Bei Maischberger: Jens Spahn zwischen AfD und der Linken

Jens Spahn zeigt viel Einsicht für die Vergangenheit, aber hat nur wenige Worte für die Zukunft. Die böse AfD und die nervige Linke braucht er nicht mehr – außer vielleicht für eine Zweidrittelmehrheit.

Screenprint: ARD / Maischberger

Kein Wachstum für 2025. So moderiert Sandra Maischberger ihre Sendung am Mittwochabend an. Die stellvertretende Chefredakteurin des Spiegel Melanie Amann, sieht die Prophetie der fünf Wirtschaftsweisen positiv, „weil es kann ja nur bergauf gehen“. Ebenso sieht es der stellvertretende Chefredakteur der Welt Robin Alexander. Dieser schrieb ein Buch über den Kanzler Merz, welches im Juni erscheinen wird, und liebäugelt mit dessen Tatendrang. Das ist aber der einzige Punkt, in dem sich die beiden übereinstimmen. Amann kritisiert den Kanzler Merz für seine gebrochenen Versprechen und glaubt nicht so recht an das Motto der Union, die AfD „wegregieren“ zu können. Wodurch sich Robin Alexander in einen Wackelkopf verwandelt. Die Moderatorin Pinar Atalay von RTL Aktuell und RTL Direkt sitzt eher teilnahmslos am Rand und beobachtet das Spektakel.

Dieses Spektakel wird unbequemer, als Amann zu den guten alten Zeiten der Ampel tendiert. Diese wollte „die Gesellschaft verbessern und verändern“ – auch wenn es „vielleicht zu viel“ war, gibt sie zu. Gerade dieser Kulturkampf sei der Grund für das Aufkommen des Populismus und würde „bei dieser Koalition viel zu kurz“ kommen. Die Lösung liegt ganz klar auf der Hand: Es braucht konservative NGOs. Anstatt den linken NGOs den Geldhahn zu zudrehen, sollen doch lieber weitere NGOs gegründet werden und mit Steuergeld gefüttert werden. Robin Alexander erinnert Amann daran, dass eine Regierung versuchen sollte, „reale Probleme zu lösen“. Ein schweres Unterfangen – liegen doch mittlerweile Realität und Fantasie so nah beieinander.

Nach der Schuldenorgie
Wirtschaftsweise warnen Merz und Klingbeil vor der Konsumfalle
Ein Problem hat die Union auch mit der AfD. Was sie mit dieser machen sollen, wissen sie nicht so richtig. Die Brandmauer wurde schon einige Male niedergerissen und wiederaufgebaut. Die AfD sei doch nun aber „gesichert rechtsextremistisch“, weswegen die ÖRR-Journalisten freiwillig Patrouille laufen. Alle Zweifel an dem Gutachten werden abgewunken. Es ist also gerade recht, dass der neue Fraktionsvorsitzende der Union, Jens Spahn, zu Gast bei Maischberger ist. Bevor es aber an die schwer verdauliche Kost geht, wird in alten Zeiten geschwelgt. Mit der Karte im Golf 1 Cabrio ist er durch den Wahlkreis gefahren. Er blickt auf eine lange politische Karriere zurück, in welcher er sich „ein paar Mal geprüft hat auf der Strecke“. Er betont, dass er ja auch Minister „in einer anspruchsvollen Zeit“ war. Soso.

Ein Ende steht für den „jungen Politiker“ aber so bald nicht an. Denn auch er kokettiert mit dem Kanzleramt. Maischberger stichelt daher: „Wie sehr kann sich Friedrich Merz auf Sie verlassen, dass Sie ihm die Mehrheiten organisieren?“ Spahn: „Voll und jederzeit.“ Und nachdrücklich schiebt er hinterher: „Also ich verstehe auch manchmal die Diskussion nicht. Friedrich Merz vertraut mir, ich vertraue Friedrich Merz, sonst würden wir das in dieser Konstellation so nicht machen.“ Es gehe eben um die „richtige Balance zwischen loyal und selbstbewusst“, welche er, wie auch Merz von Wolfgang Schäuble lernen durfte.

Nach diesem Ausflug in die Vergangenheit werden die Worte wie auch der Inhalt bei Spahn rar. Wo er seine Zweidrittelmehrheit suchen würde für eine Grundgesetzänderung, beantwortet er auch im dritten Anlauf nicht: ob mit den Stimmen der AfD oder der Linken. Maischberger fasst zusammen: „Ich halte fest, Sie wollen sich heute nicht festlegen.“ Festgelegt hat er sich dagegen, wenn es um die Wahl der Ausschussvorsitzenden geht. Der Fraktion wurde untersagt, für AfD-Kandidaten zu stimmen – schließlich sei diese gesichert rechtsextremistisch. Der AfD einen größeren Sitzungssaal zu verweigern, sei wiederrum unklug.

