Demonstrationsverbot in Berlin: Der Verlust der bürgerlichen Freiheiten

Die in Berlin regierenden Grünen, Sozialdemokraten und Postkommunisten bringen den Infektionsschutz gegen die freien Meinungsäußerung in Stellung. Kein guter Tag für die Demokratie, auch nicht für die Sozialdemokratie.

imago Images

Die Senatsverwaltung für Inneres hat die für das Wochenende geplanten Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen verboten. Man kann zu diesen Demonstrationen stehen, wie man will, doch zum Grundgesetz und zu den vom Grundgesetz verbrieften Freiheiten kann es, wenn man ein Demokrat ist, nur eine Haltung geben: Man muss sie verteidigen. Vor dem Eingriff in die bürgerlichen Freiheiten spielt es keine Rolle mehr, ob man das Anliegen der Demonstration, wenn sie auf den Boden des Grundgesetz steht,  teilt oder nicht, denn es geht hier um etwas Grundsätzliches, um die bürgerlichen Freiheiten. 

In der Presserklärung von Innensenator Andreas Geisel (SPD) wird deutlich, dass es bei dem Verbot eigentlich nicht um den Infektionsschutz geht, wenn der Innensenator zu Protokoll gibt: „Ich bin nicht bereit ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird. Ich erwarte eine klare Abgrenzung aller Demokratinnen und Demokraten gegenüber denjenigen, die unter dem Deckmantel der Versammlungs- und Meinungsfreiheit unser System verächtlich machen“. Für Geisel demonstrierten am 1. August also „Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten“.

Indem die in Berlin regierenden Grünen, Sozialdemokraten und Postkommunisten die Infektionsschutzverordnung gegen das Grundgesetz in Stellung bringen, dokumentieren sie, welchen Wert sie der freien Meinungsäußerung und der Versammlungsfreiheit zumessen. Offenbar keinen. Auch scheint Corona inzwischen als Vorwand zu dienen, um eine Politik am Souverän vorbei zu machen. 

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Eine Partei wie „Die Linke“ als Rechtsnachfolger der SED kann allerdings die Grünen und die Sozialdemokraten an ihrem reichen Erfahrungsschatz beteiligen. Auf der berühmt-berüchtigten Strategiekonferenz im Februar wurde das antidemokratische Potential der Partei, die Sehnsucht nach einer neuen Diktatur nur allzu deutlich, wenn u.a. die Landesvorsitzende der Linken, Katinka Schubert, sagt: „Der Antikommunismus, wo wir dachten, er wäre überwunden, wird im Moment dermaßen lebendig, was wir möglicherweise lange unterschätzt haben…wenige Wochen vor Thüringen wurde in Berlin eine linke Verfassungsrichterin nicht gewählt, die rechte Opposition feiert sich dafür, dass sie das verhindert hat, wir werden nächste Woche wieder eine feministische Juristin zur Wahl stellen – und warum? Weil wir jetzt die sogenannten liberalen Demokraten auch zwingen wollen, die Mauer nach rechts aufzubauen…wenn wir die Rechten isolieren wollen, wenn sie gesellschaftlich geächtet werden sollen, dann müssen wir eine Brandmauer aufbauen.“

In der Sowjetunion starben über 20 Millionen Menschen durch den kommunistischen Terror, vielen wurde vorgeworfen, rechts zu sein und mit den Feinden paktiert zu haben, so rechts wie die alte Garde der Bolschewiki, so rechts wie Bucharin, wie Rykow, wie Krestinski und wie Rakowski. Der „sogenannte liberale Demokrat“ Wolfgang Natonek, Vorsitzender des Leipziger Studentenrats, Mitglied der Liberaldemokratischen Partei, wurde 1948 vom sowjetischen Staatssicherheitsdienst in Leipzig verhaftet und unter einer konstruierten Anklage verurteilt. Erst 1956 öffneten sich die Bautzener Gefängnistore für ihn. Andere starben in der Haft wie der Theologiestudent Werner Ihmels oder wurden in Moskau erschossen wie der einundzwanzigjährige Student Herbert Belter, weil sie ein Flugblatt verteilt und „antidemokratische Literatur“ wie die Zeitschrift „Der Monat“, die Melvin J. Lasky herausgegeben hatte, gelesen hatten, oder wurden deswegen nach Workuta ins Arbeitslager verschleppt.

