Ein Jahr nach der Ahrtal-Flut: Furcht vor Naturkatastrophen außergewöhnlich hoch

Die Jahrhundertflut vor einem Jahr hat die Deutschen tief verunsichert, wie eine aktuelle Befragung über „Die Ängste der Deutschen“ zeigt. Die Angst vor Umweltkatastrophen ist auch nach Beginn des Ukraine-Krieges und angesichts der Inflation nicht geringer geworden.

IMAGO / Marc John
Die zerstörte Eisenbahnbrücke, sowie eine parallel verlaufene Fußgängerbrücke bei Ahrweiler, 13.07.2022

Ein Jahr nach der Flut an der Ahr und in der Eifel fürchtet sich eine Mehrheit der Menschen in Deutschland vor immer häufigeren Naturkatastrophen. Das sagten jedenfalls 60 Prozent von 1000 in einer repräsentativen Umfrage der R+V-Versicherung Befragten. Die Umfrage gehört zur Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“. Dieser Wert lag nur zweimal in den 30 Jahren der Studie darüber: bei einer Umfrage direkt nach der Flut im vergangenen Jahr (69 Prozent) und 2010 nach dem Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull in Island und der gigantischen Ölpest im Golf von Mexiko (64 Prozent).

Vor den dramatischen Folgen des Klimawandels fürchten sich ebenfalls 60 Prozent der Deutschen. Damit bleibt die Sorge auf dem Niveau von 2021 – unmittelbar nach der Flutkatastrophe lag sie bei 61 Prozent. Die Angst vor Wetterextremen ist mit 63 Prozent (2021: 69 Prozent) am stärksten ausgeprägt. Alle drei Fragen werden auch in der Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“ alljährlich abgefragt. In ihr ermittelt das R+V-Infocenter jedes Jahr die Sorgen der Menschen rund um Politik, Wirtschaft, Umwelt und Gesundheit.

Trotz Krieg und Inflation: große Sorgen um die Umwelt

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Auch ein Jahr nach der Flut sind in der aktuellen Online-Umfrage alle Werte deutlich höher als davor. Die Umweltängste liegen im Sommer 2022 rund 20 Prozentpunkte über dem Wert vom vergangenen Jahr unmittelbar vor der Flut. „Unter dem Eindruck der Nachrichten von vielen Toten und der Bilder von verwüsteten Orten ist es verständlich, dass diese Ängste vergangenes Jahr die höchsten Werte seit Studienbeginn erreichten“, sagt Studienleiter Grischa Brower-Rabinowitsch. Jetzt zeigt sich, dass die Flut bis heute im kollektiven Gedächtnis geblieben ist. „Bereits in der Vergangenheit sorgte sich vielfach mehr als jeder zweite Deutsche um die Umwelt. Die Katastrophe im eigenen Land hat das Thema offensichtlich bei vielen Menschen noch stärker in den Fokus gerückt.“

Angesichts der vielen großen Themen, die die Bürgerinnen und Bürger derzeit belasten, sind die Ergebnisse der Sonderbefragung überraschend. „Wir hätten erwartet, dass die Umweltängste durch den Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation und die drohende Gas-Krise an Bedeutung verlieren“, betont Brower-Rabinowitsch.

In der Langzeitstudie zeigen sich Frauen grundsätzlich ängstlicher als Männer, das gilt auch bei der Erhebung zum Jahrestag der Flut. Am deutlichsten ist dieser Unterschied bei der Angst vor Naturkatastrophen (Frauen: 63 Prozent, Männer: 57 Prozent). Auch zwischen Ost und West gibt es seit Jahren Unterschiede bei den Umweltängsten. Obwohl diese Sorgen die Menschen in ganz Deutschland umtreiben, sind sie im Westen traditionell höher. Bei der Sonderbefragung zeigt sich der Unterschied besonders bei der Furcht vor Wetterextremen (West: 65 Prozent, Ost: 56 Prozent).

