Industrie verliert allein in NRW 2.100 Jobs – jeden Monat

Das deutsche Wirtschaftswunder entwickelt sich rasend schnell zu einem Wirtschaftsdesaster. Es trifft nicht nur die Auto-Industrie, sondern alle Branchen. Stellen werden massenweise gestrichen, die Zahl der offenen Stellen bricht ein.

picture alliance/dpa | Christoph Reichwein

In Nordrhein-Westfalen schlägt nicht nur das Herz der SPD, sondern auch das der deutschen Industrie. Jedenfalls sagte man das – für mindestens 60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg.

Wenn der Satz immer noch stimmt, dann stirbt die Bundesrepublik gerade an Herzschwäche.

„Aktuell gehen allein in der NRW-Metall- und Elektroindustrie jeden Monat rund 2.100 Industriearbeitsplätze verloren.“ Diesen dramatischen Befund legt jetzt Johannes Pöttering vor, der Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung der Unternehmensverbände im bevölkerungsreichsten Bundesland.

Die NRW-Unternehmer erwarten, dass sich der Stellenabbau sogar noch weiter beschleunigt. Denn die Lage ist denkbar düster: In der chemischen Industrie haben die Unternehmen aktuell nur noch eine Auslastung von 70 Prozent. In der Metall- und Elektroindustrie an Rhein und Ruhr ist die Produktion im Vergleich zu 2019 um 23 Prozent eingebrochen. „Bei der Beschäftigung sind wir mittlerweile bei minus neun Prozent“, sagt Pöttering.

Eine echte Trendwende sei nicht in Sicht. Dazu würde selbst das für 2026 äußerst optimistisch prognostizierte Wachstum von knapp einem Prozent hinten und vorne nicht reichen.

Thyssenkrupp will bekanntlich 11.000 Stellen im Stahl-Bereich streichen. Bisher arbeiten da 26.000 Menschen. Zusätzlich sollen jetzt auch noch 1.500 Jobs beim Mutterkonzern und den Servicegesellschaften wegfallen.

Ford rasiert insgesamt 3.900 Stellen in Köln. Und die Autokrise reißt die Chemiebranche mit in den Abgrund:

  • Ineos macht seinen Standort in Gladbeck mit 279 Mitarbeitern sowie zwei Werke in Rheinberg mit insgesamt 175 Stellen dicht.
  • Bayer schließt ein Werk in Frankfurt mit 500 Mitarbeitern. Insgesamt sollen 2.700 Stellen in Deutschland wegfallen.
  • Evonik streicht 2.000 Jobs.
  • Covestro hat seine Belegschaft in NRW in den beiden vergangenen Jahren schon um mehr als 100 Angestellte verkleinert.

Wer jetzt seinen Job verliert, dürfte so schnell auch keinen mehr finden – denn gleichzeitig sinkt die Zahl der offenen Stellen ins Bodenlose.

Nur noch 125.800 offene Stellen waren im November bei den Arbeitsagenturen in NRW gemeldet. Das sind satte 5,3 Prozent weniger als zum selben Zeitpunkt des vergangenen Jahres. Verglichen mit dem letzten November vor Corona, also 2019, sind es sogar sagenhafte 19,6 Prozent weniger.

Besonders Städte verzeichnen einen hohen Rückgang. Bonn meldet 33 Prozent weniger offene Stellen im November. Im Rheinisch-Bergischen Kreis sind es 27 Prozent. Düsseldorf und Krefeld haben 20 Prozent weniger Jobangebote. In Duisburg ist die Zahl der offenen Stellen noch um elf Prozent gesunken.

Für den kommenden Februar erwartet die Arbeitsagentur einen Anstieg auf mehr als 800.000 Arbeitslose in Nordrhein-Westfalen.

