Mit Soft Law die Grundlagen des Rechts aushebeln

Von der formellen rechtlichen Unverbindlichkeit, also dem Charakter als Soft Law, darf man sich auf keinen Fall täuschen lassen. Der Zwang kommt durch Hintertüren.

FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images

Die Basler Zeitung fragte Hans-Ueli Vogt, Ordinarius an der Universität Zürich und Mitglied im Nationalrat, „weshalb wehrt sich die SVP gegen den UNO-Migrationspakt?” Hier Auszüge:

»Der Migrationspakt verherrlicht Migration. Wer den Pakt liest, merkt schnell, dass es einzig darum geht, Migration als etwas Gutes, eine Quelle von Wohlstand, darzustellen, etwas, das allen Menschen nur Nutzen bringt … Mit dem Migrationspakt will man den Staaten und den Menschen die positive Sichtweise verordnen. Die ideologische Basis des Migrationspakts ist die Einführung eines universalen Menschenrechts auf Niederlassungsfreiheit …

Die Befürworter sagen, der Pakt solle Migration sicherer und geordneter machen – was ist daran verkehrt?
Der Pakt … stellt die Interessen der Migranten ins Zentrum. Die Staaten müssen dafür sorgen, dass die Leute nicht mehr kritisch über Zuwanderung sprechen … Er ist voll von Forderungen an die Staaten, was sie alles tun müssen, damit die Einwanderer im Staat ihrer Wahl ein gutes Leben führen können … Es gibt eine Massenmigration von Afrika nach Europa und von Lateinamerika in die USA. Migration verursacht in den Herkunftsländern ebenso Probleme wie in den Aufnahmeländern.

Welche?
Meist migrieren junge Männer. Sie fehlen in ihren Herkunftsstaaten für den Wiederaufbau oder um politische Veränderungen herbeizuführen. In den aufnehmenden Ländern führt es zu Problemen, wenn Menschen aus anderen Kulturen, mit anderen Werten und Überzeugungen einwandern. Aus Staaten, die nie so etwas wie eine Aufklärung durchgemacht haben und in denen Menschenrechte nicht gelebt werden. Migration aus solchen Kulturen erachte ich als grösste Gefahr für die Freiheiten und die Menschenrechte in der Schweiz.

Laut Aussenminister Ignazio Cassis ist der Migrationspakt rechtlich nicht verbindlich – wo also ist das Problem?
Von der formellen rechtlichen Unverbindlichkeit, also dem Charakter als Soft Law, darf man sich auf keinen Fall täuschen lassen. Der Migrationspakt enthält einen ganzen Abschnitt über seine Umsetzung. Dort steht, dass die Staaten sich verpflichten, die Ziele und Bekenntnisse des Pakts zu erfüllen. Ein zu diesem Zweck eingerichtetes Forum prüft regelmässig, welche Fortschritte die Staaten bei der Umsetzung machen. Die Staaten selber müssen Berichte dazu verfassen. Weiter soll der UNO-Generalsekretär der UNO-Generalversammlung alle zwei Jahre über die Umsetzung des Migrationspakts Bericht erstatten. So funktioniert die Durchsetzung von Soft Law – formelle rechtliche Verbindlichkeit braucht es dafür nicht …

Es ist doch aber klar, dass ein unverbindlicher Pakt nicht stärker gewichtet wird als demokratisch zustande gekommene Gesetze.
Wie gesagt, wir müssten der UNO Rechenschaft ablegen über unsere Fortschritte bei der Umsetzung des Migrationspakts. Wir müssten also unsere Gesetze ändern.

Der Pakt widerspricht der Verfassung, darf ihn der Bundesrat unterzeichnen?
Nein. Darum ist die Selbstbestimmungs-Initiative so wichtig, über die die Stimmbevölkerung im November abstimmt. Sie will, dass die Bundesverfassung dem nicht zwingenden internationalen Recht vorgeht. Bundesrat, Verwaltung und Parlament müssen sich bei ihrer ganzen Tätigkeit an die Verfassung halten. Beim EU-Rahmenabkommen und beim UNO-Migrationspakt sehen wir einen Bundesrat am Werk, der die Verfassung nur noch als unverbindliche Empfehlung ansieht. Es ist Zeit, dass wir ihn mit der Selbstbestimmungs-Initiative verbindlich daran erinnern, dass er sich an die Vorgaben zu halten hat, die die Bürger ihm gegeben haben …


Zu Hans-Ueli Vogt: Inhaber des Lehrstuhls für Privat- und Wirtschaftsrecht an der Universität Zürich. Studium in Zürich (Dr. iur.), New York (LL.M.) und St. Gallen (MBA). Forschungsschwerpunkte: Corporate Governance und Aktienrecht. Lehrveranstaltungen im Gesellschafts-, Vertrags- und Bankenrecht. Forschungsaufenthalte bzw. Gastprofessuren in Florenz, Harvard, Peking und London. Mitherausgeber der Zeitschrift für Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht. Herausgeber der Schriftenreihe „njus.ch“. Verschiedentlich Tätigkeit als Experte in Gesetzgebungsverfahren.

