Michael Wolffsohn: Jüdisches Leben in Europa bedroht

Der renommierte Historiker Michael Wolffsohn sieht eine besondere Gefahr für Juden in Deutschland durch Islamisten und Linksextremisten, die eine Allianz bilden. Letztere seien die nützlichen Idioten des islamischen Antisemitismus.

IMAGO / Uwe Steinert
Michael Wolffsohn

Der Historiker Michael Wolffsohn sieht jüdisches Leben in Europa und Deutschland gleich durch drei radikale Richtungen in Gefahr. „Drei Gefahrenquellen gibt es heute für Juden: den altneuen Rechtsextremismus, den mörderischen Islamismus samt islamischen mentalen Mitläufern und den Linksextremismus. Die Linksextremisten und die Islamisten bilden inzwischen eine Allianz“, erklärt Wolffsohn im Gespräch mit dem Magazin Tichys Einblick. „In Frankreich nennt man sie «Islamogauchisme». Diese sind subjektiv meistens keine Antisemiten, aber objektiv deren nützliche Idioten.

Deutsche Behörden nennen meistens nur die Gefahr des altneuen Rechtsextremismus“, kritisiert der jüdische Historiker. Doch das sei falsch. „Seit Jahren zeigen Umfragen unter den Juden Europas: Sie haben an erster Stelle islamische Judenfeindschaft erfahren, gefolgt von linker und erst auf dem dritten Platz rechter. Nochmals: nicht eine Gefahr, sondern drei. Alle drei sind, ganz wörtlich, mordsgefährlich“, so Wolffsohn. „Aus gesamteuropäisch-jüdischer Sicht sind, wohlgemerkt empirisch, Islamismus und Linksextremismus plus linksliberale Helfer die größere Gefahr.“

In Deutschland sieht Wolffsohn keine Zukunft für jüdisches Leben. „Es gibt in Deutschland etwa 200.000 Juden, doch etwas mehr als die Hälfte gehört keiner Gemeinde an. Das heißt: Ihnen bedeutet ihr Judentum auch ohne Bedrohung von außen wenig. Als Kollektiv werden sie also verschwinden – abgesehen von der erkennbaren Auswanderung. Warum? Weil jüdisches Leben gefährdet ist und offenbar nicht genügend geschützt werden kann.“

Wolffsohn erinnert an den Ausspruch von Karl Lagerfeld, der 2015 in einer Talkshow gesagt hatte: „Wir können nicht Millionen Juden töten und Millionen ihrer schlimmsten Feinde ins Land holen.“ Wolffsohn: „Der wunderbare Karl Lagerfeld: Er hatte ja so recht. Gerade deshalb wird er ja auch hierzulande sogar als Toter bestraft. Soweit ich weiß, wurde in ganz Deutschland keine einzige Straße nach ihm benannt. Nicht einmal in seiner Heimatstadt Hamburg. Eine Schande.“

Dennoch werde er selbst in Deutschland bleiben und nicht nach Israel auswandern. „Auf gepackten Koffern sitze ich nicht. Mit 75, ich bitt’ Sie. Wäre ich jünger, überlegte ich es mir.“


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Kommentare ( 60 )

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Zack
1 Jahr her

Er hat vollkommen recht. Die „Naazis“ in unserer Gesellschaft sind verschwindend gering und nicht wirklich eine Gefahr. Die „Neubürger“ mit ihren klaren „Wertvorstellungen“ allerdings sind gemeingefährlich. Und sie werden nicht zögern, auch dem entsprechend zu handeln. Die sind Gewalt bis hin zum morden gewohnt. „Gerettet“ haben wir keinen von denen.

j.heller
1 Jahr her

In Israel gibt es noch mehr Moslems als hier. Möglicherweise ist aber die jüdische Demografie besser, und mehr Moslems/Araber integrieren sich ernsthaft. Wobei ich nicht weiß ob es das überhaupt gibt, denn der Koran steht letztlich über allem.

