Keine Stromsteuerentlastung für den Zahlmeister

Deutschlands Energiekosten erdrücken die Wirtschaft. Nun verweigert die Bundesregierung die vor der Wahl versprochene Senkung der Stromsteuer für die Haushalte. Es ist alles ein Lügenkonstrukt.

IMAGO

Woran erkennt man, dass ein Politiker lügt? Er bewegt beim Sprechen die Lippen! Gleich zwei Lippenpaare verkündeten in dieser Woche anlässlich der Vorstellung des Haushaltsentwurfs für das laufende Jahr die harte Realität und mit ihr – selbstverständlich – eine Lüge: Es wird mit dieser Bundesregierung keine Senkung der Stromsteuer für Privathaushalte geben. Pech gehabt, die Kassen sind klamm und wir müssen als Gemeinschaft Verantwortung übernehmen. Immerhin geht es um das große Ganze, die Sanierung der Staatsfinanzen und die Rettung des Weltklimas!

Dass Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) dennoch in der Lage ist, fiskalpolitische Akzente zu setzen, den Sozialetat um sechs Prozent zu expandieren, und dass es ihm gelungen ist, 60 Milliarden Euro weiterer Schulden in einem der boomenden Sondervermögen zu parken, sollte uns aufatmen lassen – es sichert für einige Monate den sozialen Frieden im Land.

Schuldenorgie als größter Sündenfall

Genug der Ironie. Die Lage in Deutschland ist zu ernst. Man sollte sich nicht noch zynisch über das Elend erheben, das sich Tag für Tag in der Wirtschaft und auf den Straßen als Niedergang und vulgärer Verfall der Sitten offenbart. Und das Elend hat einen neuen Namen: Friedrich Merz. Seiner Verantwortung als Bundeskanzler obliegt die Flut der aufgedeckten Politikerlügen in diesen Tagen. Sicherlich: die Spitze des Eisbergs aus Täuschungen und politischen Volten war die von langer Hand vorbereitete Schuldenorgie, in die Merz die Bundesrepublik stürzen wird.

Dass sich ausgerechnet Deutschland, Anker haushaltspolitischer Stabilität der Europäischen Union, an den das Kreditmodell der Eurozone vertäut vor sich hindümpelt, nun mit hunderten Milliarden neuer Schulden in den kommenden Jahren in die Reihe der mediterran-leichtfüßigen Fiskalfatalisten einreiht, ist tragisch, entbehrt nicht einer gewissen komischen Komponente.

Wer erinnert sich nicht an die arrogant-selbstherrliche Attitüde deutscher Politiker während der Griechenland-Krise vor eineinhalb Jahrzehnten? Trat das Land nicht seinerzeit als der personifizierte, erhobene Merz-Zeigefinger auf und zwang nicht die Troika im Berliner Marsch den Süden der Eurozone unter sein Austeritätsdiktat? Doch das sind längst vergangene Zeiten. Deutschland ist heute der woke Moralchampion und Taktgeber auf dem Pfad zur Klimarettung.

Energiekrise und kein Ende

Selbstverständlich ist der Sturz Deutschlands in die Schuldenfalle ein dramatisches Ereignis. Dennoch werden die Bürger den Koalitionsbruch im Falle der Stromsteuer lange vor der fiskalischen Klippe als enormen Vertrauensbruch registrieren. Politiker wissen genau, dass Wahlen ganz entscheidend durch monetäre Versprechungen gewonnen werden. Kampagnen setzen folgerichtig dort an, wo es in den Haushaltskassen klamm wird, wie im Falle der explodierenden Stromrechnungen.

Es pfeifen die Spatzen doch auch in Berlin längst von den Dächern, dass die Energiewende sowohl an der Physik als auch an der Logik der Märkte gescheitert ist. Ausdruck des Scheiterns sind die Strompreise, die im Vergleich zu anderen Regionen Europas oder mit Nordamerika biblische Ausmaße angenommen haben.

Der durchschnittliche Haushaltsstrompreis lag 2014 bei 29 Cent/kWh, 2019 bei 30,4 Cent, heute pendelt er bei etwa 42,3 Cent/kWh – ein Plus von 40 Prozent in nur fünf Jahren, obwohl die Preise an der Strombörse fallen. Hauptgrund: Über 75 Prozent des Endpreises sind Steuern, Umlagen und Abgaben. Die Stromsteuer allein – 2,05 Cent/kWh – liegt etwa 20-mal höher als der vorgegebene EU-Mindestwert. Die versprochene Absenkung auf 0,1 Cent wäre ein überfälliges Signal an die Bürger gewesen, dass Politik die Bereitschaft zeigt, die veritablen Existenznöte ernst zu nehmen. Selbstverständlich wäre auch dieser Schritt nicht der große Wurf, lediglich ein symbolischer Schritt zum Rückbau der übermäßigen Belastung durch die gescheiterte Energiewende. Dennoch: Lüge bleibt Lüge.

