Zahl der Schwangerschaftsabbrüche steigt

Im sechsten Quartal in Folge steigt die Zahl der durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche. Zwischen April und Juni wurden 26.700 Abtreibungen vorgenommen. Währenddessen will die Bundesregierung das Abtreibungsrecht weiter liberalisieren.

IMAGO / Pond5 Images

Allein im zweiten Quartal dieses Jahres wurden rund 26.700 Abtreibungen vorgenommen – das meldete das Statistische Bundesamt (Destatis) vergangene Woche. Damit stieg die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,5 Prozent.

Es ist nun das sechste Quartal in Folge, in der die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche steigt. Im ersten Quartal dieses Jahres war die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche schon um 6,8 Prozent gestiegen – eine Zahl, die beschönigt, dass es sich um weitere 1760 Abbrüche handelt.

Zusätzlich, zu den 25.900 Schwangerschaftsabbrüchen, die schon wie im Vorjahresquartal vorgenommen wurden. Und schon im Jahr 2022 wurden 9,9 Prozent mehr Abtreibungen durchgeführt als 2021 – insgesamt fast 104.000. So ist die Steigerung der Abtreibungen in diesem Jahr kumulativ zu den vorhergehenden, massiven Steigerungen. Nüchterne Zahlen, die die grausame Realität nur umschreiben können.

Das Statistische Bundesamt meldet nicht, aus welchen Gründen die Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen wurden. Alleine über die Form wird berichtet – vier Prozent der Schwangerschaftsabbrüche wurden aufgrund einer medizinischen Indikation oder infolge einer Vergewaltigung vorgenommen. Die übrigen 96 Prozent im Rahmen der geltenden Beratungsregelung. Nach dieser wird ein Schwangerschaftsabbruch nicht strafrechtlich verfolgt, wenn er innerhalb von 12 Wochen nach der Empfängnis, nach einer Beratung durch einen Arzt und nach Verstreichen einer Bedenkzeit vorgenommen wird. Fast die Hälfte der betroffenen Frauen hatten vorher noch kein Kind zur Welt gebracht, die meisten von ihnen sind unverheiratet.

Die 27.600 Schwangerschaftsabbrüche im ersten Quartal stehen 165.000 Lebendgeburten im selben Zeitraum gegenüber.

Werbeverbot abgeschafft

Cornelia Kaminski ist die Bundesvorsitzende der „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA). Als mögliche Erklärungen führte sie die sich ändernde öffentliche Wahrnehmung von Abtreibungen an. „Abtreibungen werden zusehends als Recht, nicht als Unrecht dargestellt“, erklärte sie gegenüber Tichys Einblick. Auch, dass das Werbeverbot für Abtreibungen (§219a) abgeschafft wurde, mache es schwer eine Abtreibung tatsächlich „als unrechtmäßig darzustellen – was de facto daher auch nicht geschieht“. Der Paragraph 219a wurde im vergangenen Jahr gestrichen. Politiker, die die Initiative unterstützten, argumentieren, dass das Werbeverbot tatsächlich ein Informationsverbot über Abtreibungen sei. Ärzte durften bis dato keine Informationen über Abtreibungen öffentlich – zum Beispiel auf ihrer Website – anbieten.

Ärzte, die seit 1990 aufgrund dieses Gesetzes verurteilt wurden, sollen außerdem rehabilitiert werden, indem strafrechtliche Urteile, die seitdem ergangen sind, aufgehoben werden. „Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass ausgerechnet Ärztinnen und Ärzte, die selbst Schwangerschaftsabbrüche vornehmen und damit am besten sachlich informieren können, nach der derzeitigen Rechtslage eine Strafverfolgung befürchten müssen, wenn sie Informationen zur Verfügung stellen. Das passt nicht in unsere Zeit“, sagte Justizminister Buschmann (FDP) seinerzeit dazu.

Werbung für Abtreibungen unterliegt nun dem Heilmittelwerbegesetz – das auch die Werbung für Medikamente wie Aspirin regelt. Verboten ist nun nur noch „irreführende oder abstoßende Werbung“, so das Bundesjustizministerium.

Mehr Kinder werden ausgetragen

Bis Anfang 2021 war die Zahl der durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche rückläufig. Als das Abtreibungsrecht 1995 reformiert wurde, wurden jährlich circa 131.000 Abbrüche vorgenommen. Einen Höhepunkt erreichte die Statistik 2001 mit 135.000 Abbrüchen.