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Kommentare ( 32 )

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5 Jahre her

Wie wäre es mit groß angelegten Demonstrationen?

flo
5 Jahre her

Wenn ich freiwillig etwas zusage, bin ich selbstverständlich willens, die Zusage umzusetzen – sonst würde ich es doch wohl nicht zusagen. Soft laws sind so gesehen etwas unehrlich und ein Widerspruch in sich: Verpflichtungen mit einer kleinen offen gelassenen Hintertür. … Sie führen einerseits dazu, dass hierzulande nicht einmal der Bundestag sich mit den Texten befassen muss, wie die Bundesregierung argumentiert hat, (wir verpflichten uns ja [völker-]rechtlich zu nichts), machen aber andererseits freiwillige Zugeständnisse, die finanzielle Verpflichtungen, organisatorische Vorkehrungen diverser Art und auch die Veränderung juristischer Vorgaben (und des Gesellschaftsgebildes) mit sich bringen, also sehr wohl ernst zu nehmende Veränderungen… Mehr

Unterfranken-Pommer aus Bayern
5 Jahre her

Wer Lust und eine Stunde Zeit hat, sollte sich das Buechlein (mehr ist es nicht) „2077“ von Martin Dobry anschaffen. Dort beschreibt der Autor ein „nicht ganz unwahrscheinliches“ Szenario fuer die naechsten 60 Jahren: ein sich weiter intensivierender Krieg in Nahost fuehrt zu einer neuen, ungleich groesseren Fluechtlingswelle, die Spanien und Italien ueberrollt. Osteuropa schottet sich ab, Deutschland nimmt Millionen von neuen Illegalen auf, Frankreich stuerzt in ein Krise mit sich segregierenden Kreisen etc. etc. Am Ende (2037 zerbricht die EU) bilden sich neue Macht- und Wirtschaftsbloecke heraus, durch Deutschland zieht sich eine neue Grenze (Ostdeutschland + Bayern vs. ein… Mehr

Eberhard
5 Jahre her

Ein großer Teil der Weltbevölkerung scheint außer Stande, ihre feudal mittelalterlichen Gesellschaftssysteme mit deren Kultur, den heutigen Möglichkeiten anzupassen. Die Gründe dafür mögen unterschiedlich sein. Sie sind jedoch nicht meine Schuld. Daher will ich auch nicht, dass unserer fortschrittliches soziales System durch Migration, aus den zurück gebliebenen Systemen, sich rückläufig entwickelt oder zusammen bricht. Generationen haben hier auch für eine soziale Zukunftssicherung gearbeitet, Opfer gebracht und bis heute eingezahlt. Die Zukunft unserer folgenden Generationen darf nicht gefährdet werden. Unterstützen wenn andere unserem Weg folgen wollen ja. Aber umsetzen und Durchsetzen müssen sie schon selber. Es steht jedem Volk dieser Welt… Mehr

Wolfgang Schuckmann
5 Jahre her

Sollte sich auf Grund des Völkerrechtes, auf das Sie sich offensichtlich berufen, für den betroffenen Staat unüberwindliche Herausforderungen ergeben, kann mir keiner erzählen, dass es nicht möglich ist gesetzliche Vorgaben, die zu wesentlich anderen Zeiten gemacht wurden, zu ändern.
Kein Land ist von seinem ureigensten Selbstverständnis her verpflichtet einer falschen Fährte zu folgen, und seine Existenz leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
Natürlich hat es das Recht situationsbedingt andere Spielregeln einzuführen, um seinen Selbsterhalt zu sichern.

Wolfgang Schuckmann
5 Jahre her

Ich fühle mich persl. vergewaltigt.Warum wohl nehmen die USA die UN wohl nicht mehr für voll? Na eben, da haben doch tatsächlich die Amis eher kapiert als wir, was da auf uns zukommen wird, wenn man dieser Clique das Wohlergehen des eigenen Staates und seiner Bevölkerung in die Hand gibt. Aber sachte, es gibt mehr Ketten als böse Hunde. Wenn erst mal die linken Träume mangels Masse ausgeträumt sind und nirgends mehr was zu holen ist, dann wird sich das sehr schnell in seine Bestandteile zerlegen, dieses üble internationale Gebräu von Träumers Gnaden. Und die Schweizer ?, müssen aufpassen, dass,… Mehr

Marie-Jeanne Decourroux
5 Jahre her

Die UN ist zu mindestens 95% von korrupten Funktionären autokratischer Regimes bevölkert.
Aber wir unterwürfigen Deutschen sehen in ihr so etwas wie eine demokratisch legitimierte »Weltregierung«.
Uns ist nicht zu helfen…

Wilhelm Cuno
5 Jahre her

Bitte cool bleiben. Ob mit Migrationspakt oder ohne – die Migranten werden es sowieso dennoch versuchen. Entscheidend ist die politische Willensbildung bei Wahlen in Europa. Und hier ist die Mehrheit der Bürger im Moment noch migrationsfreundlich (Italien an der „Mittelmeerfront“ schon ausgenommen). Das ändert sich gerade in aller Ruhe, denn der Denkprozess dauert noch an. Aber mit jedem „Einzelfall“, mit jeder Kürzung im Sozialbereich, mit jedem demographisch schlechter werdenden Jahr, mit jedem Jahr T€ und ähnlichen Medien (ja, auch das gehört dazu!) wird sich das Blatt Wahl für Wahl schrittweise wenden. Wird auch bei den Europawahlen nächstes Jahr schon spannend.… Mehr

Rosa Kafko
5 Jahre her

Liebe Redaktion,

könnt ihr bitte einen Beitrag zur Entstehung dieses Paktes bringen? Also wer hat hier die Fäden gezogen, wer die Unterstützer sind usw.?

Bite & Danke,
Rosa

Ali
5 Jahre her

Wer nicht mehr selbst bestimmen darf wer die eigene Wohnung betreten darf und wer nicht ist kein freier Mensch mehr. Die UN mausert sich über die Lüge vom Humanismus zur Welt-Diktatur.