Koalitionsvertrag – Muster ohne Wert

Es war zu erwarten, dass die Politik der Versuchung erliegen würde, Stimmen genau an diesen neuralgischen Punkt einzukaufen und das Versprechen zu proklamieren, bei den Energiekosten Druck vom Kessel zu nehmen. Mit diesem Versprechen wurde während des Wahlkampfes geworben und es wurde Schwarz auf Weiß im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD festgehalten. Dort heißt es auf Seite 30:
„Wir wollen Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft um mindestens fünf Cent pro kWh mit einem Maßnahmenpaket entlasten. Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren.“

Wir wollen uns an dieser Stelle den Hinweis und weitere Ausführungen ersparen, dass bereits das Diktat einer Mindeststeuer auf den Verbrauch von Strom durch Brüssel, um es höflich zu formulieren, eine Anmaßung ist. Dass der deutsche Verbraucher seit Jahr und Tag allerdings für das politische Chaos aus ideologischen Subventionen (Windmühlen in Wäldern), Umlagen, EEG und Netzentgelten mit seinem hart erarbeiteten Geld den Kopf hinhalten muss, bleibt eine der großen politischen Sünden unserer Zeit.

Der grüne Fritz

Und was wird aus dem Lügenbaron im Kanzleramt? Wer vor der Bundestagswahl auf einen politischen Kurswechsel gesetzt hat, sieht sich heute mit der harten Realität konfrontiert. Merz entpuppt sich als ein Beschleuniger grüner Politik, als ein Prätorianer Brüssels, das in den Hauptstädten der Europäischen Union nichts anderes erkennt als Filialstellen seines ideologischen Klimakults.

Merz-Wähler, die auf eine politische Wende hofften, mussten, um eine tatsächliche Wende zu initiieren, davon ausgehen, dass ihr favorisierter Kandidat die Axt an das Herzstück der Brüsseler Machtzentrale legen würde – an den Green Deal. Politische Strafaktionen wie die Stromsteuer, die CO2-Abgabe oder die weiter steigenden Mautabgaben sind Derivate des Green Deal. Sie sollen Verhaltensänderungen herbeiführen und zugleich die Kassen des wuchernden Bürokratenstaates füllen.

Merz-Apologeten müssen sich also die Frage gefallen lassen, wie wahrscheinlich es war, dass einer der Proponenten der Brüsseler Machtpolitik den Konsens brechen würde und der Brüsseler Klimamaschine Sand ins Getriebe streuen würde. Die Union unter Merz ist keine Alternative, sondern der verlängerte Arm eines Systems, das sich zwischen Berlin, Brüssel und der Klimabewegung ideologisch zementiert hat.

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Kommentare ( 47 )

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andreas
21 Tage her

Frau Reiche könnte die richtige Frau für den Job sein – wenn sie nicht in der falschen Partei wäre.

Donostia
21 Tage her

Es gab im Februar eine Wahl zwischen Altparteien oder AfD. Das Volk hat für ein weiter so gestimmt. Dann soll es gefälligst auch das fressen was es bestellt hat. Offensichtlich wird man noch satt genug von dieser Kost.

Haeretiker
21 Tage her

Es ist kein Zufall, dass die europäische Polit-Kamarilla volle Kenntnis über Russlands Kriegsplanung besitzt. Gibt es 2029 Krieg, dann braucht es keine Wahlen mehr, Trump ist nicht mehr Präsident und man kann all das Desaster der letzten 35 Jahre, einschliesslich aller Schulden, unter den Trümmern eines großen Krieges begraben. Dann fragt auch keiner mehr danach, wem der Krieg wirklich nutzt, dem Russen oder dem bankrotten Casino in der City of London.

bfwied
21 Tage her

Haben Wahlen denn noch einen Sinn? Nach dem Lügen- und Betrugsgebäude, das die CDU aufgebaut hat, ganz sicher nicht. Und selbst Reichelt bekundet, die Ampelpolitik weiterführen zu wollen.
Die linksgrüne Lügenideologie hat gesiegt, obwohl es für sie historische Beispiele gibt, die alle im Desaster endeten, und Ideologien grundsätzlich Glaubens- bzw. Lügengebäude sind, man mache sich nichts vor. Die große Zahl an Razzien gestern ist ein Auftrumpfen der gesamten Linken, dass sie die Macht haben, auch wenn zumindest höhere Gerichte noch meist anders urteilen als sie es wollen.