Der Rückgang der Schwangerschaftsabbrüche ist vor allem bei verheirateten und geschiedenen Frauen zu beobachten: Wer (noch) heiratet, entscheidet sich öfter dafür, das Kind auszutragen. Die Abtreibungen als Anteil der tatsächlichen Schwangerschaften gehen in Deutschland aber insgesamt zurück: für jedes geborene Kind werden weniger Kinder abgetrieben. 2021 wurden besonders viele Schwangerschaften abgebrochen, doch auch besonders viele Kinder geboren – so viele wie seit 1997 nicht.

Im Jahr 1997 wurden aber 30.000 mehr Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. Nach dieser Lesart wäre der Anstieg nur ein Nebeneffekt der vielen Geburten in diesem Jahr. Die Aktion Lebensrecht für Alle bemängelt allerdings die Statistik: Auf ihrer Website weist ALfA darauf hin, dass die Meldepflicht für Schwangerschaftsabbrüche quasi nicht kontrolliert werde und auch umgangen werde, indem Abtreibungen als andere Behandlungen kaschiert werden. Zum Beispiel als „Gebärmutterausschabungen“. Auch, wie hoch die Dunkelziffer von Schwangerschaftsabbrüchen im Ausland ist, ist nicht bekannt. Insgesamt sinkt seit Jahrzehnten die Zahl der Meldestellen – also der Praxen, Krankenhäusern und anderer Einrichtungen, die einen durchgeführten Schwangerschaftsabbruch melden. Das Statistische Bundesamt weißt aber darauf hin, dass diese Statistik keine Aussage darüber gibt, wie viele Einrichtungen tatsächlich Abtreibungen vornehmen würden, wenn sie angefragt werden.

Bundesregierung will weiter liberalisieren

„Es scheint, als ob der verfassungsmäßig zu gewährende Schutz des Lebens ungeborener Kinder den Regierenden nichts bedeutet“, kritisiert Kaminski das Verhalten der Regierung. Linke, Grüne und SPD wollen Abtreibungen aus dem Strafgesetzbuch streichen. Alle drei haben diese Forderung in ihre Grundsatzprogramme aufgenommen. Die SPD fordert sogar, dass Geldmittel bereitgestellt werden sollen, damit Kommunen und Länder dafür sorgen, dass Abtreibungen als Teil der medizinischen Grundversorgung angeboten werden. Auch ist in der Diskussion Ärzte dazu zu verpflichten diese Eingriffe durchzuführen. Die persönlichen Moralvorstellungen der Ärzte sollen so per Gesetz ignoriert werden.

FDP und CDU wollen die jetzige Gesetzeslage beibehalten, die AfD fordert ein weitgehendes Verbot. Eine ZDF-Befragung der Bevölkerung fand im März heraus, dass ein Großteil der Bevölkerung (54 Prozent) die jetzige Regelung beibehalten will. 38 Prozent hingegen fordern eine Legalisierung, nur drei Prozent ein komplettes Verbot. Die Ampelkoalition hat eine Kommission eingesetzt, die eine Neuregelung außerhalb des Strafrechts prüfen soll.

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Kommentare ( 11 )

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Proffi
7 Monate her

Vielleicht hängt das irgendwie mit den Folgen der mRNA-Spritze zusammen.

Atheist46
7 Monate her

Aus Ungarn höre ich von Freunden, dass sich dort in den letzten zehn Jahren die Zahl der Eheschließungen verdoppelt, die der Schwangerschaftsabbrüche halbiert und die Fertilitätsrate (Kinder je Frau) zur höchsten in der EU entwickelt hat. Irgendwas muss dieser Viktor Orbán also sehr richtig machen.

Last edited 7 Monate her by Atheist46
M. Stoll
7 Monate her

Aktuell beobachte ich folgende Entwicklung in Deutschland:
Die Familien, in denen die Frau ein Kopftuch (oder mehr Verschleierung) trägt, haben selbstverständlich mehrere Kinder.
Bio-deutsche Pärchen führen in der Regel einen Hund spazieren.
+++
26.700 herausgekratzte tote Kinder pro Jahr, „wir“ sind schon ein schönes „reiches“ Land.
Außerdem musste ich an den, vor kurzem erschienenen Artikel über das Mäuseexperiment denken.

