Die öffentlichen Verkehrsbetriebe der Stadt veranstalteten jahrelang kostenlose Lustreisen für Rathaus-Angestellte. Jetzt kommt der Vorwurf dazu, dass sich der Oberbürgermeister gratis zum Parteitag nach Berlin kutschieren ließ
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Mitten in der politischen Sommerpause kocht im saarländischen Neunkirchen ein Skandal hoch, der nicht nur Oberbürgermeister Jörg Aumann gefährlich werden könnte, sondern auch seiner Partei, der SPD. Denn es geht einerseits um ein städtisches Amigo-System, zum anderen aber möglicherweise um eine illegale Parteienfinanzierung durch die öffentliche Neunkircher Verkehrsgesellschaft (NVG), die sich zu 60 Prozent in der Hand der Kommune und zu 40 Prozent im Besitz des Kreises befindet. Wie die Saarbrücker Zeitung aufdeckte, lud die NVG zahlreiche Angestellte der Stadt Neunkirchen jahrelang kostenlos zu Ausflügen ein – beispielsweise zu Weinreisen ins benachbarte Rheinland-Pfalz. Als Reaktion auf die Enthüllung stellte der Neunkircher Oberbürgermeister Aumann hat den Geschäftsführer der städtischen Verkehrsbetriebe Pascal Koch und den Betriebsratsvorsitzenden Heiko Schaufert umgehend frei, außerdem erstattete er Strafanzeige.
NVG-Chef Koch erklärt, er werde die Suspendierung nicht hinnehmen. Auch der Betriebsratsvorsitzende Schaufert fühlt sich ungerecht behandelt. Als Ortsvorsteher in der Neunkircher Innenstadt und SPD-Stadtrat gehört er zum sozialdemokratischen Establishment der Stadt. Nach der Freistellung dauerte es keine zwei Tage, bis die nächste hoch brisante Mitteilung bei der Saarbrücker Zeitung landete. Sie betrifft das Stadtoberhaupt selbst. Aumann soll demnach ebenfalls einen Gratis-Dienst der NVG in Anspruch genommen haben: und zwar für eine Solo-Fahrt zum SPD-Parteitag am 11. Januar in Berlin. Das wäre eine geldwerte Leistung zugunsten der Partei, die als Parteispende hätte gemeldet werden müssen. Dass dies geschah, ist wenig wahrscheinlich: denn bei dem Fahrdienst für den OB handelt es sich gleichzeitig um Untreue zum Schaden der Verkehrsbetriebe, so wie bei den Lustreisen für die städtischen Angestellten auch.
Eine Anfrage von TE an den SPD-Landesverband Saar, ob Aumann die mutmaßliche Übernahme der Fahrtkosten nach Berlin durch die Verkehrsgesellschaft offengelegt habe, blieb unbeantwortet, ebenso wie eine TE-Anfrage an Aumann selbst. Sollten sie eintreffen, reicht TE sie nach.
Der Fraktionschef der oppositionellen AfD im Stadtrat Christoph Schaufert (nicht verwandt mit dem geschassten Betriebsratsvorsitzenden der NVG) meint gegenüber TE, die Vorgänge seien wahrscheinlich „nur die Spitze des Eisbergs“. Seine Fraktion werde Anträge zur Aufklärung der Vorwürfe einbringen. „In Neunkirchen“, so AfD-Schaufert, „ist es fast so, dass man bei der SPD denkt, das Rathaus gehört dem Ortsverein.“ Die „Verfilzung“ sei „der Boden, auf dem so etwas gedeiht, was jetzt offenbar bei der NVG passierte. Da gibt es kein Unrechtsbewusstsein.“
Neunkirchens OB amtiert gleichzeitig als Präsident des saarländischen Städte- und Gemeindetags, seit 2021 auch als Vizechef des SPD-Landesverbandes. Der Vorwurf der verdeckten Parteienfinanzierung durch einen öffentlichen Betrieb wirkt deshalb so brisant, weil die die SPD zusammen mit anderen Parteien in Rheinland-Pfalz Nordrhein-Westfahlen in Wahlausschüssen gerade darauf hinwirkte, dass mehrere AfD-Kandidaten nicht zur Kommunalwahl antreten dürfen, unter anderem der Bewerber für den Posten des Oberbürgermeisters von Ludwigshafen. Die Begründung lautete, die Anforderungen an kommunale Wahlbeamte seien besonders hoch, was verfassungs- und Rechtstreue betrifft. Der verhinderte Kandidat Joachim Paul klagt gegen seine Nichtzulassung. Ein Gericht wies seinen Eilantrag allerdings am Montag ab.
