Mittelstand rutscht in die Rezessionsfalle: Personalabbau erreicht höchsten Stand seit 15 Jahren

Die anhaltende Rezession in der Bundesrepublik bekommt vor allem der Mittelstand zu spüren. Eine neue Umfrage der Creditreform zeigt nun, wie stark sich die Lage wirklich eingetrübt hat.

picture alliance / Eventpress | Jeremy Knowles

Die Aussichten für den deutschen Mittelstand bleiben düster: Von einer wirtschaftlichen Erholung fehlt weiterhin jede Spur. Der Abbau von Arbeitsplätzen hat sich Anfang des Jahres noch einmal deutlich verschärft. Besonders brisant ist diese Entwicklung angesichts der Schlüsselrolle, die mittelständische Betriebe für den Standort Deutschland spielen: Mit über drei Millionen Unternehmen bilden Klein- und Mittelständische Unternehmen (KMU) das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und sind unverzichtbar für Innovation, Beschäftigung und Wachstum.

Wie gravierend die Lage inzwischen ist, belegt die Frühjahrsbefragung 2025 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Unter den rund 1.200 befragten Firmen gab mehr als jedes fünfte Unternehmen (20,2  Prozent) an, zuletzt Personal abgebaut zu haben – so viele wie seit 2010 nicht mehr. Die Zahl der Betriebe, die hingegen zusätzliche Arbeitskräfte einstellten, fiel mit nur 14,8 Prozent deutlich geringer aus. Damit bestätigt sich: Der Negativtrend beim Personalbestand setzt sich nun bereits im zweiten Jahr in Folge fort.

Als Hauptursache für diese Entwicklung gelten rückläufige Umsätze. Bereits im Vorjahr beklagten viele Unternehmen massive Einbußen. Daran hat sich nichts geändert: Auch in diesem Frühjahr meldeten 31,0  Prozent der Betriebe Umsatzverluste (Vorjahr: 31,7 Prozent). Nur 20,4 Prozent konnten eine Umsatzsteigerung verbuchen, was einem Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 23,9 Prozent entspricht.

Infolgedessen bleiben auch die Investitionen aus. Nur 41,7 Prozent der Firmen planen derzeit entsprechende Ausgaben. Ähnlich niedrige Werte wurden zuletzt während der globalen Finanzkrise 2009 beobachtet.

Der Grund für die aktuellen Entwicklungen liegt auf der Hand: Der Standort Deutschland leidet zunehmend unter wirtschaftsfeindlichen Rahmenbedingungen. Hohe Energiepreise, steigende Löhne und Sozialabgaben sowie ein überbordender bürokratischer Aufwand belasten Unternehmen schwer.

Bürokratie als Bremsklotz für den Mittelstand

Die zunehmende Überregulierung erweist sich für den Mittelstand als eine der größten Belastungen. Auf Bundes-, Landes- und EU-Ebene existiert ein nahezu undurchdringlicher Dschungel aus Vorschriften und Regelungen, der den betrieblichen Alltag erschwert. Allein auf Bundesebene gelten derzeit fast 5.000 Gesetze und Verordnungen mit über 100.000 Einzelvorgaben.

Gerade kleinere und mittelgroße Unternehmen verfügen in der Regel nicht über ausgedehnte Verwaltungsapparate, um diese bürokratischen Anforderungen zu stemmen. Sie müssen dafür wertvolle personelle Ressourcen binden. Ressourcen, die an anderer Stelle dringend gebraucht würden, etwa in der Fertigung, bei der Produktentwicklung oder im direkten Kundenkontakt. Nicht selten sehen sich Unternehmen gezwungen, zusätzliche Mitarbeiter einzig und allein für die Erfüllung regulatorischer Auflagen einzustellen. In gewissen Fällen kann der entstehende Aufwand sogar bis zu 50 Prozent des Jahresgewinns verschlingen.

Besonders belastend empfinden viele Betriebe die Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – kurz LkSG –, das durch die ergänzende EU-Richtlinie weiter verschärft wird. Gedacht zum Schutz von Menschenrechten und Umweltstandards entlang internationaler Lieferketten, entwickelt sich das Regelwerk für viele Mittelständler zur existenziellen Bürde.

Konkret verpflichtet das Gesetz die Unternehmen zur Abgabe einer menschenrechtlichen Grundsatzerklärung, zur Implementierung und Kontrolle von Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie zur Einrichtung eines umfassenden Beschwerdemechanismus. Die praktische Umsetzung ist nahezu unmöglich.

Hinzu kommt die Sanktionsgefahr: Bei Verstößen drohen Bußgelder in Millionenhöhe oder gar der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen – ausgesprochen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

Immer deutlicher wird, mit welcher Härte der Staat in wirtschaftliche Abläufe eingreift. Die freie Marktwirtschaft, einst ein Grundpfeiler des deutschen Wohlstands, scheint zunehmend durch ein Modell ersetzt zu werden, das mehr an zentralistische Planwirtschaft erinnert als an unternehmerische Freiheit.

