Bei Maischberger: Christian Lindner ist für Fracking und „erneuerbare Freiheits-Energien“

Christian Lindner (FDP) räumt in der ARD-Talkshow Maischberger ein, dass das „Machtwort“ inszeniert war. Außerdem fordert er Fracking in Deutschland. Beim Thema Atomkraftwerke bleibt der Finanzminister zahnlos.

Screenprint: ARD / Maischberger

Die Jahre unter George W. Bush waren schlechte Jahre für die USA. Der Präsident begann Kriege, ruinierte die Wirtschaft und den Haushalt des Landes und brachte dubiose Politiker an die Macht. Einige seiner namhaften Anhänger setzten sich zum Beispiel dafür ein, dass „French Fries“, wie Pommes auf Englisch heißen, in „Freedom Fries“ umbenannt werden – weil Frankreich den amerikanischen Kriegskurs nicht unterstützte.

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In Deutschland ist gut 20 Jahre später Christian Lindner mit an der Macht. Treffender formuliert: Er ist FDP-Vorsitzender und als solcher Finanzminister in der Ampelkoalition. Sandra Maischberger fragt ihn in ihrer Talkshow, ob er dafür ist, die Atomverhandlungen mit dem Iran weiterzuführen? Das sei „oberhalb meiner Gehaltsklasse“, verweigert er die Antwort. Finanzminister. Als Vorsitzender der FDP deren Vertreter in der Regierung. Oberhalb seiner Gehaltsklasse.

Das hilft einzuordnen, wie durchsetzungsfähig Lindner als Politiker ist – beziehungsweise nicht ist. Das relativiert die Aussagen, die er bei Maischberger macht. Er spricht über die Energiepolitik und formuliert wie ein Mitläufer aus dem Gefolge von George W. Bush: „Wir wollen Deutschland zu einem der führenden Länder bei den erneuerbaren Freiheits-Energien machen.“ Immerhin räumt er ein, dass das „Machtwort“ von Kanzler Olaf Scholz (SPD) nur inszeniert war und er sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) es mit ihm abgesprochen hätten.

Der Erfinder der erneuerbaren Freiheits-Energien sagt auch, er wolle Fracking ermöglichen. Eine Methode, um Gas aus der Erde zu holen – die von den Grünen strikt abgelehnt wird. Zudem müssten alle Kohlekraftwerke ans Netz. Auch setze er sich grundsätzlich dafür ein, dass die drei aktiven Kernkraftwerke länger als bis April 2023 laufen. Brennstäbe könnten jederzeit besorgt werden, auch ohne, dass darin russisches Uran enthalten sei. Wie realistisch ist, dass Lindner das durchsetzt? Als Maischberger Details zur Energiepolitik wissen will, antwortet Lindner, er wolle die Grünen „nicht durch weitere Forderungen quälen“. Oberhalb seiner Gehaltsklasse.

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Die FDP hat bisher in der Ampelregierung kaum gepunktet. Dafür vieles gegen ihren Willen mitgetragen: Die Liberalen hatten sich für das Ende der Corona-Maßnahmen ausgesprochen. Bekommen haben sie die „strengsten Regeln in Europa“. Nun appelliert Lindner bei Maischberger an die Länder, dass sie das Gesetz nicht anwenden, das sein Justizminister Marco Buschmann ausgehandelt hat. Als Integrationsbeauftragte haben die Liberalen eine linke Aktivistin mitgewählt, die Deutsche unter anderem als „Kartoffel“ beschimpft. Die Freien Demokraten stehen für Marktwirtschaft und sehen zu, wie der Staat immer stärker in die Wirtschaft eingreift. Angefangen mit Quoten, beendet durch Verstaatlichungen.

Und dann ist da noch die solide Finanzpolitik. Das Ressort, das sich die FDP gesichert hat – und mit ihrem Chef besetzt hat. Christian Lindner will die „Schuldenbremse“ einhalten, also keine neuen Staatsschulden machen. Das schafft er auch. Indem er Schulden „Sondervermögen“ nennt und aus dem Haushalt ausgliedert: 200 Milliarden Euro für die Energiepolitik, 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, 60 Milliarden Euro für den Klimaschutz. Alles über Schulden finanziert, die jetzt Sondervermögen heißen – Freiheitsgeld wäre die nächste Stufe.

