Friseure ziehen gegen Schließungen vor Gericht

Die Kläger fordern die Öffnung der Friseursalons auf Grundlage der Hygiene- und Abstandsregeln. Die pauschale Schließung befördere sogar die Ausbreitung des Virus, anstatt es zurückzudrängen.

IMAGO / Tim Oelbermann
In Solingen demonstrierten am 29. Januar über einhundert Selbstständige, Geschäftsführer und Angestellte aus dem Beautybereich

Zehntausende Friseursalons sind wegen des Lockdowns im Zuge der Corona-Pandemie geschlossen, sind dadurch vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig und stehen wirtschaftlich vor dem Aus. Mehrere Salon-Inhaber haben sich jetzt zusammengetan, um in sieben Bundesländern gegen die Schließungen gerichtlich zu klagen. In Deutschland gab es laut Statistischem Bundesamt Ende 2019 etwa 80.600 Friseursalons mit zirka 240.000 Beschäftigten.

Der Haarkosmetik-Lieferant Wild Beauty GmbH unterstützt die Klagen von Friseuren gegen die undifferenzierte Schließung von Friseursalons. Die Geschwister Noah und Mira Wild, Geschäftsführer des Familienunternehmens in Seeheim-Jugenheim bei Darmstadt haben sich „entschlossen, die Klagen zu begleiten, zu organisieren und auch finanziell zu unterstützen.“ Mit knapp 100 Mitarbeitern betreut Wild Beauty mehr als 5.000 Friseursalons im deutschsprachigen Raum.

Finanzielle Hilfen vom Staat zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen für die Inhaber von Friseursalons kommen nicht schnell oder nicht umfassend genug bei den Betrieben an, so heißt es in einer Pressemitteilung von Wild Beauty. Fast kein Salon habe für Dezember 2020 finanzielle Hilfe vom Staat erhalten. Gleichzeitig seien die Rücklagen vieler Betriebe nach den monatelangen Beschränkungen aufgebraucht.

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„Wir unterstützen ausdrücklich das Bemühen der Politik, die Corona-Pandemie einzudämmen. Allein durch konsequente Kontaktminimierung und die Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln lässt sich dieses tückische Virus zurückdrängen. Nur treten wir für differenzierte und ausgewogene Regeln und eine Politik mit Augenmaß ein“, heißt es dort. „Aus den Coronavirus-Fallzahlen lässt sich eine Schließungsnotwendigkeit für Friseursalons in Deutschland auf jeden Fall nicht ableiten.“

Mindestens neun Friseursalons deutschlandweit haben deswegen angekündigt, die erlassenen Verfügungen zur Pandemie-Bekämpfung mittels Verwaltungsklagen gerichtlich überprüfen zu lassen. Ziel: Lockerungen für das Friseurhandwerk und die Öffnung der Salons. In Berlin, im Freistaat Bayern, im Freistaat Thüringen und in Hessen sind Klagen schon eingereicht. Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof beispielsweise läuft mit Unterstützung von Wild Beauty ein Normenkontrollverfahren  an. Weitere Klagen werden in Baden-Württemberg, dem Saarland, in Rheinland-Pfalz und Bremen vorbereitet.

Die Kläger fordern die Öffnung der Friseursalons in Deutschland auf Grundlage der Hygiene- und Abstandsregeln für das Friseurhandwerk, die sich schon zwischen den beiden Lockdowns bewährt haben: Die Friseure und ihre Kunden mussten sich im Sommer und Herbst 2020 Mund und Nase bedecken. Die Friseure durften nur mit Einmalhandschuhen arbeiten. Die Kunden mussten sich bei Betreten des Salons die Hände waschen und desinfizieren. Nach jeder Behandlung mussten die Werkzeuge gereinigt und desinfiziert werden. Auch wurde die Zahl der Personen im Salon geringgehalten und Termine nur mit Voranmeldung per Telefon oder E-Mail vergeben. Laut Christa Meier, Saloninhaberin aus Bayern, gibt es (Stand 08.01.2021) für das gesamte Friseurhandwerk nur „14 Meldungen einer vermuteten oder tatsächlichen SARS-CoV-2 Infektion, wovon 7 ein positives Testergebnis hatten“.

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Der aktuelle Lockdown, der Friseursalons pauschal zur Schließung zwang, soll einer noch stärkeren Kontaktminimierung dienen. Nach Ansicht von Bild Beauty bewirke er allerdings das Gegenteil. Trotz des Lockdowns begegnen immer wieder Mitmenschen, die professionell geschnitten und gefärbt auftreten, als gäbe es keinen Lockdown. Vor allem offensichtlich frisch frisierte Profifußballer und andere Fernseh-Köpfe, nicht zuletzt Politiker hatten die öffentliche Diskussion jüngst emotionalisiert.

Die Erklärung laut Wild Beauty: „Viele Haarschnitte finden nun schwarz in den Küchen der Kunden statt, ohne dass irgendwelche Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden.“ Das undifferenzierte Vorgehen des Staates fördere auf diese Weise die Ausbreitung des Virus, anstatt es zurückzudrängen.