Bundestagsmethoden
Die Zwangsverzwergung der AfD
Wieder etwas lockerer wird es durch Maischbergers Satzvervollständigungen. Robert Habeck, Christian Lindner und auch der neue Papst schneiden gut ab. Nur in einer Sache scheint Spahn wenig bis keine Einsicht zu zeigen. „Dass ich durch Bestellung von zu vielen Corona-Masken einen Milliardenschaden verursacht habe“, liest Maischberger vor. Spahn philosophiert: „Würde ich heute manche Entscheidungen anders treffen? Mit dem Wissen von heute? Ja. Würde ich mit dem Wissen von damals möglicherweise die gleichen Entscheidungen nochmal treffen? Ich weiß nicht, ob sich alle noch erinnern, wie das so war vor fünf Jahren in der Not. Möglicherweise auch ja.“ Da sind sie wieder die „anspruchsvollen Zeiten“, die Politiker so gerne als Ausrede für allerlei Skandale verwenden.

Die Sendung nahm aber noch lange kein Ende. Denn noch hitziger wurde schließlich die Stimmung im Gespräch mit den zwei Gästen Katrin Göring-Eckardt, langjährige Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, und dem Politikwissenschaftler Johannes Varwick. Göring-Eckardt plädierte energisch für Waffenlieferungen und schärfere Sanktionen – auch bekannt als Grüner Pazifismus. Varwick dagegen hält an Gesprächen und Diplomatie fest. Er kritisiert die Forderungen nach Sanktionen und betont, dass diese mehr Europa geschadet hätten als Russland: „Wenn man so weitermacht, wird aus einem Krieg in der Ukraine bald ein Krieg um die Ukraine“, warnt er. Göring-Eckardt wirft ihm darauf Propaganda für Russland vor.

Immer wieder greift Göring-Eckardt Varwick persönlich an. Das ändert aber nichts an seiner Meinung. Er weigert sich auch, Putin Eroberungszüge vorzuwerfen, und warnt vor der Möglichkeit, dass die Ukraine mit einem territorialen Verlust rechnen muss – dies sei „nüchterner Realismus“. Trotz der hitzigen Debatte bleibt Varwick beharrlich und betont: „Dafür braucht man eine politische Lösung in der Ukraine. Die Amerikaner versuchen das jetzt und wir sollten sie unterstützen. Wir sabotieren das geradezu.“ Göring-Eckardt kann immer weniger ihre emotionalen Ausbrüche zurückhalten. Und Maischberger scheint sichtlich erleichtert, als endlich die Zeit für die Abmoderation gekommen ist.

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Kommentare ( 25 )

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Nibelung
29 Tage her

Bei Entscheidungen des Ältenstenrates kommt doch das ganze Ungleichgewicht zu Tage und kein Wunder, wenn da die AFD in altbwährter Form ausgegrenzt wird und sich alle Entscheidungen gegen sie richten, denn der Rat besteht aus 28 Mitgliedern und nur sechs davon sind von der AFD und da kann sich doch jeder ausmalen, wie weit sie mit ihren eigenen Gedanken kommen und so ist die Knebelung des Gegners generalstabsmäßig eingerichtet worden und die deutsche Einheitspartei nach Merkel-Art funktioniert, wie in ihrer alten Heimat, wo es in gleicher Weise abgelaufen ist. Im übrigen hat die Besetzung auch nichts mit dem pysischen Alter… Mehr

November Man
29 Tage her

Das Kartell kann nicht mal zum Nutzen des Volkes richtig regieren, will aber die AfD weg-regieren. Wie lächerlich ist das denn. Hinter der AfD stehen über 10 Millionen Wähler. Die kann man nicht einfach weg-regieren. Wenn, wohin? Die kann man vielleicht durch parteipolitische Willkür und schamlosen Machtmissbrauch demütigen, ausgrenzen und diskriminieren. Aber weg sind die noch lande nicht. Durch das offen an den Tag gelegtes undemokratische Verhalten des Kartells werden die Wähler der AfD noch mehr werden. Was macht das Kartell dann? Holen sie dann die geheime Polizei? Dann werden es noch mehr.   

