Soforthilfe-Erfahrungen: Die Bazooka ballert schnell, aber nicht überall

Wie ist das, wenn man als Selbstständiger jetzt auf die Corona-Soforthilfen angewiesen ist? Erfahrungen zeigen: Bundeshilfen brauchen vom Antrag bis zur Auszahlung nur zwei Tage. Aber wehe den Hauptstädtern. Denn die Berlin-Hilfe ist vorläufig auf Eis gelegt.

Es gibt in deutschen Supermarkt-Regalen kein Klopapier und keine Desinfektionsmittel. Doch beim Werfen mit Steuer-Milliarden scheint die Bundesregierung in der Corona-Krise erfolgreich zu sein. Zumindest schießt die „Bazooka“ des Bundeskassenwarts für Kleinunternehmer, Soloselbstständige und Freiberufler ziemlich schnell. Erste Erfahrungsberichte, die Tichys Einblick vorliegen, zeigen, die Soforthilfe des Bundes läuft nach anfänglichen Serverüberlastungen zügig an. 

„Es wird nicht gekleckert, sondern geklotzt“, kündigte SPD-Finanzminister Olaf Scholz vor gut zwei Wochen in Berlin an. „Das ist die Bazooka, mit der wir das Notwendige jetzt tun.“

Seit Montag konnte die Soforthilfe des Bundes oder eine Hilfe der Länder beantragt werden. Tichys Einblick erkundete bei Freiberuflern in Berlin und Sachsen die Umsetzung und Wirkung.

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In Berlin galt die Westernregel: Wer zuerst den Colt zieht, hat gewonnen. Unter der Überschrift „Liquiditätsengpässe wegen Coronavirus“ konnten Soloselbstständige und Kleinunternehmer einen „Corona Zuschuss – Soforthilfe Paket II“ mit 5.000 Euro Soforthilfe beantragen. Dienstag, 31. März um 14 Uhr tat dies ein Freiberufler bei der Investitionsbank Berlin (IBB). Er hatte Glück. Das Hilfsgeld trudelte ohne Bescheid in weniger als 24 Stunden auf seinem Konto ein.

Die Geduldigen sind jetzt offenbar die Gelackmeierten. Denn Berlin hat seine Millionen wohl schon verballert. Hunderttausende Antragsteller reihten sich in die digitale Warteschlange ein. Überrascht vom Ansturm räumte die IBB auf ihrer Internetseite ein: „Nachdem wir bereits rund 900 Mio. EUR an etwa 100.000 Betroffenen überwiesen haben – die Zahl steigt bis Ende der Woche an.“ Also fast eine Milliarde Euro verteilte das finanziell klamme Berlin in wenigen Tagen an Künstler, Kulturcafes, Freiberufler und Soloselbstständige. Wohl deswegen fand die sozialistische Wartegemeinschaft für die Kleinen ein schnelles Ende: „Antragstellung pausiert bis 6. April“, heißt es nun auf der Seite der Investitionsbank Berlin (IBB).

screenshot / ibb.de

Screenshot / IBB

Notausgang zum Bundesprogramm

Bedürftige sollten vermutlich besser auf das Bundesprogramm mit Zuschüssen bis 9.000 Euro bei bis zu fünf Beschäftigten zugreifen. Der Haken: Das können viele Freiberufler oder Soloselbstständige jedoch nicht tun, weil daran bestehende Gewerbemieten oder Leasing-Verträge geknüpft sind.

Dabei versprach Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) via Twitter treuherzig: „Es sind genug Mittel da, es gilt nicht das Windhundprinzip.“ Ihr Koalitionsgenosse Klaus Lederer (Linke) versicherte ebenfalls per Twitter: „Alle werden rankommen und die ersten haben ihr Geld schon auf dem Konto.“ Tja, die Windhunde hatten Glück und die Gutgläubigen müssen warten.

