Ökonom Stelter: Wir drehen der deutschen Autoindustrie den Saft ab

Die Förderung der Elektromobilität gehört zu den obersten Prioritäten der Klimapolitik. Doch für die Produktion von Elektroautos braucht es deutlich weniger Arbeitnehmer und Ingenieurskunst. Die Autobranche steht vor einem drastischen Wandel, sagt der bekannte Ökonom Daniel Stelter im Interview mit Ferdinand Knauß.

© Stefan König/München

Der Ökonom Daniel Stelter rechnet damit, dass die Fokussierung auf die Elektromobilität der deutschen Automobilindustrie nachhaltig schaden wird. Bei Zulieferern und Herstellern werde es zu einem großen Abbau von Arbeitsplätzen kommen, die Autoproduktion werden noch stärker von Deutschland ins Ausland verlagert, sagte der Ökonom im Gespräch mit dem am Montag erscheinenden Magazin Tichys Einblick. „Wir sind in Deutschland gerade dabei, einer Industrie, die ohnehin in hohem Maße durch den technologischen Umbruch gefährdet ist, gesellschaftlich und politisch den Saft abzudrehen. Auch durch eine Klimaschutzpolitik, die völlig ineffizient ist, sehr viel kostet, aber dem Klima wenig nutzt.“

Vor allem ausländische Hersteller setzten auf das Elektroauto, weil es sich leichter herstellen lasse und das führende deutsche Know-how etwa im Getriebe- und Motorenbau nicht mehr brauche. „Die Wettbewerber außerhalb Deutschlands, nicht zuletzt in China, aber auch zum Beispiel die französischen Hersteller, setzen auf Elektromobilität, weil sie unsere deutschen Hersteller in der Verbrennungstechnologie nicht schlagen können.“ Stelter rechnet damit, dass die Branche in den nächsten Jahren massiv Arbeitsplätze abbauen werde. „Wenn diese Bestandteile mit dem Strukturbruch hin zur Elektromobilität wegfallen, dann entfällt für die großen Automobilhersteller auch die Notwendigkeit, hier in Deutschland zu investieren“, erklärt Stelter. Auch der Grund, in Deutschland zu produzieren, falle weg. „Der Strukturbruch wird auch bei den deutschen Herstellern zur Tendenz führen, die Produktion noch stärker ins Ausland zu verlagern.“

Doch statt gegenzusteuern, verschlimmere die Politik die Krise noch. „Wir setzen jetzt voll auf Elektro. Es könnte aber auch sein, dass Wasserstoff die Technologie der Zukunft ist. Da investieren die Japaner. Wenn wir da jetzt nicht anfangen, rennen wir in zehn Jahren bei dieser Technologie ebenfalls hinterher“, erwartet Stelter. „Das ist auch Schuld der nicht ergebnisoffenen Politik. Wir sollten, statt 80 Milliarden für die soziale Abfederung der Folgen in den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen auszugeben, lieber in die Forschung investieren.“


Das gesamte Interview in Ausgabe 12-2019 von Tichys Einblick >>>

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Kommentare ( 85 )

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H. Hoffmeister
4 Jahre her

Habe mal einen der politischen Vorantreiber der Emobilität gefragt, ob der Unterschied zwischen Anergie und Exergie bekannt sei, denn den müsste man kennen, wenn die energetische Basis eines Industrielandes umgekrempelt werden soll. Keine Antwort bekommen.

Vogelfrei
4 Jahre her

Wenn man in der Stadt wohnt und zu den 95% ohne eigener Garage (mit Drehstromanschluss) gehört, wirds schwierig mit dem Elektroauto. Die Städte flächendeckend mit Ladestationen am Strassenrand zuzupflastern ist sicher möglich, aber wenn dann alle laden überfordert dies die Kapazität des Stromnetzes mit Sicherheit. Wenn ich im Winter unterwegs bin möchte ich Heizung UND Reichweite. Und überhaupt, ich hätte keine Lust, mich vor Fahrtbeginn zu informieren, ob es am Ziel auch eine Ladestation gibt und sicher möchte ich bei vorhandener Ladestation nicht Stunden warten bis der Accu wieder geladen ist. Man sieht: Das Auto mit Verbrennungsmotor ist vorerst kaum… Mehr