Evero
1 Jahr her

Alles richtig, was Wolfssohn hier schreibt. Aber die unkontrollierte Einwanderung von inkompatiblen Kulturen wird uns noch anderweitig zu schaffen machen. Es ist nicht nur ein kulturelles Problem mit den eingewanderten Arabern. Unter ihnen gibt es viele, die nie vorhatten in Deutschland für ihre neue Heimat auch nur einen Finger zu rühren, geschweige denn für sich selbst sorgen zu wollen durch Arbeit. Die sagen das auch offen! Wenn man sie nicht abschieben kann, sollten die Kosten für diese Leute den Gutmenschen und ihrem ideologischen Überbau aus den sozialistischen Parteien auferlegt werden. Ich sehe nicht ein, für Leute, die unserer Nation und… Mehr

Mausi
1 Jahr her

Karl Lagerfeld durfte ich auf Mainstream-Seite nicht zitieren… Schade, dass nicht auch die Entwicklung der Anzahl der jüdischen Mitbewohner erwähnt wird. Der Zug, um jüdisches Leben in unser Alltagsbewusstsein aufzunehmen, ist abgefahren. Religionsunterricht an den Schulen ja, aber nicht für Juden. Islam soll zur normalen Religion werden, aber die jüdische Religion? Wieso wurde nicht von Anfang an ein Weg gefunden, weltlichen Religionsunterricht an den Schulen zu unterrichten? Wieso wurde nicht jüdische Religion genauso selbstverständlich angeboten wie evangelische oder katholische Religion? Liegt es wirklich nur an der Zahl? Wieviele Katholiken gab es früher im evangelischen Norden? Wieviele Evangelische im katholischen Süden?… Mehr

Mike Berlin
1 Jahr her

Statt das Judentum in Deutschland vehement zu fördern und zu begrüßen, holen unsere unfähigen Politiker mit viel Elan die gefährlichsten, religiös ideologisierten Menschen in das Land. Aber all dem muss ja ein Plan zugrunde liegen, denn mit gesundem Menschenverstand ist das alles nicht mehr zu erklären. Es scheint mir, als würde tatsächlich im Hintergrund eine geplante, globale Transformation ablaufen. Global werden von den tatsächlichen Machthabern gerade ganz große Hebel umgelegt. Deutschland scheint als Industrieland ausgespielt zu haben. Offenbar soll es nun als Auffangbecken und Siedlungsgebiet fungieren.

Oneiroi
1 Jahr her

Tja wer zuviel Toleranz gegenüber Intoleranz zeigt wird irgendwannmal nicht mehr toleriert. Eventuell hätten die Juden beizeiten auf ihren Zentralrat einwirken sollen, die Missstände in der Deutschen Israelpolitik aufzeigen. Gab ja 16 Jahre lange mehr als genug zu kritisieren. Da kam nicht viel.Könnte sein, dass die deutschen Juden dasselbe Problem mit ihren Repräsentanten haben wie die „normalen“ Deutschen mit den ihrigen.

Last edited 1 Jahr her by Oneiroi
drnikon
1 Jahr her

Ach? Christliches Leben in Europa ist ebenfalls bedroht. Sorry, es ist kein Alleinstellungsmerkmal. Irgendwo konnte ich lesen, dass Christen weltweit die am meisten verfolgten Gläubigen sind.
Ich denke, dass wir gemeinsam gegen die Verfolgung von Christen und Juden handeln müssen.

Bernd Geiss
1 Jahr her

Natürlich ist jüdisches Leben, besonders in Deutschland bedroht. Der gute Karl Lagerfeldhatte es auf den Punkt gebracht. Wer die schlimmsten Judenhasser zu Hunderttausende ins Land lässt muss sich nicht wundern. Ich für meinen Teil fühle mich den Juden gegenüber verpflichtet eben weil von Deutschen Boden die Judenvernichtung ausgegangen ist. Damit ist für mich jeder Judenhasser ein Feind. ( Bin kein Jude).

Transvaal
1 Jahr her

Die oberste und wichtigste Aufgabe der linken ist der Kampf gegen den Kapitalismus. Die Juden gelten als reiche Kapitalisten. Niemand wird dies den “ Palästinensern “ unterstellen. Im Gedächnis der linken ist aber noch die Zeit, in der sich die Palästinenser von der Sovietunion aushalten ließen ohne jemals Kommunisten zu sein. Der Feind meines Feindes ist mein Freund. So einfach ist das.

Lina
1 Jahr her

Leider hat Herr Wolffsohn, den ich sehr schätze, wieder einmal recht. Jüdische Mitbürger vermeiden, anders als noch vor einigen Jahren, ihre Religion öffentlich zu zeigen. Sogar die kleine Synagoge in unserer Stadt wird umgebaut und verstärkt abgesicherte, damit der Zugang unbehelligt möglich ist.