Der Bundesrechnungshof mahnt an, dieses Verfahren sei intransparent – dieses Verfahren könne auch gegen die Verfassung verstoßen, die Haushalts-Klarheit fordert. „Ich weise zurück, dass ich trickse“, sagt Lindner. Das Auslagern in Sondervermögen sorge eigentlich für Transparenz und Haushaltsstabilität. Es sichere, dass der Staat nur Schulden in Notlagen mache – es verhindere, dass Wunschprojekte aus Schulden bezahlt würden. Er sei für Transparenz im Haushalt, sagt Lindner. Er übergeht Maischbergers Frage, wie viel Geld insgesamt in diesen „Sondervermögen“ stecke.

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Diese Woche haben Terroristen das Finanzministerium Lindners überfallen und für politische Zwecke missbraucht. Linksradikale, die sich durch diesen Übergriff für einen Schuldenerlass in ärmeren Ländern einsetzen. Lindners Reaktion: Die Tat wäre nicht nötig gewesen, er sei ja einer Meinung mit ihnen. So wenig politisches Schwergewicht ist Lindner. Und er klebt an der Macht.

Ob er nochmal sagen würde, es sei besser, nicht als schlecht zu regieren, fragt Maischberger. „Es ist besser, ein Land aus der Mitte zu gestalten, als zu beobachten von außen, wie es nach links geführt wird“, lautet seine Antwort. Wer auf die Kröten sieht, die er geschluckt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass Lindner von innen zuschaut, wie das Land nach links geführt wird. Auf der Habenseite der FDP stehen nur: Tempolimit auf Autobahnen verhindert zu haben und weniger als vier Monate Laufzeitverlängerung für drei Atomkraftwerke rausgeholt zu haben. Schon nach so wenigen Erfolgen zieht der Finanzminister zurück, er wolle die Grünen nicht mit weiteren Forderungen quälen. So wenig politisches Schwergewicht ist Lindner.

Das muss wissen, wer Fracking gut findet, so wie es Lindner fordert. Das sollte beachten, wer ihm Solidität in der Haushaltsführung zutraut. Es ist nahezu egal, was Lindner sagt. Er setzt es nicht um. Sprüche klopfen kann er indes, wie bei Maischberger: „Die Wählerinnen und Wähler dürfen gerne jemand anderen wählen, wenn sie glauben, der geht besser mit ihrem Geld um.“ Die Menschen im Saarland, in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sind auf das Angebot schon eingegangen – die anderen hatten noch nicht die Chance, seit Lindner das Land davon abhält, nach links zu rücken. Angeblich.

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Kommentare ( 56 )

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Ch. Timme
1 Jahr her

Zahlen ersetzen Inhalte und Ziele. Erst können unsere Politiker nicht rechnen, dann können sie sich an nichts mehr erinnern und das angebliche Ende ist nicht die Zielerreichung sondern der Beginn einer neuen Schleife. Das ganze wird noch durch Nebeneinnahmen ergänzt, dauert mindestens eine Amtszeit und um die wichtigste Vorgabe nicht zu vergessen: Keiner hebt den Schnitt, das könnte ja für die Nachfolger in Arbeit ausarten oder im ungünstigsten Fall der Wiederwahl einen selbst treffen. Das ganze nennt man dann Demokratie und Wertegemeinschaft. Schon was bemerkt?.

alter weisser Mann
1 Jahr her

Freiheitsenergien, das erinnert an die liberty cabbage oder freedom fries. Hohler gehts nicht, zudem bekommen wir ja noch nichtmal die Anlagen selbst gebaut.

Ulrich
1 Jahr her

„Indem er Schulden „Sondervermögen“ nennt“. Der Begriff „Sondervermögen“ existiert bereits. Im Bankenbereich beschreibt er die Wertpapier-Depots und Inhalte von Bankschließfächern, die im Falle einer Bankpleite im Gegensatz zu den Kundenkonten nicht zur Insolvenzmasse gehören. Aber ebenso wie das Bankgeheimnis eine Geschichte aus alten Tagen ist, die man gerne den staunenden Kindern zur Nacht erzählt, bin ich fest davon überzeugt, dass mein „Sondervermögen“ als Solidarbeitrag zur Rettung von …. dienen wird. Es sein denn, ich hole letzteres nach Hause und mache das, was viele vor mir auch getan haben: es vergraben in der Hoffnung auf bessere Tage.

Ewald K.
1 Jahr her

Wegen der behaupteten Transparenz als Begründung für das Sondervermögen:

Jeder gute Kaufmann weiss, dass das auch anders geht, Stichworte: Kostenstellen und Kontierungen.

Der Lindner scheint genauso ein fachlich unterbelichteter Vogel zu sein wie der Herr Wirtschaftsminister.