Arbeitgeber-Lobbyist Pöttering kann das andauernde Selbstlob der schwarz-roten Bundesregierung über deren angeblich so kraftvolle Wirtschaftspolitik nicht nachvollziehen. Kanzler Friedrich Merz preist ja landauf, landab einen Einstieg in die Senkung der Körperschaftssteuer, seinen „Investitionsbooster“ und angebliche Erleichterungen bei den Energiekosten. Pöttering kommentiert das denkbar nüchtern:

„Es wäre eine Illusion zu glauben, das würde reichen.“

Er sieht den Standort Deutschland kurz vor dem Kollaps. Die Gründe seien klar: hohe Energiekosten, nicht wettbewerbsfähige Steuerlasten, kurze Arbeitszeiten sowie eine erdrückende und langsame Bürokratie.

Und die Krise ist nicht auf NRW beschränkt. ZF, einer der großen deutschen Automobilzulieferer, steckt offenbar in einer noch weit schlimmeren Lage als bisher schon bekannt. Seit längerem kursieren Gerüchte über drastische Einschnitte im Werk Schweinfurt, dort werden bisher Elektromotoren gefertigt. Der Aufsichtsrat des Konzerns mit mehr als 160.000 Mitarbeitern und 161 Produktionsstätten in 30 Ländern hat dem Vorstand jetzt einen hochkarätig besetzten Ausschuss an die Seite gestellt.

Das Vorgehen erinnert verdächtig an den Fall des früheren Weltkonzerns Varta. Auch der Batteriehersteller geriet um die Jahrtausendwende in erhebliche Schwierigkeiten. Auch dort entmachtete der Aufsichtsrat den Vorstand.

Im Jahr 2007 wurde der Konzern Varta dann endgültig zerschlagen. Seine Einzelteile wurden in alle Welt verkauft.

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Kommentare ( 14 )

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14 Comments
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Harry Charles
55 Minuten her

WENN SELBST JÖRGES, der sich bis vor kurzem noch nicht so systemkritisch hervorgetan hat, jetzt bei WELT verlauten lässt „Wir fahren weiter lustig gen Abgrund…“, dann scheint das doch wohl auch bei der Masse der Wähler angekommen zu sein. Mal sehen, ob auf auf Dauer die Hetzkampagnen einzelner Unternehmen (die vom Politestablishment noch in irgendeiner Weise mobilisiert werden können) gegen die AfD verfangen. Die Argumente dieser „Unternehmen“, zumeist irgendwelche Nischenanbieter (=kleine Klischen), sind dann zumeist um 10 Ecken an den Haaren herbei gezogen und so abstrus, dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, sie sind auch Ergebnis der Bildungskatastrophe,… Mehr

RandolfderZweite
58 Minuten her

Wenn man nicht bei den über 50% Bürgergeldempfängern mit ausländischen Wurzeln kürzen möchte, dann bietet sich das bald bei den Indigenen an! Vielleicht fällt ja die „BG-Reform“ von Rot-Schwarz ähnlich der „neuen Ukrainer-Regelung“ aus….neue Empfänger bekommen den niedrigen Satz, inkl. niedriger Kassenleistungen!:)

Klaus D
59 Minuten her

Deindustrialisierung….ES…kam ganz schleichend und keiner hats gemerkt! (?)

28.11.1997

Deutschland auf dem Weg zur Dienstleistungsgesellschaft

Immer weniger Menschen arbeiten im produzierenden Gewerbe und in der Landwirtschaft – International auf einem Mittelplatz

https://www.welt.de/print-welt/article644770/Deutschland-auf-dem-Weg-zur-Dienstleistungsgesellschaft.html

Brauner Bodensatz
1 Stunde her

Aber das Klima klatscht doch bestimmt, ganz bestimmt Beifall!? Oder ist es wie mit dem ca. halbierten innerdeutschen Flugverkehr, dass die Airlines ihre Jets nun verstärkt im benachbarten Ausland einsetzen und das Klima nach wie vor viieel zu kurz kommt? Aber dann klatschen bestimmt die Superlinksgrünen Beifall, die an der Spitze der Bildungspyramide stehen. Immerhin kommt man im Unrechtsstaat Germoneystan mit großen Schritten dem Sozialismus näher…

Last edited 1 Stunde her by Brauner Bodensatz
LiKoDe
1 Stunde her

Zu der gegenwärtigen Situation verschiedener Industriebranchen trugen durch fehlerhafte, falsche und schädliche Enscheidungen verschiedene Bundesregierungen [Kohl, Schröder, Merkel, Scholz] sowie Länderregierungen und Unternehmensführungen bei.

