Merz will Brandmauer zur AfD abtragen – oder vielleicht doch nicht

In den Kommunalparlamenten müsse man nach Wegen suchen, „wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet“, so der CDU-Vorsitzende. Die Wähler der AfD wolle man natürlich zurückgewinnen, wenn sie die Grundsätze der CDU akzeptierten. Mittlerweile rudert er aber schon wieder zurück.

dts

Allmählich mag man Mitleid mit Friedrich Merz bekommen: Da hat er die Brandmauer hochgezogen, und jetzt muss er sie langsam abtragen – nachdem die CDU hinter der AfD in Umfragen nur noch die zweitstärkste Partei ist.

Denn CDU-Chef Friedrich Merz hat eine Kooperation seiner Partei mit der AfD auf Landes- oder Bundesebene erneut ausgeschlossen. Wenn sich jemand dabei an dem Wort „Brandmauer“ störe, könne er das verstehen, sagte er am Sonntag im „Sommerinterview“ des ZDF. „Hinter dieser Brandmauer stehen nicht die Wähler, sondern hinter dieser Brandmauer stehen die Funktionäre und Mandatsträger, mit denen wir in den Parlamenten nicht zusammenarbeiten werden.“

Aber die Wähler der AfD wolle man „natürlich zurückgewinnen“, vor allem wenn sie die „Grundsätze“ der CDU akzeptieren, so Merz.

Mit Blick auf die Kommunalpolitik fügte er allerdings hinzu, dass man in den Kommunalparlamenten nach Wegen suchen müsse, „wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet“. Die demokratische Wahl von AfD-Amtsträgern sei dabei zu akzeptieren.

Also bröckelt die Brandmauer – von unten. Auf der kommunalen Ebene, da wo die Bürger weniger ideologisch, sondern praktisch und persönlich wählen. Hat sich die AfD auf kommunaler Ebene verfestigt, wird auch gegen die Landesregierungen nichts mehr einzuwenden sein. Natürlich dreht Merz noch ein großes rhetorisches Rad: Es gehe um gesetzgeberische Ebenen, als EU-Parlament, Bund, Länder. Auf kommunaler Ebene wird ja nur verwaltet. Aber Vertrauen erwirbt man durch konkretes Handeln. Früher galten Städte und Gemeinde als der eigentliche Hort der Demokratie; wer politisch was werden wollte, musste klein anfangen und dort zeigen, dass er Bürger überzeugen kann.

Zukünftig wird halt von oben nach unten regiert. Dazu passt, dass die CDU die Wähler der AfD zukünftig akzeptieren will, wenn sie die Grundsätze der CDU anerkennen. Auch das ist eine bemerkenswerte Erklärung: Vermutlich muss man künftig auf das Programm der CDU in der Wahlkabine einen heiligen Eid schwören, ehe man sie ankreuzen darf. Das werden ganz sicher viele Wähler so machen, oder? Immerhin gilt auch in der Politik die Regel: Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Künftig also entscheidet die CDU vielleicht darüber, ob sie AfD-Wählerstimmen akzeptiert? Man sieht schon, wie Friedrich Merz im Falle dieses Falles darauf verzichtet, das Amt des Bundeskanzlers anzutreten, weil da waren ja falsche Stimmen in der Urne.

Der Mann wird mit hohem Tempo ein toller Kabarettist in eigener Sache und macht es Spöttern leicht.

Aber man sollte nicht zu viel Spott über Friedrich Merz ausgießen. Der noch immer putzmuntere Merkel-Flügel in der Partei heizt ihm schon kräftig ein.

„Auch der CDU-Vorsitzende ist an die Beschlüsse des CDU-Bundesparteitags gebunden“, sagte der allzeit bereite frühere Kurzzeit-CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz dem „Tagesspiegel“. Dieser habe „jegliche politische Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ausgeschlossen“. Dies gelte auch für Städte und Gemeinden.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner, am Wochenende als CSD-Fan in Erscheinung getreten und im engen Bündnis mit der umstrittenen Trans-Bewegung, distanzierte sich scharf von den Aussagen seines Parteichefs zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene. „Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da ZUSAMMENarbeit geben? Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist“, schrieb Wegner am Sonntag auf Twitter.

Merz hörte das Pfeifen im Wald und ruderte am Morgen zurück. Die Zusammenarbeit bleibe ausgeschlossen. Bleibt die Frage: Was gilt nun und wenn ja wie lange? Nun ja, Führungsstärke sieht anders aus.

