„Sie haben Gewalt angewendet, um anderen ihre Sicht aufzunötigen“

Das Versammlungsrecht rechtfertigt es nicht, den Verkehr zu blockieren – und der Klimaschutz spielt dabei keine Rolle. Zu diesem Schluss kommt das Berliner Landgericht.

IMAGO / Eibner

Es ist ein heftiger Schlag für die Klimaextremisten der „Letzten Generation“ und ähnliche Gruppen: Das Landgericht Berlin springt nicht auf den moralischen Zug auf. Stattdessen bestätigte das Gericht die Strafbarkeit der Störaktionen. Die häufig von Klimaextremisten vorgebrachte Meinung, sie könnten sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2021 berufen, teilte der Richter nicht.

Das Landgericht berief sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach Straßenblockaden grundsätzlich als Nötigung zu werten seien. In der ersten Berufungsverhandlung sagte Richter Ralf Vogl: „Sie haben Gewalt angewendet, um anderen ihre Sicht aufzunötigen.“ Das Demonstrations- und Versammlungsrecht rechtfertige keinen Eingriff in die Rechte Dritter, um politische Ziele durchzusetzen. Ziele wie der Klimaschutz spielten keine Rolle, denn nicht die Verhinderung des Klimawandels, sondern die Lahmlegung des Verkehrs sei Ziel der Gruppe gewesen.

„Die Aktion diente gezielt der Lahmlegung des Berufsverkehrs … Der Angeklagte handelte als Mittäter … Er hat Gewalt angewendet – in Form von psychischem Druck auf Dritte“, führte der Richter im Urteil nach Angaben der BZ aus. Auch die Staatsanwaltschaft kam zum Schluss: „Über die hehren Ziele sind wir uns einig. Aber so geht’s nicht. Der Zweck heiligt nicht die Mittel.“ Noch einmal Vogl: „Sie stehen nicht über dem Gesetz – keiner tut das.“

Der Medizinstudent Johann O. hatte am 4. Februar 2022 zusammen mit weiteren Personen die Autobahn auf der Höhe der Beusselstraße blockiert. Das Amtsgericht Tiergarten hatte ihn deswegen zu einer Strafe von 600 Euro verurteilt. O. ging deswegen vor das Landgericht in Berufung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, dem Klimaextremisten steht die Revision vor dem Kammergericht offen. O. kündigte jedoch bereits an, direkt vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen zu wollen.


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Kommentare ( 45 )

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Michael W.
1 Jahr her

4 Wochen Knast ohne Bewährung wären für diese Leute da absolute Minimum. Das kann denen nämlich niemand bezahlen, das müssen sie selbst absitzen!

Last edited 1 Jahr her by Michael W.
Poirot
1 Jahr her

Nur so geht es! „Der Staat darf sich nicht erpressen lassen“ wusste schon Helmut Schmidt. Es ist wichtig, dass endlich mal ein Exempel statuiert wird! Man muss diesen Besserverdienerkindern klar machen, dass sie eben NICHT der Mittelpunkt des Universums sind. Es wäre doch auch mal eine investigative Recherche wert herauszufinden, wer diese Nervensägen eigentlich finzanziert?

Freedomofspeech
1 Jahr her

Medizinstudent? Der hat das Studium doch mindestens unterbrochen, wenn nicht abgebrochen. Das Medizinstudium verlangt Präsenz. Er ist allenfalls auf Berliner Kreuzungen klebend oder in Lützerath präsent. Was für eine Verschwendung von Lebenszeit und Steuermitteln!

JamesBond
1 Jahr her

600€? Tut mir leid, diese Terroristen gehören in den Knast!
Ebenso die Mitarbeiter der DUH, denn diese vernichten unseren Wohlstand.

Bernhardino
1 Jahr her

Wenn ein Gericht UND Staatsanwaltschaft in Berlin solche Aussagen tätigt, reibt man sich verwundert die Augen. Und dann fällt einem ein, das dort in 3 Wochen Wahlen sind. Etwas Wählertäuschung ist da immer sehr hilfreich. Die Berufung am Oberlandesgericht NACH der Wahl fällt mit Sicherheit wieder in Berliner Normalität zurück.

