Kurz nach Gründung: Thüringischer Verfassungsschutz-Chef will schon extremistische Tendenzen erkannt haben

Der selbst höchst umstrittene Verfassungsschutzchef Thüringens, Stephan Kramer, braucht weder ein Programm noch Beschlüsse, ja nicht einmal eine erste Sitzung der neuen AfD-Jugend, um sie öffentlich unter Rechtsextremismus-Verdacht zu stellen. Seine Zuständigkeit ist, wie auch seine Qualifikation für das Amt, mehr als fraglich.

IMAGO

Nur drei Tage nach der Gründung der neuen AfD-Jugendorganisation “Generation Deutschland”, sieht der Päsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, Hinweise auf eine rechtsextreme Haltung. Bemerkenswert ist dabei nicht der Verdacht, sondern das Tempo, in dem er ausgesprochen wird.

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Die „Generation Deutschland“ ist die neu gegründete Jugendorganisation der AfD. Sie befindet sich noch ganz am Anfang, hat bislang nur ein erstes Gründungstreffen abgehalten und weder Strukturen noch ein politisches Programm beschlossen. Eine Einschätzung, die so schnell getroffen wird ist ungewöhnlich und stellt die Glaubwürdigkeit des Verfassungsschutzes in Frage.

Der Jurist Ulrich Vosgerau gibt Tichys Einblick eine ganz andere Perspektive: “Der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Thüringen hat keinesfalls die Aufgabe, sich mit der Gründung einer bundesweiten parteigebundenen Jugendorganisation zu beschäftigen, die im Bundesland Hessen stattfand. Um so weniger hat er diese Vorgänge öffentlich und nach Art eines linken Journalisten oder Aktivisten zu kommentieren.” Noch dazu meint Vosgerau: “Der Verfassungsschutzpräsident von Thüringen hätte sich allenfalls in Gestalt des Landesverfassungsschutzberichtes zu äußern, auch dort aber nicht über bundespolitisch relevante Vorgänge, die sich in Hessen zugetragen haben.

Aus Sicht Vosgeraus überschreitet Kramer, der Präsident des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, mit seiner öffentlichen Bewertung den Aufgabenbereich, der ein Landesverfassungsschutzpräsident normalerweise hat.

Stephan Kramer erfüllt darüber hinaus nicht die formalen Anforderungen, an das Amt des Verfassungsschutzpräsidenten. Nach § 2 Abs. 3 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes soll das Präsidentenamt „nur einer Person übertragen werden, die die Befähigung zum Richteramt besitzt“, sprich eine Person, die Volljurist ist. Diese Qualifikation besitzt Kramer nicht, obwohl das Gesetz diese Voraussetzung ausdrücklich als Standard für das Amt nennt.

Gleichzeitig ist Kramer Mitglied des Stiftungsrats der Amadeu-Antonio-Stiftung, einer äußerst umstrittenen NGO, die überall Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus sieht und regelmäßig Empfehlungen zu staatlichen Maßnahmen im Bereich „Rechtsextremismus“ formuliert.

Für einen Behördenleiter, dessen Aufgabe es ist, sicherheitsrelevante Sachverhalte unabhängig, rechtsstaatlich und politisch neutral zu bewerten, ist diese Doppelrolle mehr als fragwürdig.

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Die neu gegründete Jugendorganisation der AfD, Generation Deutschland (GD), soll die im Frühjahr aufgelöste Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA) ersetzen. Die JA wurde bundesweit als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Das Gericht begründete das Urteil damals damit, dass die JA an einem völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff” festhielte. Des weiteren sei eine zentrale politische Vorstellung der JA der “Erhalt des deutschen Volkes in seinem ethnischen Bestand” gewesen. Das Kölner Gericht befand dies als Verstoß gegen die Menschenwürde. Doch im Falle der neu gegründeten GD gibt es solche handfesten Belege noch nicht. Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutz stützt seine Einschätzung, dass er rechtsextreme Tendenzen bei der GD sieht, lediglich auf Aussagen, Eindrücke und Personalien der Gründungsveranstaltung in Gießen, Was jedoch fehlt sind belastbare Vorgänge, Handlungen oder Beschlüsse der Organisation selbst. Diese existieren schlichtweg nicht, da sich die Organisation erst vergangenen Samstag gegründet hat.

