SPD bald einstellig? Politologe warnt vor dem Absturz der Sozialdemokraten

Der SPD droht ein Absturz, sagt ein Politologe im Interview. Man möchte Loriot zitieren: „Ach was?“ Die Frage ist, ob sich dieser Absturz noch aufhalten lässt – mit den vorgeschlagenen Rezepten jedenfalls nicht.

IMAGO

Johannes Rau holte als Spitzenkandidat für die SPD 37 Prozent. Damit verlor er 1987 klar gegen Amtsinhaber Helmut Kohl, dessen Union auf 44,3 Prozent der Stimmen kam. Dieser Tage führen beide Parteien eine gemeinsame Regierung – und stehen laut aktuellen Umfragen zusammen bei 37 Prozent. Die Nachrichtenagentur DTS titelt: „Politologe sieht akutes Absturzrisiko für SPD“. Und man möchte fragen: Ja, wohin wollen die denn noch abstürzen?

„Die Gefahr, dass die Sozialdemokraten unter zehn Prozent rutschen, ist definitiv nicht gebannt“, sagt der besagte Politologe Wolfgang Schroeder gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung. Angesichts einer Partei, die sich in den letzten 20 Jahren mehr als halbiert hat und bei der letzten Bundestagswahl nur noch 16,4 Prozent erreicht hat, ist das keine gewagte Prognose – sondern eher die Fortsetzung einer Kurve.

Forsa-Umfrage
AfD hängt CDU/CSU ab und SPD versinkt
Ein Blick in die Länder erklärt, was die SPD noch am Leben hält: Im Westen ist die SPD noch stark in den Stadtstaaten und in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. In Hamburg und Bremen waren die Sozialdemokraten schon immer führend. Doch Niedersachen und Rheinland-Pfalz waren bis in die 80er Jahre hinein Hochburgen der CDU, die berühmte Ministerpräsidenten hervorbrachten wie Ursula von der Leyens Vater Ernst Albrecht oder eben Helmut Kohl.

Die SPD hat diese Hochburgen nicht durch inhaltliche Arbeit erobert und gefestigt. Es hat sich dort auch nicht der Zeitgeist im Sinne der Sozialdemokraten gedreht. Sie haben diese Länder gewonnen, nachdem die Union schwere Fehler begangen hat. Danach haben die Sozialdemokraten knallharte Machtpolitik betrieben. Die SPD vergibt die Jobs. Nicht nur im ausufernden öffentlichen Dienst, sondern auch in der privaten und halbstaatlichen Wirtschaft – etwa im Gesundheitswesen. Wer kein Sozialdemokrat sei, dürfe in seinem Land in Krankenkassen, Medizinischem Dienst oder Kassenärztlichen Vereinigungen nichts werden, ließ Kurt Beck seine rheinland-pfälzischen Genossen wissen.

Die SPD ist dort stark, wo sie sich fügsame Gefolgschaft mit öffentlichem Geld kaufen kann. Das zeigt auch die Gegenprobe: In Ländern wie Bayern, in denen die SPD schon lange nicht mehr an der Macht war, sind einstellige Ergebnisse für sie längst gelebter Alltag. Als sie 2023 in Bayern bei der Landtagswahl 8,6 Prozent erreichten, freuten sich die Sozialdemokraten – zwischenzeitlich schien sogar ein Rauswurf aus dem Landtag durchaus möglich zu sein.

Die Frage stellt sich, ob die SPD ihren Absturz noch aufhalten kann oder ob sie in der deutschen Politik das ist, was das Osmanische Reich im Staatenbund des 19. Jahrhunderts war: ein Riese, dessen Tod schon feststeht und der ein Machtvakuum hinterlässt, das zu Konflikten führt, die zu Unruhen und Weltkriegen führen können. Im Vergleichsfall sind das etwa der Aufstieg der AfD und des Bündnis Sahra Wagenknecht, die nicht zuletzt durch abtrünnige SPD-Wähler entstanden und gewachsen sind. Samt dem Kriegstanz, den die bisher regierenden Parteien um “Brandmauern” aufführen.

Schroeder rät der SPD nun in der NOZ, um ihren Absturz umzudrehen, müsse in der Bundesregierung ihre Handschrift erkennbar bleiben: „Es darf nicht der Eindruck entstehen, diese Regierung belaste die Schwachen und entlaste die Starken.“ Auch müsse die Partei auf gesellschaftspolitische Themen setzen, weil sie sich mit diesen von der Union abgrenzen könne, der Wettbewerb in der politischen Mitte ausgetragen würde, was dann die Ränder schwächen soll.

