierung vor. „Das Grundproblem ist ein tiefsitzendes Misstrauen gegenüber Marktprozessen. Das erklärt all die Eingriffe, die wir hier sehen, ob beim Industriestrompreis, auf dem Arbeitsmarkt – Stichworte: Vorschriften zu Mindestlöhnen, Entgelttransparenz oder Tariftreue –, aber auch bei Technologievorgaben und -verboten“, kritisiert Kooths, der im IfW das Forschungszentrum Konjunktur und Wachstum leitet, im Gespräch mit Tichys Einblick. „All diesen Eingriffen gemeinsam ist die Vorstellung, dass nicht Märkte die beste Lösung finden, sondern dass sie von der Politik vorgeschrieben werden müssen, bis hinein in die Preisbildung und damit in den Wesenskern des marktwirtschaftlichen Systems.“

Die Regierung gehe nicht an die Ursachen heran. „Sie adressiert nie die Ursachen der Wachstumsschwäche, sondern immer nur die Symptome. Und deshalb zieht eine Intervention die nächste nach sich. Das führt dazu, dass der Staat sich immer weiter verheddert in einem Geflecht von Interventionen, die am Ende keiner mehr überblickt. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist die ökonomische Dynamik. Und genau das erleben wir gerade.“

Auch die Einführung eines subventionierten Strompreises für die Industrie werde das Standortproblem nicht lösen. Es sei klar, dass sich der Staat diese Subventionierung auf Dauer nicht leisten könne. „Deshalb wird sie auch niemanden dazu bewegen, hier in neue energieintensive Industrien zu investieren. Allenfalls kann man damit die Abwanderung der heimischen Unternehmen etwas hinauszögern.“ Der Eingriff ins Preisgefüge sei falsch. „Grundsätzlich ist es grundfalsch, wenn der Staat in die Preisbildung eingreift. Denn ein Preis hat nicht von der Politik gesetzt zu werden – er muss sich frei am Markt bilden können, sonst kann er nicht leisten, was er soll.“ Sinnvoll sei „eine ganz andere Energiepolitik“.

Kooths: „Solange man an der bisherigen Ausrichtung festhält und gleichzeitig versucht, über einen Industriestrompreis die Symptome mit Subventionen zu überdecken, macht man ein Fass ohne Boden auf. Dann fließen auf Jahre hinaus Subventionen dort hinein, und alle Beteiligten wissen, dass diese Lösung auf Dauer nicht durchzuhalten ist.“

Der gesamte Interview in Tichys Einblick 01-2026 >>>

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Kommentare ( 45 )

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bkkopp
1 Tag her

Von den Agrarsubventionen, die wir als Wirtschaftsstudenten der 1960er als die Planwirtschaft der Konservativen bezeichneten, über den Kohlepfennig der 1970er, haben staatliche Markteingriffe durch Subventionen eine lange Tradition. Die stärkste Lobby kommt meist von den Inhabern von Kapazitäten – sie suchen, die Rentabilität dieser Kapazitäten damit zu verlängern. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit findet sich die Gier nach Subventionen auch für Neu-Investitonen in der gesamten Energiewende seit dem Jahr 2000. Die Einspeisevergütung des EEG war insofern “ genial“, weil sie direkt den Verbraucher zwingt die höheren Preise zu bezahlen. Erst als die EEG-Umlage aus Steuermitteln bezahlt wurde, wurde sie zur konventionellen… Mehr

hansgunther
1 Tag her

Das Hirn ideologisch zugeballert oder noch mit anderen Stoffen, wer weiß. Was hier läuft, hat nichts mit Trauen zu tun, sondern mit der Traute, ein ganzes Land an die Wand zu fahren, und zwar nicht zufällig, sondern mit Bösartigkeit und System. Nur die mit den Dreschflegeln, Mistgabeln und sonstigen Utensilien wollen es nicht merken! Dabei haben sie die Macht!