Viele von jenen, denen es vergönnt war, das Gefängnis zu verlassen oder aus dem Arbeitslager zurückzukehren, sahen sich aufgrund der gesellschaftlichen Isolation und Ächtung, von der Schubert spricht, gezwungen, in den Westen zu gehen. Die „sogenannte liberalen Demokraten“, die Katinka Schubert wieder einmal zwingen will, wurden 1949 schon einmal in die Nationale Front gezwungen, in den „demokratischen Block“, unter die Herrschaft der Kommunisten – und hatten sich nach „rechts“ abzugrenzen, sich als gute „Demokratinnen und Demokraten“ zu erweisen. Schubert verdreht die Tatsachen: In der Bundesrepublik wird allmählich vergessen, dass es nicht um einen antifaschistischen Konsens geht, sondern um einen antitotalitären Konsens, der Links-und Rechtsextremismus gleichermaßen ächtet. Antikommunismus ist kein Verbrechen, sondern wie der Antifaschismus eine Lehre der Geschichte.

Die Vereinigung von KPD und SPD 1946 war kein Heldenstück der Sozialdemokratie, auch wenn vielen aufrechten Sozialdemokraten durch den Verrat von Otto Grotewohl Repressalien widerfuhren. Daran sollte sich Andreas Geisel erinnern, wenn er den Linken zu Willen ist. 

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Verfassungsrechtler Murswiek: Generelle Versammlungsverbote grundgesetzwidrig
Nach dem 17. Juni 1953 fand in Berlin übrigens bis in den Herbst 1989 keine freie Demonstration mehr statt, sondern nur noch organisierte Massendemonstrationen beherrschten am 1. Mai und zum Republikgeburtstag am 7. Oktober die Straßen der Hauptstadt. Möchte Andreas Geisel in diese Zeiten zurück? Auch in der Deutschen Demokratischen Republik nannten sich die Kommunisten „Demokratinnen und Demokraten“, die zu den von der Regierung erwünschten Demonstrationen vor allem ihre Haltung, ihre Ergebenheit den Regierenden gegenüber zu dokumentieren hatten. 

Noch garantiert das Grundgesetz die Versammlungsfreiheit unabhängig von der politischen Beurteilung. 

Die rotrotgrüne Regierung hat in Berlin Gesicht gezeigt – und die SPD ihre Bewerbung als Juniorpartner der Linken veröffentlicht. 

Es ist kein guter Tag für die Demokratie – und schon gar nicht für die Sozialdemokratie.  

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Kommentare ( 91 )

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Karl Heinz Muttersohn
3 Jahre her

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 20
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Jack Black
3 Jahre her

Nur mal so zum Verständnis: Die SED hatte seinerzeit 2.269.000 (also über zwei Millionen) Mitglieder. Jetzt wird deutlich , wo die alle geblieben sind. Die haben sich nicht in Luft aufgelöst oder sind plötzlich vollkommen unpolitisch geworden, sondern sie haben im Untergrund agiert und nach und nach SPD und CDU unterlaufen. Nur ein sehr kleiner Teil war in der PDS/Linken verblieben, weil die genau wussten, dass sie unter diesem Deckmantel auf Jahrzehnte keine Chance hätten, wieder die Macht zu übernehmen. Sozialisten sind absolut link und arbeiten mit den perfidesten Mitteln. Aussagen von Angela Merkel vor etwa 4-5 Jahren, hätten eigentlich… Mehr

h.milde
3 Jahre her

Wie werden wohl die politisch „Verantwortlichen“in Bund und Ländern ab 2005 einmal ihr „Wirken“ selbst bewerten? Etwa : „Wenigstens 16 (+X) Jahre anständig gelebt“?