Sachsen hilft sofort aber sparsam

Geregelter geht es in Sachsen zu. Das Bundesland mit geringer Verschuldung feuert jetzt zwar auch mit Steuergeld um sich, doch mit Präzision. Ein Kleinunternehmer beantragte Montagmittag den Bundeszuschuss bis 9.000 Euro. 24 Stunden später hatte er seinen Zuwendungsbescheid im Mail-Briefkasten und nach weiteren 24 Stunden floss die beantragte Summe auf sein Konto.

Für Freiberufler und Soloselbstständige kommt das Bundesprogramm nicht immer in Frage, wenn sie keine Gewerbemieten oder Leasing-Verträge haben. Für diese Gruppe der freiberuflichen Heimarbeiter zeigt sich Sachsens sparsames Finanzressort allerdings nicht so großzügig wie Berlin, das einmalige 5.000-Euro-Zuschüsse zumindest in einer ersten Tranche rausgeschossen hat. Im Freistaat gibt es für Freiberufler in Not bei der Sächsischen Aufbaubank (SAB) lediglich ein zinsloses Darlehen im Landesprogramm „Sachsen hilft sofort“. Schulden für Einkommensausfälle – ob das Freiberuflern und Kleinunternehmern viel hilft? Sachsen Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) verteidigt heute morgen im Radio sein Kreditprogramm, denn er will keine „Vollkasko-Situation“.

Zum Schluss noch zur Aufklärung: Die sagenumwobene Bazooka, von der zuvor auch Ex-EZB-Präsident Mario Draghi in der Eurokrise sprach, ist eigentlich eine Panzerbüchse für die Infanterie. Sie galt als erste raketengetriebene Waffe für Soldaten, die von den US-Streitkräften 1942 entwickelt wurde, und heute auch bei Guerilla-Kriegern und Terroristen oft im Einsatz ist.

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Kommentare ( 11 )

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Hatsenichtalle
3 Jahre her

In NRW ging es Freitag Nachmittag (27.03.) los. Server überlastet. Habe dann Dienstag 15:50 Uhr den Onlineantrag gestellt. 15:52 Uhr Bewilligungsbescheid bekommen, Donnerstag Geld auf dem Konto.
In NRW muss das Geld als Einnahme Versteuert werden; falls ein Jahresgewinn bleibt.

PaulN
3 Jahre her

Im heutigen Corona Extra der ARD, ist Gefechtsschütze Scholz ziemlich ins Stottern geraten (herrlich!), als er gefragt wurde wie die Bazooka denn im Nachgang finanziert werden soll. Nach anfänglichem Versuch die Antwort zu umschiffen, kam dann „Wir haben im Moment wichtigeres zu tun, darüber kann man später reden“.

HDieckmann
3 Jahre her

Der Bund zahlt und die Länder bestimmen die Spielregeln für die Auszahlung? – Da ist doch etwas faul im Staate; zumindest in der Hauptstadt – mal wieder. Ein Windhundverfahren und Pauschalzahlungen ohne Prüfung der Anspruchsberechtigung sind ein Skandal. Hier scheinen jetzt einige beim dummen Staat (Land Berlin) abzukassieren!

Gabriele Kremmel
3 Jahre her

Die bayerische Bazooka scheint eine Ladehemmung zu haben. Am 20.03. Hilfe beantragt und bis heute nicht einmal eine irgendwie geartete Benachrichtigung oder Nachfrage erhalten, geschweige denn Geld.

swengoessouth
3 Jahre her

Es muß auch mal über unser Steuersystem/Finanzamt gesprochen werden. Mit Hilfe dieses Systems werden alle Unternehmen und Bürger maximal ausgepresst. Es bleibt nicht viel übrig. Das Geld landet letztendlich immer beim Finanzamt (Ich spreche hier aus leidvoller Erfahrung). Viele Geld hätte man jetzt sparen können, wenn man Unternehmen und Selbständigen die Möglichkeit eingeräumt hätte, bestimmte Beträge zur Seite zu legen, welche dann auch physisch vorhanden sind und nicht nur ein Bilanzposten, steuerfrei für Notzeiten zur Seite zu legen. Diese Beträge sollten alle laufenden Kosten für z.B. 3 Monate abdecken. Diese könnten über Jahre aufgebaut werden, als sogenannter betrieblicher Notfallfond. 1.… Mehr

