Warum Schwesig trotz der Nord-Stream-2-Stiftung noch Ministerpräsidentin ist

Der Bundeskanzler wusste über die zwielichtige Nord-Stream-2-Stiftung von Manuela Schwesig frühzeitig Bescheid. Wenn Schwesig gehen müsste, würde das auch Scholz beschädigen. Also kann sie bleiben.

IMAGO / BildFunkMV
Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, 16.06.2022

Normalerweise wäre der Rücktritt von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) längst überfällig. Sie hatte eine landeseigene Tarnstiftung gegründet, die „Klima- und Umweltschutz MV“ hieß, aber eigentlich den Zweck hatte, US-Sanktionen gegen den Bau der russischen Gaspipeline Nord Stream 2 in der Ostsee zu umgehen. Schon vor Beginn des russischen Angriffskrieges war das in hohem Maße fragwürdig. Seither ist sie damit eigentlich untragbar geworden.

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Doch bekanntlich stürzen führende Politiker nicht über ihre Fehler oder Untaten selbst, sondern erst, wenn sie bei den eigenen Leuten, sprich in ihrer Partei den Rückhalt verlieren. Den hat Schwesig offenbar weiterhin, nicht zuletzt den ihres Parteifreundes Bundeskanzler Olaf Scholz. Denn der dürfte ein starkes Eigeninteresse daran haben, dass Schwesigs Nord-Stream-Taten nicht geahndet werden, um nicht selbst vor dieser Konsequenz zu stehen. Weil er nämlich frühzeitig unterrichtet war und sie gebilligt hat.

Wie Antworten der Schweriner Staatskanzlei auf Anfragen des Tagesspiegel zeigen, hatte Schwesig bereits ab Ende November 2020 über die Stiftung mit dem damaligen Bundesfinanzminister und heutigen Bundeskanzler Scholz und dem damaligen Außenminister Heiko Maas (beide SPD) telefoniert.

Schwesig hat also letztlich Recht, wenn sie zur Verteidigung auf den breiten politischen Konsens für das Vorhaben Nord Stream 2 verweist. Das Projekt war tatsächlich von der Merkel-Bundesregierung aus Union und SPD gemeinsam befürwortet worden. Und sie weiß, dass auch aus Merkels CDU zumindest auf Bundesebene der Ruf nach ihrem Rücktritt sehr leise bleiben wird, solange man dort keinen radikalen Bruch mit der Ära Merkel betreibt – und danach sieht es nicht aus.

Fazit: Normalerweise müsste Schwesig zurücktreten, aber dann stünden auch der Kanzler und weite Teile der Berliner Spitzenpolitik höchst blamiert da, weil sie Schwesig gewähren ließen. Also bleibt Schwesig eben.

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Kommentare ( 21 )

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Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Klingt eher nach einer Politikerin, die unser Land von einem kriegswütigen Despoten abhängig machen will. Natürlich verfolgen die Amerikaner ihre eigenen hegemonialen Ziele, dennoch sind sie mir mit ihrer mehr als 200jährigen Demokratie lieber als ein Russland, das immer noch von Despoten regiert wird. Deutschland wird immer von irgendeiner Übermacht in gewisser Weise mitregiert werden. Kommt nur darauf an, wem man in Bezug auf die Verteidigung einer freiheitlichen Ordnung, so fehlerhaft sie auch immer sein mag, mehr vertraut.

Alf
1 Jahr her

…Doch bekanntlich stürzen führende Politiker nicht über ihre Fehler oder Untaten selbst, sondern erst, wenn sie bei den eigenen Leuten, sprich in ihrer Partei den Rückhalt verlieren…
Richtig, aber nicht unter der Ampel und nicht unter Scholz.
Würden alle unter Scholz zurücktreten, weil nicht ministrabel, wäre Scholz Geschichte.

RMPetersen
1 Jahr her

Immerhin kann man den Eindruck haben, dass Frau Schwesing mit ihrem Handeln Deutschland nutzen wollte.
Im Unterschied zu vielen Anderen haben NorthStream2-Befürworter den Nutzen des Deutschen Volkes mehren und Schaden von ihm wenden wollen (- um mal die Kanzler-Amtseide anzuspielen).
Dass die USA die Nutzung der Pipeline verhindert haben, kann nur jemand bejubeln, der die Industrialisierung Deutschlands für wünschenswert hält. Wenn der krieg nicht bald beendet wird und wir nicht schnellstmöglich wieder gute Wirtschaftsbeziehungen mit Russland herstellen, wird es düster werden.

