General Kurczyk: Politik hat die Wehrfähigkeit der Bundeswehr abgebaut

Markus Kurczyk, Generalmajor a. D. und bis 2023 Kommandeur des Zentrums Innere Führung, sieht die Bundeswehr trotz der Euromilliarden aus dem Sondervermögen schlecht gerüstet. Er konstatiert, dass die Bundeswehr Drohnen nicht einkalkuliert hat. Von der Wehrpflicht per Los hält er gar nichts

picture alliance/dpa | Thomas Frey
Generalmajor Markus Kurczyk, Kommandeur des Zentrums Innere Führung, 02.02.2023

Berlin. Die Bundeswehr hat nach Meinung des Militärexperten und Bundeswehr-Generals a.D. Markus Kurczyk nicht nur ihre Wehrhaftigkeit verloren, es werde auch viele Jahre dauern, die Bundeswehr wieder wehrfähig zu machen. „Uns fällt jetzt auf die Füße, was man Friedensdividende nennt. Wir haben seit Ende der 1980er fast alles an Wehrfähigkeit abgebaut und lange überhaupt nicht mehr investiert in jede Form von Verteidigung. Das betrifft die militärische Verteidigung genauso wie die Zivilverteidigung“, bemängelt der frühere Kommandeur deutscher Truppen in Afghanistan und frühere Leiter des Zentrums Innere Führung der Bundeswehr in Koblenz in der Dezember-Ausgabe des Monatsmagazins Tichys Einblick.

Deutschland sei auch auf hybride Kriegsführung nicht eingestellt, etwa durch Drohnen oder Anschläge auf die kritische Infrastruktur. „Deutschland hat ja praktisch so gut wie noch gar nichts auf diesem Gebiet zu bieten, weder auf der Drohnenabwehrseite noch bei den Drohnen selbst“, erklärt Generalmajor Kurczyk.

Es werde lange dauern, die Bundeswehr wieder wehrfähig zu machen. „Die Vorstellung, dass man jetzt die Bundeswehr innerhalb von drei oder vier Jahren kriegsfähig macht, die ist natürlich naiv. Das könnte niemand bezahlen. Das gilt für die Resilienz unserer Infrastruktur genauso wie für die Bundeswehr.“ Das Fehlen einer Drohnen-Kompetenz ist für Kurczyk ein schwerwiegender Nachteil. „Ohne Drohnen und insbesondere ohne Drohnenabwehr hat eine Armee heute einen derart schwerwiegenden Nachteil, dass sie ihn überhaupt nicht mit anderen Mitteln ausgleichen kann“, so der Generalmajor.

Durch den Aufbau der Brigade in Litauen und der Abgabe funktionierender Waffensysteme an die Ukraine sieht der Bundeswehr-General die Bundeswehr zusätzlich im Inland geschwächt. „Die Bundeswehr gibt Waffensysteme, Munition, Personal für die Ausbildung, für die Stärkung der ukrainischen Streitkräfte ab. Gleichzeitig bauen wir eine komplett neue Brigade auf, mit Personal, das ja nicht aus einer bestehenden Struktur kommt, sondern sich bisher innerhalb des deutschen Heeres befand“, erklärt Generalmajor Kurczyk. „Die personelle Bereitstellung ist ein Kraftakt, und das Gerät, das man für die Brigade in Litauen quasi aus dem gesamten Heer herausholen muss, fehlt im Inland und schwächt dort wiederum die Strukturen.“

Wolle man die Bundeswehr wieder aufbauen, müsse man erheblich Bürokratie abbauen. „Wir müssen Dinge, die wir brauchen, einfach in relativ kurzer Zeit beschaffen. Die Zeit der 25 Millionen Vorlagen und die Befassung von was weiß ich wie vielen Ausschüssen, die Dauer, bis etwas geliefert wird – das passt alles nicht mehr zur Bedrohungslage. Entweder wir ändern diese Praxis, oder wir verlieren unsere Glaubwürdigkeit.“


Das gesamte Interview erscheint in der Dezember-Ausgabe 12-2025 des Monatsmagazins Tichys Einblick am 15. November

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Kommentare ( 43 )

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Ohanse
1 Monat her

Wie bereits gesagt. 1.Beim Nicht-Abschuss von Drohnen ging es nie um etwa herabfallende Trümmer. Es fehlen schlicht die Mittel. Alles andere sind Fake-News. 2. Solange die Bundeswehr eine „Parlamentsarmee“ mit all den unnützen Ausschüssen und Vorlagen ist, besteht keinerlei Hoffnung auf Besserung. Schön, daß sich diese Sichtweise nun langsam ihren Weg in die Öffentlichkeit bahnt.

verblichene Rose
1 Monat her

…General Kurczyk: Politik hat die Wehrfähigkeit der Bundeswehr abgebaut…
Während er und seine Kollegen (zumal in Friedenszeiten) Jahrzehnte lang dabei zugeschaut haben. Es stellt sich daher die Frage, was solche „Soldaten“ eigentlich die ganze Zeit lang gemacht haben. Sandkastenspiele?
Tja, vielleicht genügte ihnen aber auch die Friedensdividende zum Erhalt ihrer Posten. Man weiß es nicht.