Für die repräsentative Erhebung hat das Infocenter der R+V Versicherung vom 27. Juni bis zum 1. Juli 2022 online 1.000 Deutsche nach ihren Umweltängsten befragt.

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Kommentare ( 25 )

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Jack
1 Jahr her

Wundert mich jetzt nicht, es wird doch täglich 24 Stunden der Teufel an die Wand gemalt. Das Drama ist Tagesprogramm. Wenn meine Informationen stimmen, hat der Berkeley-Professor P. Thetlock ca. 86.000 Vorhersagen, von 284 Experten über 10 Jahre ausgewertet. Ergebnis die Vorhersagen haben nicht öfters zugetroffen als wenn man ein Zufallsgenerator befragt hätte. Weiter, die schlechtesten Experten waren die mit der größten Medienaufmerksamkeit, besonders die Untergangsexperten. (Quelle: Dobelli, Die Kunst des klaren Denkens, Kapitel: Die Prognoseillusion). Genau dieser Blick zurück, die Nachbetrachtung wird in der Regel nicht gemacht. Angst und Umfrageergebnisse, ALLE Deutschen ….., die beliebtesten Politiker….., zeigen den Weg… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Jack
Ruhrler
1 Jahr her

Die Angst wundert mich nicht. Wir werden von Morgens bis Abends mit „Klimawandel“ zugemüllt. Keine Sendung ohne neue Schreckensmeldungen, kein Wetterbericht ohne Unwetter- oder Hitzewarnungen. Es wird ein Szenario aufgebaut in dem der Tod überall lauert und kein Entkommen möglich ist. Dieses Land wird mehr und mehr hysterisch.

Ingolf
1 Jahr her

Kann es sein, dass es manche Mitmenschen gibt, die sich ein wenig schizophren verhalten? Im Sommerurlaub kann es nicht warm genug sein (anders kann ich mir zumindest die Reisewelle gen „Süden“ nicht erklären). Aber, wenn es in der eigenen Region „Sommer“ wird, dann wird der Horror des „Klimawandels“ beschworen. Zu Schülerzeiten (SEHR lange her) erinnere ich mich, dass wir in Stuttgart öfters „hitzefrei“ hatten. Und Stuttgart war im Sommer, zumindest seit ich mich erinnern kann, IMMER ein „Ofen“. Nach einigen Jahren Marine an der Ostsee war die Rückkehr zu den Schwaben ein Schock, nicht nur wg. der Mentalität, sondern auch… Mehr

MajorTOm
1 Jahr her
Antworten an  Ingolf

Das hängt damit zusammen, dass die Menschen die einfachsten Zusammenhänge nicht mehr begreifen. China hat zusammen mit Indien fast 1.500 Kohlekraftwerke. Die verursachen mehr Dreck, als wir es in 100 Jahren Hochindustrie jemals hätten tun können. Aber die Deutschen sind der Meinung, dass wenn man artig friert und samstags auch mal Bahn fährt, das alles schon klappt mit der Welt- und Klimarettung.

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  MajorTOm

: wahrscheinlich wird uns auch das nur eingeredet.
Haben Sie hinsichtlich „Drecks“ etwas gehört, als dieser Vulkan auf La Palma wochenlang spuckte und Teile der Insel Zentimeter für Zentimeter mit Asche bedeckte? https://www.canary-vibes.com/vulkanausbruch-la-palma/
Ganze Dörfer sind darunter verschwunden – von den Giftstoffen, die in die Atmosphäre gewirbelt wurden, gar nicht zu sprechen. Und es sind weltweit immer einige Vulkane, die gleichzeitig „zu spuken“ beginnen.
Setsamerweise steht da dann keiner, der das in die Modellrechnung einbezieht – was ich komplett nicht verstehe.

