Das Bundesfinanzministerium (BMF) gab zwischen Oktober 2021 und Dezember 2022 mehr als 35 Millionen Euro für 17.000 speziell gesicherte Smartphones aus, die aufgrund technischer Mängel größtenteils ungenutzt blieben.
IMAGO / dts Nachrichtenagentur
Exakt 17.321 Geräte wurden angeschafft, um Zollmitarbeitern eine sichere, verschlüsselte Kommunikation zu ermöglichen. Die Smartphones waren vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) für den Umgang mit Daten bis zur Geheimhaltungsstufe „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD) freigegeben.
In einer Zeit wachsender Cyberbedrohungen schien dies ein notwendiger Schritt zur Modernisierung der Behörde. Doch in der Praxis tauchten massive Probleme auf.
Die Geräte wurden in die bestehende IT-Infrastruktur des Informationstechnikzentrums Bund (ITZBund) integriert, die jedoch erst ab Juni 2025 eine entsprechende VS-NfD-Freigabe erhielt. Bis dahin war es den Beamten strikt untersagt, über die neuen Smartphones sensible Verschlusssachen zu bearbeiten oder zu übermitteln. Die hochgesicherten Geräte waren damit für ihren Zweck unbrauchbar, schreibt der Bundesrechnungshof in einem Bericht.
Zusätzlich offenbarten sich im Einsatz massive funktionale Defizite, die das BMF und die Generalzolldirektion (GZD) vor der Beschaffung offenbar nicht ausreichend geprüft hatten. Wichtige Alltagsfunktionen wie Kalender, Kontaktverzeichnis, der Empfang dienstlicher E-Mails, Bildübertragungen oder sogar grundlegende Office-Anwendungen waren nicht oder nur eingeschränkt verfügbar.
Ein extrem hoher Stromverbrauch verkürzte dazu die Akkulaufzeit erheblich, was den mobilen Einsatz weiter erschwerte. Viele Zollbeschäftigte lehnten die Geräte daher ab und blieben bei einfachen, herkömmlichen Mobiltelefonen.
Der Preis pro Einheit lag inklusive Zubehör und Lizenzen bei mehr 2.000 Euro – eine Summe, die den Vorwurf der Verschwendung besonders brisant macht. Selbst die Luxusvariante des neuesten iPhones, das Apple iPhone 17 Pro 1 TB: 6,3″, kostet 265 Euro weniger. Der Bundesrechnungshof titelt in seinem Bericht unmissverständlich: „35 Millionen Euro fehlinvestiert: BMF beschafft praxisuntaugliche Smartphones“.
Die Prüfer bemängeln auch eine fehlende fundierte Bedarfsanalyse und unzureichende Praxistests. Das Ziel einer flächendeckend sicheren Kommunikation in der Zollverwaltung wurde klar verfehlt.
Zur Zeit der Beschaffung war Christian Lindner (FDP) Bundesfinanzminister. Das Ministerium verteidigt nun die Entscheidung: Damals habe nur diese Lösung die strengen BSI-Anforderungen erfüllt, und der Systemwechsel habe den Sicherheitsstandard insgesamt erhöht. Der hohe Stromverbrauch und die Einschränkungen seien erst im realen Betrieb voll erkennbar geworden.
17.000 Mobiltelefone mussten nach nur zwei Jahren ausgetauscht werden
Dennoch räumt das Ministerium ein, dass die Geräte weder nutzerfreundlich noch zukunftssicher waren – der Großteil der teuren Geräte musste bereits 2024 ausgetauscht werden.
Dieser Vorfall reiht sich ein in eine Serie von Digitalisierungsdesastern bei Bundesbehörden: Er erinnert an Probleme bei der Bundeswehr, als kürzlich Tests zeigten, dass das Versenden einer einfachen Chatnachricht über den neuen Digitalfunk bis zu einer Stunde dauern kann – ein weiteres Beispiel für teure, aber ineffiziente Technikprojekte.
In Zeiten extrem hoher Staatsverschuldung und knapper Kassen fordert der Bundesrechnungshof mehr Sorgfalt: „Das Bundesfinanzministerium muss Fehlinvestitionen vermeiden. Beschaffte Ausstattung muss praxistauglich sein und einen klaren dienstlichen Mehrwert bieten.“ Der ganze Bericht listet zahlreiche weitere Ineffizienzen auf und mahnt einen verantwortungsvolleren Umgang mit Steuergeldern ein.

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Waren bestimmt dank erfolgreicher Lobbyisten vom Magenta Untenehmen aus Bonn. In anderen Behörden würde weitere extrem teuere Geräte angeschafft, die kaum zu nutzen waren.
Was will man anderes erwarten, ich sag nur: „Für uns alle ist Internet Neuland“, Merkel 2013.
„…fordert der Bundesrechnungshof mehr Sorgfalt…“ Da kann der Bundesrechnungshof auch gleich fordern, daß es nur noch schöne Frauen und Weltfrieden gibt…
Sollte da vielleicht die Arbeit des Zolls, dessen Aufgabe ja insbesondere die Bekämpfung der organisierten Kriminalität (Drogen, Menschenhandel, Schwarzarbeit etc.) ist, vielleicht künstlich durch ungeeignete Kommunikationsmittel behindert werden?