In einem Interview mit Tichys Einblick zitiert Prof. Werner J. Patzelt, Politikwissenschaftler spöttisch den Kirchenlehrer Thomas von Aquin: “Dort wo es keine Daten gibt, muss man eben etwas glauben.” Der Verfassungsschutz ließe sich instrumentalisieren, so Patzelt und entgegen seiner Gründungsidee als politisches Werkzeug missbrauchen.

Stephan Kramer, Thüringens Verfassungsschutzpräsident, erklärte gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), dass es sich bei der GD „wohl doch eher um eine Nachfolgeorganisation“ der JA handele. Warum diese Einschätzung bereits nach drei Tagen möglich sei begründet Kramer vor allem mit dem Auftreten einzelner Teilnehmer bei der Gründungsveranstaltung. Dort seien Beiträge, Aussagen und anwesende Personen aufgefallen, die Hinweis auf diese rechtsextremistischen Tendenzen gegeben hätten. Konkrete Personen nannte er jedoch nicht. Das eine so sicherheitsrelevante Bewertung unmittelbar auf Basis eines einzigen Abends erfolgt, ist ungewöhnlich und wirft die Frage auf, wie sorgfältig hier überhaupt geprüft wurde.

Wer Parteiprivilegien in Anspruch nimmt, ist verdächtig

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Des Weiteren kritisiert Kramer die organisatorische Form der neuen Jugendorganisation. Während die zuvor aufgelöste Junge Alternative lediglich ein eingetragener Verein war und damit außerhalb der Partei stand, ist Generation Deutschland nun direkt als offizielle Jugendorganisation der AfD gegründet worden. Dadurch fällt sie unter das sogenannte Parteienprivileg, das politische Parteien und ihre offiziellen Teilorganisationen vor staatlichen Eingriffen schützt. Nach Einschätzung der Behörde sei dieser Schritt ein Hinweis darauf, dass die AfD die Strukturen und Funktionen der früheren Jungen Alternative nicht aufgeben, sondern lediglich in eine neue, rechtlich besser geschützte Form, ähnlich den JuSos oder der Jungen Union, überführen wolle.

Jean-Pascal Hohm, der neue Vorsitzende der GD, wurde vom Verfassungsschutz Brandenburg als rechtsextrem eingestuft. Hohm sitzt dort für die AfD im Landtag.

In den Lageberichten der Behörde heißt es, Hohm und weitere AfD-Landespolitiker seien in regionalen Hochburgen des Rechtsextremismus politisch geprägt worden und dort persönlich vernetzt. Im Einstufungsvermerk seines gesichert rechtsextremistischen brandenburgischen Landesverbands wird er dutzendfach namentlich erwähnt und mit migrationsfeindlichen und völkischen Thesen zitiert, so zdfheute

Dies sind für Kramer weitere Beispiele dafür, dass die GD als heimlicher Nachfolger für die JA agiert. Was jedoch aktuell bei der GD geschieht, kann nach wenigen Tagen noch nicht beurteilt werden.

Der Verfassungsschutz beobachtet schon jetzt, wem sich die neue AfD-Jugend annähert und mit wem sie am rechten Rand netzwerkt; so die BILD mit Berufung auf Informationen aus Sicherheitskreisen. Besonders kritisch findet der Inlandsgeheimdienst dabei, dass sich die GD nicht von umstrittenen Einzelpersonen, radikalen Vereinen oder rechtsextremen Verlagen außerhalb der Partei distanziere. Dies würden einzelne Aussagen belegen, wie etwa von Jean-Pascal Hohm. Er sagte bei der Gründungsveranstaltung: “Wir werden eng mit dem politischen Vorfeld zusammenarbeiten.” Auch der Beisitzer im Vorstand, Kevin Dorow, betonte: “Wir distanzieren uns nicht vom sogennanten Vorfeld.”