MajorTOm
1 Jahr her

Ach, was. Zum Thema Ahrtal: Auch da wird es wieder genug Naivlinge geben, die Hab und Gut verloren haben, vielleicht sogar Angehörige, und dennoch wieder dieselben Parteien wählen, die sie ins Unglück gestürzt haben. Das Volk will das alles so und wie beim Italiener wird das geliefert, was bestellt wurde. Meinetwegen bin ich ein schlimmer Zyniker, aber bei allem Unglück hierzulande hab ich kein Mitleid mehr. Das passiert eben, wenn das Volk sich nicht mehr mit Politik beschäftigt, sondern immer nur darauf hofft, dass es „die da oben“ schon irgendwie richten werden. Hauptsache man hat seine Ruhe, Bier im Kühlschrank… Mehr

Rueckbaulogistik
1 Jahr her
Antworten an  MajorTOm

Ich denke, die Menschen im Ahrtal haben die Politiker gewählt, die ihnen den Strohhalm hinhielten und Hilfe und Hilfsgelder versprachen.
Dass es hinterher nicht eingehalten wird, konnten sie einfach nicht glauben.

F.Peter
1 Jahr her

Ist doch klar,mit verängstigten Zeitgenossen kann man nicht nur wunderbar Politik für sich selbst betreiben sondern auch herrlich einträgliche Geschäfte machen. Und die Versicherungen sind da ganz vorne mit dabei!

Budgie
1 Jahr her

Wir sind ein Land der Angsthasen geworden! Wenn die Menschen nur noch vor der vermeintlich nächsten Katastrophe zittern, lassen sie sich sehr gut manipulieren und alle Kräfte sind gelähmt. Dieser Weg führt in Richtung gesellschaftlichen Untergang, aber nicht durch Regen, Wind oder Sturm, sondern durch Einfältigkeit. Wahrscheinlich ist das aber die Folge unserer desaströsen Bildungspolitik. Wissen zählt nicht mehr, da ist es auch kein Wunder, dass immer mehr Gender-Studiengänge angeboten werden. Dort geht es um Gefühle und nicht um physikalische und mathematische Formeln. Mit den Emotionen schaffen wir alles, nur nicht unsere Zukunft. Deutschland ist zum Paradies für Hasenfüße geworden… Mehr

Jens Frisch
1 Jahr her

Vor was sollte ich nicht schon alles Angst haben: Waldsterben, dem Russen, Ozonloch, Tschernobyl, schmelzenden Gletschern, ansteigendem Meeresspiegel, AIDS, Klima und Corona.

Schön merkwürdig, daß ich „nur“ Angst vor einem Wirtschaftskollaps, Terroristen und einer Genspritze habe.

RMPetersen
1 Jahr her

Angst vor Umweltkatastrophen“
Die ist bei mir um einige Zehnerpotenzen kleiner als die Angst vor den (Un-)Taten unserer Politiker.

Edwin
1 Jahr her

Die R+V Versicherung macht eine Umfrage zu der Furcht der Deutschen. Hah, hah, hah, ich lach‘ mich schlapp!. Was soll dabei herauskommen? Natürlich kommt dabei heraus, dass die Deutschen Angst haben. Das versichert dann ja auch die R+V.
Dieser Artikel ist schlicht für die Katz.

moorwald
1 Jahr her

„das Hühnervolk“…(Siefele)
Die Gefahren vor der Haustür werden ausgeblendet. Und ein Blick in die Vergangenheit würde zu etwas mehr Gelassenheit beitragen.
Hierzu auch: „Geschichtsblind in die Zukunft?
(in Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, S. 312 ff.)
Wie sind nur die Menschen in früheren Zeiten mit Naturereignissen fertiggeworden? Mit ihren viel beschränkteren technischen Möglichkeiten?
Anpassung und Vorsorge sind gefragt. So wie die Niederländer z.B. gewaltige Sperrwerke gebaut haben.

Last edited 1 Jahr her by moorwald