Proffi
1 Jahr her

Die 60 Milliarden für den Klimaschutz sollten für Infrastrukturmaßnahmen ausgegeben werden und nicht für derartigen Unsinn.

Don Didi
1 Jahr her

„Auf der Habenseite der FDP stehen nur: Tempolimit auf Autobahnen verhindert zu haben und weniger als vier Monate Laufzeitverlängerung für drei Atomkraftwerke rausgeholt zu haben.“ „„Die Wählerinnen und Wähler dürfen gerne jemand anderen wählen, wenn sie glauben, der geht besser mit ihrem Geld um.“ Die Menschen im Saarland, in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sind auf das Angebot schon eingegangen“ Klingt schlüssig, ist auch oberflächlich betrachtet nicht falsch, die FDP ist schwach, alles richtig. Aber: Ohne die FDP hätte wir zu all dem Ungemach, welches wir jetzt haben, zusätzlich noch ein Tempolimit und die AKW wären schon aus. Wir hätten auch… Mehr

caesar4441
1 Jahr her

Mich würde ja sehr interessieren wie man aus Schulden ein „Sondervermögen “ macht.Kann das mal jemand auch für mich verständlich erläutern ?Das erinnert mit an die „Spezialoperation“ Putins ,die jetzt zum Krieg wurde.Wann wird das „Sondervermögen“ zu dem was es ist ,Schulden ?

John Beaufort
1 Jahr her

Was mich mit am meisten an dem aktuellen politischen „Diskurs“ in Deutschland nervt, ist diese Kindergartensprache. Emotional, vereinfacht, ideologisiert. „Freiheitsenergien“ haben in etwa so viel mit Freiheit zu tun wie der politisierte Verfassungsschutz mit unserer Verfassung. Alle Begriffe verlieren ihre wahre Bedeutung und werden im Stile von George Orwells 1984 ins Gegenteil verkehrt. Das ist eine so schäbige, unaufrichtige Art von Gewaltherrschaft. Sie bricht die Menschen nicht mit offener Gewalt, sondern mich Gehirnwäsche, mit emotionalem Missbrauch. Sie löscht alle Werte und Normen aus und pflanzt Schuldbewusstsein, Angst und Obrigkeitshörigkeit dorthin, wo sie zuvor ein Vakuum der identitären Orientierungslosigkeit geschaffen hat.

Last edited 1 Jahr her by John Beaufort
caesar4441
1 Jahr her
Antworten an  John Beaufort

„Sie löscht alle Werte und Normen aus und pflanzt Schuldbewusstsein, Angst und Obrigkeitshörigkeit dorthin, wo sie zuvor ein Vakuum der identitären Orientierungslosigkeit geschaffen hat.“
Das kann man eben nur mit „Kartoffeln“ machen.Die Kartoffeln sind das Problem.

RMPetersen
1 Jahr her

Der Satz „Wir wollen Deutschland zu einem der führenden Länder bei den erneuerbaren Freiheits-Energien machen.“ ist meiner Kenntnis nach vielfach seit 2005 von Merkel gefallen. Herr Lindner immer noch nicht gemerkt hat, dass diese Angeberei mit dem Vorreitertum und den Leuchttürmen gescheitert ist. Die Grünen behaupten, dass Deutschland nicht genug vorgeritten sei, denn dann wäre alles wunderbar. Fakt ist: Dann stecke man noch weiter im Schlamm. Und dann solche dünnen Sprüche wie „erneuerbare Freiheits-Energien“. Das ist das Niveau der Grünen und ihres verklebten Fußvolkes. Mir fällt dazu nur ein: Deppen. Deppen. Deppen. Deppen. Schon FDP-Chef Guido Westerwelle galt ja schon… Mehr

daniela kirnes
1 Jahr her

Man sollte Herrn Lindner mal fragen wieviele Wasserquellen pro Jahr in Deutschland erschlossen werden und wieviele geschlossen ? Wenn er dann den Rest der Quellen mit Chemie verseucht fürs fracking, dann scheint das wohl für ihn in Ordnung zu sein oder was ? Hauptsache mit allen Mitteln an der Macht bleiben, nichts anderes hätte ich von ihm erwartet.

Thorsten Lehr
1 Jahr her
Antworten an  daniela kirnes

? Fallen Sie nicht auf das dumme Gerede von der ‚Verseuchung des Trinkwassers‘ durch Fracking herein. ? Das ist genauso dummes Zeug wie die ‚Hochrisiko-Technologie‘ Kernkraft oder die ‚18.000 Atomkraft-Toten‘ von Fukushima. ? Alles linksgrünes Dummsprech, wird aber gerne geglaubt! ?