Geschützte Merkel

Gerhard Schröder wird zurecht als Lobbyist kritisiert. Doch 16 Jahre lang war nicht er, sondern Angela Merkel Regierungschefin – die von seinen Reformen profitierte. Der Niedergang Deutschlands in Etappen liegt in der Verantwortung der grünen Kanzlerin mit schwarzem Parteibuch.

IMAGO / CommonLens

Das politische und das wirtschaftliche Desaster, die Auflösungserscheinungen der inneren und äußeren Sicherheit werden immer offensichtlicher, und nicht weniger erkennbar wird, dass den deutschen Niedergang und die deutsche Verwundbarkeit das Werk der grünen Bundeskanzlerin mit dem schwarzen Parteibuch und ihrer Gefolgsleute ist, letztlich einer Partei, die ihre Identität verleugnet hat. Laut Amtseid hatte Angela Merkel dem deutschen Volk zu dienen, doch den Souverän stellte sie grundgesetzwidrig in Frage, indem für sie kein deutsches Volk mehr existierte, sondern nur noch die „etwas länger hier Lebenden“.

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Von dieser Verachtung des Demos leitete sich auch ihre Verachtung für die Demokratie her, die sich in dem Wort von der Alternativlosigkeit, von dem Rückgängigmachen von demokratischen Wahlen und der Diffamierung von demokratischen Prozessen als Diskussionsorgien widerspiegelte. Stärker noch als Nord Stream brachte Merkels famose Energiewende Deutschland in die fatale Abhängigkeit von Russland, vor allem in puncto Erdgas. Das Ergebnis ihrer Politik in der Zeit ohne Uhren, in den viel zu langen 16 Jahren ihrer Herrschaft, bestand geradezu in die Notwendigkeit von Nord Stream, denn die Lebenslüge des Windrades heißt Gaskraftwerk, das man in Reserve halten muss.

Geld, das die Deutschen als Lohnsteigerungen nicht erhielten, verteilte Merkel in der Welt

Gerhard Schröders Rolle als Bundeskanzler und als Lobbyist ist sehr kritikwürdig und im Resultat verheerend, doch, wie auch die Medien wissen sollten, war nicht Gerhard Schröder, sondern Angela Merkel in den letzten 16 Jahren Regierungschef. Den Medien sollte ebenfalls bekannt sein, dass nicht die grüne Kanzlerin mit dem schwarzen Parteibuch die Agenda 2010 entworfen und auch nicht um den Preis der eigenen Kanzlerschaft durch das Parlament gebracht hatte, sondern Merkel lebte nur prächtig von Schröders Reform, von der inneren Abwertung Deutschlands, nicht aber in der Art, dass sie die gute Ausgangsposition genutzt hätte, um Deutschland voranzubringen, sondern hat im Gegenteil die Früchte der Agenda, die Lohnzurückhaltung der Arbeitnehmer verfrühstückt, um eine quasi linke Politik der Transformation umzusetzen, die im Ergebnis zur Wohlstandsvernichtung führt. Verkürzt könnte man sagen, das Geld, das die Arbeitnehmer an Lohnsteigerungen nicht erhielten, was ihnen weggesteuert und wegnullzinst wurde, verteilte Angela Merkel in der Welt.

Merkels Deal mit den Deutschen lautete, lasst mich in Ruhe meine Politik machen, ich sichere Euch dafür den Wohlstand. Die Deutschen haben ihren Teil der Abmachung gehalten, sie nicht. Angela Merkel ist die Bundeskanzlerin, die Deutschland nachhaltig geschadet hat – im Gegensatz zu allen anderen Kanzlern der Bundesrepublik – eine einsame Leistung. Die Resultate von Merkels Regierungskunst werden die Deutschen noch auf Jahre beschäftigen.

Etappen des Niedergangs

Wenn sich Politiker hinstellen und sagen, dass die Zeit der billigen Energie auch ohne Krieg vorbei sei, dann stellt sich die Frage, wann Energie in EEG-Deutschland billig war? Schon vergessen, dass wir weit vor dem Krieg schon die höchsten Energiepreise in Europa hatten? Die auf uns zukommende Verteuerung ist nicht dem Wirken von Naturgesetzen geschuldet, sondern Merkels Politik, die Folge von Ideologie, Opportunismus und blanker Realitätsfremdheit.