giesemann
1 Tag her

Was die da in Berlin glauben ist eh eher wurscht, entscheidend ist die Mittellage von DE. Wenn sie nicht gerade auf ihre Nachbarn losgehen, dann ist das ideal. Und sei es nur als großer europäischer Konsumentenmarkt. Touristisch interessant wie wenige andere Länder, mit seiner Mischung aus alt&neu, mit atemberaubender Historie, mit Gastronomie&Hotellerie nach Schweizer Vorbild, wenn sie es denn wollen, als Wissenschaftsstandort zentral, anknüpfend an die Zeiten, bevor die Nazis alles versaut haben, Musik, Kunst, Theater, immer noch brauchbarer Infrastruktur (da ließe sich was machen*), innovativ, Patent Index 2024 | epo.org. Und dann noch die „Neue Seidenstraße“ mit Endpunkt Duisburger… Mehr

Siggi
1 Tag her

Die Bundesregierung traut der Marktwirtschaft nicht, baut aber über die geschönten Erwartungen !! den Haushalt der nächsten Jahre auf. Dass das scheitern muss, ist vorbestimmt.

Diese CDU/CSU ist der Liquidator Deutschlands.

KoelnerJeck
1 Tag her

„Das Grundproblem ist ein tiefsitzendes Misstrauen gegenüber Marktprozessen.“

Ludwig von Mises würde die Bundesregierung als Sozialisten bezeichnen. Der Unterschied zwischen Marktwirtschaft und Sozialismus ist die Wirkrichtung. Marktwirtschaft ist eine „Gesellschaft“ von unten. Es beginnt natürlich mit der Produktion und dem Tausch. Es bedingt also Eigentum und Vertragsfreiheit. Sozialismus (=Sozialdemokratie) ist eine Gesellschaft von oben. Die Regierung bestimmt, was zu produzieren ist. Dieses System ist das Wirtschaftssystem der Nationalsozialisten. Nachzulesen im „Allmächtigen Staat“ von Ludwig von Mises.

Last edited 1 Tag her by KoelnerJeck
Wilhelm Roepke
1 Tag her

Herr Kooths hat recht.

teanopos
1 Tag her

Gebe massenweise Idioten(aka Partei-/Staatsbedienstete) einen Hammer und erzähle ihnen sie seien Zimmermänner. Erkläre ihnen außerdem, dass alle Probleme Nägel sind, während du sie gleichzeitig in die Welt der Selbstsuggestion einführst, sie seien die Retter des Staates und der ganzen Welt, verbeamte sie, schau was passiert und erlebe Deutschland, den effizientesten, nachhaltigsten Weg in die Hölle. …wieder einmal organisiert von Parteien und ihrem Filz, der Abstieg organisiert von Deutschen Bürokraten.   Deutsche Beamte und ihre Parteien, eine Geißel der Menschheit. Sie stecken in alles ihre übergriffigen, widerlichen, schmierigen Finger – und zuallererst wollen sie nur dein Bestes, dein Geld – für… Mehr

Last edited 1 Tag her by teanopos
Gert Lange
1 Tag her
Antworten an  teanopos

Die CDU ist mitten im linken Terror, oder??

hansgunther
1 Tag her
Antworten an  teanopos

Nimm ihnen die Kohle, schlagartig setzt das Denken ein!

Klaus D
2 Tage her

Marktwirtschaft….diese ist auch ganz gefährlich! Darum hatten wir ja die soziale marktwirtschaft eingeführt die aber immer mehr in richtung reine marktwirtschaft geht und wir sehen ja was dann passiert. Würden wir die marktwirtschaft einführen würden in deutschland zb die mieten explodieren. Viele wie herr Kooths denken in bücherwissen – hoher mietspreis = viele bauen = günstige mieten – SO funktioniert die realität aber nun mal nicht. In der marktwirtschaft kommt es fast immer dazu das es am ende nur 1, 2 oder 3 große anbieter gibt und die bestimmen dann den preis. Das kann man besonders gut in den USA… Mehr

