Frankfurts Oberbürgermeister Feldmann gibt Rücktritt bekannt

Frankfurts skandalumwitterter OB Feldmann gibt seinen Rücktritt bekannt, um seiner Abwahl zuvor zu kommen. Ein wichtiger Schritt - denn der Skandal um die Arbeiterwohlfahrt hat eine gewaltige Dimension.

IMAGO / rheinmainfoto
Der Oberbürgermeister von Frankfurt am Main, Peter Feldmann (SPD), will seine Amtszeit Ende Januar beenden. Das teilte Feldmann in einer persönlichen Erklärung mit. »Damit möchte ich der Stadt Frankfurt ein quälendes und teures Abwahlverfahren ersparen – und die Gelegenheit nutzen, meine Amtsgeschäfte nach nunmehr über zehn Jahren zu einem ordentlichen Abschluss zu bringen«, schrieb Feldmann. Er werde ein »geordnetes Haus« übergeben.

Gegen Feldmann läuft ein Abwahlverfahren, das auch von seiner Partei, der SPD, unterstützt wird.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat gegen Feldmann Anklage erhoben. Höchstwahrscheinlich wird es zu einem Prozess kommen. Feldmann wird zum einen vorgeworfen, dass sein Wahlkampf mit Spenden für die Arbeiterwohlfahrt finanziert worden sein soll. Tatsächlich hatte Hannelore Richter für seinen Wahlkampf Geld gesammelt. Richter war lange Zeit Geschäftsführerin der AWO Wiesbaden. Es geht um 50.000 oder 60.000 Euro, doch dieses Geld habe sie als überzeugte Genossin im Wahlkampf gesammelt und nicht von der AWO. Hannelore Richter wurde mittlerweile dazu verurteilt, 750.000 Euro zurückzuzahlen. Es ist Geld, dass sie unrechtmäßig von der AWO Wiesbaden erhalten hat. Das war möglich, weil sich in der Frankfurter und Wiesbadener AWO eine SPD-dominierte Gruppe gebildet hatte, die sich gegenseitig Geld und Posten zuschob. TE berichtete.

Der Schaden liegt im zweistelligen Millionenbereich. Auch Feldmann profitierte: Er hatte vor seinem Wechsel in das Rathaus mehrere Anstellungen bei der AWO. Zum Beispiel eine Stabstelle, die für ihn eingerichtet wurde und seit seinem Wechsel in das Rathaus nicht neu besetzt wurde. Und das ist schon der zweite Vorwurf gegen Feldmann: Vorteilsnahme im Amt. Als Stadtverordneter war er maßgeblich daran beteiligt, dass die AWO ihre Verwaltungskosten nicht mehr aufschlüsseln musste. Sie wurde pauschal abgerechnet. Und damit dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Gehälter explodierten, Kosten stiegen. Zum Beispiel wurde Feldmanns Ehefrau ungewöhnlich früh Kita-Leiterin und übersprang 17 Jahre tariflich geregelte Gehaltsprogression. Ihr Dienstwagen war daneben noch eine Lappalie. Sie hatte ihn an dem Tag erhalten, an dem ihr Schwangerschfturlaub begann.

Verlust der IAA – Verlust eines Wirtschaftsfaktors

Feldmann schrieb weiter, der Schritt sei ihm schwer gefallen. Er habe das Leben der Frankfurterinnen und Frankfurter besser machen wollen.

Genau das ist ihm nicht gelungen.

Unter Feldmann verlor Frankfurt nach 70 Jahren die Internationale Automobilausstellung IAA – ein entscheidender Wirtschaftsfaktor in Frankfurt. Ihr Fernbleiben wurde durch die Corona-Krise kaschiert, doch der Verlust der Messe bedroht mehrere Tausend Arbeitsplätze im Tourismus und im Dienstleistungssektor. Der ausrichtende Verband der Automobilindustrie entschied, stattdessen in Zukunft in München auszustellen.

Es wurden vielerlei Gründe genannt; doch einen großen Einfluss hatte auch Peter Feldmann. Er bekannte sich als Gegner der Automobilität, forderte mehr Busse und Bahnen. Störaktionen auf die IAA wurden von ihm mindestens toleriert. Hinzu kommt, dass die Messe Frankfurt zu 60 Prozent der Stadt Frankfurt und zu 40 Prozent dem Land Hessen gehört. Aufsichtsratsvorsitzender ist Feldmann, stellvertretender Aufsichtsratschef ist Tarek Al-Wazir, Mitglied der Grünen und Hessischer Wirtschaftsminister. Wer richtet schon gerne eine Messe bei seinen erklärten Gegnern aus?

Im Hintergrund steht aber der Korruptionsskandal der Arbeiterwohlfahrt in Frankfurt und Wiesbaden. Dort teilten sich das Ehepaar Richter jeweils umgekehrt Vorstandsvorsitz und Aufsichtsrat; das Ehepaar kontrollierte sich selbst. Auch in Wiesbaden hakt es mit der Aufklärung, weil nach Ansicht der Stadtratsmehrheit die AWO-Gremien die Aufarbeitung weiter blockieren.

Insgesamt dürfte es um einen zweistelligen Millionenbetrag gehen, der in überhöhte Gehälter, fingierte Beratungsverträge, Luxusreisen, Edelkarrossen und in Einrichtungen der AWO flossen, die zu weit überhöhten Preisen abgerechnet worden war.

TE hat darüber berichtet, während zunächst die Lokalzeitungen nach erster Kritik ihre schützende Hand über Feldmann gehalten haben. Auf Dauer allerdings war dies nicht durchzuhalten, weil zu viele Beteiligte und zu viele Betrügereien bekannt wurden.


