Hendrik Wüst bei Caren Miosga: Das Chamäleon vom Rhein

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst versucht sich als Super-Chamäleon. Grüner als die Grünen und zugleich blauer als die Blauen. Bei Miosga am Sonntag vertritt er eine Stunde lang Positionen der AfD. Und lobt zugleich seinen Koalitionspartner, die Grünen. Versteh’s, wer will. Von Michael Plog

Screenprint ARD / Caren Miosga

Es soll Menschen geben, die wollen wissen, wer Hendrik Wüst ist. Die Frage liegt ungefähr auf der Stufe von „Wer ist Daniel Günther?“ und ganz knapp vor „Wohin weht eine Fahne im Wind?“

Caren Miosga gehört zu den Wenigen, die das interessiert, und dafür wird sie von der ARD nicht fürstlich, sondern königlich entlohnt (3.200 Euro Pro Minute, macht 5,8 Millionen Euro pro Jahr). Dafür kann man schon mal investigativ werden. Deshalb will Miosga auch wissen „wer der echte Hendrik Wüst eigentlich ist“. Denn der hat ihr gerade gesagt „Ich kann’s mit den Grünen gut“. Also, wer ist das nun, der echte Hendrik Wüst? „Leute die Sie kennen, beschreiben Sie, als Sie jünger waren, als ganz anderen Menschen. Krawallig, stockkonservativ, fast schon aufbrausend“, sagt Miosga. Früher, „da sehnten Sie sich in der CDU nach heimatverbundenen Patrioten, und als die Grünen in ihrer Heimatstadt Rhede den Bürgermeister gestellt haben, da sollen Sie an die Decke gegangen sein. Wer ist denn jetzt der echte Hendrik Wüst? Der, der mit den Grünen kann oder eigentlich die Grünen nicht so gut leiden kann?“

Wüst antwortet so dünn wie seine Föhnwelle, aber diese wie auch ihn bringt so etwas nicht aus der Fasson: „Ich konnte mit DEN Grünen nicht so gut“, sagt er, und was auch immer das heißen mag, die langweilige Frage hat damit zumindest eine adäquat langweilige Antwort bekommen.

Wüst, der 2023 ausgerechnet Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel den höchsten Orden seines Bundeslandes verlieh, muss nun 192.000 Euro (=60 Sendeminuten) lang erklären, wie man die Probleme beseitigen kann, die Merkels Migrationspolitik aus Deutschland gemacht hat.

Und das tut er, indem er sauber in den Fußstapfen der AfD herumlatscht, ständig deren Positionen zitiert, aber zugleich in stoischer Penetranz vor den Blauen warnt. Das schizophrene Moment ignoriert er gekonnt, darin ist er Meister. Man kennt dieses Verhalten bereits von den Merzens und Söders, was die Frage nach der Fahne wieder nach vorn stellt. „Bei Kontrollen Menschen aufzugreifen, die anderswo schon sicher sind, ist weder eine Zurückweisung, noch ein Stopp“, sagt Wüst, und: „Es ist nicht unchristlich, wenn Menschen in einem unserer europäischen Nachbarländer Sicherheit finden. Es geht darum, dass Menschen, die schon woanders in Sicherheit sind, dann nicht mehr nach Deutschland zu kommen brauchen.“

Miosga konfrontiert ihn mit Fehlern seiner grünen Ministerin Josefine Paul, zuständig für Flucht und Integration. Rund um das Messerattentat in Solingen seien ihr „folgenschwere Fehler passiert“. Der Attentäter sei nicht rechtzeitig abgeschoben worden. Nach dem Attentat sei die Ministerin 24 Stunden überhaupt nicht erreichbar gewesen und habe sich erst nach drei Tagen den Fragen der Presse gestellt. Wüst bleibt windig, weicht aus, lässt alle Fragen nach politischer Verantwortung abperlen. Mehrfach hakt Miosga nach, doch mehr als dies sagt er nicht: „Sie trägt die Verantwortung dafür, dass es besser läuft.“ Es sind Momente wie diese, in denen sich der Zuschauer fragt: Und das soll jetzt fast 10.000 Euro (= drei Sendeminuten) wert gewesen sein?

Doch der absurden Redebeiträge damit nicht genug. Ein weiterer Gast ist der umstrittene „Migrationsforscher“ Gerald Knaus, der einst Merkels erfolglosen Flüchtlingsdeal mit der Türkei ausbaldowerte. Die entscheidende Frage für ihn ist heute „Will man illegale Migration reduzieren?“ Und seine Antwort lautet: „Das wird nicht funktionieren, weil das immer auf Kosten der Nachbarn geht. Das wird europäische Spannungen erhöhen, aber keine Kontrolle bringen.“ Man müsse es „an der Außengrenze machen“.

