Regierungen, die die Infektionszahlen niedrig halten, gewinnen

Krankheit fürchten die Menschen offenbar mehr als wirtschaftliche Einbußen. Die Entwicklung der Infektionszahlen ist der zentrale Treiber politischer Umfragewerte in den letzten Monaten, deutlich einflussreicher als die wirtschaftliche Entwicklung.

imago images / IPON

Die steigenden Umfragewerte für die Kanzlerin und ihre Partei sind offenbar keine deutsche Besonderheit, sondern folgen einem internationalen Muster. Regierungen, die strikte Maßnahmen gegen die Pandemie erlassen, sind die großen Gewinner der Corona-Krise – mit im Durchschnitt um sieben Prozentpunkte höheren Zustimmungsraten im Vergleich zum Februar 2020, wie eine neue Studie zeigt. Regierungen, die dagegen aus ökonomischen Gründen auf lockere Maßnahmen setzen, schneiden in der Wählergunst hingegen deutlich schlechter ab, insbesondere, wenn die Covid-Fallzahlen weiter steigen.

Die Entwicklung der Infektionszahlen ist dabei der zentrale Treiber politischer Umfragewerte in den letzten Monaten, deutlich einflussreicher als die wirtschaftliche Entwicklung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) zu den politischen Auswirkungen der Corona-Krise, die einen neuartigen Datensatz aus 35 Staaten für Januar bis Juli 2020 auswertet.

Covid-Fallzahlen wirken stark auf Zustimmungswerte

Die Studie zeigt länderübergreifend, dass sich die Entwicklung der Covid-19-Fallzahlen stark auf die Zustimmungswerte für Regierungen auswirkt. Zu Beginn der Pandemie im Februar und März 2020 stiegen die Umfragewerte für fast alle Regierungen stark an. In Ländern, in denen die Fallzahlen jedoch weiter zunahmen, sanken die Zustimmungswerte dann schnell wieder ab, insbesondere wenn die Regierungen keine strikten Gegenmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ergriffen haben. Drei Monate nach Ausbruch des Virus sind die Zustimmungsgewinne für Regierungen in Ländern mit geringer wachsenden Fallzahlen im Durchschnitt mehr als 10 Prozentpunkte höher als in Ländern mit stark wachsenden Covid-19-Infektionen. „Das sind sehr signifikante Unterschiede. Regierungen mit einem schlechten Pandemie-Management senken ihre Wiederwahlchancen erheblich“, sagt Christoph Trebesch, Research-Center-Leiter am IfW Kiel und einer der Autoren der Studie neben Forschern aus Warwick, Genf und .

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Für die Studie haben Forscher eine neuartige Datenbank mit Zustimmungswerten der Regierung und Wahlabsichten in 35 Ländern auf wöchentlicher Basis zusammengetragen. Sie werten diese neue Datenressource gemeinsam mit Informationen zu Covid-19-Infektionszahlen und -Todesfällen, Indikatoren für ökonomische Aktivität und zu politischen Eindämmungsmaßnahmen aus. Zu den betrachteten Ländern zählen 20 entwickelte und 15 aufstrebende Volkswirtschaften, in denen sehr regelmäßig politische Meinungsumfragen durchgeführt werden. Insgesamt stehen die Länder für 65 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Beteiligt waren neben Trebesch vom Kieler Institut für Weltwirtschaft, Helios Herrera von der britischen Warwick University, Maximilian Konradt vom Graduate Institute Geneva und Guillermo Ordoñez von der University of Pennsylvania.

Die Forscher betrachten einerseits Länder wie Italien oder Argentinien, die schnell mit einschränkenden Maßnahmen auf den Virus-Ausbruch reagierten. Demgegenüber stehen Länder wie Brasilien, Schweden oder die Vereinigten Staaten, die sich trotz vieler Covid-19-Fälle für eine weniger restriktive Pandemiebekämpfung entschieden. Sie untersuchten für diese Länder die statistischen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Faktoren. „Steigende Fallzahlen in Kombination mit einer laxen Krisenpolitik führen zu einem hohen Ansehensverlust von Regierungen“, sagt Guillermo Ordoñez, Professor für Volkswirtschaftslehre an der University of Pennsylvania. „Die zeitliche Dynamik ist beachtlich. Während wir zu Beginn der Pandemie praktisch überall wachsende Zustimmungsraten beobachten, geht dieser Zugewinn bei einer schwachen Pandemiepolitik und steigenden Fallzahlen schnell wieder verloren.“

