Wie die Energiepolitik die Republik sozial sprengt

Energiekosten, angetrieben von grüner Transformationspolitik und beschleunigt von der Merz-Regierung, fressen sich immer tiefer ins Portemonnaie der Bürger. Während Berlin über Umlagen, Fonds und „Entlastungspakete“ palavert, wissen Zehntausende schlicht nicht mehr, wie sie Strom und Heizung bezahlen sollen.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Die Energiepolitik der vergangenen Jahre ist nicht einfach ein technokratisches Projekt zur „Dekarbonisierung“, sie ist ein sozialer Sprengsatz. Was unter wohlklingenden Schlagworten von „Klimaschutz“ und „Transformation“ verkauft wurde und in gutem Glauben von satten Wohlstandsbürgern (zumeist im Staatsdienst) mitgetragen wurde, landet jetzt als brutale Realität auf immer mehr Kontoauszügen: explodierende Strompreise, steigende Abgaben, wachsende Nebenkosten. Und ausgerechnet jene, die am wenigsten Spielraum haben, werden zuerst gegen die Wand gedrückt.

Not und Elend auch in München

In München, einer der reichsten Städte des Landes, zeigt sich das Elend in einer Zahl, die alles sagt: Rund 75.000 Menschen können ihre Rechnungen für Strom und Gas nach Gewerkschaftsangaben nicht mehr bedienen. Grundlage sind Erhebungen des Statistischen Bundesamtes; bundesweit betrifft das rund fünf Prozent der Bevölkerung. Wer zur Miete wohnt, ist besonders hart getroffen. Also Menschen, die weder über die Gebäudehülle, noch über die Heizungsanlage, noch über den Energieliefervertrag frei entscheiden können, sondern schlicht zahlen müssen, was ihnen vorgesetzt wird.

Es zeigt sich immer brutaler, wie recht die Kritiker hatten und was nun immer mehr Menschen schmerzlich erleiden müssen: Die viel gepriesene „grüne Transformation“ schlägt nicht in Vorstandsetagen durch, sondern in Mietwohnungen, in kleinen Haushalten, bei Alleinerziehenden und Geringverdienern. Und die Lage wird nicht besser, sondern spürbar immer härter. Denn im nächsten Jahr kommen weitere politische Lasten hinzu: das von Robert Habeck verantwortete Heizungsgesetz, das Investitionen erzwingt und Modernisierungsumlagen anheizt, obendrauf noch die fortlaufende Erhöhung der nationalen CO2-Abgabe auf Treibstoffe, Gas und Heizöl. Und obendrauf die ohnehin schon europäischen Rekordstrompreise in Deutschland. Wer da noch von „sozialer Balance“ redet, verhöhnt die Realität.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten beschreibt die Situation mit ungewöhnlicher Klarheit. Sie verweist darauf, dass die steigenden Strompreise gerade in einer Stadt wie München enormen Druck aufbauen. Wer im Niedriglohnbereich arbeitet oder mit dem Mindestlohn auskommen muss, dreht nicht mehr nur symbolisch den Cent zweimal um, sondern steht vor blanken Entscheidungskonflikten: zahlen oder sperren lassen, warm wohnen oder Schulden anhäufen. Wenn Strom sich für viele nach und nach wie ein Luxusgut anfühlt, ist der Punkt erreicht, an dem Politik eigentlich die Notbremse ziehen müsste.

Entlastung für die Industrie, Belastung für Arbeitnehmer

Stattdessen wird in Berlin mit großem Gestus eine Entlastungspolitik inszeniert, deren Kern vor allem der Industrie zugutekommt. Die große Koalition aus CDU, CSU und SPD will die Stromsteuer dauerhaft senken. Allerdings primär für „produzierende Unternehmen sowie die Land- und Forstwirtschaft“. Für private Haushalte war das zwar im Koalitionsvertrag ebenfalls in Aussicht gestellt, doch diese Zusage ist in den aktuellen Plänen (wie viele andere Wahlversprechen) verschwunden. Genau hier setzt die Kritik von Sozialverbänden an, die das als „fatales Signal“ für Menschen bezeichnen, die mit den Lebenshaltungskosten kaum noch mithalten können.

Parallel dazu verweist die Merz-Regierung auf eine weitere Stellschraube: Ab 2026 soll die Gasspeicherumlage entfallen, dadurch sollen Gaspreise sinken, was wiederum auch den Strompreis dämpfen soll, weil Gaskraftwerke weniger zahlen müssten. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hält allerdings fest, dass hierfür mehr als drei Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds entnommen werden sollen; einem Topf, der eigentlich für Klimaschutz- und Transformationsprojekte vorgesehen war, nicht für konsumtive Entlastungsprogramme. Mit anderen Worten: Man stopft ein sozialpolitisches Loch, indem man die eigenen Klimaversprechen aushöhlt, anstatt die Ursachen der Verteuerung anzugehen.