Was wiederum eine Frage aufwirft: Darf man in Deutschland – Paragraph 188 und so – einem Politologen noch sagen, dass er faselt? Der Sozialetat des Bundes beträgt 190 Milliarden Euro und nimmt damit deutlich mehr als ein Drittel dessen Geldes in Anspruch. Dazu kommen die Sozialkosten in den Ländern, den Kommunen und den Sozialversicherungen. Die Sozialversicherungen wiederum sind so teuer – Tendenz steigend – dass sie zum Grund für Unternehmen werden, das Land zu verlassen. Das Bürgergeld führt dazu, dass einzelne Familie 6000 Euro im Monat netto beziehen, was die meisten mit harter Arbeit brutto nicht erhalten.

Krise der Sozialdemokraten
Die SPD sinkt und sinkt und sinkt
Der Eindruck dürfe nicht entstehen, dass die Starken einseitig entlastet werden? Das ist sozialdemokratischer Kitsch. Keine Analyse. In 23 der letzten 27 Jahren hat die SPD im Bund regiert. Zehn Jahre davon stellte sie die Bundeskanzler. In dieser Zeit war die Partei so sichtbar, dass die Schwachen heute die Starken sind. Wenn Arbeitslose besser leben als Arbeitende, dann ist eine Gesellschaft pervertiert und kann nicht funktionieren – und die deutsche funktioniert ja auch nach 23 von 27 Jahren SPD ja nicht mehr. Auch und gerade, weil sich die SPD um gesellschaftspolitisch eminent wichtige Themen gekümmert hat wie die Tabuisierung von Weißen in der Werbung, Milliarden an staatlichen Euro für Nichtregierungs-Organisationen oder die Strafverfolgung von denen, die Menschen mit Penis nicht Frauen nennen wollen.

Wer der SPD dazu rät, einfach Mehr vom bisherigen zu zeigen, der hat spätestens mit Johannes Rau aufgehört, die Gesellschaft zu verstehen. Das Problem der SPD ist nicht, dass sie nicht sichtbar wäre. Das Problem der SPD ist, dass die Folgen ihrer Politik allmählich sichtbar werden: in Form von kaputten Straßen, Schienen und Brücken. Einer verpassten Digitalisierung der Verwaltung. Einem weltweit drittklassigen Internetausbau. Einer schrumpfenden Wirtschaft. Einer nicht verteidigungsbereiten Armee…

Und das Problem der SPD sind ihre Repräsentanten, die sich hinstellen und sagen, wie viel in den letzten Jahren in Deutschland doch versäumt worden sei. So als ob das die Folge einer Naturkatastrophe wäre – und nicht die ihrer Politik. Jetzt müsse man nur ungebremst Schulden, aber ansonsten genau so weitermachen und alles werde besser. Wenn die SPD das tut, das ist keine Prognose, das lässt sich in den aktuellen Umfragen schon ablesen – dann braucht sie keine 20 Jahre mehr, um sich noch einmal zu halbieren. Und ja, dann ist sie einstellig.

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Kommentare ( 144 )

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Juergen Waldmann
3 Monate her

Die SPD klammert sich noch an vergangene Zeiten , vergisst dabei aber , dass ihr Elend heute selbst verschuldet ist . Nach G. Schröder kam keine Idee , die die Lage im Land verbesserte und erst recht keine Maßnahme von der SPD . Den Reformer Schröder ersetzten Linke und Grüne Politiker in der Partei , die unseren heutigen Stillstand bei Reformen , verursachten .

Privat
3 Monate her

Ich beobachte das ganze Elend, das die SPD zu großen Teilen mit zu verantworten hat.
Meine Einschätzung der SPD – die dürften in Zukunft allerhöchstens – 5 % – der Wählerstimmen erhalten.

Don Didi
3 Monate her
Antworten an  Privat

Nein, ich denke nicht. Das Problem ist, wie im Artikel angemerkt, daß sich die SPD ihre Wähler kauft. Der Bürgergeldempfänger mit Einkommen oberhalb des produktiv Tätigen kann nur SPD wählen, damit das Geld ohne Arbeit weiterfließt. Wir haben schon nur noch knapp 30% produktiv Tätige, die reichen nicht für eine Mehrheit, die SPD sorgt mit ihrer Politik dafür, daß diese Gruppe schrumpft und die Gruppe der staatlich alimentierten, also die von linken Regierungen finanziell abhängiger Wähler, wächst.

Wäre ich Bürgergeldempfänger, würde ich gegen jede Überzeugung auch SPD wählen, allein, um mein Einkommen zu sichern.