Die Ergebnisse lassen aus Sicht der Forscher den Schluss zu, dass ökonomische Einschränkungen die Wähler weniger abschrecken als wachsende Gesundheitsrisiken durch eine eskalierende Pandemie. „Die Zustimmungsraten reagieren nicht stark auf Veränderungen in den Indikatoren für ökonomische Aktivität“, sagt Ordoñez. „Regierungen, die alles taten um die Gesundheitsrisiken zu reduzieren, haben profitiert, auch wenn dies auf Kosten der Wirtschaft geschah.“ Die Ergebnisse zeigten die dominante Rolle des Gesundheitsschutzes in einer Pandemie bei den Wählern, wobei die Ansteckungszahlen stärker ins Gewicht fallen als die Zahl der Todesfälle. „Regierende werden sowohl nach den Fallzahlen als auch nach ihren politischen Entscheidungen bewertet. Wer bei beidem schlecht abschneidet, hat auch die schlechtesten Zustimmungswerte. Die Geduld der Öffentlichkeit ist in einer solchen Pandemie sehr begrenzt.“

Die Ergebnisse der Studie lassen Schlüsse für bevorstehende Wahlen zu: „Fallende Infektionszahlen könnten zum Beispiel für US-Präsident Donald Trump die Chancen auf eine Wiederwahl deutlich erhöhen. Auch bevorstehende Wahlen etwa in Chile, Neuseeland, Portugal oder Bolivien dürften wesentlich von der Pandemieentwicklung beeinflusst werden“, sagt Trebesch.

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Kommentare ( 58 )

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58 Comments
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Karl Schmidt
3 Jahre her

Entscheidend ist nicht das Management der Regierung: In Deutschland war das Virus ja eine rechte Erfindung, die Grenzen blieben offen und Vorsorge wurde auch sonst nicht getroffen. Die Regierung war – als es notwendig war – tatenlos. Bedeutend scheint dagegen die Angst der Leute zu sein: Wer ihnen (unbegründet) Angst macht (ähnlich bei der Klimaschwankung) und dieses Scheinproblem durch z. B. eine völlig sinnlose, da wirkungslose Maskenpflicht (ähnlich: CO-2-Reduktion) zu bekämpfen vorgibt, kann den Anschein von Kompetenz setzen. Das ist der neue Politikstil des Westens: Echte Probleme bleiben unerwähnt und ungelöst; keine Probleme werden zu großen Showveranstaltungen. Es ist eine… Mehr

Pulsarstern
3 Jahre her

Erich Honeckers Zustimmungswerte waren weitaus besser, als die unserer Regierung. Da muss es noch etwas Stärkeres geben als Corona. Ja natürlich! Eine sozialistische Diktatur! Doch die Geschichte zeigt immer wieder, das Lügen „kurze Beine“ haben und irgendwann von der Wahrheit eingeholt werden. Seit Corona verstehe ich, wie die Menschen zur Zeit des Naziregimes gedacht und gehandelt haben. Mein einziger Trost, Geschichte wiederholt sich nicht wirklich 😉

Klaus Kabel
3 Jahre her

Würde diesem Regime die Gesundheit des Bürgers am Wohl liegen, würde es dafür sorgen, das kriminelle Migranten, Messerbanden, Vergewaltiger und Mörder unverzüglich abgeschoben würden.

fmgoldmann
3 Jahre her

Nur mal zum Einordnen: Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) ist eine Öffentlich-rechtliche Stiftung. „Öffentlich-rechtliche Stiftungen werden vom Staat durch Gesetz oder Rechtsverordnung, in seltenen Fällen auch durch einfachen Kabinettsbeschluss ( sic! – Anmerkung des Kommentators) errichtet.“ (Zitat Wikipedia) und „Stiftungen des öffentlichen Rechts in Deutschland bilden neben den Körperschaften des öffentlichen Rechts und Anstalten des öffentlichen Rechts ( sic! – wie ARD und ZDF – Anmerkung des Kommentators) einen Organisationstyp öffentlich-rechtlicher juristischer Personen. “ (Zitat Wikipedia) Ich halte es für bedenklich, die Ergebnisse einer solchen Studie einer solchen ÖRS hier auf TE unkritisch als gottgegeben nachzubeten. Ich glaube… Mehr