Als offizielle Parteijugend unterliegen die Mitglieder der GD den gleichen Unvereinbarkeitsbeschlüssen wie die regulären Parteimitglieder. So sind etwa Mitgliedschaften in Organisationen wie der NPD/”Die Heimat“, der Partei „Der III. Weg“, der Identitären Bewegung, Reichsbürgergruppen oder der Scientology-Organisation mit einer AfD-Mitgliedschaft unvereinbar.

Gefahr durch Kubitscheks Antanaios-Verlag

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In einem AfD-Gutachten aus dem Frühjahr 2025 analysiert der Verfassungsschutz nochmals genauer auf Akteure der Identitären Bewegung und rechtsextreme Vordenker und Ideologen, Ziel dahinter ist zu überprüfen, wer zum Netzwerk der AfD gehört. Darin wird der Verleger Götz Kubitschek mit seinem Verlag “Antaios” genannt. Sein Verlag wird als gesichert rechtsextrem eingestuft. Antanaios präsentierte bei der Gründungsveranstaltung der GD sein Verlagsprogramm und bot Gespräche mit Götz Kubitschek an. Dies soll laut dem Geheimdienst ein weiterer Hinweis dafür sein, dass die neue Jugendorganisation Sympathien für rechtsextreme Netzwerke hegt.

Gleichzeitig zeichnet der MDR ein anderes Bild: Die neue Jugendorganisation hat sich programmatisch noch nicht festgelegt. Einige Vorstandsmitglieder erklären, man wolle weniger aktivistisch, dafür stärker programmatisch arbeiten. Die Organisation befindet sich erst im Aufbau und hat weder ein Konzept besporchen, noch liegen öffentliche Programmschwerpunkte vor. Bei der Gründungsveranstaltung selbst standen vor allem organisatorische Entscheidungen im Mittelpunkt, wie etwa die Wahl des Vorstands. Auch riefen Parteigranden wie Weidel, Chrupalla und Gauland die GD-Mitglieder dazu auf, “radikal-demokratisch” (Gauland) aber programmatisch gemäßigt zu agieren. Die GD steht wenige Tage nach ihrer Gründung an einem Punkt, wo sie schon vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ohne sich inhaltlich ausführlich festgelegt zu haben.

Der Staatsrechtler Professor Volker Boehme-Neßler von der Universität Oldenburg verwies in BILD darauf, dass die GD nur zusammen mit der AfD verboten werden kann. Dies liegt daran, dass in der Satzung der Jugendorganisation festgehalten ist, dass sie eine rechtlich unselbstständige Teilorganisation der Partei ist. Damit gilt sie als fester Bestandteil der AfD. Für Boehme-Neßler ist das kein Zufall. Das Einzige mögliche, was unabhängig von der AfD erfolgen könnte, ist die Einstufung der neuen GD als rechtsextrem, so Boehme-Neßler.

Kramer ist nur ein Beispiel dafür, wie schnell staatliche Organisationen alles und jeden um sicher herum als rechts einstufen, obwohl dazu die Belege fehlen. Oder wie im Fall vom Kramer, sie gar nicht dazu berechtigt sind. Gerade deshalb wirft die frühe Einstufung des Verfassungsschutzes Fragen auf. Eine sicherheitsbehördliche Bewertung, die noch vor der ersten Sitzung einer Jugendorganisation erfolgt und sich nahezu ausschließlich auf Momentaufnamen stützt, ist ungewöhnlich.