„Wir müssen Zahlen reduzieren bei irregulärer Migration“, entgegnet Wüst. „Es sind europäische Nachbarländer, die durchwinken“, die die registrierten Zuwanderer kaum zurücknehmen. 90 Prozent der Dublin-Überführungen scheitern. Deshalb brauchen wir eine Beendigung von irregulärer Migration.“ Weidel und Chrupalla lassen schön grüßen.

Warum er den nächsten Satz sagt, wird wohl nur er selbst wissen, denn damit erklärt er, warum er, warum ein Söder, ein Merz, aber auch ein Scholz oder Lindner, warum sie alle plötzlich Kreide fressen wie Milben am Schultafel-Buffet: „Wir wollen nichts lieber als dieses Thema rausnehmen aus dem Bundestagswahlkampf.“ Das ist der eigentliche Punkt. Die Landtagswahl in Brandenburg und die Bundestagswahl im September 2025 sollen für die alten Parteien bitte nicht wegen der vermaledeiten Massenmigration zum Desaster werden.

„Dann wissen wir doch, was passiert. Die Extremisten werden fett“, sagt Wüst. Huch, das könnte Ärger geben. Weiß er nicht, dass man Bundestagsabgeordnete nicht mehr ungestraft als übergewichtig bezeichnen darf? Hat er jetzt tatsächlich eine Grüne als extremistisch bezeichnet? Oder fett? Oder beides? Wen meint er? Die AfD kann es ja nicht sein. Deren Argumente vertritt er doch die ganze Zeit selbst. Aber er meint – selbstverständlich – die AfD. Ein echter Wüst eben.

Ach ja, auch zur Kanzlerkandidatur wird Wüst befragt. Schon interessant, wie sich jemand, dem während der „Corona-Pandemie“ kein Wort zu hart, keine Ausgrenzung Ungeimpfter zu brutal war, sich plötzlich sträubt, auch nur ein halbwegs klares Wort zu finden. Wüst windet sich wie ein Aal, seine Antwort ist scheindiplomatisch, dünn, ausweichend: „Wir sind intensiv im Gespräch.“ Er lässt durchblicken, dass er wohl kandidieren wollen mögen würde, aber sich das zu sagen noch nicht trauen dürfen kann. Mit anderen Worten: Mehr dazu, wenn der Wind sich dreht. Viele Grüße, Ihr Hendrik Wüst.

Letzter Gast ist die „taz“-Journalistin Gilda Sahebi. Ihre Redebeiträge sind wirklich außergewöhnlich absurd. Beispiel: „Es ist nicht richtig, dass Schulen und Krankenhäuser wegen der Migranten überlastet sind.“ Die Berichterstattung über Migrantenkriminalität vergleicht sie allen Ernstes mit Krankenhauskeimen. Ja, richtig gelesen. Wie bei der Nosokomialinfektion würden die Medien ihre Leser und Zuschauer mit negativen Berichten geradezu infizieren. Das muss wohl dieser Hauch Absurdistan sein, für die der ÖRR die gesichert extreme Presse immer gern an den Tisch holt.

P.S.: Während der Sendung kam es zu einer kurzen Protestkundgebung im Publikum. Einige Zuschauer hielten Tücher mit Fotos hoch und skandierten unter anderem „Wir fordern, dass die deutsche Medienlandschaft ihr Schweigen bricht“. Damit war jedoch nicht etwa die Berichterstattung über die RKI-Files zur angeblichen Corona-Pandemie gemeint. Anlass war vielmehr der Tod der beiden Journalistinnen Gulistan Tara und Hêro Bahadîn, die zusammen mit sechs weiteren am 23. August bei einem türkischen Drohnenangriff im Kurdengebiet des Irak getötet worden waren.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 45 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

45 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
BellaCiao
19 Tage her

„Der echte Hendrik Wüst“ hat sich erst später im Interview gezeigt, als es um der Ministerin für Flucht und Integration in NRW, Josefine Paul, ging:
https://www.youtube.com/watch?v=yZ3O6mS_758&t=716s

Dellson
20 Tage her

Da wird jemand eingeladen der eigentlich absolut in der Spur läuft und nur dazu dienen sollte den „Vormärz“ zu stoppen! Manchmal war er zwar widerborstig und sehr aalglatt, aber dafür waren ja die beiden Sekundanten der roten Zora dabei. Alles in allem sang Wüst den Adamo: „Es geht eine Träne auf Reisen!“ Knaus, nicht der mit dem Wohnmobil, redet von allem was nicht geht, nie wer ihn bezahlt, wessen Lied er singt! Aber der Hit war die Dame aus Berlin. Frau Sahebi redete über die illegale Migration als etwas von wie, nur geschürte „inszenierte Angst der Bevölkerung!“ Als Beispiel führte… Mehr

Wilhelm Rommel
20 Tage her

Vor wenigen Minuten tickert’s durch die Medien: Wüst sieht von Kanzlerkandidatur 2025 ab: Ob es dabei bleibt?

