Corona: Schattengesetze

Das Virus beherrscht den öffentlichen Raum, dagegen kommt kein anderes Thema an. Nahezu alles lässt sich mit der Epidemie irgendwie begründen – oder auch dahinter verstecken. Im Schatten von Corona werden Dinge getan, die man in normalen Zeiten nicht für möglich halten würde.

Michele Tantussi/Getty Images
Der Bundessicherheitsrat hat gerade getagt. Dieser Kabinettsausschuss ist für besonders heikle Rüstungsgeschäfte zuständig – zum Beispiel, wenn es um Krisengebiete geht, oder wenn die beteiligten Ministerien (Wirtschaft, Außen, Verteidigung) sich nicht einigen können.

Denn die einen sind im Dunkeln,
und die anderen sind im Licht.
Und man sieht nur die im Lichte,
die im Dunkeln sieht man nicht.“

(Bertolt Brecht: Die Dreigroschenoper)

Diesmal war man sich aber einig und hat schnell und geräuschlos – und weitgehend völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit – den Verkauf genehmigt von:

  • einem U-Boot an Ägypten
  • vier Kriegsschiffen an Israel
  • schwerer Munition an Katar
  • einem Kampfflugzeug an Pakistan
  • 72 Raketen an die Philippinen.

Alle Länder liegen in Krisengebieten.

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Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und potentieller Kanzler im Wartestand, will sich – natürlich wegen der Corona-Krise – im bevölkerungsreichsten Bundesland eine Art Notstandsgesetz genehmigen lassen, das den Behörden weitreichende und bisher beispiellose Eingriffsmöglichkeiten gibt:

  • Die Hoheit über die Behandlung von Patienten in Krankenhäusern soll teilweise den Behörden übergeben werden.
  • Ärzte, Krankenschwester und Pfleger sollen zu bestimmten Tätigkeiten gezwungen werden können (unabhängig davon, ob ausreichend geeignete Schutzkleidung vorhanden ist oder nicht).
  • Die Behörden sollen medizinisches Material bei Firmen beschlagnahmen können.
  • Demokratische Verfahren in Kreisen, Kommunen und Gemeinden sollen „vereinfacht“ werden.
  • Das Notstandsgesetz selbst will Laschet im „beschleunigten Verfahren“ durchs Parlament bringen.

Die eigentlich eher regierungsnahe und sicher nicht für schrille Übertreibungen bekannte Neue Westfälische Zeitung schrieb dazu: „Laschet plant Demokratie-Pause“.

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Einen Rechtsanspruch auf den Einbau einer Ladestation für Elektro-Autos sichert ein Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett am 23. März – also mitten in der Corona-Krise – beschlossen hat.

Mieter sollen eine solche Baumaßnahme künftig von ihren Vermietern verlangen dürfen.

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Die Luftverkehrssteuer wurde erhöht – zum 1. April und um rund 40 Prozent. Ein Ticket für Flüge im Inland und in der EU wird jetzt mit 13,03 € besteuert (ein Plus von 5,65 €).

Die Steuer auf Tickets für Flüge bis 6.000 Kilometer beträgt jetzt 33,01 € (plus 9,96 €). Bei Tickets für Langstreckenflügen über 6.000 Kilometern greift der Fiskus nunmehr 59,43 € ab (plus 17,25 €).

Die Fluggesellschaften dürfen die höhere Steuer an die Fluggäste weiterreichen.

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Berlin will eigenständig neue Flüchtlinge aus Griechenland einfliegen – ohne Absprache mit den anderen Bundesländern und ohne eine EU-weite Einigung. Justizsenator Dirk Behrendt (B‘90/Grüne) nannte „Zahlen zwischen 500 und 1.500 oder auch noch mehr“.

Es sei eine „europäische, menschenrechtliche Verpflichtung“ für Berlin, hier voranzugehen.

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Die hoch umstrittene Verschärfung der Düngeverordnung hat der Bundesrat bestätigt – in einer Sondersitzung zur Corona-Krise am 27. März.