Michael M.
1 Jahr her
Antworten an  RMPetersen

Volle Zustimmung.
Die Inbetriebnahme der neuen Pipeline hätte für Deutschland nur Vorteile (Versorgungssicherheit, stabilere Preise, Arbeitsplätze). Man muss die Politik von Frau Schwesig sicher nicht gut finden (das tue ich auch nicht, insbesondere hinsichtlich des Corona-Irrsinns in MV), aber wegen dieser Stiftung ihren Rücktritt zu fordern ist Unsinn.

Alrik
1 Jahr her

Schröder, Merkel und Scholz haben mit ihrer Energiepolitik Deutschland abhängig von russischen Gas gemacht. Eigentlich sollte das für einen Parteiausschluß reichen, aber das wird genauso wenig passiern wie ein Rücktritt von Schwesig.

EURO fighter
1 Jahr her

Beim Versuch, die nach Art alter Feudalherren angedrohten Sanktionen der USA zu umgehen, waren mMn auch „zwielichtige“ Mittel gerechtfertigt. In diesem Punkt hat Schwesig meine volle moralische Unterstützung.

old man from black forrest
1 Jahr her

Warum fordert man Putin eigentlich nicht auf, das wg. Wartungsarbeiten fehlende Gas sozusagen provisorisch durch NS 2 zu leiten. Die ist nun halt da und angeblich auch befüllt. Was Frau Merkel zu verantworten hat war doch alles richtig und wenn nicht zu unserem Wohl, dann doch zum Wohle des Weltklimas und der Menschen der ganzen Welt. Weshalb dann plötzlich dieser Bohei um die Ukraine. Laßt sie doch den Russen. Für den Klimawandel müssen auch die Ukrainer Opfer bringen. Natürlich sollte man dann allen Ukrainern anlog dem Impfangebot ein Einwanderungsangebot machen.

LiKoDe
1 Jahr her

Fragwürdig war und ist allein, dass US-Regierungen [und auch die Regierungen Polens und der Ukraine] Nord Stream 2 so rabiat verhindern wollten und wollen, da Nord Stream 2 Deutschland und seinen Bürgern genützt hätte. Man muss sich mal allen Ernstes fragen, warum Medien in Deutschland so auf Nord Stream 2 herumackten und herumhacken. Werden diese Medien von der US-Regierung oder der Polens oder der der Ukraine dafür bezahlt?

Werner Geiselhart
1 Jahr her

Diese Stiftung ist doch nur die Folge der von Merkel mit voller Unterstützung von rotgrün durchgezogenen Energiewende.
Dort ist hochoffiziell festgehalten, dass Kohle- und Kernkraftwerke durch ca. 60 neue Gaskraftwerke ersetzt werden sollten und Schwesig und Co. bekamen den Auftrag von Merkel/Scholz, die Lieferungen zu gewährleisten.
NS 1 und 2 und damit die totale Abhängigkeit von Putin sind also eine direkte Folge der Energiewende.
Merkel/Scholz gehören noch eher wie Schwesig zur Verantwortung gezogen, es gibt einige Paragraphen im Strafgesetzbuch, die man auf dieses Verhalten anwenden könnte. Ich erinnere auch an Wirecard und CumEx, wo sich beide jetzt wegducken.

Klaus Kabel
1 Jahr her

Scholz und weite Teile der Berliner „Spitzenpolitiker“ sind doch schon lange blamiert und verbrannt. Denen ist das doch völlig Jacke wie Hose. Ist der Ruf erst ruiniert, regiert sich völlig ungeniert. Und der Staat ist eben Beute dieser Herrschaften.

Last edited 1 Jahr her by Klaus Kabel
Peter Gramm
1 Jahr her

NS2 diente der sicheren Energieversorgung Deutschlands. Dies wurde durch die grünen Ideologen Habeck, Bärbock, Lang (die Frau die ihren Körper nicht im Griff hat) Roth, KGE ….verhindert unbd damit Deutschland schwersten Schaden zugefügt. Die alles zu unterdrücken, zu verschweigen und inm Abrede zu stellen wird der Sache nicht gerecht. Diese Leute haben ihren Amtseid schlicht verletzt. Gestern bei Servus TV hat dies die Fürstin sehr schön zum Ausdruck gebracht. In Deutschland ist dies leider nicht mehr möglich. Die Amerikahörigkeit ist zu stark.

Alrik
1 Jahr her
Antworten an  Peter Gramm

Gas zur sicheren Energieversorgung wäre ohne den Atomausstieg und die idiotische Energiewende gar nicht notwendig. Aber wenn es gegen die Amis geht muß der Deutsche anscheinden auch die schwarz-rot-grüne Energiewende gut finden…