Endlager Bundeskabinett

Die SPD hat wohl die Bundestagswahl schon verloren gegeben. Das sich abzeichnende Personalkarussel ist der dringende Hinweis: Martin Schulz ruft zum letzten Gefecht.

© Odd Andersen/AFP/Getty Images

Im atomaren Endlager werden abgebrannte Kernstäbe abgelegt, sie taugen wg. Technikentwicklungsstopp nicht für die Energieerzeugung, aber haben fieses Strahlungspotential bis zum Ende aller Zeiten. Die SPD benutzt das Bundeskabinett als Endlager: Wer nichts mehr beitragen kann, Minister geht immer. Und irgendwas strahlt schon noch ab für die SPD, irgendwie.

Es begann mit Frau Zypries; buchstäblich in vielen Ämtern abgebrannt. Weil Sigmar Gabriel die voraussichtlich letzten Tage der Großen Koalition lieber als Außenminister auf Reisen verbringt, statt sich mit lästiger Wirtschaftspolitik herum zu schlagen, wurde sie schnell noch Wirtschaftsministerin. Sie hat davon keine Ahnung. Aber das macht nichts. Zur Verwaltung des früher großen Amtes reicht’s. Was ist schon Wirtschaft? Das erledigen ein paar Sozis so nebenbei mit.

Es ist immerhin das Ministerium, in dem Ludwig Erhard gewirkt hat. Das Wirtschaftswunder und der ständige Kampf darum, Wettbewerb und Leistungsfähigkeit nicht komplett vor die Hunde gehen zu lassen – das ist mit seinem Namen verbunden. Auch Karl  Schiller ist zu erwähnen. Er hat zwar als Nachfolger den Keynesianismus zu vertreten und die Explosion der Staatsverschuldung. Später hat er sich davon distanziert wie von einer Jugendsünde. Aber immerhin: Ein kluger Kopf, ein großer Redner, einer, für den Wirtschaft nicht nur ein Anhängsel seines Parteibuchs war. Hans Friderichs, den Marktwirtschaftler ließ seine FDP nicht.

Otto Graf Lambsdorff hat in der sozialliberalen Koalition Schlimmeres verhindert. Er ließ dort das Wendepapier fabrizieren, die Scheidungsurkunde der damaligen  Koalitionsregierung und hat die Neuorientierung der Wirtschaftspolitik nach der SPD vorausgedacht. Jetzt also Frau Zypries, die so gar keine Ahnung hat, wenn sie vor die Kameras gezerrt wird, um noch schnell etwas Wahlkampf zu machen.

Und nun wird Frau Barley Familienministerin. Man kennt das: Minister, das macht sich gut im Lebenslauf. Das steigert zwar die Pension erst nach 4 Jahren, aber das ist ein sanftes Ruhekissen, damit kann man sicherlich irgendwo Direktor für Irgendwas im großen Reich der staatlichen Unternehmen werden. Ahnung? Stört. Manuela Schwesig wird nach Mecklenburg-Vorpommern abgeordnet. Da sind die Familie, Mann und zwei Kinder. Der Rückzug in die flache Provinz soll das Land halten, damit es nicht wie NRW und Schleswig-Holstein auch noch an die CDU fällt. Die SPD sichert ihre Diaspora ab. An den Wahlsieg in Berlin glaubt sie nicht mehr. Rette sich wer kann. Das Bundeskabinett? Endlager für abgebrannte Genossen. Selten sind Regierungsämter schäbiger behandelt worden. Barley soll wohl noch Reklame figurieren; mit aufgerissenen Augen und fahrigen Bewegungen durch die letzten Talkshows geistern. Das war´s dann wohl, Adios Amigos.

Hubertus Heil wird Generalsekretär. Das war er schon mal, und das kann er. Jetzt zieht das letzte Aufgebot ein. Das ist zwar nicht gut für die sonst so geschützte Frauen-Quote: Barley-Vorgängerin Fahimi hat es nicht gebracht. Nette Mädels allein bringen eben keine Erfolge, die Wähler sind immer schwerer hinter die Fichte zu führen und am Ende zählen doch noch Wählerstimmen. Es ist ein Aufruf zum letzten Gefecht für die Partei. Hubertus Heil wird retten, was noch zu retten ist: Bleibt es bei 20 Prozent oder droht die Eins vorn?