Sie umfasst zusätzliche Auflagen für besonders zu schützende sogenannte „Rote Gebiete“, die künftig obendrein besonders abgegrenzt werden müssen. Ebenfalls enthalten ist eine fachlich heftig kritisierte pauschale Reduktion der Düngung in sensiblen Gebieten.

Die Verordnung wurde jetzt nicht nur gegen den Widerstand zahlloser Experten und Betroffenen, sondern auch im Schnellverfahren durchgesetzt: Obwohl die zwingend erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen „Strategischen Umweltprüfung“ (SUP) noch gar nicht abgeschlossen ist, zog der Bundesrat die Abstimmung um eine Woche vor – und entschied, ohne die Stellungnahmen abzuwarten.

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Das Medizinproduktrecht wurde trotz umfangreicher Kritik verschärft – auf derselben Sondersitzung des Bundesrats zur Corona-Krise am 27. März.

Bundesbehörden haben jetzt mehr Kompetenzen bei der Produktüberwachung. Paradoxerweise warnt die Ländervertretung selbst in einer Entschließung vor „negativen Auswirkungen auf Versicherte, Leistungserbringer, Krankenkassen und Aufsichtsbehörden“ durch die neuen Regelungen, die ebendiese Ländervertretung gerade beschlossen hat.

Kein Scherz.

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Besonders oft fliegt derzeit die Bundeswehr unter dem Radar, wenn man so will:

  • Der Einsatz im Irak wurde verlängert und teilweise ausgeweitet. Das beschloss der Bundestag am 25. März. Damit wird weiter deutsches Militärgerät und -personal bei der Luftbetankung, beim Lufttransport und der bodengebundenen Luftüberwachung eingesetzt. Zusätzlich kann die Bundeswehr jetzt auch – im Rahmen der NATO-Mission im Irak – an der Ausbildung der irakischen Streitkräfte beteiligt werden.
  • Der Einsatz in Afghanistan wurde verlängert. Das beschloss der Bundestag am 13. März. Damit bleiben weiterhin bis zu 1.300 deutsche Soldaten im Rahmen der NATO-Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmission „Resolute Support“ am Hindukusch stationiert. Ausbildung, Beratung und Unterstützung durch die deutschen Kräfte finden in Kabul, Bagram, Masar-e Scharif und Kunduz sowie („in Einzelfällen und zeitlich begrenzt“) auch im übrigen Afghanistan statt.
  • Der Einsatz im Mittelmeer wurde verlängert. Auch das beschloss der Bundestag am 13. März. Damit beteiligt sich Deutschland weiterhin an der NATO-geführten maritimenSicherheitsoperation „Sea Guardian“ mit zu 650 Soldaten, um auf und über See Lagebilder zu erstellen und den Seeraum zu überwachen.
  • Der Einsatz in Darfur wurde verlängert. Das beschloss der Bundestag am 12. März. Deutschland beteiligt sich also weiter an der UNAMID-Mission der UNO – künftig mit bis zu 20 Soldaten, die „Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben“ übernehmen und bei der technischen Ausrüstung und Ausbildung truppenstellender Nationen helfen sollen.
  • Der Einsatz im Südsudan wurde verlängert. Auch das beschloss der Bundestag am 12. März. Deutschland beteiligt sich also weiter an der UNMISS-Mission der UNO – künftig mit bis zu 50 Soldaten, die „Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben“ übernehmen und bei der technischen Ausrüstung und Ausbildung truppenstellender Nationen sowie der UN-Blauhelme helfen sollen.

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Wegen Corona hat der Bundestag seine in der Geschäftsordnung vorgeschriebenen Verfahrensregeln bereits „vereinfacht“. Weitere Vereinfachungen seien nicht ausgeschlossen, heißt es aus dem Umfeld von Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble (CDU).

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Kommentare ( 73 )

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CIVIS
3 Jahre her

Solange unsere versammelten „Haltungsmedien“ samt „Haltungspolitiker“ auf demokratisch -durch Wahlen legitimierte- herbeigeführte Parlamentsbeschlüsse in Ungarn, in Amerika, in Israel u.a. Ländern eindreschen können, solange sind die höchst fragwürdigen deutschen „Nacht- und Nebel-Beschlüsse“ für die breite Öffentlichkeit vollkommen uninteressant, …zumal auch weitgehend gar nicht bekannt weil nicht publiziert !