Selbst dort, wo mit konkreten Beträgen geworben wird, bleibt am Ende ein Fragezeichen. Der ADAC kalkuliert, dass der Wegfall der Gasspeicherumlage die Gasrechnung eines durchschnittlichen Haushalts um 30 bis 60 Euro pro Jahr reduzieren könnte. Zugleich weist der Verband darauf hin, dass der Endpreis sich aus mehreren volatilen Komponenten zusammensetzt, sodass niemand garantieren kann, dass diese Entlastung beim Verbraucher tatsächlich ankommt. Verivox wiederum zeigt, dass ab 2026 höhere Gasnetzentgelte drohen, die im Schnitt Mehrkosten von rund 61 Euro pro Haushalt ausmachen könnten. Also ungefähr der Betrag, der zuvor durch die Umlage wegfallen soll. Unterm Strich bleibt dann nichts als ein Nullsummenspiel mit großem PR-Tamtam.

Ursachen der Kostenexplosion bleiben unangetastet

Wer die soziale Schieflage wirklich entschärfen will, kommt an den zentralen politischen Preistreibern nicht vorbei. Statt sich in immer neuen Umlagen, Fonds-Umschichtungen und symbolischen Kompensationen zu verlieren, müsste die Politik genau jene Mechanismen zurücknehmen, die die Preise künstlich nach oben treiben.

Dazu gehört vor allem, das Habeck-Heizungsgesetz wieder aus dem Gesetzblatt zu tilgen: ein Regelwerk, das Eigentümer in kostspielige Zwangsinvestitionen drängt und über Modernisierungskosten und Mieten letztlich die Mieter trifft. Ebenso konsequent müsste die nationale CO2-Steuer auf Treibstoffe, Gas und Heizöl fallen. Diese Abgabe wirkt wie eine flächendeckende Strafsteuer auf Mobilität und Wärme, trifft den Pendler mit dem alten Auto ebenso wie den Mieter in der unsanierten Wohnung. Wer diese Steuer immer weiter hochschraubt, während Löhne und Renten nicht annähernd Schritt halten, betreibt kalte soziale Auslese.

Ein weiterer Punkt: Die explodierenden Stromnetzentgelte. Bisher werden die Kosten des Netzausbaus und der zunehmenden Komplexität im System vor allem den Stromkunden und über Umwege den Steuerzahlern aufgebürdet. Eigentlich müssten aber jene stärker in die Pflicht genommen werden, die die zusätzliche Belastung verursachen: die Betreiber und Profiteure der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten, die das Netz massiv umbauen lassen. Wer auf der einen Seite von „Markt“ spricht, auf der anderen Seite aber systemische Mehrkosten sozialisiert, betreibt eine perverse Umverteilung von unten nach oben.

All das passiert vor dem Hintergrund einer politischen Erzählung, in der jede Kritik als Angriff auf das Klima etikettiert wird. In dieser Logik gilt als „verantwortungslos“, wer die Kosten der Energiewende ansprich. Verantwortungslos ist allerdings vor allem, wenn Regierungen sehenden Auges in Kauf nehmen, dass hunderttausende Haushalte ihre Grundversorgung nicht mehr stemmen können. Klimapolitik, die nicht mehr fragt, was Menschen tragen können, sondern sie zum Mittel einer großen Weltrettungs-Erzählung macht, verliert jede Legitimation.

Die Rechnung wird am Ende nicht nur beim Energieversorger präsentiert, sondern auch im Wahllokal. Wer die Bürger im Namen einer grünen Transformation finanziell komplett stranguliert und danach mit kleinteiligen Entlastungsversprechen beruhigen will, darf sich über politische Erosion nicht wundern. Parteien, die für diese Politik stehen und sie fortschreiben, müssen damit rechnen, dass viele Wähler sich abwenden – und zwar nicht aus „Populismus“, sondern aus blanker Selbstverteidigung. Wer die Menschen frieren, verzichten und bangen lässt, verliert irgendwann nicht nur ihre Stimmen, sondern auch jede moralische Glaubwürdigkeit.

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Kommentare ( 61 )

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R.Baehr
18 Tage her

Dazu passt bestens: Wacker Burghausen minus 1500 Stellen, u. a. wegen der Energiekosten, und Ford nur schlappe 4500 Stellen. Dazu habe ich aber bei TE noch nichts gelesen, wahrscheinlich sind die Autoren der Meinung, das ist völlig in Ordnung und keinen Bericht mehr wert, weil das in allen Branchen der Dauerzustand die nächsten Jahre sein wird.

Raul Gutmann
18 Tage her

Die Rechnung wird am Ende nicht nur beim Energieversorger präsentiert, sondern auch im Wahllokal.