Die Etappen des Niederganges lauten:

  • Aussetzung der Wehrpflicht,
  • Missachtung der Bundeswehr, mit der Vorstellung, dass sie eigentlich nicht mehr gebraucht werde, weil Deutschland ja von Freunden umgeben wären,
  • Energiewende,
  • Griechenlandrettung,
  • Massenmigration in die deutschen Sozialsysteme,
  • rapide (und auch wirtschaftlich kontraproduktive) Verschlechterung des Verhältnisses zu unseren mitteleuropäischen Partnern,
  • Staatsverschuldung zugunsten der EU-Administration,
  • Klimapolitik,
  • Pandemie-Politik,

schlussendlich die Spaltung der Gesellschaft nach dem divide et impera Prinzip, die nicht nur in ihrer Regierungszeit geschah, sondern sogar das Prinzip ihres Machterhalts bildete. Möglicherweise mochte sie ja auch den Demos deshalb nicht, weil er ihr ihre schöne DDR kaputt gemacht hatte.

Die Polen und Balten haben immer vor Russland gewarnt

Doch die Tatsache, dass trotz berechtigter Kritik an Gerhard Schröder, nun auch an Frank-Walter Steinmeier, die Medien so brüllend laut über Merkels Verantwortung für das Desaster schweigen, hat einen schlichten und zugleich erschütternden Grund. Der Welt-Autor Thomas Vitzthum fährt die ganz großen Geschütze zur Merkel-Verteidigung auf, wenn er schreibt: „Doch hierzulande hatte sie keiner gewarnt. Es war allenfalls eine sehr stille Minderheit, die die Politik des Wandels durch Handel als riskant beschrieb.“ Still war die Minderheit nicht, sie wurde nur von den Medien bewusst überhört, marginalisiert und übertönt. Es mag sein, dass Thomas Vitzthum „mit Merkel einig“ war, „dass wirtschaftliche Verflechtung am ehesten dazu tauge, Krieg zu verhindern“, andere jedoch waren es nicht. Mal ganz davon abgesehen, dass in Merkels von Freunden umgebenen Deutschland, wozu letztlich auch Russland gehörte, niemand an Krieg dachte, weshalb Vitzthums sich selbst widerlegt, denn wenn man nicht an einen Krieg denkt, weshalb soll man dann aus dem Grund, um einen „Krieg zu verhindern“,„wirtschaftliche Verflechtung“ eingehen?

Zur Erinnerung: Die Polen und die Balten haben immer vor Russlands neoimperialer Politik gewarnt und spätestens 2014 mit der Annexion der Krim war die Gruppe der Warnenden auch nicht mehr klein – und ließ sich auch nicht mehr marginalisieren. Erinnert sei nur an Sonja Margolinas Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung, die Putins Ideologie exzellent analysierte.

Weshalb trifft der Blick auf Merkels Verantwortung auf eine Schutzwand aus Vorwürfen gegen die Sozialdemokraten und beredtem Schweigen? Warum wird bspw. vom Autor Vitzthum plötzlich die „Gesellschaft“ in Mithaftung genommen?

Die Medien arbeiten die Causa Merkel nicht auf, weil sie ihre eigene Verantwortung aufarbeiten müssten

Die Antwort ist einfach: Die Medien halten sich mit der Aufarbeitung von Merkels Verantwortung deshalb zurück, weil durch das Sprechen über Merkels Verantwortung ihre eigene Verantwortung in den Fokus gerät. Warum haben sie, die immer alles schon gewusst haben, die kleine Gruppe nicht lauter gemacht, sondern mit Merkel-Lob überdröhnt? Ein Teil der Medien, besonders im Öffentlich-Rechtlichen Bereich, wollten seit spätestens 2015 aktivistisch sein und mittun am großen Werk der Transformation.