Lucius de Geer
1 Tag her
Antworten an  Klaus D

Blühender Unsinn – es verhält sich genau andersherum. Unter Erhard wurde nach dem Krieg erst einmal Marktwirtschaft pur eingeführt und genau das war der Grund dafür, warum sich Deutschland schneller als alle anderen europäischen Länder aus der Misere hocharbeitete. Das Ganze nannte man bloß „soziale Marktwirtschaft“, um die Ängste der Deutschen einzufangen, dass jemandd dabei auf der Strecke bleiben konnte. Die Probleme begannen in dem Moment, als man ab den 1970er Jahren über die (sinnvolle) Monopol-und Kartellgesetzgebung hinaus immer stärker regulierte, subventionierte, zentral plante und umverteilte. Heute haben wir eine Staatswirtschaft mit marktwirtschaftlichen Restbeständen – abzulesen an der grotesken Staatsquote… Mehr

Klaus D
1 Tag her
Antworten an  Lucius de Geer

Blühender Unsinn….informieren sie sich bitte besser was die soziale marktwirtschaft „war“ also real abgelaufen ist. Und heute haben wir einen lobbykratie sprich die lobbyisten ziehen die fäden im hintergrund. Die umverteilung geht weiter und schneller siehe auch USA/Trump wo man zur kapitalistischen marktwirtschaft übergegangen ist. Wird bei uns aber auch noch kommen zumal wenn die AfD an die macht kommt.

irrlichternderOlaf
1 Tag her
Antworten an  Klaus D

DAs einzige, was Sie richtig erkannt haben, Klaus, ist, daß eine Umverteilung stattfindet, zB. von den Stromkunden in die Hände der grünen Windradbarone oder der Vermieter, die den Kommunen Unterkünfte für die „Fachkräfte“ zu horrenden Preisen vermieten. Sowohl die Klimamanie als auch die Fachkräftemanie sind komplett rausgeschmissenes Geld. Und deshalb befindet sich dieses Land in einem sich beschleunigenden Absturz.
Global betrachtet – und das haben die Verbrecher des PIK Potsdam auch zugegeben – findet eine Umverteilung vom „reichen“ Westen in den „globalen Süden“ statt. Zumindest ist dies das ideologische Ziel.

giesemann
1 Tag her
Antworten an  irrlichternderOlaf

Ja, der fdJ läuft. Ein Inder warnt uns: Weltbank-Chef Ajay Banga prognostizert weitere 800 Millionen Flüchtlinge – FOCUS online Mit Mw hat das aber nichts zu tun, egal ob frei oder sozial. Leider ist DE damit immer noch derart attraktiv, dass sie alle zu uns rennen – anstatt selbst mal was auf die Beine zu stellen. Uns hülfe nur: »Die Reichen werden Todeszäune ziehen« – DER SPIEGEL (1982!!): SPD-Kommunalexperte Martin Neuffer (1924 – 2004) über die Ausländerpolitik der Bundesrepublik: Eine radikale Neuorientierung der Bonner Ausländerpolitik fordert der langjährige hannoversche Oberstadtdirektor, Städtetagpräside und NDR-Intendant Martin Neuffer, damals 57. In seinem soeben… Mehr

giesemann
1 Tag her
Antworten an  Lucius de Geer

„Wohlstand für alle“ – das ist soziale Mw, ein echter Mehrwert und der Satz stammt von? (das bleibt jetzt aber unter uns, es war nämlich Ludwig Erhard). Wohlstand für Alle ist ein 1957 von Ludwig Erhard veröffentlichtes Sachbuch zur deutschen Wirtschaftspolitik. Obwohl es vom Ökonomen Wolfram Langer[1] als Ghostwriter bearbeitet wurde, hat Erhard es in der Ich-Form geschrieben.[2] In diesem populärwissenschaftlich geschriebenen Titel legte der damalige Bundeswirtschaftsminister des Kabinetts Adenauer II und spätere deutsche Bundeskanzler seine Vorstellungen zur Sozialen Marktwirtschaft dar. https://de.wikipedia.org/wiki/Wohlstand_für_Alle_(Buch) Klar, die Dummschwätzer hier können das nicht wissen. Dass soziale Mw nicht bedeutet, jeder kriegt umsonst, was er will, dürfte klar sein – ist aber kein vernünftiges Gegenargument, Stichwort Bürger-etc-geld für alle. Die Invasionskosten sind kein… Mehr