Darauf warten viele Bürger im Lande wie auch zahlreiche TE-Leser seit Jahren… Schau‘n mer mal – dann seh‘n wir‘s schon.

Raul Gutmann
18 Tage her

Es zeigt sich immer brutaler, wie recht die Kritiker hatten und was nun immer mehr Menschen schmerzlich erleiden müssen

»Was der Reaktionär sagt, kümmert niemanden. Nicht wenn er es sagt – da erscheint es absurd, nicht ein paar Jahre später – da ist es offensichtlich.«    –  Nicolás Gómez Dávila

Raul Gutmann
18 Tage her

Und ausgerechnet jene, die am wenigsten Spielraum haben, werden zuerst gegen die Wand gedrückt.

Was der deutschen Nachkriegsgesellschaft jahrzehntelang als „Sozialpolitik“ verkauft wurde, entpuppte sich spätens mit der 2015er Grenzöffnung via Arbeits- und Wohnungsmarkt, dem 2020er Corona-Repressionsregime und gegenwärtig erneut als Etikettenschwindel zugunsten einer Classe politique, insbesondere sogenannter Sozialpolitiker einschließlich der ihnen nachgelagerten Sozialindustrie.
Und dafür wurde die 1918 Monarchie abgeschafft

Last edited 18 Tage her by Raul Gutmann
Chrisamar
18 Tage her

Armutsrentner und Bürgergeldempfänger können die beständig steigenden Lebensunterhaltskosten nicht mehr erbringen. Diese sind mit Nachforderungen der Versorger, welche auch nicht immer seriös sind, vollkommen überfordert.

Michaelis
18 Tage her

„Genau hier setzt die Kritik von Sozialverbänden an, die das als ‚fatales Signal‘ für Menschen bezeichnen, die mit den Lebenshaltungskosten kaum noch mithalten können.“

Das „fatale Signal“ wird hoffentlich darin bestehen, dass diese Lügner und Sozialverbrecher bei der nächsten Wahl HINWEGGEFEGT werden wie unter einem gewaltigen Tornado!!!

jopa
18 Tage her
Antworten an  Michaelis

Träum weiter. Die Sozialverbände werden weiter zur Wahl der Nationalen Front aufrufen und die AFd verteufeln. So gehört es sich für einen Transmissionsriemen der Partei, denn der Endsieg ist nahe, wie 45.

Holsteiner Jung
18 Tage her

Der Morgenthau Plan wird mit Verspätung konsequent umgesetzt.

Lesterkwelle
18 Tage her

Die Person, die diese Entwicklung vorangetrieben hat, sagte u. a. in Davos „Unsere gesamte Art des Lebens werden wir in den nächsten 30 Jahren verlassen.“ Die Transformationen von gigantischem, historischem Ausmaß seien eine Frage des Ueberlebens. Wir werden dramatische Veraenderungen erleben. Nun erleben wir sie. Und niemand hat dieser Person ernsthaft widersprochen. Im Gegenteil. Nur: Jetzt jammert alles und macht dennoch munter weiter, „….bis es kein Zuruech mehr gibt.“ (Juncker).

Andreas Stueve
18 Tage her

Sie hassen uns, sie verfolgen uns, sie verarmen uns. Spucken und jeden Tag neu mitten ins Gesicht. Ziel der Blockparteienpolitik ist es, den Deutschen das Leben jeden Tag unerträglicher zu machen. Die zerstören die Industrie, die zerstören die Kraftwerke und entziehen uns die Mobilität. Obendrein wird dazu jeder, der sich dagegen auflehnt, zum Nationalsozialisten, zum Faschisten gestempelt. Sie schaffen sich per Masseninvasion ein neues Volk und stellen mit der Antifa eine ausserstaatliche Repressionstruppe auf, die nicht einmal vor Totschlag zurückschreckt. Nun, liebe CDU -Wähler, bilden Sie eigene Beispiele. Man stelle sich jeden Tag neu die Frage: Wer wählt so was?

Peter Pascht
19 Tage her

Es ist nicht die Energiepolitik welche die Gesellschaft sprengt, sondern die Personen die uns tagtäglich anlügen, anschwindeln um uns unser Geld zu stehlen. Es sind die Merkels, Ayalis, Maischbergers, Lauterbachs, Habecks, Baerbocks, Eskens, Scholzen, u.v.a. – Taschendiebe „Magier“ die uns ihre „Scamatorie“ vorgaukeln, Taschendiebe, die uns mit ihrer „Scamatorie“ ins Portmonnaie greifen ohne das wir es merken. „Korruption ist die Sele des Systems“ – Prof. H.H. von Arnim – seinem Buch Das ist die Elite des Systems Merkel – eine Frau die von Physik keine Ahnung hat – aber von Kommunismus Lauterbach ist Azt – würden sie sich von ihm… Mehr

Last edited 19 Tage her by Peter Pascht