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Kommentare ( 211 )

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211 Comments
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Rainer Schweitzer
9 Monate her

Die „Brandmauer“ ist nichts weiter als eine politische Bankrotterklärung und die Ankündigung des eigenen Selbstmords. Konsequent zu Ende gedacht, muß die CDU bei jeder auch als noch so sinnvoll und richtig erachteten Initiative der AfD auf der Seite der Regierung stehen (oder sich enthalten, was auf das Gleiche heraus kommt). In Thüringen muß sie sogar die vorher abgewählte Regierung des politischen Gegners, immerhin der mindestens in Teilen verfassungsfeindlichen Linken, der ehem. SED, der Mauermörderpartei, stützen. Bürger, die die Regierung favorisieren, werden deren Parteien wählen, nicht den Schwarzfahrer draußen auf dem Trittbett. Die Rolle der konservativen Opposition hingegen ist von der… Mehr

frechdachs
9 Monate her

So sehen sie aus, die Unfähigkeit in Person. Merz halt und viele andere mehr. Die AfD freut sich.

DiasporaDeutscher
9 Monate her

Schade, dass man hier keine Umfrage machen kann. Die Frage wäre: Ist Fridolin Merz

A) bipolar
B) ein Fähnlein im Wind
C) in der Menopause
D) eine Blackrock-Marionette

Ein armseliges Interview einer hyper-opportunistischen Person, die nur eines will: Macht 🤩 Die wird er aber nicht bekommen, da es ihm dazu an Intelligenz fehlt….

Juergen Waldmann
9 Monate her

Friedrich Merz erweist sich oft als wählbar , aber Angela Merkel hat die CDU soweit in Richtung SED – PDS – Linke gebracht , dieses so gründlich , dass Merz in der eigenen Partei ein Exot ist . In der CDU wartet man nur darauf , dass er etwas sagt , um dies gegen ihn aus zu schlachten . Konservativ ist nur noch die AfD , daher wählen ehemalige CDU Wähler heute AfD .

Klaus Kabel
9 Monate her

„Früher galten Städte und Gemeinde als der eigentliche Hort der Demokratie; wer politisch was werden wollte, musste klein anfangen und dort zeigen, dass er Bürger überzeugen kann.“
Und gelingt es Vertretern der AfD, die Bürger dort zu überzeugen, ist es ein weiterer, bestandener „Demokratietest“ gegen die Politbonzen der SEDCDU.

StefanB
9 Monate her

Vom linksgrünen Berliner Oberbürgermeister und U-Boot Wegner (CDU) kommen sogleich klare Widerworte. Dasselbe vom Merkel-Hans-Wurst aus dem Saarland. Der Rest der Merkel-Meute wird nicht lange auf sich warten lassen.

Es hilft nur die Spaltung der CDU – Merz muss diese Leute unbedingt loswerden, sonst werden sie ihn los. Der Merkel-Flügel, der im Ergebnis der Spaltung die glasklare Kopie der Grünen ist, ist dann draußen, weil dessen Wähler gleich das Original wählen können.

humerd
9 Monate her

Die „Brandmauer“ wird von selbst einstürzen
„Die Zahl der Asylanträge in Deutschland steigt laut einem neuen Bericht des Bundesamts für Migration 2023 stark an. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 wurden 77,5 Prozent mehr Erstanträge gestellt.“
https://m.focus.de/politik/deutschland/zahl-der-asyl-erstantraege-in-deutschland-waechst-2023-stark-an_id_199987475.html

gladius
9 Monate her

Der saarländische Merkelianer hat zum Sturm auf den CDU Parteivorsitz geblasen. Merz hat sich mit seiner Eierei selbst ins Aus geschossen. Ragnarök hat für die CDU begonnen.
Merz war die Hoffnung der Konservativen, der Merkel-Gegner. Er ist zum Totengräber geworden.

Dr. Friedrich Walter
9 Monate her

Vielleicht sollten jetzt mal alle AfD-Wähler die CDU wählen. Das würde Friedrich Merz und seine Partei in ein gewaltiges Dilemma bringen. Darf sie diese Stimmen überhaupt annehmen, oder muß die Partei sie ablehnen, geschlossen zurücktreten und sich selbst auflösen? Gegen jedes Parteimitglied, das trotzdem ein Mandat annimmt, müßte sofort ein Ausschlußverfahren eingeleitet werden. Vielleicht ist das der „Königsweg“, die CDU endlich komplett loszuwerden. Anschließend wird es mit den anderen „etablierten“ Parteien genauso gemacht. Da nur die AfD die Stimmen von AfD-Wählern annehmen darf, wären wir die gesamte „Dilettantentruppe von unfähigen Polit-Clowns“, die Deutschland gerade mit Vollgas gegen die Wand fährt,… Mehr

Last edited 9 Monate her by Dr. Friedrich Walter
Demokrat1
9 Monate her

„Mit einer demokratischen Gesellschaft ist das Konzept von Multikulti schwer vereinbar. Vielleicht auf ganz lange Sicht. Aber wenn man fragt, wo denn multikulturelle Gesellschaften bislang funktioniert haben, kommt man sehr schnell zum Ergebnis, daß sie nur dort friedlich funktionieren, wo es einen starken Obrigkeitsstaat gibt. Insofern war es ein Fehler, daß wir zu Beginn der 60er Jahre Gastarbeiter aus fremden Kulturen ins Land holten.“
Quelle: https://de.wikiquote.org/wi