Hohe Energiekosten wirken auf den Mittelstand ein

Die hohen Energiekosten stellen für den deutschen Mittelstand eine weitere erhebliche Herausforderung dar. Kaum ein anderer Industriestandort weist derart hohe Stromkosten auf. Insbesondere im Vergleich mit Wettbewerbern wie China oder den USA wird die Differenz deutlich. Der Industriestrompreis inklusive Stromsteuer beläuft sich hierzulande derzeit auf rund 18,75 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Zum Vergleich: In den Vereinigten Staaten liegt dieser bei lediglich 7 bis 8 Cent, in China zwischen 7 und 9 Cent. Damit zahlen deutsche Unternehmen mehr als das Doppelte.

Die Ursache dieser Schieflage liegt vor allem in der politisch erzwungenen Umstellung auf erneuerbare Energien. Hinzu kommen die stetig steigenden Netzentgelte, die mittlerweile fast 30 Prozent der Stromrechnung ausmachen. Sie finanzieren den teuren Netzausbau, der nötig ist, um die volatile Einspeisung aus Wind- und Solaranlagen zu bewältigen.

Angesichts dieser Entwicklungen ist es kaum verwunderlich, dass viele Unternehmen einen Schlussstrich ziehen. Immer mehr Mittelständler verlagern Produktionskapazitäten ins Ausland. Laut einer Sonderauswertung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) planen aktuell 31 Prozent der befragten Unternehmen Investitionen in China, 48  Prozent setzen auf Nordamerika.

Hohe Abgaben setzen Unternehmen zusätzlich unter Druck

Des Weiteren setzen die stetig steigenden Sozialabgaben für Mitarbeiter den finanziell ohnehin angeschlagenen Mittelstand weiter unter Druck.

So stieg der durchschnittliche Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung zu Jahresbeginn von zuvor 1,7 Prozent auf rund 2,5 Prozent. Zusammen mit dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent erhöht sich damit die Gesamtbelastung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber spürbar. Auch die Beitragsbemessungsgrenzen wurden erneut angehoben.

Die Pflegeversicherung liegt mittlerweile bei 3,6  Prozent, zuzüglich eines Zuschlags für Kinderlose. Noch 2024 lag der Satz bei 3,4 Prozent. Wie bei der Krankenversicherung tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils die Hälfte der Beiträge.

Ursache für diese kontinuierlichen Beitragserhöhungen ist die verfehlte Sozialpolitik der Ampelkoalition. Die steigende Zahl an Bürgergeld-Empfängern belastet das System erheblich. Obwohl sie keine Beiträge in die Kranken- oder Pflegeversicherung einzahlen, beziehen sie dennoch Leistungen. Das führt zwangsläufig zu einem Defizit, das über höhere Beiträge von der arbeitenden Bevölkerung und den Arbeitgebern ausgeglichen werden muss.

Insbesondere bei der Pflegeversicherung kommen milliardenschwere Sonderausgaben infolge der Corona-Pandemie hinzu, die der Bund den Pflegekassen aufgehalst und bis heute nicht beglichen hat. Dies hat deren Haushaltslage noch einmal verschärft.

Der Mittelstand bröckelt

Der massive Stellenabbau im Mittelstand ist keine Momentaufnahme, sondern Symptom einer tiefgreifenden wirtschaftlichen Erosion. Politisch geschaffene Belastungen brechen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft systematisch. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Der Mittelstand kämpft ums Überleben – und Berlin gießt weiter Öl ins Feuer. Wenn die neue Bundesregierung diesen Kurs nicht korrigiert, wird Deutschland bald nicht mehr das Land des Mittelstands, sondern der Abwanderung sein.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 65 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

65 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
corsen
6 Tage her

Jetzt mal ehrlich, das LkSG braucht wirklich niemand, aber muss es immer als Entschuldigung herhalten? Es gilt (inzwischen) ab 1000 Beschäftigten. Welcher AG sich da nicht den 1001. Beschäftigten leisten kann, um diese lächerlichen 28 Paragrafen abzuarbeiten bzw. irgendwelchen pseudo Müll den entsprechenden Stellen zu übermitteln, der ist doch eh nah an der Insolvenz und unclever.
Energiepreise und Sozialabgaben und damit der geringe Unterschied zu den Hartzern wiegen viel schlimmer.
Ein Treppenwitz der Geschichte, dass der Bärbel Bas Bock hier auch noch zum Gärtner gemacht wird. Sie soll das Bürgergeld reformieren. Ehrlich? Ich schmeiß mich weg.

Orlando M.
6 Tage her

Die deutliche Erhöhung der Asozialbeiträge zu Beginn des Jahres hat vielen Unternehmern die letzte Hoffnung genommen, dass die Bundesregierung je zur Vernunft kommen wird.
Südosteuropäer und Asylerschleicher im Sozialstaat first! Das ist nach wie vor die heilige Devise der Bundesregierung und die werden daran so gut wie sicher nichts ändern.
Wohl den Firmen, die den Großteil ihres Umsatzes im Ausland machen, der heimische Markt ist am Sterben.
Jetzt noch ein bisschen mehr umverteilen und alles wird gut und das muss es auch, denn genau das werden die tun.