Dreiklang
4 Jahre her

General Motors hatte in den 90ern eine eigene große Forschungsabteilung Wasserstoff. Wasserstoff galt als Antrieb der Zukunft, niemand dachte an Elektro. Wasserstoff ließ sich nicht als Energieträger fürs Auto zähmen; Milliarden wurden verbrannt. Heute: H2 und Elektro sind beide für die CO2-Bilanz schlecht, solange die Gewinnung mit fossilen Brennstoffen erfolgt. Wer sauber und leise in der Stadt fahren will, kann das mit Elektro ja trotzdem tun. Über Land: Verbrenner. Bester Verbrenner? Diesel. Punkt.

RNixon
4 Jahre her

Bitte nicht jammern! Bei einer Exportquote von 78% (2018 gemäss VDA) ist es wohl vor allem entscheidend, sich an den internationalen Märkten zu orientieren (deren Entwicklung nicht konservativer ist). In anderen Ländern werden Verbrenner in der Bedeutung abnehmen. Neue Verbrenner werden zunehmend verboten: Ab 2030 geplant in den Niederlanden, Schweden, Norwegen, China, Indien und anderen Ländern (die Liste wird langsam länger). Das 6-best-verkaufte Auto überhaupt im 3. Quartal in den USA(!) war der Tesla ‚Model 3‘ – weit vor irgendeinem Deutschen Modell! Ich denke vor dem Hintergrund sollte man nicht jammern sondern mal in die Hände spucken und Deutsche Ingenieurskunst… Mehr

Umkehr
4 Jahre her
Antworten an  RNixon

“ das 6-best-verkaufte Auto überhaupt“ Schönes Zahlenspiel. Als Ergänzung dann mal der Marktanteil von Tesla: 2% – in Worten: zwei Prozent. Und es geht um den Vergleich mit konventionellen Verbrenungsmotoeren = logischerweise 98 %. Aber schnell mal mit „einem deutschen Modell“ (welchem was ist das?) vergleichen. Eignet sich eigentlich nicht besonders als Argument gegen den Verbrenner .

RNixon
4 Jahre her
Antworten an  Umkehr

Ach so, Tesla hat nur 2%???

“ In 2018, BMW’s U.S. market share reached 1.8 percent.“

-> Deutschland hat schon verloren.

Siehe https://www.statista.com/statistics/343185/bmw-us-market-share/

Politkaetzchen
4 Jahre her

Nicht nur die Autoindustrie wird einen gewaltigen Schaden nehmen. Die Krankenhäuser werden echt viel Spaß haben wenn es zu einen Blackout kommt… Oder stellt euch vor, eine Frau liegt in den Wehen und das Baby bleibt stecken , das nächste Krankenhaus ist 2 Stunden entfernt aber der Mann muss sagen: „Srry Schatz, mein E Auto muss noch 12 Stunden aufladen. Naja Babys sind doch eh klimaschädlich!“ Auch Lebensmittelläden werden nach einen Blackout viel wegzuwerfen haben. Lustig wird es wahrscheinlich, wenn das Internet für Tage wenn nicht gar für Wochen ausfällt. (Ob die Gretl weiß, dass ihre Twitterei ganz viel böses… Mehr

Thorsten
4 Jahre her
Antworten an  Politkaetzchen

Krankenhäuser haben eine funktionierende Notstromversorgung. Ausser in „sh*t hole“ Ländern …

Politkaetzchen
4 Jahre her
Antworten an  Thorsten

Not Stromgeneratoren halten auch nicht ewig und können nicht alle Funktionen übernehmen. Sofern sie in der Postgretazeit überhaupt noch existieren. (Werden die nicht mit bösen CO2 machenden Benzin angetrieben?)