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Kommentare ( 61 )

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WandererX
3 Jahre her

Richtig: der Staat denkt im Moment absolutistisch statt auch zugleich relativ zu beratschlagen: wo verbreiten sich mehr Viren? In der winzigen Küche bei Schwarzarbeit oder im öffentlich einsehbaren großen Salon?
Der Staat geht im Moment von einem Idealmenschen aus, der so gar nicht existiert oder existieren KANN! Die Verordnungen müssen näher am realen Menschen und seiner konkreten Existenz entlang hergestellt werden! Alles andere ist despotisch.

JamesBond
3 Jahre her

Nachdem nun die SpahnMerkelSöder von Lockerungen ab einem Inzidenzwert von 10 faseln, dürfen sich alle Friseure wohl darauf einstellen das ab einem Wert von 7,7575751 am Montag zwischen 13:00 Uhr und 15:35 Uhr geöffnet werden darf, aber nur bei Vollmond oder Schneetreiben.
Merkt der DummMichel nicht mal wie er vom Berliner PandemieMonster verars…… wird?

JamesBond
3 Jahre her

Ist bei der Dehoga auch so und der Saunaverband auch – diese Verbände buckeln nach Berlin und lassen sich von ihren Mitgliedern fürstlich für nichts entlohnen.

Angelina
3 Jahre her

Genau so ist es. Was will die Politik denn machen, wenn sich alle Restaurants, Friseursalons usw. über Nacht verabreden und einfach öffnen, alle zusammen. Solche Aktionen klappen doch bei der Antifa auch wie am Schnürchen.

FerritKappe
3 Jahre her

Es scheint die Friseure haben einfach die unfähigeren Lobbyisten. In BW dürfen seit 25.1. Hundefriseure wieder öffnen. Das ist die einzige Lockerung bisher in diesem Jahr.

Aber kein Problem noch 1 – 2 Monate und der Friseur erkennt erst hinterher das der Kunde kein Hund ist!

Michael M.
3 Jahre her
Antworten an  FerritKappe

?????
Ihr letzter Satz ist genial und mein Abend ist gerettet. Lachen ist immer noch die beste Medizin und zwar gegen alles.

H. Priess
3 Jahre her

In MeckPom haben die Hunde die Haare schön, die dürfen frisiert werden unter strengen Auflagen versteht sich. Frauchen und Herrschen dürfen rum laufen wie die Gammler Anfang der Siebziger oder Grüne heutzutage. Wenn ich nicht bald einen Friseur, gerne auch schwarz, finde sehe ich bald aus wie Hofreiter aber bevor das passiert rasier ich mir ne Glatze!

Angelina
3 Jahre her
Antworten an  H. Priess

Bei den Hundesalons gilt eben Locken down statt lockdown.

Michael M.
3 Jahre her
Antworten an  H. Priess

???
Den genannten Grünen nenne ich schon seit Jahren „Friseurverweigerer“ und ich bin mir inzwischen auch noch sicher, dass der Typ eines ganz bestimmt nicht besitzt, einen Spiegel.

USE
3 Jahre her

Mein Vorschlag: Jeder Betroffene flaggt sein Geschäft schwarz auf Halbmast. Das wird Einigen die Augen öffnen. Oder eben auch nicht.

Keinweltretter
3 Jahre her

Nachdem unsere Friseuse auch privat nicht zum „Kaffeetrinken“ kam, haben wir zur Selbsthilfe gegriffen: Kammhaarschneider für 9,99 bei Real…selbst ist der Mann/die Frau! Wenn ihr Friseure euch nicht wehrt, ist euch nicht zu helfen!

Bummi
3 Jahre her

Was bitte wollen den die Friseure. Ich fand das Video der jungen Frau mit dem Salon und das jammern nach Geld für die Miete unverschämt. So was aus der Realität stört doch nur bei der Krisenbewältigung. Frau Merkel ist doch gut gestylt bei den Pressekonferenzen und Konferenzen. Und der Bodo spielt derweile ein Spielchen und zupft an seinen Haaren. Zudem hat der Altmeier eine friseurfreundliche Glatze. Also nicht so jammern, schließlich gibts doch für Lufthansapiloten 15.000 Euro Kurzarbeitergeld pro Monat. Es kommt doch Geld an. Und wenn nicht wird irgendetwas rückgängig gemacht.

Last edited 3 Jahre her by Bummi
Wolf Koebele
3 Jahre her
Antworten an  Bummi

Also, wenn ein Leser diese dicke Satire nicht versteht, sollte er sich woanders umtun! (1 Daumen nach unten) Ich könnte mir vorstellen, daß er Böhmermann oder Oma-Umweltsau-WDR für seriös hält.

AlexR
3 Jahre her
Antworten an  Wolf Koebele

Was hat Altmeiers Handtuchfrisur mit Kurzarbeitergeld von LH-Piloten gemeinsam? Und woher haben Sie die Information, dass da 15t€ gezahlt werden.
Halten Sie es doch mal so, wie Nuhr es doch schon sagte.

Ingolf
3 Jahre her

Passend dazu heute in der OZ (Ostseezeitung, gehört zur SPD-Mediengruppe „Madsack“) … „Hundefriseure in MV haben auch im Corona-Lockdown auf“.
Irgendwie ein groteskes Bild … die „Herrchen“ müssen draußen bleiben, während der Hund aufgehübscht wird. Das Leben schreibt einfach die besten Geschichten.