Ukraine und Russland geben erste Annäherungssignale in Istanbul

Nach dem ersten Gespräch in Istanbul gibt es verhalten positive Signale. Die Ukrainer machen Vorschläge, wie ihre Sicherheit auch bei Neutralität garantiert werden könnte. Russland hat angekündigt, seine Operationen um Kiew herum einzuschränken. Eine Schlüsselrolle als Vermittler spielt Roman Abramowitsch.

IMAGO / SNA
Die Delegationen Russlands und der Ukraine am Verhandlungstisch im Dolmabahce-Palast in Istanbul, 29.3.2022

Die Unterhändler der Ukrainer haben bei den heutigen Verhandlungen mit Russland in Istanbul nach eigenen Angaben ein neues System für Sicherheitsgarantien vorgeschlagen, bei der die Türkei als einer der möglichen Hauptgaranten gesehen wird.

Russland hat unterdessen bekannt gegeben, dass es seine Militäroperationen in der Nähe der ukrainischen Hauptstadt Kiew und Tschernihiw stark einschränke. Die russischen Truppen haben nach neusten Meldungen offenbar bereits mit einem Rückzug rings um Kiew begonnen, wie CNN unter Berufung auf zwei hochrangige US-Beamte berichtet.

Ein ukrainischer Unterhändler sagte, das Land strebe internationale Sicherheitsgarantien für Gebiete an, die nicht die von Separatisten kontrollierten Gebiete Donbas und Krim umfassen. Russland wiederum deutete an, dass die Gespräche den Weg für ein Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj freimachen könnten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte zu Beginn der Gespräche in Istanbul, man erwarte konkrete Ergebnisse. »Ein sofortiger Waffenstillstand und Frieden sind in unser aller Interesse«, sagte er.

Die Unterhändler der Ukrainer haben nach eigenen Angaben ein neues System für Sicherheitsgarantien vorgeschlagen, bei dem die Türkei als einer der möglichen Hauptgaranten gesehen wird. Wenn weitere Länder wie beispielsweise Israel, Polen und Kanada der Ukraine Sicherheitsgarantien geben könnten, werde die Ukraine einem neutralen Status des eigenen Landes zustimmen. Dabei würde es auch keinen ausländischen Militärstützpunkt auf ukrainischem Gebiet geben.

Voraussetzung sei, dass auf dem gesamten Gebiet der Ukraine wieder Frieden herrsche und die ukrainische Bevölkerung in einem Referendum über die Bedingungen eines Abkommens mit Russland abgestimmt habe. Die Ukraine habe weiterhin vorgeschlagen, mit Russland Beratungen über den Status der Krim für die nächsten 15 Jahre zu führen.

An den Gesprächen hat auch Milliardär Roman Abramowitsch teilgenommen, der kein offizielles Mitglied des russischen Verhandlungsteams mit der Ukraine ist. Er sei laut Russland anwesend, um »bestimmte Kontakte« zwischen beiden Seiten zu ermöglichen. Beide Seiten hätten zudem zugestimmt, dass Abramowitsch bei den Gesprächen anwesend sei.

Bereits in den vergangenen Tagen berichteten britische Zeitungen, dass Abramowitsch zwischen den Präsidenten Russlands und der Ukraine vermittelt. Wie die Times berichtete, sei Abramowitsch bereits am vergangenen Mittwoch mit einem Privatjet von Istanbul nach Moskau geflogen, um Wladimir Putin eine handschriftliche Notiz des ukrainischen Präsidenten Selenskyjs zu überbringen, und sei am selben Abend zurückgeflogen, um Putins Reaktion zu besprechen.

Die Financial Times hatte zuvor berichtet, dass Putin persönlich Abramowitsch mit der Vermittlung beauftragt habe. Einem Bericht der amerikanischen Zeitung Wall Street Journal zufolge soll Selenskyj wiederum den amerikanischen Präsidenten Biden gebeten haben, eine Reihe schon vorbereiteter Sanktionen gegen Abramowitsch nicht in Kraft zu setzen.

Abramowitsch soll mit einem Privatflugzeug eines türkischen Unternehmens geflogen sein, weil er sein eigenes Flugzeug wegen der EU-Sanktionen nicht bewegen darf. Angeblich habe Putin zunächst auf einen Vorschlag Selenskyjs mit dem Satz reagiert: Sag’ ihnen, ich werde sie verdreschen.

Ein ukrainischer Abgeordneter berichtete der Financial Times, dass er schon bei den ersten Gesprächen zwischen Ukraine und Russland in Weißrussland Abramowitsch getroffen habe. Auch soll Abramowitsch den früheren Bundeskanzler Schröder in Moskau gemeinsam mit dem Chef der russischen Verhandlungskommission getroffen haben.

Anzeige

Unterstützung
oder