Gustl
4 Jahre her
Antworten an  Thorsten

Aber nur für wenige Tage, wenn nicht vorher das medizinische Verbrauchsmaterial ausgeht. War gerade bei odessy im TV zu sehen. Lässt mich nicht ruhiger schlafen, was ich da sah.

bkkopp
4 Jahre her

Der Absatz bestimmt die industrielle Beschäftigung. Wenn der Autoabsatz mit konventionellen Antrieben in großen Märkten stagniert oder zumindest temporär schrumpft, dann schlägt dies auf die Hersteller und Zulieferer durch. Wenn aber in Europa und USA bestenfalls einige hunderttausend e-Autos verkauft werden, dann wird nicht gleich in allen deutschen Fabriken das Licht ausgehen. China ist wirtschaftlich eine Welt für sich, weil der Staat dort, insbesondere wegen schlechter Luft in den Metropolen, anordnen kann was Erleichterung verspricht. Der Strom kommt aber auch in China nicht einfach aus der Steckdose. Sie können und werden ihre politischen Vorgaben nach einigen Jahren auch wieder ändern.… Mehr

Josef Maierl
4 Jahre her

Deutschland ist das erste Industrieland, dass freiwillig aus der Industrie aussteigt!
Ideologie frisst Hirn!

RNixon
4 Jahre her
Antworten an  Josef Maierl

Nein, Deutschland ist das Land welches freiwillig aus der Weiterentwicklung technologischen Fortschrittes aussteigt. Zuviele Besitzstandswahrer die denken, man müsse weitermachen wie die letzten 50 Jahre.

Thorsten
4 Jahre her
Antworten an  RNixon

Eher das Studienabbrecher, Wohlstandserben und Esoteriker hier Politik machen….

intelligence-watchdog
4 Jahre her

Das ist voellig klar. Besonders die Frenchies wollen den ungeliebten Deutschen-Industrie-Michel erledigen. Die letztenldichen, hunderten von Mia fuer E-Pushing, Abfederung von Folgen etc. haette man viel, viel sinnvoller in Alternative Treibstoffe, Motorentechnology und Belieferung eines attraktiven Nahverkehrs (wie in der CH) investieren sollen. Ich nenne an Treibstoffen: 1. Synthetic Fuels, auch aus Algae produzierten Treibstoffen, weitere de-sulfurierten fuels, 3. Gen. Bio-Fuels aus Abfaellen etc. Verbrenner: 1. traditionell (wie MB), damit die Werte unter 90 g/km beim Diesel fallen, 2. 2-chamber Diesel technology (Werte bei ca 50 g/km und weniger sind moeglich), 2. Perfektionierung von NO_x, S0_x Catalysts, 4th gen. DPF’s… Mehr

Marc Hofmann
4 Jahre her

Wasserstoff ist auch ein Irrweg, weil es schlechtere Energiedichte hat. Wasserstoff ist ein Gas und hat gegenüber einen Feststoff Energieträger wie Benzin oder Diesel eine zu geringe Energiedichte um wirtschaftlich im Wettbewerb bestehen zu können. Der Mehrwert von Wind und Sonne als Energieträger liegt in der Energiedichte von Gasen und der Mehrwert von. Gasen liegt in Feststoffen wie Öl, Kohle oder Uran. Unabhängig von der Technik die man für die Nutzung von Energieträgern einsetzt/her nimmt.

RNixon
4 Jahre her
Antworten an  Marc Hofmann

Energiedichte ist nicht soo problemartisch: Auch mit Batterien oder Wasserstoff kann man Reichweiten von 600 km und mehr erreichen. Die Frage ist, wo die Energie herkommt und leider benötigt Wasserstoff 2-3x soviel Primärenergie wie eine rein elektrische Lösung.

Thorsten
4 Jahre her
Antworten an  Marc Hofmann

Wasserstoff ist langfristig sehr interessant, weil es gut lager- und transportierbar ist.

Ich halte eher den „Hau Ruck“ Aktionismus wie bei Atomausstieg und E-Auto für brandgefährlich.

PS: das eigentliche Problem ist, dass es vielen zu gut geht

Politkaetzchen
4 Jahre her
Antworten an  Marc Hofmann

Eigentlich sollte seit Hindenburg bekannt sein, dass Wasserstoff nicht grad der beste Treibstoff ist.

Sandmann
4 Jahre her

sie war immer nur das trojanisches Pferd vom linken Block bei der CDU/CSU, viele kapieren es bis heute noch nicht.