Das wird sofort klar, wenn man sich mit kurz-, mittel- und langfristigen Folgen verschiedener Entscheidungen/Nichtentscheidungen von Bundesregierungen/Länderregierungen/Unternehmensführungen befasst. Da spricht man über Zeiträume von 0-5 Jahren, 5-15 Jahren und 15-35 Jahren.

Und zwar vor allem dann, wenn fehlerhafte, falsche und schädliche Entscheidungen weder von den jeweilig dafür verantwortlichen Personen/Gruppen noch von deren Nachfolgern korrigiert wurden/werden.

Zu all dem kam/kommt die Entwicklung der EG/EU sowie der übrigen Welt hinzu.

teanopos
1 Stunde her

Jobs in denen echte Wertschöpfung stattfindet -das heißt Wohlstand entsteht bzw. entstand.
 
Und Merz die … und seine katastrophale Gurkentruppe schauen weiter zu, setzen sogar noch Belastung um Belastung obendrauf.
 

Reinhard Schroeter
1 Stunde her

Ich habe nicht den Eindruck, dass da meine Landsleute in NRW auch nur irgendwie tangiert wären oder es sie sonst wie beindrucken würde. Wer da seinen Job verliert, geht halt ins Bürgergeld und hat endlich genug Zeit um sich auf die Straße, genau von denen, die das verursacht haben schicken zu lassen um gegen rääächts zu demonstrieren oder für queer und Vielfalt und auch Bundheit. Der hat jetzt Zeit jede Menge Zeichen zu setzen und auch Haltung zeigen kommt nicht mehr zu kurz. Ich irre mich oft aber darin gewiss nicht. Den Beweis werden die nächsten Wahlen, egal ob Kommunal,… Mehr

Will Hunting
1 Stunde her

Was die Deutschen überhaupt nicht können ist Mangelverwaltung.
Den Kopf in den Sand können wir perfekt.
Leider erstickt man daran.
Und nochmal.
Die Banken machen diese Spielchen nicht mehr mit.
Vor zehn, zwölf Jahren, ja.
Das ist vorbei und richtig so, weil Gläubigerschutz.

Last edited 1 Stunde her by Will Hunting
Harry Charles
1 Stunde her
Antworten an  Will Hunting

Die Banken machen nicht mehr mit? Aber es gibt immer noch einzelne „Unternehmen“, die sich dafür instrumentalisieren lassen, gegen die AfD zu hetzen. Die sitzen dann bei Lanz, Maischberger oder sonst einer Tratschshow und erklären dem Doofmichel warum die AfD schlecht für unsere Wirtschaft sein soll.

Ausgerechnet die AfD, die von Volkswirtschaftsprofessoren (mit-) gegründet wurde und in ihrer Bundestagsfraktion eine Vielzahl kompetenter Wirtschaftsfachleute, zumeist akademisch gebildet, sitzen hat. Mit der AfD wären wir jetzt nicht in der Bredouille, sondern hätten ein neues Wirtschaftswunder.

NochNicht2022
1 Stunde her

„Industrie verliert allein in NRW 2.100 Jobs – jeden Monat“ – Das stört den NRW-Wähler nicht. Er hat das so herbeigewählt und wird in den nächsten 2, 3 Jahren wieder so wählen … Übrigens: Vielleicht unterschätzt man als sich echauffierender Außenstehender, daß die betreffenden Wähler froh sind, nicht mehr „auf Arbeit“ zu müssen und Bürgergeld wie die „Zuwanderer“ zu beziehen: „Gleich und gleich“ gesellt sich gern … Wenn das keine tolle Perspektive ist.

AHamburg
1 Stunde her

man transformiert sich in den wirtschaftlichen Tod. Das ist nicht mehr Unvermögen sondern pure Absicht der Altparteien.