Wer weiß …
Das gibt Einblick, wie es in den Amtsstuben zugeht. Aufgeblähte Apparate, Kompetenzgerangel, aber wenn es um Verantwortung geht, ducken sich alle schnell weg.
Unter dem Strich kann man feststellen, dass die IT kaum Zeit spart aber die Arbeit durch hohe Lizenzkosten noch viel teurer macht.
In einer 1500-Personengemeinde haben früher 1,5 Vollzeitstellen die ganze Arbeit erledigt samt Standesamt und Zuarbeit für den Bürgermeister. Heute braucht man dafür ein halbes Dutzend an Personal und zusätzlich jede Menge Computerhard- und Software. Vielleicht sollten wir zurück zum Papiersystem? Das ist billiger, effizienter, langlebiger und die Daten sind vor allem sicherer.
Diese Steuerverschwendung erinnert mich an einen Ausspruch vom 1. Weltkrieg. Was ist wertvoller, ein Soldat oder ein Pferd? Antwort: Ein Pferd, denn das kostet hunderte Mark, der Soldat nur 5 Pfenning (für die Postkarte) Und heute? Steuermillionen sind billig, sie kosten nur einige tausend (für das Gesetz).
2000 € pro Handy? Erstaunlich, wie großzügig manche im Dienst mit Geld umgehen und es ausgeben, wie sie es mit ihrem eigenen niemals tun würden.
„Das Ministerium verteidigt nun die Entscheidung: Damals habe nur diese Lösung die strengen BSI-Anforderungen erfüllt, und der Systemwechsel habe den Sicherheitsstandard insgesamt erhöht.“ Das ist m.E. eine glatte Lüge, denn die eingekaufte Lösung entsprach ja gerade nicht den BSI-Anforderungen: Die Anforderungen des BSI sind nämlich definitiv nur erfüllt, wenn alle Komponenten eines Systems vom BSI für „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD) zertifiziert sind. Auch wenn die Smartphones vielleicht zu dem damaligen Zeitpunkt vom BSI zertifiziert waren, die dazugehörigen IT-Systemen, über die die Smartphones administriert wurden, waren es definitiv nicht. Die bekamen ja erst fast 3 Jahre später im… Mehr
Die Telefone für den Schnäppchenpreis von ca. 2 000 Euro/Stück halten sich exakt an die Dienstvorschriften: sie weigern sich, mit anderen Telefonen zu telefonieren, um Staatsgeheimnisse zu schützen.
Wären sie auch bereit, SMS zu vergessen oder sich selbst zu flambieren, könnte man die Telefone glatt an die EU-Kommission verschenken.
Als abhörsichere Telefone mit eingebauter Samurai-Funktion.
Im Beschaffungswesen dürfen sich teilweise „Experten“ betätigen, die kaum Sachkenntnis haben, wenn es um technisch hochwertige Produkte geht, oder den einfachen Weg wählen, dort zu kaufen, wo die teuersten „Geschenke“ ins Haus schneien. Selbst erlebter Fall: (öffentlicher Dienst, Gesundheitswesen) Mitarbeiterin klickt auf einer Webseite auf „Drucken“ und löst damit einen Druckauftrag aus, der den Ausdruck des Inhaltes der gesamten Seite samt aller Unterseiten bewirkt. Der Drucker spuckt also endlos Papier aus, die Dame weiß sich nur damit zu helfen, die gesamte Anlage einfach auszuschalten, und geht nach Hause. Am nächsten Morgen schaltet jemand die Anlage wieder ein, und der Drucker… Mehr
Die werden in praxi meist tatsächlich gebraucht, weil das Firmen- oder Behördennetzwerk so lahm ist, dafür eine Haufen zusätzlicher Software permanent mitläuft und der Rechner morgens erstmal 15 Minuten mit irgendwelchen Updates beschäftigt ist.
„Das Ministerium verteidigt nun die Entscheidung: Damals habe nur diese Lösung die strengen BSI-Anforderungen erfüllt, und der Systemwechsel habe den Sicherheitsstandard insgesamt erhöht. Der hohe Stromverbrauch und die Einschränkungen seien erst im realen Betrieb voll erkennbar geworden.“ Das sind M.E. glatte Lügen: Die eingekaufte Lösung entsprach ja gerade nicht den BSI-Anforderungen, denn die wurden von den IT-Systemen, über die die Smartphones administriert wurden, ja erst fast 3 Jahre später im Juni 2025 erfüllt. So steht es jedenfalls im Artikel. Und vor der Beschaffung von 17.321 Geräten wurden sicherlich auch einige einem Praxis-Test unterzogen, wobei man vermutlich auch den hohen Stromverbrauch… Mehr
Nach diesem Desaster mit den 2.000,– € teuren, unbrauchbaren Android-Geräten und der Entwicklung eines eigenen Mobile Device Management Systems (MDM), was sicherlich nochmals 50 Mio. € kostet hat, wurden hoffentlich Apple-iPhones angeschafft und das MDM von Apple lizensiert. Zum Vergleich: Das günstigste iPhone kostete 2023 nur ca. 300,– € netto + 50,– Lizenzkosten für das MDM von Apple. Apple-iPhones und das zugehörige Apple-MDM besitzen seit vielen Jahren eine offizielle Freigabe des BSI für „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD). Über das MDM von Apple kann jedes iPhone von der Ferne aus hoch-sicher administriert werden. Dabei kann der Administrator genau… Mehr