Was bleibt, ist ein Haufen Plastikmüll

Seit drei Jahren arbeitet die UN an einem Abkommen gegen Plastikmüll. Dies ist nun gescheitert. Nicht einmal ein belangloser Vertrag ohne konkrete Ziele konnte abgeschlossen werden. Von Sophia Juwien

picture alliance / NurPhoto | Indranil Aditya
Plastikmüll an einem Strand in Mumbai, Indien, 6. Juni 2025

Plastikmüll ist ein Problem. Jährlich landen mehr als 19 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Meeren und Gewässern. Das hat verheerende Folgen, denn Plastikmüll wird nur langsam zersetzt. Tiere sterben an der unvermeidbaren Aufnahme, da sich das Plastik in ihren Körpern absetzt und zu inneren Verletzungen führt. Auch wir nehmen es durch die Nahrungskette wieder auf, was dazu führt, dass das Immunsystem geschwächt wird und Entzündungen leichter entstehen.

Das Ziel des Abkommens war, die weltweite Plastikverschmutzung einzudämmen. Dies wolle man erreichen durch ein Verbot bestimmter Produkte, durch die Förderung von Mehrweg und durch weniger Plastikproduktion. Die UN will den Rohstoff-Kreislauf schließen.

Dies gleicht einer Überheblichkeit, wie sie nur aus Genf kommen kann. Einige wenige mächtige Politiker wollen in jeden Winkel der Erde hineinregieren – und glauben auch noch, dass ihre Gesetze etwas bewirken können.

Ein ambitionierter Plan, der zum Scheitern verurteilt ist

Die Kreislaufwirtschaft fördern zu wollen, klingt zwar nach einem wunderschönen Plan, der aber schon an der Umsetzung scheitert. Viele Länder verfügen nicht über die nötige Infrastruktur, um Plastik effizient zu sammeln, zu trennen und wiederzuverwerten. Bis zu 60 Prozent des Plastikmülls in den Meeren stammen aus China, Indonesien, den Philippinen und Thailand. Auch Indien und Pakistan zählen zu den größten Verschmutzern. Doch hier ist das Grundproblem nicht, dass diese Länder zu viel Plastik verbrauchen. Das Problem ist, dass es vielerorts an Infrastruktur fehlt, Müll zu sammeln und zu recyclen oder fachgerecht zu entsorgen.

Gleichzeitig bieten Produkte aus Kunststoff einer großen, armen Bevölkerung Zugang zu günstigen und sauberen Produkten, die sie sonst niemals haben könnten. Dass diese Gruppe von Staaten zum Beispiel Verbote von Einmalplastik ablehnen, verständlich. Wenn Deutschland hingegen Einmal-Plastik in To-Go-Bechern und Plastikgabeln fordern kann, ist das ein Zeichen des Wohlstands. Und dieser Konflikt wird auch im Hinblick auf dieses Abkommen sichtbar: Deutschland forderte weitgehende, teure Regulierungen, Verbote von Einmalplastik und Gebote für bestimmte Produktklassen. Ziel war es, den gesamten „Lebenszyklus“ von Plastik zu regulieren. Die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie ist schon in Deutschland zum Scheitern verurteilt – kann sie dann wirklich auf die ganze Welt übertragen werden?

Tatsächlich steigt die globale Nachfrage nach neu produziertem Kunststoff weiter. Gerade die Ölförderländer haben kein Interesse daran, die Nachfrage nach Plastik – und damit Öl – zu reduzieren. Auch werden von einigen Beobachtern „wirtschaftliche Interessen“ angeführt, die eine Einigung zum Müll-Abkommen verhindern. Das stimmt insofern, dass Recycling von Plastik kostenintensiv ist. Die einzige wirtschaftliche Lösung ist in vielen Fällen das Verbrennen von Plastik zur Stromerzeugung.

Ein Gesetz, welches beispielsweise Plastikgabeln in Goa oder Kairo regulieren will, muss ein anderes sein als das für Städte wie Berlin oder Chicago. Anders kann und wird es auch nicht funktionieren. Zu wichtig sind Kunststoffe aller Art im täglichen Leben und zu sehr im Wirtschaftsleben der Menschheit verankert. Ein Abkommen gegen Plastikmüll muss also entweder so weit gefasst sein, dass es quasi keine Regulierungswirkung entfaltet – oder es muss so hyperspezifisch formuliert sein, dass es fast unmöglich ist, unter 180 Nationen in der UN ein Abkommen zu schließen.

Und genau das ist jetzt passiert. Drei Jahre lang hat man verhandelt – doch am Ende bleibt nur ein Haufen Plastikmüll.