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„Die DNA der SPD war immer etwas russlandgeprägt“
Sie haben unter Merkel sich aus der Wirklichkeit verabschiedet und ihre kritische Funktion eingebüßt, nicht etwa weil Angela Merkel oder ein anderer Politiker es verlangt hätten, sondern weil sie es selbst, freiwillig, ohne Not, so wollten, weil sie plötzlich statt zu berichten, einer Agenda folgten. Selbst in den neunziger Jahren konnte man mit geschlossenen Augen, einfach durchs Zuhören, noch unterscheiden, ob ein Kommentar in den Tagesthemen von Radio Bremen oder vom Bayrischen Rundfunk kam, heute kommt alles von Radio Bremen, auch die Kommentare des Bayrischen Rundfunk. Die Medien wollten so gern 4. Gewalt werden und wurden nur das Sprachrohr des Kanzleramts unter Merkel.

Typisch für diese „Berichterstattung“ war die Haltung, die Merkels Biograph Bollmann an den Tag legte, wenn er abschätzig über die Ostdeutschen in der FAZ äußerte, dass Angela Merkel „im Osten auch deshalb so viel Hass auf sich zieht, weil sie ihren Landsleuten den Spiegel vorhält: Seht her, wer sich anstrengt, der schafft es auch.“ Stimmt, Angela Merkel hat sich angestrengt, Deutschland in den Niedergang zu treiben. Es wird Zeit, dass die Politik von Angela Merkel und ihrer Gefolgsleute nicht nur von der CDU – dort allerdings zuallererst -, sondern auch selbstkritisch von den deutschen Medien aufgearbeitet wird – und man nicht in Scheingefechten versucht, so viel Nebel zu erzeugen, um die eigene unrühmliche Rolle, die man gespielt hat, zu verstecken.

Man wird sehen, wie lange es den Medien noch gelingt, Angela Merkel aus der Aufarbeitung des Desasters herauszuhalten.


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Kommentare ( 133 )

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voll wach
1 Jahr her

Das ist die Brutzeit der Wendehälse. Jetzt in der noch kühlen Jahreszeit kommen sie aus ihren Löchern und strecken sich und drehen sich in Richtung des Windes, der ihnen neue Nahrungsplätze verspricht. Nur nicht allzu schnell wenden, sonst hagelt’s Haltungsschäden! Mal interessant zu beobachten, wie jetzt die MSM neue Positionen einnehmen werden. Was kümmert die Pressbengel ihr Geschwätz von gestern. Ich freu mich drauf! 😉

Ralph Martin
2 Jahre her

Solange den Deutschen das selbständige Denken aberzogen wird und er die Narrative der Medien unkritisch übernimmt, werden sich Zerstörer wie Merkel und Scholz die Kanzleramtklinke in die Hand geben.

Riffelblech
2 Jahre her

Merkels Kanzlerschaft und seine Folgen hätten in einem wirklich demokratischen Staat den Staatsanwalt auf den Plan gerufen .
In einem wirklich demokratischen Staat wären die Medien auch nicht als Kriecherische Bewunderer erschienen sondern als kritische Begleiter .
Im besten Fall als Bremser des Tuns und Handelns einer solchen Kanzlerin .
Aber Nein ,dieser von Merkel eingeführte devote „Haltungsjournalismus“ geht über die Coronaära bis heute hinaus .
Man kann wirklich sagen das keine Kanzlerschaft nach dem Kriege Deutschland mehr geschadet hat als die Merkelsche !

solaris21
2 Jahre her

Angela Merkel war vom ersten Tag an ein Maulwurf, ein trojanisches Pferd in der CDU. Bereits 1991 knüpfte sie Kontakte zur Feministin Schwarzer. Noch viel bedeutender ist ihre Freundschaft zu Volker Schlöndorff, die bereits 1993 began. Schlöndorff stellte Merkel bereits 1999 auf einer Gartenparty als zukünftige Kanzlerin vor. Während sie also 2003 auf dem Parteitag in Leipzig das hohe Lied der Eigenverantwortung und Marktwirschaft predigte, traf sie sich privat schon jahrelang mit Exponenten des grün-roten Milieus. In zahlreichen Biographien steht zu dieser Freundschaft nahezu nichts. Einzige Ausnahme ist „Merkels Maske“ von Rohmbohm. Hier wurde offenbar, wie bei vielen anderen Themen,… Mehr