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Kommentare ( 26 )

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Poco100
6 Jahre her

Was die da macht, Rumturnen im Selbstbedienungsladen in infantil-unverschämter Art der vielfach preisgekrönten Bananenrepublik Deutschland.

Ulrich Bohl
6 Jahre her

Hr. Tichy mir gefällt schon die Überschrift. Der Rest stimmt auch.
Es ist nun nicht so, dass dort gar keine Fähigkeiten vorhanden sind
man weiß immerhin wie man sich persönlich verbessert und das ist bei
dieser Politik schon bemerkenswert.

James Cook
6 Jahre her

Ein Aspekt der ganzen Rochade-und damit der Demokratie insgesamt- gerät m.E. bisher gar nicht ins Blickfeld: Die SPD stellte nach der Wahl in MV mit Herrn Sellering erneut den Ministerpräsidenten.Wie seinerzeit zu lesen war,haben sein Amtsbonus und seine Person trotz Stimmverlusten für die SPD nicht unwesentlich dazu beigetragen.Nun kann Sellering aus gesundheitlichen Gründen nicht weitermachen;die Wähler bekommen nun plötzlich Frau Schwesig vorgesetzt-hätten sie sich auch für die SPD entschieden,wenn Frau Schwesig kandidiert hätte? Zweifel sind angebracht.In der Monarchie können sich die Untertanen den Nachfolger auch nicht aussuchen-aber wären hier nicht eher Neuwahlen angebracht?

florifcb0815
6 Jahre her

Ja, gut so.Geschiedene wie Barley sind optimale FamilienministerInnen. Genau wie Kinderlose (was es auch schon oft genug gab).
Eine richtige Familie zu haben, muss natürlich nicht heißen, dass automatisch Kompetenz vorhanden ist, das hat man an Schwesig gesehen. Aber am besten sind nunmal geschiedene Kinderlose, somit kann man immerhin sicher sein, dass nicht der Hauch einer Basis für den Posten vorhanden ist. Bravo!

Gernot Radtke
6 Jahre her

Frische Köpfe für Schulz und das Land. Den SPD-Kompetenzler. Alle Vögel sitzen nun, nachdem kurz aufgescheucht, wieder im selben Baum; nur auf einem anderen Ast. Die Quoten blieben gewahrt. Gottlob. Hubertus Heil – nomen est omen.

Th. Radl
6 Jahre her

Projekt 18 – die FDP kam nur aus der anderen Richtung! Das macht schon einen entscheidenden Unterschied!
Wie es aussieht, wird der Vorlauf zu dieser Bundestagswahl anscheinend doch noch amüsant!

Dorade
6 Jahre her

Die alte Tante SPD gibt es nicht mehr. ……………..

Ruhrler
6 Jahre her

Mittlerweile muss man sich wirklich fragen wofür dieses Land überhaupt noch Minister hat. Irgendwie reduziert sich alles auf die Kanzlerin und einen beliebig austauschbaren Hofstaat. Das gilt aber nicht nur für SPD Minister. Bei der CDU fällt mir auf Anhieb nur Schäuble ein. Ansonsten nur der „verhaltensoriginelle“ Herr Dobrindt. Der Rest fällt nicht gerade durch innovative und zukunftsweisende Konzepte auf (und schon mal gar nicht durch Fachkompetenz). Das Kabinett verkommt immer mehr zur Resterampe. Früher sagte man „Hast du einen Opa schick ihn nach Europa“, aber mittlerweile haben die Volksparteien die deutschen Regierungsbänke als näherliegendes Endlager entdeckt. „Jeder steigt solange… Mehr

markmunich
6 Jahre her

„Das Bundeskabinett als Endlager für fieses Strahlungspotential.“

Na servus… Ich stelle mir meinen bisher schlimmsten Alptraum nur noch 10 mal schlimmer vor u. lande somit unweigerlich bei den Ministern IN SPE Schulz & Stegner. (Schwant mir übrigens schon seit einiger Zeit).

Wir leben mittlerweile in einem Schrecken ohne Ende, wo der selbstinszenierte Wahnsinn längst Methode hat. 🙁

T. Pohl
6 Jahre her

Interessantes Konzept von Demokratie, das die SED, äh. SPD hier offenbart…..
„Und willst Du nicht mein Bruder sein, dann schl…..“
Wer wählt so was ?