Irgendwann kommt der Tag, an dem sich das Publikum dann wundern wird !

Luzifer
3 Jahre her

03.April 2020 / RTL – aktuell 19:45 Nachrichten über CORONA Situationen aus Spanien, Italien und hauptsächlich aus USA , über Deutschland ……NICHTS !!!!

03.April 2020 / ZDF heute 19:00 Nachrichten über CORONA Situationen aus USA , Spanien , Frankreich, über Deutschland …….NICHTS !!!!!!

Wetterbericht nach der Heute-Sendung, ich ging davon aus dass die Wettervorhersage von Frankreich , Indien, Australien prognostiziert werden aber dann hat es mich doch noch umgehauen: Es wurde über das kommende Wetter in Deutschland berichtet. Ich fasse es nicht………

Waehler 21
3 Jahre her
Antworten an  Luzifer

Die Einäugigen halten sich gern unter Blinden auf. Die Bundesregierung weiß nicht einmal wieviel medizinisches Personal erkrankt ist, oder aus anderen Gründen fehlt. Es sind halt alles kleine Organisationstalente, sehr kleine!
Würde man es tun, müßte man Heiko fragen mit welchem Körperteil er wieder gedacht hatte , dass Schutzmaterial zu verschenken.
Die einzig guten Leute, die in der Regierung arbeiten, sind die „Medienberater“!

Simali
3 Jahre her

Wir werden täglich von den Medien für dumm verkauft. Zu Wort kommen nur Linientreue Journalisten, Ärzte, etc… Möchte man mal Wahrheiten hören oder lesen, bleibt nur das Internet. Allerdings werden auch hier schnell mal Videos oder Artikel gelöscht. Diese Regierung ist korrupt und hat nicht’s Gutes im Sinn (bzw. deren Hintermänner).

Cojo Tee
3 Jahre her
Antworten an  Simali

Das ist noch lange kein Grund, gerade als Deutscher, nicht sein Gehirn einzuschalten und den schon längst zu weit fortgeschrittenen Anfängen zu wehren!

hoho
3 Jahre her

Die Deppen schreien noch dazu : mehr mehr ! Die stehen aus den Knien nur um zu schauen ob es welche Abweichler gibt die man dann direkt beschuldigen kann, dass sie die Menschen und ihre Leben verachten. Wenn es zu wenige Gefühl steigenden Tote gibt, holt man sich sie aus benachbartem Land zwecks Panikmache (das habe ich tatsächlich in WO gesehen und meine Mutter hat mir über das gleiche belgische Mädel aus Polen berichtet) – guck auch junge Menschen sterben! Ich hatte mal einen jungen Nachbar, der Jahre lang hinter sich die Pumpe gezogen hat weil sein Herz durch die… Mehr

Dr. Michael Kubina
3 Jahre her

Weltweit, überall die selben dunklen Mächte am Werk, egal welcher politischen Couleur, alle spielen uns das Corona-Drama vor um die Wirtschaft kaputt zu machen und die Alleinherrschaft anzutreten. Der Antichrist ist da. Die Toten sind gar nicht tot, sondern werden unter Tage zur Zwangsarbeit herangezogen: Schutzmasken schreddern. Viele hier im Forum sind erleuchtet, erkennen den perfiden Plan der Mächte der Dunkelheit, doch längst noch nicht alle. Die Zeugen von Zion, Nostradamus und die Waisen Jehovas haben es prophezeit. Ironie aus.

pantau
3 Jahre her
Antworten an  Dr. Michael Kubina

Warum auch Grautöne, wenn es schwarz weiß geht. Der Artikel jedenfalls nimmt ein kritisches Auge auf das Regierungshandeln, ohne aber die Tatsache einer weltweiten Pandemie zu leugnen.