Sidon
7 Monate her
Antworten an  M. Stoll

Die Deutschen, die Europäer sitzen eindeutig auf dem sterbenden Ast.
„Nichts bekommt dem Menschen so schlecht wie eine Reihe guter Tage (Jahrzehnte)“, sagt ein geflügeltes Wort. Hedonismus, Sittenverfall, Dekadenz, Todestrieb.
Schrecklich!

Transformation
7 Monate her

Abtreibungen sind in allen reichen, westlichen Staaten gefördert und politisch gewollt. Schließlich sollen die Weißen aussterben. Ferner wird mit den abgetriebenen Föten ein Milliardengeschäft in der Pharma-und Kosmetikindustrie gemacht. Man wird also weiterhin verhindern, dass Gegner der Abtreibungen vorankommen. Was mich absolut stört und auch verwundert ist noch etwas anderes. Es gibt unzählige sichere Verhütungsmethoden. Wie blöd sind eigentlich die Frauen/Männer? Heutzutage muss wirklich niemand (!) mehr schwanger werden. Mit Pille nicht, mit Spirale nicht, mit alternativen Temperaturmessungen plus Kondom/Zäpfchen nicht. Wer sich das nicht leisten kann, bekommt es sogar umsonst. Wieso werden die also alle schwanger? Sind die alle… Mehr

Sidon
7 Monate her

„Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den Schwächsten ihrer Glieder verfährt“ (Gustav Heinemann).

Postmeister
7 Monate her

Wer möchte heute noch Kinder bekommen, wenn Eltern damit rechnen müssen das die Jungen Opfer arabischen Messerterrors und die Mädchen den Kopftuchterrors und der Unterdrückung durch junge islamische Männer werden.

Ede
7 Monate her

Kinder bekommen – überspitzt formuliert – nur noch mittellose und Menschen am Rande des sozialen Spektrums. Wer sein Geld selbst verdient, möchte von dem Krümeln, die der Staat ihm übrig läßt nicht noch ein Kind großziehen. Das ist nämlich eine Lebensaufgabe und ich weiß wovon ich spreche. Auch das paßt alles in den mutmaßlichen, großen Plan. Ich weiß nicht, wie ich meine Verbitterung zum Ausdruck bringen soll wenn ich darüber nachdenke.

Mausi
7 Monate her

Es fehlt der Anteil an Abbrüchen bei Zugereisten. Es fehlt auch die Aufteilung zwischen denjenigen, die von ihrer Hände Arbeit leben und denjenigen, die von staatlicher Unterstützung leben.
Man muss sich nur die Steuern und Abgaben ansehen. Dann kann man sich ausrechnen, warum die Abtreibungen in die Höhe gehen.
Fehlende Kindergartenplätze rechne ich nicht dazu. Denn wenn nicht genug Geld vorhanden ist, um Kinderbetreuung privat zu organisieren, mit Betreuung, die zu meinen eigenen Überzeugungen passt und nicht zu denen des Staates, dann ist das System falsch.

Last edited 7 Monate her by Mausi
SB
7 Monate her

Erschreckend, wie tief die malthusianische „Ethik“ schon in die Politikerköpfe eingesickert ist. Da haben die klandestinen Eugeniker im Dunstkreis von „Planned Parenthood“ und „Club of Rome“ wirklich ganze Arbeit geleistet. Hinzu kommt eine wachsende Anzahl ungewollter Schwangerschaftsabbrüche, die empirisch mit den „Segnungen“ der Covid-Spritze zusammenhängen, aber im Weltbild unserer „Oberen“ und des öffentlich-rechtlichen Klerus natürlich mit irgendwas anderem zu tun haben müssen. Mit „Klima“, ganz bestimmt. Oder mit „Long Covid“, der Mutter aller Ablenkungsmanöver.
Gleichzeitig werden die Lebensrecht-Märsche von selbsternannten linken Klassenkämpfern zusammengetreten. Tja, was soll man noch sagen. Läuft.

Last edited 7 Monate her by SB
Innere Unruhe
7 Monate her
Antworten an  SB

In der Tat. Es wäre gut zu erfahren, wie sich die Covid-Impfung auf die Fertilität und Kindergesundheit ausgewirkt hat.