Riffelblech
21 Tage her

Wenn man sich etwas wünschen könnte dann doch wohl das : Die Mauer wieder hochziehen ,die Abschottung in diesem Irrenhaus wieder herstellen und im ehemaligen Teil dieses Landes einfach mal als Regierung Menschen einsetzten die etwas für die dortige Bevölkerung machen . Die mit Sack – und Pack dafür verantwortlich sind was sie anstellen . Geht es der Bevölkerung in diesem Teil gut dann sollen sich die Verantwortlichen ( Regierung) dumm und dämlich verdienen ,geht es dem Landund dem Bürger schlecht geht es ihnen auch schlecht . Dieses Kartellparteiensystem wird komplett abgeschafft und was sich dann als Interessenzusammenschluss versammelt kann… Mehr

Phil
21 Tage her

Der Sozialstaat gepaart mit der sogenannten Energiewende, der Migrationspolitik und der EU sind der Untergang des europäischen Abendlandes. Jetzt sind wir mittlerweile beim Kapitel Arm werden unter Reiche angelangt…. Der Staat ist immer ein autoritäres System, egal wie gross der Anteil der Umverteilung von Intelligent auf schwachsinnig, faul und verschlagen sein mag. Es herrscht, was in der Natur der herrschsüchtigen Menschen unter uns begründet liegt, in jedem Staat die Tendenz diese Umverteilung durch Politik und Bürokratie immer weiter auszubauen. Je föderaler, basisdemokratischer und kleiner der Staat, je resistenter die Bevölkerung gegenüber den sozialistischen Versprechen, bzw. je marktwirtschaftlicher, freiheitlicher und bürgerlicher… Mehr

Zum alten Fritz
21 Tage her

Ja was hat man gewettert als nach der Wiedervereinigung eine hohe Neuverschuldung aufgenommen wurde. Suggerierte wurde noch das jetzt der Osten den Westen die Wurst vom Brot stiehlt und nicht nur das, sondern noch die Butter runter kratzt.
Schon nach ein paar Jahren hatte sich die Investition (damals gab es noch kein Sondervermögen) volkswirtschaftlich gelohnt und auch reales Vermögen geschaffen.
Die jetzigen Mega-Schulden verschwinden dagegen in das große Nichts. Einen brauchbaren Gegenwert gibt es nicht. Dahin sind sie, die Regeln für Geldstabilität (Verhinderung von Wertverlust).
Ökonomie geht den verantwortlichen Parteibuch-Trägern am dicken Hinterteil vorbei.

HansKarl70
21 Tage her

Interessant finde ich nur die Frage:“ Was hat irgendeine Regierung jemals für das Volk getan? Oder auch, welche Partei hat die eigenen Interessen jemals nachrangig behandelt, ganz im Gegensatz zu den eigenen Interessen?“ Eine Antwort auf diese Fragen könnte man mit Leichtigkeit geben.

Mikmi
21 Tage her

Damit sind wir wieder einmal angelogen worden, der Vertrag ist somit hinfällig, die Regierung kann aufgelöst werden, NEUWAHLEN.

Dietrich
21 Tage her

Spätestens wenn uns die finanziellen Folgen der Schulden erdrücken durch den Zusammenbruch des Sozialstaats, der Euro infolge dessen nicht mehr wert ist als ein Sch….haufen, Menschen nichts mehr zum Kauen haben, arbeitslos auf der Straße schlafen und nicht nur Rentner Flaschen sammeln gehen, wird die Wut über den Irrsinn hervorbrechen wie eine Sintflut. Dann rette sich, wer kann, von denen da oben. Die Geschichte beweist derartige Entwicklungen.

Paprikakartoffel
21 Tage her
Antworten an  Dietrich

Die ganz Großen und die Schlauen erwischt das nicht, die retten sich ins Ausland oder die Haftunfähigkeit. Die Überzeugungstäter nehmen sich selbst aus dem Spiel. Erwischen wird es, wie man es nannte, die „kleinen Erichs“, die sich vom Durchschnittsmichel nur geringfügig durch etwas mehr Ehrgeiz bzw etwas weniger Charakter unterscheiden.

Dietrich
20 Tage her
Antworten an  Dietrich

Die ganz Großen und die Schlauen erwischt das nicht…
Auch hier zeigt die Geschichte des 20. Jahrhunderts, dass es nicht immer so ist. Im Übrigen kann man sich in der heutigen Welt nirgendwo mehr verstecken.