Strafverteidiger Strate: Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Hamburger Staatsanwaltschaft

Der renommierte Strafverteidiger Gerhard Strate erstattete gegen Kanzler Scholz eine detaillierte Strafanzeige wegen dessen Aussage in der Cum-Ex-Affäre. Doch die weisungsgebundene Behörde will nicht aufklären. Nun erhebt Strate Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Hamburger Staatsanwaltschaft.

IMAGO/M. Popow, C.E. Janßen

Nach der Anzeige des renommierten Strafverteidigers Gerhard Strate am 15. Februar 2022 wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und der Falschaussage gegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Hamburgs Staatsanwaltschaft Ermittlungen abgelehnt. Nun legte Strate Dienstaufsichtsbeschwerde ein und beginnt diese so:

„Dass Sie sich in der Lage sahen, bereits innerhalb von vier Wochen auf meine Eingabe vermeintlich abschließend zu antworten, ist bemerkenswert. Das unerwartete Tempo Ihrer Zurückweisung wirft natürlich die Frage auf, weshalb es bei dem früheren Verfahren 5700 Js 1/20, auf welches Sie auch in Ihrem Schreiben an mich verweisen, so viel länger gedauert hat, bis es zu einer abschließenden Entscheidung kam. In dem Verfahren 5700 Js 1/20, in welchem ein Bürger offenbar Olaf Scholz, Dr. Peter Tschentscher ‚und andere‘ angezeigt hatte, stammt die Strafanzeige vom 15.02.2020. In dieser Strafanzeige wurde offenbar der Vorwurf der Untreue erhoben. Im folgenden Jahr, nämlich am 07.09. 2021, teilt dann die Staatsanwaltschaft dem anzeigenden Bürger mit, man habe davon abgesehen, ein förmliches Ermittlungsverfahren einzuleiten. Die zuständige Abteilung 570 der Staatsanwaltschaft Hamburg hat also fast neunzehn Monate gebraucht, um zu der von ihr (gewünschten?) Erkenntnis zu gelangen, es gäbe keine Anhaltspunkte für eine Straftat. In diesen neunzehn Monaten wurden offenbar keine Ermittlungen geführt, sondern – wie in dem Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft vom 29.11.2021 mitgeteilt – lediglich ein 33 Seiten umfassender Vermerk geschrieben.“

Hier die Beschwerde im vollen Wortlaut.

Cum-Ex-Skandal
Scholz und Tschentscher wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung angezeigt
Strate wirft Scholz Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Fall der Warburg-Bank vor. Das Hamburger Geldhaus hatte sich wie viele andere Banken an den sogenannten Cum-Ex-Geschäften beteiligt, die damals in einem rechtlichen Graubereich stattfanden, und mittlerweile als illegal gelten. Dabei ging es darum, vom Fiskus Erstattungen von tatsächlich nie gezahlten Steuern auf Aktienerträge zu kassieren. Insgesamt entstand dem Staat dadurch ein Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe.

Die Hamburger Finanzverwaltung hatte in diesem Zusammenhang von der Warburg-Bank eine Steuernachzahlung von 47 Millionen Euro gefordert. Nach insgesamt vier Gesprächen leitender Bankiers mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz nahm die Behörde die Forderung zurück. Die Bank hatte argumentiert, durch die Nachzahlung gerate sie in existenzielle Probleme.

Strate hatte es in seiner Anzeige außerdem als völlig unglaubwürdig und lebensfremd bezeichnet, dass sich Scholz angeblich nicht an den Inhalt der vier Gespräche mit den Warburg-Bankern erinnern könne. Vor dem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft hatte er stets Erinnerungslücken geltend gemacht. Nach Ansicht des Rechtsanwalts lege das den Verdacht der Falschaussage nahe.

Erinnerungslücken, meint dagegen die zuständige Oberstaatsanwältin in ihrem Schreiben, seien „ein häufig diagnostiziertes Problem“. Damit ließe sich ein Anfangsverdacht wegen Falschaussage nicht begründen. Einen möglichen Tatbestand der Beihilfe durch Scholz, schrieb die Staatsanwaltschaft an Strate, könne sie nicht erkennen.

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Kommentare ( 55 )

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Ralf Poehling
2 Jahre her

Ein Mann mit Rückgrat. Davon braucht es mehr.
Bis der Laden endlich rund läuft.

Annette
2 Jahre her

Es ist der Punkt erreicht, wo der Bürger handeln MUSS!