Phil
3 Monate her

Der Geist von 41% der Wähler wurde durch den Sozialismus vergiftet, dabei spielt es keine Rolle welche sozialistische Partei man wählt, jeder Form des Sozialismus liegt die selbe DNA zu Grunde. Die Unterschiede zwischen den einzelnen sozialistischen Parteien (NSDAP, KPD, SPD, Grüne, Linke, BSW und wie man sie alle nannte und nennt) sind marginal und unterscheiden sich lediglich in der Art der Verteilung und der Gruppe der Begünstigten. War die Gruppe der begünstigten des Diebeszuges vor 50-60 Jahren noch relativ einheitlich bei der Wahl der Verwendung des Diebesgutes (mehrheitlich für den Sozialstaat), so haben sich die Begehrlichkeiten mit dem Wachsen… Mehr

Verzeihtnix
3 Monate her

Eine Deutschland ohne SPD ist wie ein Hund ohne Flöhe. Daher verstehe den Politologen nicht, wenn er von Gefahr spricht. Es müsste Hoffnung heißen.

Waehler 21
3 Monate her

Die Antifa hat nur die Markenrechte der SPD gekauft, erbeutet. Die Tante SPD wurde umgebaut und erneuert – in Richtung unbestimmtem , funktionärsgesteurtem Sozialismus.
Der Meinungspluralusmus in der SPD wurde abgeschafft und zur Parteiräson gemacht.
Und ich denke, dass selbe soll auch mit der ganzen Bundesrepublik geschehen.
Übertrieben? Jeder charismatische Meinungsinhaber gegen die „Lehrmeinung“ wird kriminalisiert, dämonisiert oder wirtschaftlich angegriffen. Darüber sollte man nachdenken.

Privat
3 Monate her

Das neuste Katastrophe – Die SPD Genossin- Bärbel Bas- Unter dem Merz zur
Bundesministerin für Arbeit und Soziales befördert, wirbt in muslimischen Ländern mit unserem Steuergeld für das – deutsche Bürgergeld !!
Alle können kommen in das Land der dummen Deutschen, um ihr Bürgergeld zu empfangen.
Arbeiten gehen lohnt es sich für Deutsche unter solchen Umständen nicht mehr

singing_fish
3 Monate her
Antworten an  Privat

Das Dumme ist, daß es sich zwar nicht lohnt, man als Deutscher bzw. Integrierter aber arbeiten gehen muß. Für die netten Anderen vor allem.

Ein Mensch
3 Monate her

Ich würde es nicht als Warnung ansehen, ich würde es als Hoffnungsschimmer bezeichnen.

Hairbert
3 Monate her
Antworten an  Ein Mensch

Dieser Mehrheitsmeinung hier im Forum und draußen auf der Straße stimme ich zu:
Leistungs-, Selbstverantwortungs- und Eigentumsfeindlichkeit ist nicht sozial.
Oppositions- und Meinungsfreiheitsfeindlichkeit ist nicht demokratisch.
Und deutschlandfeindlich und -schädlich sind sie seit der Ehe mit den Grünen auch schon lange.

Eberhard
3 Monate her

Wenn ein Wahlgewinner sich als Kompagnon den großen Verlierer aussucht, werden beide immer zum Verlierer. Traurig nur, dass damit nur wegen einseitiger ideologischer Brandmauer alle Deutschen weiter Verlierer bleiben. Aber man darf ja inzwischen in Deutschland wieder über alles sprechen, oder?

Evero
3 Monate her

Die SPD ist schon konsequent in der Abwicklung ihrer eigenen Existenz. Sie will schon lange keine integrative Volkspartei mehr sein, sondern lieber linke Klientelpartei mit klarer Tendenz zum Extremen. Verantwortlich dafür ist ihre Funktionärsclique, die mit Lebensläufen „Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal“ glänzt und nicht mit gestandenen, berufserfahrenen Fachleuten. Ideologen bestimmen den Kurs statt Praktiker und Pragmatiker.
Eine Partei, die im Parteiprogramm danach trachtet die Konkurrenz durch Parteiverbot auszuschalten, hat im Bundestag nichts mehr zu suchen. Diese bürokratielastigen, verbotssüchtigen und politisch erfolglosen Kadetten verdienen die rote Karte.

BellaCiao
3 Monate her

„Der Eindruck dürfe nicht entstehen, dass die Starken einseitig entlastet werden? “

„Das ist sozialdemokratischer Kitsch.“ Ach was? (Das ist übrigens auch eines meiner Lieblingszitate von Loriot.)

Zu dem völlig fehlgeleiteten, aber umso stabiler gehaltenen Kurs der SPD in den letzten über 20 Jahren möchte ich noch ergänzen:

Ja, wo laufen Sie denn, wo laufen sie denn?

Hoffentlich wird die SPD ganz bald einstellig. Je früher, desto besser!