Last edited 1 Jahr her by Bernhardino
F. Hoffmann
1 Jahr her

Beispiel für die Debatte mit Klimaklebern: Sie von von der väterlichen Villa in BW in einen Plattenbau, 5.Stock, kein Balkon, in BER umgezogen. Sie sind nach einer Klebeaktion („keine Gewalt“) glücklich zu Bett gegangen. Ich mauere Ihnen die Wohnungstür zu („keine Gewalt“). Tags darauf können sie nicht zum Kleben gehen. Sie können bei ihrer NGO keine Kohle abholen. Das Treffen mit Ihrer LBGT+-Person fällt flach. Sie bekommen einen Herzinfarkt, leider kommen die Rettungskräfte zu spät in Ihre Wohnung und sie sterben. Freiheitsberaubung? Quatsch, ist doch keine Gewalt, es haut Sie doch keiner, oder? Und wieso jammern Sie, wenn sie in… Mehr

Manfred_Hbg
1 Jahr her

Zitat: „Auch die Staatsanwaltschaft kam zum Schluss: „Über die hehren Ziele sind wir uns einig. Aber so geht’s nicht. Der Zweck heiligt nicht die Mittel.“ “

> Na, hoffentlich muß dieser (weisungsgebundene) Staatsanwalt zukünftig keine Akten im Keller sortieren weil er strafversetzt wurde.!Denn im politish rrg Berlin scheint ja alles möglich.

Ansonsten kann man auch mit Blick auf den Richter Ralf Vogl nur noch sagen: GUT das es in der Berliner Justiz zumindest noch zwei vernünftig denkende Justizangestellte und solch vernünftige Urteile gibt ?

elly
1 Jahr her

 Eine Jugendkammer bestätigte die Verurteilung O.s zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 20 Euro wegen Nötigung.“
https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-01/klimaaktivist-verfassungsbeschwerde-verurteilung-letzte-generation
Wieso Jugendkammer bei einem 21 Jährigen?

Positivsteuerung
1 Jahr her
Antworten an  elly

Beschreien Sie es nicht – vom Verhalten her entspricht das Dreijährigen, die sich vor der Supermarktkasse auf den Boden werfen und heulen, um den Kauf von Süßigkeiten zu erzwingen. Damit wäre er nicht strafmündig gewesen.

Nibelung
1 Jahr her

Wir sollten an der Gerichtsbarkeit nicht verzweifeln, denn da gibt es viele, die mit den Rechtstreuen Übereinstimmungen haben, es aber nicht so deutlich artikulieren wollen, was sie ja auch nicht müssen, denn das Recht ist vordergründig und nicht die Idiologie, was sich nun in dieser Feststellung nieder schlägt. Gehen wir einfach mal davon aus, daß viele durchaus erkennen, was der heilige Augustinus schon festgestellt hat und Papst Benedikt das gleiche laut und deutlich im Bundestag wiederholt hat, mit der Feststellung, wer das göttliche Recht nicht achtet, gleicht einer Räuberbande, weil es vom irdischen nicht zu trennen ist, was übrigens der… Mehr

elly
1 Jahr her

„Letzte Generation:Klimaaktivist legt Verfassungsbeschwerde gegen Verurteilung einDie Letzte Generation stört oft mit Blockaden den Verkehr, Aktivisten werden dafür verurteilt. Zu Unrecht, sagt einer von ihnen – und zieht vors Bundesverfassungsgericht.“ Ein Klimaaktivist aus Berlin beklagt seine Verurteilung wegen einer Straßenblockade – und will deshalb nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Den Richtern in Karlsruhe solle die Möglichkeit gegeben werden, „festzustellen, dass Protest, der stört, im Angesicht des Klimanotfalls angemessen ist“, erklärte Johann O. in einer Mitteilung der Gruppe Letzte Generation. Der 21 Jahre alte Medizinstudent war zuvor mit seiner Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vor dem Berliner Landgericht gescheitert. Eine Jugendkammer bestätigte… Mehr