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Kommentare ( 14 )

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verblichene Rose
3 Stunden her

Mit einer entsprechenden Kopfbedeckung könnte er auch als „Friedensrichter“ auftreten.
Darf man das so sagen, oder ist das schon wieder rassistisch?

November Man
3 Stunden her

Wir haben einfach zu viele Talibans und IS-Kämpfer im Land. Es wird Zeit, dass einige dieser Deutschen-Hasser unser Land verlassen.

November Man
4 Stunden her

Deutschland braucht keinen Verfassungsschutz der unschuldige, gesetzestreue und verfassungstreue Bürger überwacht, bespitzelt und ausspioniert. So was brauchen nur Diktaturen oder wie bei uns eine Parteien-Diktatur. Frau Dr. Weidel (AfD) hat den politisch von linksextremer Politik gelenkten, mißbrauchten und instrumentalisierten Verfassungsschutz noch viel zu harmlos angegriffen. Konkret griff sie zu Recht den Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten Kramer an. Sie bezeichnete den Verfassungsschutz als von „schmierigen Stasi-Spitzeln“ geprägt und sagte über Kramer: „Schauen Sie sich doch mal diesen Verfassungsschutzpräsidenten in Thüringen an, diesen Kramer da mit diesem Bart und so, wie der aussieht. Was das für Leute sind.“ Die Stasi war, wie heute der… Mehr

Last edited 4 Stunden her by November Man
Mausi
4 Stunden her

Das ständige Überschreiten von Zuständigkeiten ist ein Übel. Leider ohne strafrechtliche Konsequenzen. Bei AM verhinderte eine kleine unwesentliche verfassungswidrige Äußerung zu einer Wahl nicht, dass sie eine hohe Auszeichnung erhielt. Gremien dürfen das passive Wahlrecht entziehen. Der Staat darf alles an sich ziehen und finanziell fördern, was die jeweilige Regierung auf ihre Agenda setzt. Bei BP wurde der Vorstandsvorsitzende schnell zum Skandal, weil er weitersegelte, als 2010 im Golf von Amerika das Öl auslief. Noch dazu sagte er etwas über das bißchen Öl im großen Golf. Aber gut, Umwelt ist halt existenziell wichtig, Demokratie und Rechtsstaat sind es anscheinend nicht.… Mehr

Last edited 4 Stunden her by Mausi
Edward S.
4 Stunden her

Den Bildern nach zu urteilen scheint der Mann selbst nicht in allzu guter Verfassung zu sein.

Metric
4 Stunden her

Solange dieser unqualifizierte Hetzer in Thüringen im Amt ist, bleibt die dortige Regierungspartei BSW für mich unwählbar.

November Man
4 Stunden her

Wir haben einfach zu viele Talibans und IS-Kämpfer im Land. Es wird Zeit, dass einige dieser Deutschen-Hasser unser Land verlassen.

TruthHurts
4 Stunden her

Die Verbrecher bleiben im Amt, egal was sie machen. Dieser Mann müsste schon lange zumindest weg von jeglichem Posten sein. Eine schöne Demokratie haben wir. Es ekelt mich nur noch an.

ralf12
4 Stunden her

Eine Einschätzung, die so schnell getroffen wird ist ungewöhnlich und stellt die Glaubwürdigkeit des Verfassungsschutzes in Frage….“ Spätestens nach der Schönbohm Affäre auf Bundesebene oder durch die Besetzung des Postens in Thüringen mit der Person Kramer auf Landesebene hat doch der Verfassungsschutz jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Er ist „Schild und Schwert der Partei“ allerdings wesentlich stümperhafter als das Vorbild Stasi.

November Man
4 Stunden her

Der Herr Kramer wird aus diesem, unserem Land schneller ausreisen können als ihm lieb seine dürfte. Dann ist seine von Hass auf alle Andersdenkende zerfressene Karriere hier beendet. Den Haseloff und den linken Chefdemagogen Böhmermann kann er mitnehmen.