Knipser
3 Jahre her

Ich gönne jedem rechtschaffenden Selbständigen diesen Zuschuss. Und wahrscheinlich sind die „paar Milliarden“ jetzt insgesamt doch noch billiger, als wenn die ganzen Pleite gegangenen Solo-Selbständigen durch den staatlich verordneten Shutdown dauerhaft in ALG II rutschen. Sollte sich die Wirtschaft auch nur halbwegs nach „Corona“ wieder erholen, werden die kleinen Selbständigen, wenn man sie etwas stützt jetzt, ja auch wieder zumindest zu geringen Steuerzahlern, wenigstens aber zu keinem Kostenfaktor bei der Arbeitsagentur. Auch in der Arbeitslosenstatistik tauchen sie dann nicht auf, die wird eh schon schlimm genug. Sicherlich ist der Milliardenzuschuss auch ein vorgezogenes Wahlgeschenk. Was ich allerdings nicht verstehe: Jene… Mehr

H. Priess
3 Jahre her
Antworten an  Knipser

Nunja, die ganzen, im Mobilenschrotthandel Tätigen Familienunternehmen, werden sicher ihren Teil abbekommen. Zurückzahlen? Weil im nachhinein überprüft wird wer sich gesundstoßen wollte? Da glaub ich nicht dran. Vielleicht würde es schon helfen wenn man den Kleinunternehmen die Vorsteuer erlassen bzw. stunden würde, ich bin kein Steuerexperte. Ich denke, die Leute werden auf das Geld doch sicher Sozialbeiträge entrichten müssen oder ist das Cash? Im Radio wurden Fragen gestellt wie: Ich bin Trauerrednerin und verdiene mir was zur Rente dazu, das fällt jetzt weg, die Leute engagieren mich nicht mehr, bekomme ich den Ausfall bezahlt? Ich denke, gerade in Berlin werden… Mehr

Klare Kante
3 Jahre her
Antworten an  Knipser

Die Rücklagen das Bundes für Asyleinwanderer betragen sogar 48,2 Milliarden Euro!
Für die gesetzliche Krankenversicherung jedoch nur 19,6 Milliarden Euro.

NighthawkBoris
3 Jahre her
Antworten an  Knipser

Wer keine Ahnung von Selbständigkeit hat, sollte besser den Ball flach halten. Unser System ist so aufgebaut, dass redliche selbständige Arbeit kaum noch lohnend ist, da wir weltweit mitführend bei der Steuer-/ und Abgabenlast sind. Daher kann ich nur jedem empfehlen, Beamter oder Politiker zu werden, denn dabei werden selbst Unfähige fürstlich entlohnt. Noch besser: schwarz anmalen, zur deutschen Grenze latschen, Asyl schreien und beim unberechtigten Antrag sagen: Ich bin vom Stamme „Nimm!“. Ein Leben mit deutscher Staatsknete inklusive Vielweiberei sei Ihnen gewährt, natürlich ohne Gegenleistung. Teddybären gibt es für den reichhaltigen Nachwuchs (vielleicht mit der Werferin) auch gratis, meist… Mehr

AlNamrood
3 Jahre her

„Kulturcafes“ ist meiner Erfahrung nach ein Tarnwort für linke Siffbuden. Sowas braucht man wirklich nicht fördern, ebenso wie „Künstler“ in Berlin.

der_sommer
3 Jahre her
Antworten an  AlNamrood

z.B. „Zentrum für politische Schönheit“ (Haben die ihr Knochenmehl-Kunstwerk eigentlich schon abgebaut? Oder finanzieren das auch Pop und Lederer (was für Namen!) aus Steuergeldern?