Busdriver
2 Jahre her

Es waren gar nicht so wenige, die Merkels Politik geradezu katastrophal fanden. Aber man fand seine Meinung nur in TE, Achgut , der Juedischen Rundschau oder der NZZ widergespiegelt. Ansonsten das, was der Autor so treffend beschreibt: die Umwandlung früher regierungskritischer Medien zu „Jubelpersern“ – wobei man statt Persern Merkel sagen sollte. Ich habe diese Frau von Anfang an sehr kritisch gesehen und später geradezu verabscheut. Aber wie sie es geschafft hat, die CDSU um 180 Grad zu drehen und zu 13 minütigen nordkoreanischen Ovationen zu bringen, ist mir unerklärlich. Daher muss auch die Union als erste radikal mit Merkel… Mehr

Freisinn
2 Jahre her

Wenn Merkel vom Ende her denkt – was die Journaille ihr ja immer wieder und bis heute unterstellt – dann ist sie die größte Verbrecherin aller Zeiten. Merkel hat Deutschland ruiniert und in Europa einen Flurschaden hinterlassen. Es gab nie irgendeine Strategie, und weil es keinen Plan A gab, gab es auch keinen Plan B. Dabei war ihre Politik alles andere als alternativlos. Die größten Fehler waren: 1.) Eurorettung – der Euro wurde nicht gerettet, die Staatsschuldenkrise nicht gelöst; die Alternative wäre eine strikte Einhaltung der Masstricht-Verträge gewesen, aber dann hätte sich Merkel bei den Griechen, Italienern und Franzosen unbeliebt… Mehr

Warte nicht auf bessre zeiten
2 Jahre her

Merkel ist eine skrupellose Opportunistin. Zwar gibt es bei ihr biographisch bedingt eine diffuse antikapitalistische, antirechtsstaatliche, antidemokratische und prorussische Disposition, aber das war nicht ihr Antrieb. Ihr Antrieb war immer nur: Sich durchsetzen, egal was ist. Sie hat nur umgesetzt, was „in der Luft“ lag, in der deutschen. Anders ist doch gar nicht zu erklären, dass es kaum Widerstand gab gegen ihre Politik. Oppostion war, mit Ausnahme der AfD, immmer nur die Kritik, sie müsse von allem, was sie tue mehr und readikaler tun. Das entlässt sie nicht aus der Verantwortung. Aber Merkel hat nur gemacht, was „man“ von ihr… Mehr

Orlando M.
2 Jahre her

Eine Etappen des Niederganges lautete:
Die Diffamierung der Kritiker und reflexhafte Verschiebung selbiger in die Naziecke bei unterwürfiger Unterstützung durch die Leitmedien.
Vor der letzten Merkel-Wahl 2016 stand im Spiegel online zu lesen, dass weitere vier Merkeljahre die bleierne Sargdecke für Deutschland seien. Danach kam wieder nur die übliche Kriecherei.

HansCastorp
2 Jahre her

Alles richtig, Herr Mai, aber das hätte man auch nach den ersten Monaten von Merkels Kanzlerschaft bereits wissen können. Die Richtung war klar und wurde unbarmherzig durchgezogen.

H. Hoffmeister
2 Jahre her

Herr Mai,
Neben Merkel und den MSM wären als Grundvoraussetzung für die Verheerungen zu nennen:
1) die grenzdebil unterwürfige politische Entourage der meisten Altparteienprotagonisten
2) ein weit überwiegend ebenfalls kognitiv eingeschränkter Souverän, der Merkel mehrfach wiedergewählt hat.
An einer Stelle bin ich selbst mitschuldig geworden: An „Wandel durch Handel“ habe ich immer geglaubt, war leider naiv.