Im saarländischen Neunkirchen stellt sich jetzt die Frage: wie geht die SPD mit Oberbürgermeister Aumann um, sollte sich der Vorwurf der verdeckten Parteienfinanzierung bestätigen? In diesem Fall käme eine Geldstrafe auf die Partei zu – und ein Strafverfahren auf den Stadtregenten. Es würde sich auch nicht um eine Bagatelle handeln, anders als im Juli 2024, als Aumann vor einem Einkaufscenter mit seinem Wagen ein anderes Auto rammte, und sich dann der Polizei widersetzte. Seine Begründung damals: er habe an akuter Unterzuckerung gelitten.

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Statt „akuter Unterzuckerung“ würde ich „chronischen Mangel an Unrechtsbewußtsein“ diagnostizieren.
Oder aber die genetische Fehlentwicklung der SPD-Genossen, der Staat und seine Institutionen sei per Naturgesetz ihr persönliches Eigentum.
Das läuft in diesen Kreisen bestimmt schon lange so oder so ähnlich. Gut wenn da mal aufgeschreckt wird. Hoffentlich hat das auch handfeste Ergebnisse
Herr Aumann hätte durchaus mit dem ICE nach Berlin fahren können, denn dieser fährt vom nicht weit entfernten Saarbrücken täglich mehrmals ab.
Und wahrscheinlich wäre die Fahrzeit erheblich kürzer gewesen.
Wenn es um den eigenen Geldbeutel geht, dann können Sozen plötzlich sparen…. allerdings auf Kosten der Allgemeinheit!
Jaja, „die besonders Gerechten“ …
Erinnere an die Bibel.
Gerade die „Pharisäer hoch DREI“!!!
Nette Ausrede für einen Unfall …“Unterzuckerung“!!!
Probier ich auch mal aus 😉
Für akute Unterzuckerung ist zumindest ein einiges – auch sonst an Verantwortung tragendes Stadtoberhaupt – höchstselbst verantwortlich.
Falls schon nicht für …
Wurde bestimmt von einem unabhängigen Gutachter bestätigt, diese Aussage.
Bevor dieses gehegte, bedauernswerte Einzelschicksal der Provinzprominenz sich wieder per Emergency mit Zuckerschock in die belanglose Opferrolle flüchten will, unterstützt von seinem Landrat, dem ehemaligen Fassnachtsbüttenclown, sollte in allen Kommunen mit eigener Verkehrs AG nach Parallelzuständen gesucht werden. Hierbei ist insbesondere die SaarBahn zu benennen. Auch der LSV der vorbelastete Landessportverband, der kommunale Dienst der Stadt Saarbrücken usw. wer hat sich davon nicht schon Privatdienste erfüllen lassen? Im Gegenzug dazu ist der AfD Kandidat in Ludwigshafen wegen Verfassungsbedenken nicht wählbar, weil er nie mit diesem Bus gefahren ist?Rücktritt ist für diese Spezies nur Rückschritt, also völlig ausgeschlossen! Insider erinnern sich… Mehr
Noch ein Nachtrag: Vorsitzender des Pfarrverwaltungsrates der kath. Pfarrei St. Marien in Neunkirchen ist Jörg Aumann. Aus diesem Pfarrverwaltungsrat wurde Christoph Schaufert „ entfernt“, da er Mitglied und Vorsitzender der AFD in Neunkirchen ist. Auch der Bischof von Trier hat diese unangenehme und überhaupt nicht christliche Aktion für gut befunden. Großartige Christen gibt es in dieser Stadt… räusper… Man kann nicht so viel essen, wie man kübeln könnte. Wenn die ganze Geschichte auf stabilen Beinen steht, danke ich den recherchierenden Journalisten der „ Saabrücker Zeitung“, die 100% in SPD-Hand ist, für ihren außergewöhnlichen Mut. Wegen linkslastiger Einseitigkeit ( vor allem… Mehr
Die Altparteien haben sich in den letzten 7 Jahrzehnten ein Netz aus Filz und Korruption, Klüngel und Mauscheleien aufgebaut, welches sich tief ins Gemeinwesen hineingefressen hat und es aussaugt. Egal wo man hinschaut, die SPD ist irgendwie immer dabei. Es wird Zeit, dass sich was ändert.
Als gebürtiger Mufländer, der vor 40 Jahren das Weite suchte und fand, kann ich sagen, dass das Klüngeln dort DER Nationalsport war und ist. Sich durch Beziehungen im Kleinen Vorteile verschaffen („Ich kenne do ääner“) bis hinauf in die hohe Politik, wenn man bei einem Flächenland von der Größe eines Ölteppichs von „hoch“ sprechen will.