pcn
3 Jahre her

Nach der Krise wird der schlafende Rest Deutschlands „überrascht“ feststellen: Viele der jetzt beschlossenen „Notstandsverordnungen“ werden zur Regel gemacht werden. Merkels Transformationsgelüste hätte nichts besseres passieren können als diese (gefakte??) Krise. Dem längst aufgewachten Teil der Bürger war es seit 2011 und vielleicht vorher schon bewusst, was unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit ablief: eine systematische Entrechtung der Bürger und parallel dazu, ständiger Rechtsbruch in elementaren Dingen, die den Schutz der „hier länger Lebenden“ unterminierte. Insgesamt brauchte Merkel in Davos sich dazu mit ihrer „Transformationsrede“ nicht mehr zu äußern. Wir haben’s schon sehr lange davor schon gewußt. Übrigens: Die Bundesregierung… Mehr

Klaus Hauenstein
3 Jahre her

Der durch die ÖR Sender und Medien widerstandslos begleitete „alternativlose“ Shutdown einer Politikerkaste nimmt Deutschland in Geiselhaft und versucht Ihre z.Zt. opportunen Zielsetzungen zu erreichen. Medial permanent täglich orchestriert (1984 läßt grüßen). Die Versprechen dies ohne erhebliche Verluste unseres Wohlstandes zu bewältigen (V-Kurvenstruktur) _ sind obsolet. Die Menschen können dies bereits in den Innenstädten sehen _ in Kürze werden Sie es auch auf Ihren Bankkonten spüren. Covid-19 macht erst (angeblich) krank und dann arm _ „a life changing moment“. Die medialen immer gleichen „Dauerexperten“ (RKI/ Charitee) begleiten den viralen Sound nachdem keine wirkliche Diskussionen unter Experten im ÖR Fernsehen erwünscht… Mehr

elly
3 Jahre her

„Die Luftverkehrssteuer wurde erhöht“
sobald wieder in Urlaub geflogen werden darf und kann, werden auch die Grenzen innerhalb der EU wieder weitestgehend offen sein. Dann buch ich meinen Langstreckenflug ab Salzburg mit Zwischenstop in München und dann Direktflug. Mit der Bahn nach Salzburg. Bekannte von mir leben in Trier und fliegen schon seit Jahren ab Luxemburg. Mei, wenns der Umwelt und dem Weltklima hilft 🙂 Nicht dass mich 59,43 € wirklich belasten würden, aber wie den Klimarettern und Umweltschützern gehts auch mir ums Prinzip. Deswegen tankte ich seit Jahren schon in Österreich und tätigte die meisten Einkäufe in Ö.

Vulkan
3 Jahre her

Die Regierung weiß genau, was auf uns zukommen wird, und nimmt es bewusst in Kauf. In der FAZ war zu lesen: „In einem vielzitierten Strategiepapier des Bundesinnenministeriums wurde für den schlimmsten Fall ein bis dahin für unsere Gesellschaft nicht gekannter „Abgrund“ vorhergesagt: der totale Zusammenbruch von Wirtschaft und Gesellschaft, wie er seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht dagewesen ist, bis hin zu Anarchie, Plünderungen und Gewaltausbrüchen.“ https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/zum-tod-thomas-schaefers-von-den-sorgen-erdrueckt-16708665.html
Dieser Zusammenbruch wird durch den Shutdown natürlich beschleunigt.

D.Kluth
3 Jahre her

Das Besorgniserregende ist, dass in Deutschland nicht einmal über kritische Themen diskutiert wird. Das erlebt man in Österreich z. B. ganz anders. Bei Talk im Hangar 7 werden die Missstände zumindest unerschrocken angesprochen, da gibt es keinen beschwichtigenden Moderator der flugs eingreift und das Wort abschneidet, wenn die Diskussion kritische Punkte berührt.

Wilhelm Cuno
3 Jahre her
Antworten an  D.Kluth

Was daran ist neu? Haben wir doch in den letzten Jahren bei den Themen Migration, Euro und Energiewende in umgekehrter Reihenfolge doch schon lange so etabliert.