Peter Gramm
20 Tage her

herrliches Gequatsche auf Zwangsgebührenbasis. Genau das braucht das Volk. Wir haben ja keine anderen Probleme.

Caracalla
20 Tage her

Knaus schon wieder. Einer dieser Experten die uns ständig erklären warum es nicht geht, warum es nicht funktioniert, das Ende von Schengen usw. Ich habe diese Leute so satt. Die ÖR betreiben, und das schon seit 10 Jahren, ihren Pro-Migrationskurs starrsinnig fort. Das ist schließlich ihr Auftrag. Um die ganzen Framing-Techniken, Gaslightning-Strategien und Desinformations-Kampagnen aufzuzählen, müsste ich ein Buch schreiben.

Peter Gramm
20 Tage her
Antworten an  Caracalla

Stimme Ihnen zu. Mich würde mal interessieren aus welchen Quellen deren Einkommen stammt.

A rose is a rose...
20 Tage her

Besonders unerträglich fand ich beim Auftritt des Herrn Wüst, dass der allgemeine Grundsatz, nach dem jeder für sein Verhalten die Konsequenzen tragen muss, für Politiker offenbar nicht (mehr) gilt. Ja, wir haben es schon lange geahnt, aber selten wurde dies aufgrund von (endlich mal hartnäckigen) Nachfragen durch die Moderatorin, so offensichtlich. „Wir arbeiten daran, dass es besser wird.“ Ah, dann ist ja alles gut. Weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen! Wie wäre es, wenn z.B. jemand, der Steuern hinterzogen hat, auch so argumentieren würde? Ich finde, es sollte dann statt Strafen, auch eine ähnlich geartete Aussage wie die von… Mehr

Kassandra
20 Tage her
Antworten an  A rose is a rose...

„Wir arbeiten daran, dass es besser wird.“ Vollkommene Null-Aussage, die jeder verstehen kann, wie er will. Gutmütig bräsig, wie der Souverän halt denkt, wird er annehmen, dass Wüst sich tatsächlich dafür einsetzt, etwas zum Guten zu wenden. . Aber ist allen hier klar, dass man den Satz auch diametral anders verstehen kann, nämlich so, dass sie daran arbeiten ihr Vernichtungswerk noch weiter zu forcieren? Ziemlich alle Sätze der uns Vorgesetzten verstehe ich inzwischen als Letzteres – samt Merkels Satz, von dem, dass „wir das schaffen“. . Alleine, weil Miosga den wie andere mit so was auslässt und nicht nachfragt, bis… Mehr

U. J. Gottlieb
20 Tage her

NRW wird derzeit mehr und mehr verWÜSTet. Siehe an den Bahnhöfen, siehe Solingen, siehe Köln heute morgen.

Nibelung
20 Tage her

Er hat dem Eindruck nach den Touch des klassischen Musterschülers und deren Intention ist bekanntlich Obrigkeitsgläubig und wenn die Gelegenheit gegeben ist um selbst nach oben zu kommen treibt man es mit jedem und wenn die Not dazu zwingt bedient man sich auch der Mittel des politischen Gegners und das nennt man falsch Zeugnis ablegen für eigene Zwecke. So sind sie halt die die Herz-Jesu Schwarzen, weil sie das Hauptunglück ihrer Partei darstellen und somit die ganze Republik ins Wanken bringen und Verrat begehen an der eigenen Wählerschaft, die sich noch an alles schwarze klammern, obwohl die schon längst grün… Mehr

Neo-Realist
20 Tage her

Wüst hat sich – ungewollt – verraten.

Er stimmt den derzeitig diskutierten Maßnahmen wie Grenzschutz und Rückführung und allerlei Verschärfung wie Verbot von Kartoffelschäl-Messern zu, weil….

…weil er nicht möchte, daß die AfD mehr Stimmen bekommt.

Es geht also darum, Stimmen für sich und für die CDU zu bekommen, und nicht um die höchst fällige Eindämmung der illegalen Einwanderung.

Der Bürger ist ihm also ziemlich egal dabei.

Ein aalglatter, scheinheiliger, karriere-geiler Opportunist mit rhetorischer Begabung.

Kassandra
20 Tage her

Die Berliner Zeitung beginnt eine Serie über solche, die mit „Flüchtlingen“ Umsätze machen und Geld verdienen, hier: https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/wer-in-berlin-verdient-an-der-fluechtlingskrise-lukratives-geschaeft-mit-der-barmherzigkeit-li.2252537
Klar wird dabei schon, dass es uns, den Deutschen, vollkommen unmöglich sein wird, solche Kosten auf Dauer aufbringen zu können.
Und dann?