agricolabauer
1 Tag her
Antworten an  Klaus D

Sie haben bestimmt Recht, Marktwirtschaft ist total blöd. Das ist bestimmt auch der Grund dafür, weswegen in den USA das durchschnittliche monatliche Einkommen ca. 6.450 € beträgt und im viel besseren Deutschland nur ca. 4.200,00.

Das ist bestimmt auch der Grund dafür, dass die Reichen in den USA so verrückte Dinge machen wie Raketen bauen um zum Mars zu fliegen, während wir hier in Deutschland das Geld der Reichen viel lieber total gerecht auf all diejenigen verteilen, die einen entsprechenden Antrag bei den vielen zuständigen Ämtern stellen. So können unsere Reichen zumindest niemals zum Mars fliegen! Das ist Fortschritt!

Mausi
1 Tag her
Antworten an  Klaus D

Die Marktwirtschaft ist der Grund dafür, dass es Kuba so gut geht, das Venezuela blüht?
Und was hat eigentlich D so zum Blühen gebracht?
Unser Problem ist, dass unsere freie und soziale Marktwirtschaft soviel Wohlstand erzeugt hat, so viel Steuergelder eingesammelt wurden, dass das Soziale das Übergewicht bekommen konnte. Und wo am Anfang das Kartellamt dafür gesorgt hat, dass keine Monopole entstanden, ersticken wir heute in Regeln. Unsere deutsche Marktwirtschaft – die Erfindung Ludwig Erhards – geht nicht an der Marktwirtschaft zugrunde, sondern an ihrer sozialen Komponente verbunden mit Regulierungs- und Verbotswut.

Last edited 1 Tag her by Mausi
hansgunther
1 Tag her
Antworten an  Mausi

Also der Dummheit und Gier oder der Faulheit und dem Egoismus? Oder an der Verblendung des Kartells!

giesemann
1 Tag her
Antworten an  Mausi

ja, und an der Demografie, »Die Reichen werden Todeszäune ziehen« – DER SPIEGEL (1982). Gerade die USA zeigen das: Viel Land, mit Bodenschätzen – das hilft. Da ist DE nicht mit vergleichbar. Die „soziale Komponente“ lockt alle Welt an – das muss geändert werden.

Mausi
2 Tage her

Die Marktwirtschaft hat bewiesen, dass sie funktioniert. Die Planwirtschaft nicht. Aber wir sind Vorreiter. Energiewende und Planwirtschaft werden in D und in der EU besser laufen als die Marktwirtschaft und die Freiheit.

Last edited 2 Tage her by Mausi
humerd
2 Tage her

sorry, aber wie kann man den Unternehmen trauen, deren Verbände permanent nach Subventionen plärren? Damit zeigen die Unternehmen doch, dass sie nichts können.

teanopos
1 Tag her
Antworten an  humerd

Andersherum wird ein Schuh draus. Der linke Staat hat dieses „süße Gift“ angeboten um die Unternehmen an der Leine zu haben und immer weiter zu drangsalieren. Verzichten Sie auf die Sub- bzw. „Investitionen“ fallen sie gegenüber dem Wettbewerb, der das Gift herzlich gerne nimmt, zurück. Perfide Planwirtschaft, eingeführt durch die Hintertür. Mit deutschen Unternehmern kann man es machen, sind eben nicht immer die hellsten aber dafür umso opportuner/gieriger – nicht alle aber eben sehr viele. So langsam begreifen einige, wo das hingeführt hat, im schlimmsten Fall zu spät. Die Medien müssten den Parteibonzen, ob der zahlreichen wirtschaftlichen Katastrophen eigentlich täglich… Mehr