Jack Black
3 Jahre her
Antworten an  h.milde

Für mich ist die vordringlichere Frage: Wie werden wohl in einigen Jahren Gerichte das „Wirken“ der Verantwortlichen bewerten?

Chloepfts
3 Jahre her

Für Esken und andere ist eine SED 2 erstrebenswert,
Linke und SPD wären mit ca. 25% wieder Nr 2 in der BRD.
Letztlich wäre wieder zusammen was zusammengehört, halb kommunistisch, halb sozialdemokratisch und demnach ganz fabianistisch. Für die einen das ultimative Glück, für die andern die Pest. Dieses Elend beenden kann nur das noch notwendige „Übel“ Namens Wähler.
Falls wegen Feindstaatenklausel etc. noch soetwas wie die HL (Haager Landkriesordnung) gelten sollte, dann hat die Hauptstadt eines besetzten Landes einen exklusiven Status………

Karl Schmidt
3 Jahre her

„Vor dem Eingriff in die bürgerlichen Freiheiten spielt es keine Rolle mehr, ob man das Anliegen der Demonstration, wenn sie auf den Boden des Grundgesetz steht…“ Das ist schlimmer Unsinn! Bitte hören Sie auf, so etwas zu verbreiten. Sie verwechseln die freiheitlich Demokratische Grundordnung des Artikels 21 Absatz 2 GG mit dem Grundgesetz. Erstere ist nur ein Ausschnitt, die die liberalen und demokratischen Wesensmerkmale der Verfassung kennzeichnet, die Teile, die für einen demokratischen Rechtsstaat so prägend sind, dass sie unverzichtbar sind. Im Grundgesetz sethen noch viele andere Dinge, die diese Bedeutung nicht haben. Aus diesem Grund kann das GG (natürlich)… Mehr

Manfred_Hbg
3 Jahre her

Zitat: „Innensenator Andreas Geisel (SPD)(……..): „Ich bin nicht bereit ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird. Ich erwarte eine klare Abgrenzung aller Demokratinnen und Demokraten gegenüber denjenigen, die unter dem Deckmantel der Versammlungs- und Meinungsfreiheit unser System verächtlich machen“

> Jawohl, in der SED politisch groß geworden kann man mit ruhigem Gewissen sagen „gelernt ist gelernt“! Ansonsten keine Fragen mehr.

Jack Black
3 Jahre her
Antworten an  Manfred_Hbg

Zieht euch am 29.08.2020 T-Shirts an, worauf in grossen Lettern geschrieben steht „BERLIN gehört UNS Herr Geisel und Herr Müller“. Die Gutsherren müssen endlich wieder auf den Boden der Tatsachen herunter geholt werden.

Rambatuba
3 Jahre her

Das linke Denken ist auch nach nationalem, demokratischem, stalinistischem, maoistischem, kambodschanischem Sozialismus nicht totzukriegen.

martin ruehle
3 Jahre her

„Einer muss der Bluthund sein! “ Gustav Noske hat endlich einen „würdigen“ Nachfolger gefunden !

gast
3 Jahre her

„Man kann zu den Demonstrationen stehen, wie man will“
Warum sagt man einen solchen Satz, wenn man über einen anderen Tatbestand – hier das Demonstrationsverbot – seine Meinung äußern will? Der Satz ist unnütz, denn jeder kann zu allem stehen, wie er will, zumindest in seinem Kopf. Das zu erwähnen ist müßig.

Manfred_Hbg
3 Jahre her
Antworten an  gast

Ja, der Satz „Man kann zu den Demonstrationen stehen, wie man will“ hat auch bei mir etwas „angeckt“ da es hier bei dem Demonstrationsverbot schon längst um weit mehr als nur um „Corona“ geht. Selbst wenn irgendwelche Leute dafür Demonstrieren das die Erde eine Scheibe ist und dies noch so unsinnig erscheint, rechtfertig das kein Demonstrationververbot und Einschränkungen der grundsätzlichen Bürgerrechte.

marxzii
3 Jahre her

Sie dürfen gerne für ihre Sache demonstrieren…