Bei Anne Will sagt Lauterbach, Corona bleibt 30, 40 Jahre hoch gefährlich, schwächt sich nicht ab

„Anne Will“ schleicht wieder um den heißen „Corona-Brei“ herum, wie um die Impfpflicht: wann, für wen, wie und ob überhaupt. Und Lauterbach sagt: „Auf der anderen Seite müssen wir vermitteln, was ja auch so ist: Die Impfungen sind halt mehr oder weniger nebenwirkungsfrei. Das muss immer wieder gesagt werden.“

Screenprint ARD / Anne Will

Es ist schon bemerkenswert, wie Anne Will es in ihren schon über zwei Jahre fast monothematischen Round-Table-Betrachtungen zu Corona schafft, sich immer wieder um die eigentliche Misere herumzudrücken. Anstatt den Entwicklungen auf den Grund zu gehen, verliert sich die Debatte erneut in gegenseitigen Schuldzuweisungen der eingeladenen Politiker, dem sprunghaften Beschreiben von Missständen, apokalyptischen Vorhersagen und ebenso überzogenen Euphorismen für die Zukunft – wenn sich nur alle an die Vorgaben hielten. Auf der Strecke bleibt meist der Zuschauer, der danach verwirrter ist als vor dem Anne-Will-Talk. Genau nach diesem Muster wurde auch diesmal um den heißen Brei herumgeredet.

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Da tut seitens der Opposition CSU-Generalsekretär Markus Blume so, als habe man erst jetzt die negativen Folgen einer schon im März einsetzenden Impfpflicht im Kranken- und Altenpflegebereich erkannt und ziehe à la Söder die Notbremse. Der schon lange zum Inventar der Will-Runde zählende Meister der schwarzen Orakel und derzeitige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kritisiert zwar das wie so oft überraschende Wendemanöver des noch bis vor Kurzem „eisernen Alpen-Ritters“ aus dem Süden, wirkt aber in der Sache dann selbst fast einsichtig. Ob es überhaupt zu einer generellen Impfpflicht kommt, scheint mehr als unsicher, zieht sich durch die Runde, wenn selbst Lauterbach sagt: „Auf der anderen Seite müssen wir auch vermitteln, was ja auch so ist: Die Impfungen sind halt mehr oder weniger nebenwirkungsfrei. Das muss immer wieder gesagt werden.“

Herr @Bundeskanzler@OlafScholz – bitte machen Sie diesem Drama ein schnelles Ende und entlassen diesen völlig verwirrten, unfähigen Ungesundheitsminister! pic.twitter.com/KK4al3grVC

— DerB (@ergroovt) February 13, 2022

Dann aber setzt Lauterbach einen Angstmacher der Sonderklasse in die Welt: Dass Corona harmloser werde, etwa wie eine Erkältungskrankheit, sei in den nächsten 10 Jahren falsch, das träte vielleicht in 30, 40 Jahren ein.

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Wie schon beschrieben, gelang es Will leider nicht, die wahren Ursachen für die aktuelle Wackel-Kapriolen der Politik aufzuzeigen. So tut man in Berlin zwar, als seien die wöchentlichen Demonstrationen in ganz Deutschland nur ein Polizeiproblem. In Wahrheit aber haben die Strategen im Kanzleramt und den Parteizentralen längst begriffen, dass sich hier ein Bürgerprotest dauerhaft zu etablieren beginnt, dessen weitere Ausbreitung nicht auszuschließen ist. Der Protest gegen die Corona-Maßnahmen der Regierungen zeigt sich mittlerweile in mehreren Ländern Europas und auch in den USA und Kanada.

Eine Politik, die das nicht zur Kenntnis nehmen will, muss zwangsläufig in eine Vertrauenskrise führen. Auch die Qualifizierung der Bürgerproteste als rechtsradikale „Sumpfblüte“, entspricht in Deutschland nicht der Realität und kann erst recht nicht für die klassischen Demokratien in Frankreich und den skandinavischen Ländern behauptet werden. Hinzu kommt eine inzwischen tiefe Müdigkeit in der Gesamtbevölkerung, die nicht zuletzt Folge einer nicht abreißenden Serie von Pannen und schlichtem Missmanagement ist.

Niemand kann auch verstehen, warum unverändert jede Nachrichtensendung mit immer neuen Horror-Meldungen über steigende Inzidenzen (positiv Getestete, nicht Infizierte) beginnt, obwohl jeder weiß, dass ausschließlich die Situation in den Krankenhäusern die Belastung des Gesundheitssystems und damit unserer Gesellschaft durch die Pandemie spiegelt. Und da sind die dramatischen Schreckensszenarios von Lauterbach und Co. nicht eingetreten – umgekehrt: Ungeachtet steigender Inzidenzen muss in den Krankenhäusern kein Notstand ausgerufen werden.

Besorgniserregend neue Daten
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Ein Höhepunkt jeder Will-Sendung ist, wenn einmal Vertreter aus den Einrichtungen selbst zu Wort kommen. Diesmal war es die Leiterin einer Pflegeeinrichtung im sächsischen Freital. Elke Keiner berichtete davon, wie schwer aufgrund des schon vor Corona bestehenden Personalmangels und der dauerhaften Fluktuation jede Planung ist. Wenn nur fünf der Mitarbeiter ungeimpft seien, diese aber ab Mitte März nicht mehr arbeiten dürften, bräche das System zusammen. In ihrer Einrichtung seien 81 Personen in der Pflege tätig, davon seien 27 nicht geimpft. Sie habe mit jedem gesprochen. Die Gründe für die Impfverweigerung seien vielfältig. Die einen hätten Angst vor Nebenwirkungen, andere berufen sich auf Erlebnisse mit Impfschäden bei Patienten, und manche warten schlicht auf neue Impfstoffe ohne mRNA-Faktor. Deren Verfügbarkeit kündigte Lauterbach insbesondere für die Kranken- und Altenpflegeeinrichtungen noch für Februar an.

Es ist schade, dass die Moderatorin diese allgemeine Stimmungslage samt ihrer Ursachen nicht zum Thema machte. Diese Zurückhaltung trifft übrigens auf den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu. Da dort mittlerweile jeder weiß, dass die Existenz des gesamten Systems immer mehr vom Willen der Politik abhängt, scheut man die Kritik an deren Entscheidungen. Über das Aufzeigen von Symptomen reicht der journalistische Ehrgeiz offenbar nicht mehr hinaus.

Anne Will hätte also noch viel Stoff für spannende Sendungen, doch so lässt sie es immer wieder einfach dahinplätschern.

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