Sophia Juwien absolviert bei TE ein mehrwöchiges Praktikum.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 57 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

57 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
bfwied
3 Monate her

Plastik ist eine der großen Geißeln der Menschheit, denn es greift mit verheerenden Folgen in die Abläufe im Körper ein. Wenn die UN etwas taugen will, dann müsste sie dieses Problem an erste Stelle setzen. Das kann sie aber nicht, weil das Leben der großen Masse an Menschen an Plastik hängt. V. a. der Süden benützt Plastik für alles, alles wird in Plastikbeutel verpackt, Massen tragen die Plastik-Badelatschen, und sie werfen alles einfach weg. Flüsse in Asien sind vielfach nicht zu sehen, dafür eine breite Müllrinne. Fischer werfen die kaputten Netze über Bord …! Touristen fliegen auf die pazifischen Inseln… Mehr

Wuehlmaus
3 Monate her

Indien hat Atombomben, Flugzeugträger und ein Mondlandeprogramm. Da werden die doch etwas Plastik sammeln und verwerten können!

Donostia
3 Monate her

Ich sehe das Plastik nicht als Problem. Das Problem sind die Menschen, die ihr Plastik nicht entsorgen, und einfach wegwerfen. Was ich auch nicht verstehe ist, dass wir im Westen hier uns selbst kasteien, obwohl wir den Müll feinsäuberlich trennen, wieder verwerten oder, was auch sinnvoll ist thermisch verwerten. Warum sollen wir darauf verzichten, wenn sie in Südostasien und anderen Schwellenländer ihren Müll einfach ins Meer entsorgen. Dann sollen Sie dort halt mit ihrem Müllproblem leben. Oder schwimmt der Plastikmüll massenhaft in der Nordsee oder Ostsee? Egal was der Mensch produziert, er muss eben dafür sorgen, dass er seinen Müll… Mehr

Dieter Rose
3 Monate her
Antworten an  Donostia

Der Mensch ist tatsächlich das Problem: gerade komme ich von der Papiertonne, vorgefunden zwei Papiersäcke, jeweils so groß wie ein Gelber Sack, gefüllt mit leeren Milch-Tetrapacks. Erziehung und Aufklärung kann es wohl auch nicht richten…

jopa
3 Monate her

Was nützt es dem Meer, wenn in EU die Doppen an den Flaschen bleiben, während woanders alles zusammen in die nächste Ecke geworfen wird und über die Flüße im Meer landed? Gäbe es in diesen Ländern einen Müllabfuhr wäre das Problem auch gelöst.

Schlaubauer
3 Monate her

Plastikmüll ist ein Problem. Wirklich? In unserem Land wohll kaum. Weder Gewässer noch Umwelt werden nenneswert belastet. Aber wenn das Problem erst mal formuliert ist kann mit Ge- und Verboten Kasse gemacht werden. Was sollte da anderes in Deutschland erreicht werden?

giesemann
3 Monate her

Plastik* ist nichts anderes als festes Erdöl; wer damit nichts Besseres zu tun weiß als es in die Gegend zu werfen, der wird eben zum homo sapiens (mikro)plasticus, wie in den „Körperwelten“ zu besichtigen. Es ist nicht schade um die Idioten. *außer halogenierte Kunststoffe wie PVC, die müssen deponiert werden, wegen zB „Sevesogift“ beim Verbrennen.

Anglesachse
3 Monate her
Antworten an  giesemann

Vorsicht, Vorsicht!
Plastik-Produktion ist eine endotherme chemischer Vorgang mit hochwertigen Molekülen unter Energieeinsatz (von Erdöl). Lediglich Schmiermittel sind direkte Erdölerzeugnisse.
Z.B. PVC ist ein Poly-Vinyl-Chlorid und aus diesen (Poly=Kette) zusammengesetzt.
Auch PP ist ein Poly-Propanol-Produkt, welches aus Propanol(=Alkohol)-Ketten endotherm „zusammengeschweisst“ wird.

Zelluloyd (Klebstoffe, Filme, Sprengmittel) wiederum ist ein Produkt aus dem Baumwollanbau (also sogar „nachhaltig“!) welches mit chem. Säuren produziert wird. Auch kein „Erdöl-Produkt) und ziemlich lang haltbar…leider auch extrem flammfähig.

Bin aber auch für jeden fachlichen Tip dankbar, der auflistet, welche Benzol-Ketten aus dem Rohöl direkt verwendet wird.

Last edited 3 Monate her by Anglesachse
giesemann
3 Monate her
Antworten an  Anglesachse

PP ist Polypropylen, PE ist Polyethylen, das ist mit Abstand das meiste an anfallender Plastik. PET ist ganz gut recycelbar, zudem teurer. PU, Polyurethane können auch verbrannt werden. Benzol ist im Polystyrol PS etwa enthalten, rußt daher stark beim Verbrennen, geht aber auch. Verschiedene Polyester sind gut brennbar. Zelluloseprodukte sind ebenfalls recht wenig im Gesamtmix. Zu PVC etc. habe ich schon etwas gesagt, nicht verbrennen, sondern deponieren oder recyceln. Autoreifen, Gummi dito, kleinhäkseln und als Baustoff, mit Zement vermischt etwa als Dämmmittel, im Straßenbau verwendbar. Thermoplaste vs. Duroplaste, ein weites Feld. Sind verschieden zu behandeln.