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Kommentare ( 55 )

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Waehler 21
1 Jahr her

Menschen die sich darüber erzürnen, nennt man difamierend „Wutbürger“. Da muss auch der Verfassungsschutz mal darüber schauen, auf diese unzufriedenen Steuerzahler.
Die AWO ist eigentlich für sozialschwache Menschen gedacht und genau die wurden betrogen.
Aber ich gehe davon aus, dass er nur ein bisschen Geld zurückzahlen muss und seine „Unredlichkeit“ nicht als krimminell angesehen wird. Unterm Strich wird er sich dennoch bereichert haben. Wer solche Dinger dreht, macht noch ganz andere!
Wir sind vieleicht für lange Zeit die letzte Generation, die mit dem Begriff Freiheit noch was anfangen konnte.

F.Peter
1 Jahr her

Wahrscheinlich braucht es noch ein paar Monate, um die Pensionsansprüche zu sichern………Wie immer bei den Genossen seines Schlages: Erst kommt das Fressen, dann die Moral!

josefine
1 Jahr her

All seine Fehler und Versäumnisee liegen seit geraumer Zeit auf dem Tisch; aber der Mann entscheidet ganz „souverän“, wann er aufhört.
Ein unglaublicher Vorgang. Warum wird er nicht rausgeworfen? Aber wahrscheinlich fehlen noch die letzten Monate für eine lukrative Rente.
Was für ein Trauerspiel! Der Beklagte entscheidet selbst über seine Demission und stellt sie noch als „Opfer“ hin.

Teiresias
1 Jahr her

Es wird so getan, als ob das AWO-Problem auf Frankfurt begrenzt wäre – alles nur ein Einzelfall, bitte weggucken, weitergehen, es gibt sonst nichts zu sehen.

Weitergehende Untersuchungen über die sehr wahrscheinlich große Verbreitung dieser Art der Korruption unterbleiben – obwohl die Strukturen, die das ermöglichten, andernorts identisch sind.

Überflüssig zu erwähnen, daß die Medien für die Politik Schmiere stehen, statt investigativ zu recherchieren.

Montesquieu
1 Jahr her

Der feine Herr Feldman, der als sich dem Zeitgeist anbiedernder Möchtegernantifant auf der Buchmesse gegen „rechte“ Verlage inszenierte. Alles Charakterhelden. Wie könnte es mit Deutschland nur so den Bach runter gehen?

Bernd W.
1 Jahr her

„Der Oberbürgermeister von Frankfurt am Main, Peter Feldmann (SPD), will seine Amtszeit Ende Januar beenden.“ Das bedeutet also, dass der Herr bis dahin locker weitere 80.000 € Salär einsackt, mindestens. Er war von allen Seiten explizit zum sofortigen Rücktritt aufgefordert worden. Das ist bodenlose Unverschämtheit. Scheint in Frankfurt aber niemanden wirklich zu erzürnen…

kasimir
1 Jahr her
Antworten an  Bernd W.

Das wundert mich auch. Der will jetzt also noch weitere 6 Monate aussitzen und kommt damit durch? Gibt es kein Amtsenthebungsverfahren in Deutschland?

abel
1 Jahr her

Ich glaube nicht daß der Frankfurter Rathaussumpf nach Feldmann weniger trüb ist. Als Insider über nahestehende Bekannte konnte ich life erleben wie gut es sich da lebt. Nein CDU und Grüne stehen da Feldmann seit Jahrzehnten in nichts nach. Nach seinem Abgang gehen die Mieten für die einfachen Bürger wieder durch die Decke, das ist wahrscheinlich seit Habeck als WM auch nicht mehr anders möglich, da zumindest die MietNebenkosten wie eine Rakete zünden werden.

johndoe19
1 Jahr her

Letztlich hat der OB keinen Einfluss darauf, ob er abgewählt wird und wenn ja, wann er abgewählt wird.
Das liegt in den Händen derer, die das Abwahlverfahren betreiben.
Insofern kann man die Ankündigung seines Rücktrittes im Januar 2023 eigentlich nur als Versuch verstehen, das Abwahlverfahren zu torpedieren.

Ludwig von Gerlach
1 Jahr her

Was in Italien Camorra oder Ndrangheta heißt, heißt in Deutschland halt (u.a.) AWO. Bis jetzt erschießen sie zwar noch keinen. Wer allerdings auf einen Blick sehen könnte, wie viel hart erarbeitetes Steuergeld in den Taschen der Paten dieser und anderer Organisationen der deutschen „Sozialindustrie“ (man könnte sie auch anders bezeichnen) landet, würde sich unweigerlich selbst erschießen. Wenn man an die Anfänge der AWO denkt, blutet einem das Herz. Feldmänner hätten dort damals keinen Fuß auf den Boden bekommen. Damals ging es um den Nutzen der Unterprivilegierten, heute um die Bereicherung ohne Verdienste um das Gemeinwohl Privilegierter. Schändlich, das Feldmann auch… Mehr

johndoe19
1 Jahr her

Mir würde es reichen, wenn diese Leute das ergaunerte Geld bzw. den geldlichen Gegenwert ihrer unrechtmäßigen erworbenen Vorteile zurückzahlen müßten und bis zur Begleichung dieser Rechnungen auf ihre Pensionsansprüche verzichten müssten.
Notfalls müssten alle Vermögenswerte bis zur „Schuldenhöhe“ eingezogen werden.
Selbstverständlich sollte man ihnen Einkünfte bis zur Pfändungsgrenzen lassen.