Last edited 6 Tage her by Orlando M.
Nibelung
7 Tage her

Und gerade der Mittelstand ist mit seiner breiten Distribution und seiner Diversifikation das Rückgrat unserer Gesellschaft und das bricht zeitverzögert zusammen, bis wir am Ende sind, denn alles was derzeit im Handwerk geschieht ist nichts anderes als das noch vorhandene gebunkerte Geld umzuschlagen, damit es nicht „verreckt“ wie schon mehrmals geschehen und wenn das ausgegeben ist kommt die Ernüchterung, während die Großen schon von dannen ziehen, die im Grunde genommen noch nie beständig waren und gerne ausziehen, wenn der Profit wo anders lockt und keine Verbindung zur Heimat darstellt, weil sie eben rastlose Wanderer zwischen den Welten sind. Das zusammen… Mehr

Die Wahrheit
7 Tage her

Sorry – ich lache tränen. Wenn diese Regierung den Kurs nicht korrigiert? Da glaube ich doch lieber daran, das im Juli der erste Neuschnee fällt.

AnSi
7 Tage her

Schön! Unsere (deutsche) Niederlassung hat seit 01.05. Kurzarbeit. Das kommt davon, wenn man auf ein einziges Pferd (Northvolt) setzt und dank dem Abwirtschaftsminister u.a. baden geht. Ich gönne es ihnen von Herzen! Da der dortige CEO vor der Wahl auch allen Mitarbeitern empfohlen hat, „richtig“ zu wählen, habe ich gleich doppelt so viel Freude daran. Wir hier auf der amerikanischen Seite haben nicht die Absicht, denen aus der Krise zu helfen. Ganz im Gegenteil!

Reinhard Peda
7 Tage her

Was soll ich mich Aufregen?
Der Mittelstand sollte seinen Mitarbeitern weiterhin sagen, wählt ja nur die Altparteien und nicht die Alternative, beschwert euch aber nicht, wenn ich den Betrieb zumachen muss!

thinkSelf
7 Tage her

Mitleid ist hier vollkommen unangebracht. Nicht mit den Beschäftigten und schon gar nicht mit den Unternehmern, die durch die Bank (von homöpathischen Ausnahmen abgesehen) weiterhin mit wachsender Begeisterung voll auf woke-grün-marxistischem Kurs sind.
P.S.: Es wird übrigens niemand daran gehindert jederzeit ins Team Bürgergeld zu wechseln.

Orlando M.
6 Tage her
Antworten an  thinkSelf

Das stimmt nicht! In meinem Job bin ich häufig bei Kunden, vom Produktionsingenieur aufwärts. Bis ungefähr 2010 war es verpönt, die Politik zu kritisieren, über Politik wurde in der Wirtschaft nicht gesprochen. Seit ungefähr 2010 bis 2012 wurden wir schon häufiger mit giftigen Sprüchen zur Politik quasi empfangen. Sobald das einleitende Gespräch vor den dienstlichen Dingen auf die Politik kommt, wird es laut.

Hieronymus Bosch
7 Tage her

Der Standort Deutschland hat abgewirtschaftet! Daran werden auch Opa Merz und seine Marionetten-Regierung nichts ändern! Wer im Leben etwas erreichen will, haut schnell hier ab!

rainer erich
7 Tage her

Ist im Mittelstand bereits angekommen, dass die CDU seit Merkel ihr Feind ist? Was uebrigens normal ist, denn fuer die Ziele der „Linken“ ist der eigentuemerbasierte Mittelstand win quasi natuerliches Problem, eine Art Störung. In den entsprechenden Systemen findet man nicht zufaellig nur ( grosse) Unternehmen, die entweder direkt oder mittelbar von den Regimes beherrscht oder gelenkt werden. Eine Art Modell liefert sogar Frankreich, ein Land mit einer notorisch linken respstaatlichen Prägung. Noch deutlicher ist es natuerlich in Laendern wie China oder Russland. Waehrend dessen z. B. in den USA das umgekehrte Problem zumindest bestand, die Lenkung des Regimes, heisst… Mehr

Peter Gramm
7 Tage her

Jeder, der selbständig sein Geld verdienen mußte wunderte sich darüber wie lange eigentlich dieser ganze Bürokratiehorror unwidersprochen hingenommen wurde. Von denen die von dieser zum Teil völlig sinnlosen Bürokratie leben kann man nicht erwarten dass sie diesen Zustand beenden. Dies geht nur mit harten Konsequenzen bis hin zum wirtschaftlichen Absturz. Bürokratie ist wie ein Krebsgeschwür. Es wuchert bis es den Wirt zerstört hat und damit sich selbst. Bestes Beispiel der EU Bürokratenstadl. Diese sinnlos vor sich hinwuchernde Bürokratie dient nur sich selbst, nicht aber dem sie fnanzierenden Bürger. Ich weiss, die bestens versorgten und alimentierten Günstlinge sehen dies anders.

Last edited 7 Tage her by Peter Gramm