Greif
3 Monate her

Plaste ersetzen oder ergänzen Ressourcen die nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen, geschont werden sollen oder unentbehrliche Vorteile bieten. Mithin bestimmt hiernach eine Nachfrage die die Produktionsmengen bestimmt. Dabei schuldet nicht der Werkstoff die weltweite Plastikverschmutzung, sondern eine fehlende Erziehung, den unbenutzbaren Gegenstand ohne einen Hauch an Verantwortung anderen Kreaturen, wie der Natur, gewissenlos zu überantworten. Ich hielte es für richtiger, wenn die Idee und Forderung bezüglich eines Rohstoff-Kreislaufs zugunsten einer „Warmverwertung“ aufgegeben werden würde. Tatsächlich böte das den Vorteil, nur auf unterster Anspruchsebene Plastikabfälle zu sammeln; wobei sich der riesige Aufwand einer akribische Trennung vermeiden ließe; ohne sich… Mehr

Andreas F
3 Monate her
Antworten an  Greif

Ja, das thermische Recycling wäre ein Anfang. Leider fehlt es bereits an der Vorstufe. Der Sammlung von gebrauchten Kunststoffen. Und dazu braucht es eine schlaue Kampagne und genug Bildung im Volk, um den Sinn dieser Kampagne zu verstehen. Mit schrecken musste ich erst vor kurzem lernen, dass selbst Japan vor den Olympischen Spielen, also nicht die 2020/21, ein sehr dreckiges Land voller Plastikmüll war. Heute sieht man großere Müllberge in der freien Natur nur an den Touristenorten. Und auch Japan trennt größtenteils nur nach „brennbar“, „Glas und Dosen“ und „Rest“. Es ist also möglich. Allerdings fließen dann keine großen Summen… Mehr

Matthias F.
3 Monate her

Der einzige und absolut sicher funktionierende deutsche Anteil an der Eindämmung des Plastikmüllaufkommens würde lauten: sämtlicher entsorgter Plastikmüll aus Verpackungen und Flaschen muss zwingend innerhalb Deutschlands verbrannt werden, ein Export oder anderweitige Verwendung wird verboten. Alles andere kann einfach nicht funktionieren, das haben wir oft genug gesehen. Zumal die EU es nach zig Jahren noch nicht geschafft hat, ein einheitliches Pfandsystem zu entwickeln.

Dirk44
3 Monate her

Als erstes müsste die deutsche Gesellschaft auch über den ÖRR, Spiegel und co darüber aufgeklärt werden, dass es die Welt nicht retten wird wenn wir unser Recycling noch ein wenig verbessern.
Anstatt Ökoreligion brauchen wir eine Gesellschaft, die bereit ist zu akzeptieren, dass es globale Probleme gibt, bei denen Deutschland die Welt nicht retten kann.

giesemann
3 Monate her
Antworten an  Dirk44

Das ist das globale Problem, leider zunehmend auch unseres: Echtzeit-Statistiken. Bevölkerungsuhr jeden Landes. Was nützt es dem globalen Norden mit seinen 1,5-Kind-Frauen, wenn uns die Hyperfertilen des globalen Südens mit ihren zumeist männlichen Geburtenüberschüssen zuschwemmen? Wenn wenigstens die kämen: Chinese Female Soldiers Parade – YouTube

Donostia
3 Monate her
Antworten an  Dirk44

Sie sind aber naiv. Wenn man das den Deutschen sagt, wie will man dann denen das Geld abknüpfen wenn die kein Schuldgefühl mehr haben. Nee das machen die Öffis sicherlich nicht.

Mausi
3 Monate her

Zunächst einmal hätte ich gerne gewußt, ob der Plastikmüll am anderen Ende der Welt dort verwendeter Müll ist oder ob unser exportierter Müll irgendwo in der Natur, im Meer entsorgt wird. Zunächst sollten wir uns nämlich um unseren eigenen Müll kümmern. Die Grünen haben die Mülltrennung durchgesetzt. Und dann den Export von Plastikmüll zugelassen. Wieder ein unvollendetes Projekt. Wieso wird unser Müll nicht bei uns verwertet? Singapur zeigt doch, wie es geht. Der Müll wird überwiegend verbrannt, umweltfreundlich! und in Energie verwandelt. Verbrennungsreste werden zu Baumaterial. https://www.youtube.com/watch?v=xKEEKRDe-cQ Wieso brauche ich da ein Abkommen, um die Produktion von Plastik zu vermeiden?… Mehr

Last edited 3 Monate her by Mausi
bfwied
3 Monate her
Antworten an  Mausi

Plastik zu verbrennen ist letzlich die einzige Art, es wieder loszubekommen, denn receyelbar ist nicht alles und prinzipiell qualitativ nach unten, bis es nach bis sechsmaligem Receyeln nicht mehr geht. Das Verbrennen würde auch das Mikroplastik verhindern.
Es gibt auch Plastikersatz, dessen Verfall zu unschädlichem Stoff man programmieren kann. Das wäre eine Aufgabe der UN.