Budgie
29 Tage her

Solange sich die Union Habermas sowie seinen linken Hofschranzen andient und nicht ein Machtwort gegen dessen Verharmlosung grausamster linker bzw. kommunistischer Monumentalverbrechen, egal ob nun von Maoisten, Pol Pot Parteigängern oder Stalinisten begangen, entgegenschleudert, wird sie sich selbst erledigen und untergehen. Es fehlt der Union die Erkenntnis das Nazis bzw. Faschisten eigentlich Linke (wie Mao, Stalin & Pol Pot) seien und keine Rechten. Aber was verbindet diese grauenhaften Monster und ihre Methoden? Sie haben Millionen und Abermillionen Menschen in Konzentrationslagern, Gulags oder Arbeitslagern umbringen lassen. Die Nazis jedoch haben den Schlund der Hölle durch die industriellen Erfassung und Vernichtung ganzer… Mehr

November Man
29 Tage her

Die Union will die AfD also weg-regieren. Wie genau, das sagt Herr Spahn nicht. Das heißt wohl: Man kopiert das Wahlprogramm der AfD ab, gibt es gegenüber der Bevölkerung als sein eigenes aus, versucht es zum Schein umzusetzen und die Bürger zu verdummen. Wir weisen 32 zurück und 1500 sind gekommen. Das ist die Wahrheit. So was funktioniert vielleicht in den Talk-Shows, aber nicht im wahren Leben. Der AfD wird es nicht schaden. Heute hat die AfD über 10 Millionen Wähler, das nächste mal sind es über 20 Millionen und dann über 30 Millionen Wähler. Und dann geht es in… Mehr

Dr. Rehmstack
30 Tage her

Dass Katrin Göring-Eckardt weiterhin im politischen Leben Deutschlands eine Rolle spielt, ist für mich der beste Beweis des Versagens der so genannten repräsentativen Demokratie: Katrin Göring-Eckart erhielt bei der Direktwahl in ihrem Wahlkreis gerade mal 3,1 % der Stimmen, das bedeutet, dass 96,9 % der Wahlberechtigten sie nicht wieder im Bundestag sehen wollten; warum das so ist, hat sie gestern wieder eindrucksvoll bestätigt. Das sie dennoch politisch wirksam ist, beweist dass ein Grundprinzip der Demokratie nicht mehr besteht, daß nämlich der Souverän politische Repräsentanten abwählen kann.

November Man
30 Tage her

Die wollen die AfD weg-regieren? Die liberal-demokratische AfD ist mit über 10 Millionen Wählern zweitstärkste Partei in Deutschland und mit 151 Abgeordneten im deutschen Bundestag Oppositionsführer. Sie hat die Aufgabe die Regierungsarbeit zu überwachen und wenn nötig hart zu kritisieren. An dieser vom Wähler bestimmten Oppositionsarbeit wird die AfD durch die Nicht-Wahl ihrer Abgeordneten zu einzelnen Ausschussvorsitzenden vom Kartell gehindert. Das Präsidium des deutschen Bundestag und die Kartellpartien wollen sich vom Volk nicht hinter die Kulissen und in die Karten schauen lassen was sie so alles in den Hinterzimmern des deutschen Parlaments treiben. Sie führen sich auf wie eine geschlossene… Mehr

Thomas
30 Tage her

Die Regenbogenfahne auf dem Reichstag symbolisiert die Kontinuität des Great Resets, der Grossen Transformation die auch unter Merz weiter betrieben wird. Ein Machtwechsel liegt noch in weiter Ferne.

Freigeistiger
30 Tage her

Den sachlichen, realitätsorietierten Ausführungen von Prof. Varwick kann KGE keine Argumente entgegensetzen, stattdessen Repetition sattsam bekannter Propaganda-Floskeln und Angriffe ad personam – der typische linksgrüne Reflex. Politiker wie KGE scheinen allen ernstes zu glauben, daß Russland imperiale Absichten hege, EU-Länder bedrohe und in der Ukraine deren Sicherheit und Frieden verteidigt werde. Varwick weist solchen Alarmismus zurecht als unbegründet zurück. Kiew ist am Verlieren und ein militärischer Sieg keine realistische Option. Bei Fortsetzung des Krieges ist vielmehr mit weiteren Gebietsverlusten im Donbass zu rechnen. Genau das hat die russische Delegation bei den Istanbuler Sondierungsgesprächen mit Kiew auch angekündigt. Es sind also… Mehr

Lizzard04
30 Tage her

Ich lese Amann und KGE! Zwei Linkspopulisten/Ideologen, da bin ich raus! Der einseitige, gedankliche Unrat, der von diesen Damen kommt, ist seit Jahren hinlänglich im ÖRR dokumentiert! Lebenszeitverschwendung!

Adlershofer
30 Tage her

Mich würde mal interessieren, wie viele echte Zuschauer diese Deppen-Sendung hat. Ich tippe mal auf eine Quote wie seinerzeit Herr Karl-Eduard von Schnitzler im DDR-Fernsehen…