Haba Orwell
1 Monat her

Böses Medium heute: „Ukrainisierung Europas – Millionenschwere Korruption inmitten NATO-Strukturen“ > „… Bei der NATO-Beschaffungsbehörde NSPA, deren Jahresbudget über zehn Milliarden Euro beträgt, werden nicht nur Gelder veruntreut (dies wohl schon länger), sondern auch diejenigen entlassen, die versuchen, den Dieben Einhalt zu gebieten. … Vor sechs Monaten erhielten die Strafverfolgungsbehörden in Luxemburg (dem Sitz der NSPA) Berichte, wonach ein Teil der für den Krieg gegen die Russen bestimmten Gelder in den Taschen gewisser Kollegen verschwand. … Die Zahlungen, die korrupten Subunternehmern Zugang zu NATO-Aufträgen gewährten, konnten von mehreren Hunderttausend bis zu einigen Millionen Euro reichen. Sprich: Während die gesamteuropäische Kriegs-Staatskasse… Mehr

Haba Orwell
1 Monat her

> Deutschland sei auch auf hybride Kriegsführung nicht eingestellt, etwa durch Drohnen oder Anschläge auf die kritische Infrastruktur.

Bisher haben sich alle „Putin-Drohnen“ und vermeintliche Unterseekabel-Anschläge als Fakes erwiesen. Ein General, der jammert, dass er gerne mehr Kohle kassieren möchte. Ich würde solchen Typen die Pension ersatzlos streichen, damit die sich wenigstens einmal im Leben nach ehrlicher Arbeit umschauen müssen.

Ohanse
1 Monat her
Antworten an  Haba Orwell

Erwiesen ist da gar nichts. Und die Behandlung als Fake ist bequem – da muss man sich keine Sorgen darum machen, daß man einfach nicht die erforderlichen Mittel hat. Mit solchen Behauptungen stützen Sie die falschen Narrative der Regierung.

CasusKnaxus
1 Monat her

Genau das sagte mein Vater seit Anfang der 2000er Jahre schon: Deutschland ist nicht mehr als drei Tage verteidigungsfähig, dann geht der Bundeswehr die Munition aus. Er mußte es wissen, er war hoher Offizier. Damals dachte ich, er sei schon senil. Was faselt der?

fischer
1 Monat her

Mit der Pensionierung fällt vielen schlagartig wieder ein, was sie schon seit 30 Jahren dringend sagen wollten….

Maria KH
1 Monat her

Für die Bundeswehr wurden Hunderte Schützenpanzer geordert und man plant in den nächsten 10 Jahren die Anschaffung von 1000 Kampfpanzern.

Einer Diskussion zum Thema entnahm ich kürzlich mit Erstaunen, dass moderne Kampfdrohnen etwa mittels Raketen- oder Bombenladung ohne Probleme auch Panzer erledigen können.

Wären dann nicht die ganzen Milliarden mehr oder weniger für die Katz, wenn wir die Panzer haben und die anderen längst die besten Drohnen?

Haba Orwell
1 Monat her
Antworten an  Maria KH

> Wären dann nicht die ganzen Milliarden mehr oder weniger für die Katz

Nicht für die Katz, sondern für Rheinmetall, wo man stur kassieren will – und wenn mit nutzlosen Dingen.

CasusKnaxus
1 Monat her
Antworten an  Maria KH

Der Bau eines Panzers beträgt zwei Jahre. Wann sind tausend fertig? Sie haben vollkommen recht, Schlaumeier würden sich auf die Drohnenproduktion konzentrieren, aber wie wir wissen gibt s die in Berlin nicht

giesemann
1 Monat her

Ja, mit den schwachsinnigen Großrussen da im Kreml hat man nicht gerechnet. Hätten sich schließlich auch anständig benehmen können. Es gab gute Ansätze, Stichwort NATO-Russlandrat. Man hat eben auf Zeichen&Wunder gehofft. Aber … . Wenn einer nicht will, dann geht eben gar nichts.

P. Liesner
1 Monat her

Was hat die Politik eigentlich nicht noch alles „abgebaut“. Die Sicherheit, die Atomenergie, die Kohleenergie, die Bildung in den Schulen und den Universitäten, die Glaubwürdigkeit und – für mich das Wichtigste – der massenhafte Verlust des Vertrauens der eigenen Wähler/Bürger.
Darüber hinaus blamiert sich Deutschland immer mehr vor der Weltöffentlichkeit.

Thomas
1 Monat her

In meinen Augen hat dieser in Auflösung begriffener antideutsche Staat kein Recht eine Wehrpflicht oder anderen Dienst zu fordern.
Dieser Staat hat den Gesellschaftsvertrag vor langer Zeit einseitig aufgekündigt und verdient mMg nach keinerlei Solidarität.

Thomas
1 Monat her
Antworten an  Thomas

Am Ende kämpft und stirbt man für Bank- und Konzerninteressen.