N. Niklas
2 Jahre her

Ich persönlich habe bereits die dreistesten Rechts- und Beweisverdrehungen auch vor höheren Gericht erlebt, in die Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls auch die Verteidigung eingebunden waren. Es wurden Gutachter manipuliert, die abwegigsten Erklärungen offensichtlich straffälligen Verhaltens herangezogen, Recht gebeugt, Zeugen verunsichert oder ihre Aussagen absurd umgedeutet. Spricht man die willfährigen und selbst durch ihr Tun kriminellen Richter darauf an, muss man selbst noch mit unangenehmsten Konsequenzen rechnen. Ich denke Herr Strate wird diese Form der Kriminalität im Amt ebenfalls gut kennen. Umso mehr gebührt ihm Hochachtung für seinen mutigen Schritt in die Öffentlichkeit. Jeder weiß doch, dass der Scholz gelogen und sich… Mehr

Last edited 2 Jahre her by N. Niklas
Juergen P. Schneider
2 Jahre her

Ein hochqualifizierter Jurist, wie Herr Strate, weiß natürlich auch, wie Dienstaufsichtsbeschwerden zu bewerten sind: Formlos, fristlos, folgenlos. Es ist dennoch gut zu wissen, dass es noch Anwälte im Land gibt, die sich durch die offenkundig fehlende Gewaltenteilung im Lande nicht ins Bockshorn jagen lassen. Deutsche Staatsanwaltschaften haben laut eines Urteils des EuGH nicht die Befugnis, europäische Haftbefehle auszustellen, da sie nicht – wie in wirklichen Rechtsstaaten – als Teil der Justiz unabhängig von der Exekutive sind, sondern dem Weisungsrecht der Justizministerien unterstehen. Die werden nicht gegen den Bundeskanzler ermitteln, dafür sorgen schon die Parteifreunde von Herrn Scholz. Wozu hat man… Mehr

Marie M
2 Jahre her

Wer angeblich so viel „Erinnerungslücken“ hat, sollte doch einmal vom Amtsarzt auf seine Berufstauglichkeit untersucht werden. In seiner jetzigen Position wäre eine, wenn auch nur leichte Demenz für Deutschland ein Sicherheitsrisiko.

Mausi
2 Jahre her

Hatten Sie nicht den Text der Strafanzeige oder einen ausführlichen Text zur Anzeige veröffentlicht? Schade, dass Sie keinen Link im Text bieten. Erinnerungslücken bedeuten übersetzt: Ich verweigere die Auskunft. Wenn es um Straftaten geht, ist diese Aussageverweigerung durchaus legitim. „Oft diagnostiziert“ ist in dem Zusammenhang ein überflüssiger „Vorwurf“. Die Häufigkeit ist logisch. Nach insgesamt vier Gesprächen leitender Bankiers mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz: Da müsste dann also Kausalität nachgewiesen werden. nahm die Behörde die Forderung zurück: Kann „das FinA“ überhaupt auf Steuern verzichten? Wohl kaum. Also ist diese Formulierung vermutlich sachlich unscharf. Worüber genau wurde damals von der… Mehr

Karlister
2 Jahre her

Man fragt sich,angesichts dieser und anderer Tatsachen, haben wir überhaupt noch ein funktionierendes Rechtssystem?
Einst sagte ein Wiener Musiker,
„In so manchen Staaten sind alle Bürger vor dem Gesetz gleich; vor dem Gesetz – nicht vor dem Gericht.“

Albert Pflueger
2 Jahre her

Die Kurzfassung ist: Geld hat man zu haben. Geldmangel ist keine zulässige Begründung, seinen Verpflichtungen nicht nachzukommen.

Siegfried
2 Jahre her

So einen Bundeskanzler hatten wir doch schon. Auch Helmut Kohl genehmigte sich einen „Black out“ wenn es kribelig würde. Das hat sich Herr Scholz gut gemerkt. Also nochmal kurz zusammengefasst: Herr Scholz kann sich an den Inhalt von vier Gesprächen mit führenden Bankmanagern nicht vollständig erinnern. Bei jeder Mitgliederversammlung eines Karnickel Zuchtverein wird ein Protokoll geschrieben. Bei diesen Gesprächen aus besonderen Anlass wohl nicht. Die private Warburg Bank. beteiligt sich an Geschäfte im Grauzonen Bereich. Seriösität einer Bank geht anders! Die Finanzbehörde bekommt Wind von der Sache und fordert 47 Millionen Steuernachzahlung. Die Bank sagt nö das kommt nicht in… Mehr

Sonny
2 Jahre her

Na, dann wollen wir mal hoffen, das scholz sich in anderen Angelegenheiten auch nicht mehr erinnern kann, was so besprochen wurde und endlich die Stimmen aus dem Volk hört, wie es sich eigentlich für eine sozialdemokratische Partei gehören würde. Er hatte vielleicht (auch) eine schlimme Kindheit, dass muss anklagemildernd berücksichtigt werden. Wenn Sie verstehen, wie ich das meine. 🙂 Vielleicht könnte man bei ihm ja (auch) das Jugendstrafrecht anwenden!? Wäre ja nicht auszudenken, wie Pressemeldungen in der ganzen Welt aussehen würden, wenn gegen den amtierenden Bundeskanzler noch zu Amtszeiten Anklagen wegen Lügen, des Betrugs und der Rechtsbeugung verhandelt würden. Und… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Sonny