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  fmgoldmann

Wir zahlen unser eigenes Beschixx, wie bei den Anstalten auch. Von wem die Finanzierung „aufgestockt“ wird, ist auf deren www zudem nicht veröffentlicht. Aber etliche Seiten, auf denen „Wissenschaftler“ aufgeführt werden, die davon leben.

fmgoldmann
3 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Wenn Sie sich die Mitglieder des Stiftungsrates ansehen https://www.ifw-kiel.de/de/institut/ueber-das-ifw/leitung-und-gremien/ der auschliesslich über die Finanzierung dieser „Stiftug“ entscheidet (Zitat des IfW) „Der Stiftungsrat berät und entscheidet über die finanziellen und grundsätzlichen Angelegenheiten des Instituts für Weltwirtschaft. Er überwacht die Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung der Stiftung.“ wird einem schlecht. Er steht stellvertetend für das verrotete System der politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen Abhängigkeiten des Systems Merkel: Stimmberechtigte Mitglieder (linke Spalte), 4 von 7 Mitgliedern sind Mitglieder in Landtagen oder Bundestag: CDU – Staatssekretär Dr. Oliver Grundei, Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (Vorsitzender) Doris Roloff, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit,… Mehr

schwarzseher
3 Jahre her

Der von Covid-19 angerichtete Schaden wird nach dem Finden eines Impfstoffs in kurzer Zeit behoben sein. Den von Merkel und Co. angerichteten Schaden wird man nie mehr beheben können.

Klaus Kabel
3 Jahre her

Der nächste Propagandacoup des Regimes ist ein Staatsakt für die Coronatoten. Das könnte in Nordkorea über die Bühne gehen. Als nächstes folgen dann Schauprozesse gegen Maskenverweigerer.

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  Klaus Kabel

Das Regime lässt die öffentlich betrauern, die durch Vorgabe des Regimes in Einsamkeit sterben mussten und ebenso ins Grab gelegt wurden. Kann man sich nicht ausdenken.

Wobei es bis heute Besuchsverbote und Einschränkungen sowohl in Krankenhäusern wie in Altenheimen gibt. Weshalb eigentlich?

Elli M
3 Jahre her

Allein der Begriff Pandemie-Management ist schon der Hohn. Setze Panikschürerei und Mediengleichschaltung, dann paßt es.
Wer hatte nochmal gleich diese Studie bestellt?

November Man
3 Jahre her

Regierungen, die die Infektionszahlen bewusst niedrig halten, haben ebenfalls kein Recht eine vorgetäuschte Pandemie mit verheerenden Folgen für Land und Leute auszurufen.
Die Zahlen, vorgetäuscht oder nicht, rechtfertigen auf keinen Fall eine vorsätzlich falsch ausgerufene Pandemie und einen daraus resultierend schädlichen Lockdown schon gar nicht.

Franz O
3 Jahre her

Geringe wachsende Fallzahlen sagen jetzt nichts über die „Härte“ der Maßnahmen, oder? Schaue ich mir die Statistik an, so sehe ich als großen Gewinner die Niederlande, welche so gut wie keine Maßnahmen ergreift. Schweden sehr ähnlich. Ich verfolge die Fallzahlen auch einfach nicht mehr täglich. Haben die Niederlande und Schweden stark sinkende Fallzahlen? Wieder ein Argument gegen den Lockdown.

Eigentlich würde ich eher sagen, die Statistik sagt aus welche Regierungen die besten, bzw. die willigsten Propaganda-Abteilungen haben. Die USA ganz unten. Mit Medien die mehrheitlich gegen ihre Regierung produzieren. Deutschland hohe Zustimmung, mit Medien die weitestgehend gleichgeschaltet sind.

Hannibal ante portas
3 Jahre her

Alles Momentaufnahmen mit KEINER noch so kleinen Aussage wie die politische Welt in fünf oder gar zehn Jahren aussehen wird!!